Fremdgegangen: Mit dem Rennrad auf Mallorca

Zugegeben: Die Woche Mallorca Mitte Juni zusammen mit meinen Eltern war anderen Ereignissen geschuldet, nicht der Familienurlaub und nicht das Rennrad-Training trieben mich nach Puerto Alcudia. Dennoch bietet es sich natürlich an, wenn man schon vor Ort ist und am ein oder anderen Morgen Zeit findet, sich ein Rennrad zu leihen und täglich eine nette Guten-Morgen-Runde zu fahren. Nichts ist leichter, als sich auf Mallorca ein Rennrad zu mieten: Gerade im Nordosten der Insel, in Port d’Alcudia, Platja de Muro oder Port de Pollença, gibt es dutzende großer und kleiner Verleiher, vom einfachen Alu-Renner bis hin zur Carbon-Zeitfahrmaschine kann man dort gegen einen Preis, für den man in anderen Regionen gerade mal ein olles Citybike kriegt, so ziemlich alles leihen. Jedenfalls, wenn man nach der typischen Fahrradsaison kommt, so wie ich Ende Juni. Da ich keine große Erfahrung auf dem Rennrad hatte und kein Anhänger der Carbon-statt-Kondition-Fraktion bin, entschied ich mich für ein BMC Gran Fondo GF02 in Alu mit einer netten Ultegra-Ausstattung. Ein solider, schneller Renner so irgendwo um die 8-9kg fahrfertig. Deutlich leichter als alles, was ich sonst bewege. Aber man muss ja noch Raum nach oben lassen.

Happy am Cap de FormentorAls meine morgendliche Trainingsstrecke wählte ich die  Fahrt von Port d’Alcudia – das Appartement lag am südlichen Ende des Ortes kurz vor Platja de Muro – über Port de Pollença zum Leuchtturm am Cap de Formentor. Die Gesamtstrecke war damit knapp über 60km lang, davon jeweils ca. 15km zum Ein- bzw. Ausrollen flach entlang des Ufers, der Rest der Strecke durch bergiges Gelände mit teils ordentlichen Steigungen, insgesamt ca. 870hm. Mit einer kleinen Trink- und Photopause am Leuchtturm nahm ich mir dafür ca. zweieinhalb Stunden, gestartet bin ich früh morgens, wenn es noch nicht so heiß war und sich auch noch keine größeren Touristen-Ströme in Autos über die enge Straße wälzten.

Vorab: Das Radfahren auf spanischen Straßen in den letzten Jahren ist mir jedesmal extrem positiv aufgefallen, die Autofahrer nehmen sehr viel Rücksicht und halten Abstand. Der Zustand der Straßen ist in der Regel sehr gut. Wer die Straße zum Cap der Formentor kennt: Diese wurde im letzten Winter (endlich) erneuert und ist jetzt in exzellenter Qualität.

Ma-2210 nach Cap de FormentorBei morgendlichen 25°C bis 27°C ließ sich das Rad für mich problemlos mit guten 35km/h über die flachen Straßen bewegen. Auch um diese Jahreszeit gab es noch eine Menge Rennräder auf den Straßen zu sehen, aber die wirklich sportlichen Leute sind natürlich alle deutlich früher im Jahr unterwegs. Während meiner fünf Ausflüge zum Cap gab es nur eine einzige Begegnung mit einem deutlich schnelleren Rennradler – das fand ich fast etwas enttäuschend. Aber wie gesagt, das liegt natürlich an der Jahreszeit – im Frühjahr wimmelt es auf Mallorca wohl eher von Leuten, die deutlich besser im Training sind.

Der Weg über Alcudia (kleiner Hügel zum eingewöhnen) und entlang der Küste ist gut zu fahren, die große Umgehungsstraße um Port de Pollença ist qualitativ besser als die Straße im Ort, aber natürlich nicht so schön. Ich fuhr mal so, mal so. Hinter Port de Pollença geht es dann recht bald in den ersten Anstieg: Auf der Ma-2210 geht es hinauf zum Mirador es Colomer – einem imposanten Aussichtspunkt mit einer gut 300 Meter senkrecht zum Meer abfallenden Felsklippe. Da ich zum Radfahren hier bin lasse ich den Aussichtspunkt links liegen und folge weiter der Straße. Diese geht nur an den steilen Bergen in netten aber oft halbwegs einsehbaren Serpentinen auf und ab, die Landschaft wechselt zwischen blankem Felsen und mediterranen Nadelwäldern. Bald durchquert man eine Ebene mit einer langen Geraden, dann geht es wieder in die bergigen Serpentinen. Die einzig etwas unangenehme Stelle ist ein Tunnel von wenigen hundert Meter Länge, der durch seine Enge und Dunkelheit besticht. Da es aber geradeaus geht, kann man sich gut am Tunnelausgang orientieren. Ich hatte nur immer etwas Sorge, ob von hinten ein Auto angeschossen kommt – aber zum Glück war morgens so wenig Verkehr, daß das nie passierte.

Morgendliche Aussicht am Cap de FormentorAnschließend geht es noch einige male hoch und runter, bis dann plötzlich hinter einer engen Kurve sich der Blick auf den Leuchtturm am Cap öffnet. Wenige Minuten später stehe ich dort, lassen Blick schweifen, trinke aus meiner Flasche, vielleicht noch eine kurze Unterhaltung mit anderen Rennradlern oder notfalls den Ziegen, dann geht es auf dem gleichen Weg zurück.

Am Mirador es Colomer ist es dann geschafft. Anschließend kommt die lange Abfahrt, die man mit Höchstgeschwindigkeit und nur ein paar kurzen Bremsern nehmen kann, dann geht es weitgehend flach wieder zurück zum Appartment. Rad abstellen, Klamotten vom Leib, rein in die Badehose, kurz abduschen und dann in den Pool. Nach der verdienten Abkühlung dann Frühstück mit den Eltern und vielleicht ein Bad im Meer.

Nach den 60 Kilometern war ich dann aber meist froh, vom ungemütlichen Rennradsattel runter zu sein. So ein leichtes Rad mal eben die Berge hoch zu treten war aber eine definitiv tolle Erfahrung. Obwohl ich ohne Helm fuhr gab es darüber keine einzige Diskussion mit anderen Rennradlern – die meisten (bei weitem nicht alle!) hatten zwar einen Helm, auffallend viele hatten den jedoch vorn am Lenker baumeln. Da sich die Auf- und Abfahrten dort schnell abwechseln galt das für beide Fälle. Bei den Autofahrten über die Insel kam ich defintiv an anderen Straßen vorbei, die ich gerne mal mit dem Rad bezwingen würde zu allererst die Straße nach Port de Sa Calobra. Das allerdings ist vermutlich nur wirklich früh morgens und früher im Jahr, wenn dort keine Badeverkehr herrscht eine wirklich gute Idee. Schon allein die Anfahrt bis dort ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Und zurück muss man ja auch noch.

Cap de Formentor 26.06.2015

2 Gedanken zu „Fremdgegangen: Mit dem Rennrad auf Mallorca“

  1. Hi Oli,

    sehr schön! Wie heißt es? Dich kriegen wir auch noch ;) So ein Rennrad mag nicht das Mittel der Wahl für alles sein, aber es hat doch unbestreitbare Vorteile. Schönes neues Design hier, übrigens!

    VG Lars

    1. Ich kann mir durchaus vorstellen, an und zu mal ein Rennrad auf Mallorca oder ähnlich zu bewegen, aber für zu Hause kann ich es mir immer noch nicht vorstellen, da strebe ich eher ein nettes leichtes Singlespeed für die Stadt an oder sowas.

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