Romilly-sur-Seine – Coulanges-sur-Yonne

Der Morgen zeigte sich grau und windig. Das Hotelfrühstück war OK, aber ich hatte ein unfittes Gefühl. Trotzdem ging es um kurz nach 9 Uhr los. Meistens über halbwegs ruhige Landstraßen, mal waren kurze Etappen auf befahrenen Straßen dazwischen. Dennoch blieb es erst einmal dabei: Steigung oder Gegenwind.

Quälend langsame – mit meiner Kondition stand es auch nicht zum Besten – 70 Kilometer brauchte ich, bis ich einen offenen Bäcker fand, wo ich mich mit Quiche Lorraine, Croque Jambon und einem Tiramisu aufpeppeln konnte. Immerhin wurde nach und nach das Wetter besser.

Gewundene kleine Straße

Ab Auxerre war der Wind weg (oder ich in der Abdeckung), es gab keine Steigungen mehr und ich fuhr auf dem wunderbaren Radweg entlang des Canal du Nivernais. Ab hier lief es, so dass ich nach Auxerre dann doch noch einiges an Kilometern abspulen konnte. Während ich den Sonnenschutz im Gesicht erneuert hatte, hatte ich den auf den Beinen zunächst vergessen, was zu einem veritablen Sonnenbrand führte.

Da es auch mittlerweile sehr warm war, die Sonne schien und ich ja auch ganz gut fuhr, ging mir 20 Kilometer vor dem gewählten Tagesziel Coulanges-sur-Yonne dann mein Flüssigkeitsvorrat aus. Zum Glück boten einige der Fahrradrastplätze am Weg Trinkwasser an. In Coulanges-sur-Yonne hatte ich dann ein Hotel. Im Ort gab es am Fluss ein sehr nettes Restaurant mit Gerichten aus regionalen Biohöfen und – ausnahmsweise auf Tour – auch einem tollen Glas Wein abends mit Blick auf den Sonnenuntergang und den Fluss.

Reims – Romilly-sur-Seine

Morgens brauchte ich mehr Zeit als ich gedacht hatte – mit dem früh starten lief es nicht recht. Als ich aus Reims raus war erwartete mich vor allem dies: Steigungen und Gegenwind. An den Steigungen ging es zwar meist mit dem Wind, aber die Abfahrten waren nicht erholsam, weil ich wegen des starken Windes doch treten musste und wenn es einmal flach war, dann ging es auch nur sehr langsam voran.

Weinberge in der Champagne

Belohnt wurden die Mühen mit einem tollen Blick über die Champagne. Neben den Straßen gab es oft prachtvolle Champagner-Anwesen und natürlich weite Weinbaugebiete. Auf den Straßen war leider sehr oft starker Verkehr.

Auffallend war, dass trotz der luxuriösen Anwesen und des offenbar vorhandenen Geldes die Zentren der der kleinen Orte wie ausgestorben waren. Kein öffentlicher Nahverkehr, kein Bäcker, kein Supermarkt und wenn Läden da waren, dann waren die meisten geschlossen.

Eine Quelle

Wegen des starken Gegenwinds und weil mir die Energiereserven ausgingen und vor allem, weil zwischen Romilly-sur-Seine und Auxerre keine sichere Übernachtung (und Essen) mehr zu erwarten war, beendete ich die Etappe frühzeitig nach 100 Kilometern in Romilly-sur-Seine. Ich nutzte die Zeit, um meine Klamotten auszuwaschen und einige Dinge zu klären, die per Mail hereingekommen waren (privat, nicht Arbeit!).

Das Hotel stand am Ortsrand auf einem Supermarktparkplatz, bot so also wenigstens die Möglichkeit, Vorräte aufzufüllen. Später lief ich dann in den Ort und suchte eine Pizzeria auf. Vermutlich neben ein paar Kebab-Läden die einzige Möglichkeit, abends noch etwas zu essen zu bekommen.

Lobbes – Reims

Ich wollte eigentlich vor 9 Uhr los, weil ich mir für den Tag ein 150-Kilometer-Etappe bis Reims vorgenommen hatte. Doch das Wetter hatte andere Pläne, es regnete Strippen. Und so wartete ich ab. Leider erwies sich das Regenradar (verschiedene Apps) als unzuverlässig und die Regenintensität lies nach, aber es hörte nicht auf. Um kurz vor 11 beschloss ich, dann mit voller Regenbekleidung trotzdem loszufahren.

Endlose Hügel

Da es fast direkt auf einen tollen Bahnradweg ging, war der Regen erträglich – wenn neben einem keine Autos überholen geht es irgendwie. Ich hatte meine Hecktasche zusätzlich mit einem Regenüberzug gesichert, auch wenn alle empfindlichen Dinge im Innern eh regendicht verpackt sind. Nach ca. 45km waren sowohl der Bahnradweg, als auch der Regen aber zu Ende.

Weiter ging es auf ruhigen Straßen, aber durchaus einiger Hügelei. So erreichte ich die Grenze zu Frankreich. Kurz danach erwischte mich nochmal ein kräftiger Schauer, den ich aber abwettern konnte, indem ich mich in einem Bunker neben der Straße unterstellte.

Rad im Bunker untergestellt

Irgendwann hatte ich kaum noch Energie, meine Riegel waren auch bereits aufgegessen und wie in Frankreich so oft, waren – falls überhaupt vorhanden – alle Läden oder Bäckereien zu. Bei Kilometer 88 endlich fand ich einen offenen Bäcker, wo ich mich mit Getränken, einem Brioche und einem Pain au Chocolat wieder in einen fahrfähigen Zustand versetzte.

Das Wetter wurde freundlicher und es ging wieder mit dem Fahren. Der zzwischenzeitlich angepeilte Ort Rozoy-sur-Serre war mit dann deutlich zu früh und ich legte von dort noch einmal 55km bis Reims drauf. So schaffte ich meine angepeilte 150-Kilometer-Etappe am Ende doch noch. Ein Hotel steuerte ich spontan an. Als dieses kein Zimmer hatte, telefonierte der Mitarbeiter der Rezeption mit einem anderen Hotel 100m weiter, wo es auch einen sicheren Fahrradstellplatz gab. Dort kam ich im Zentrum vom Reims unter, so dass ich problemlos abends noch etwas zu Essen fand.

Oevel – Lobbes

Obwohl das kleine B&B sehr familiär war und normalerweise nur ein Zimmer anbot, gab es ein tolles Frühstück. Wegen des tollen Frühstücks und netter Gespräche mit der Gastgeberin kam ich erst um kurz vor 10 Uhr los. Das Wetter war freundlich und trocken, in Belgien gab es mehr Radwege bzw. ruhige Radrouten, als ursprünglich aus der Planung gedacht, so dass das Fahren großenteils relativ entspannt war.

Schleuse neben dem Radweg

Nach einem kurzen Getränk in Leuven gegenüber des Bahnhofs ging es weiter. Nach dem Überqueren eines Hügels war ich plötzlich im französischen sprechenden Teil Belgiens angelangt – in Wavre machte ich dann auch gleich Pause zum Mittagessen. Anschließend ging es auf einen Bahntrassenradweg. Als ich diesen verlassen hatte und ein paar Kilometer mit einem Rennradler gemeinsam fuhr, machte mein Navi ein Geräusch, dass ich zunächst für den Alarm beim Entkoppeln des Radars hielt. So bekam ich nicht sofort mit, dass ich einen Platten hatte. Der Versuch, dies mit einem Flicken zu beheben, scheiterte und so musste ich doch den Schlauch wechseln.

Während die Landschaft um mich herum immer hügeliger wurde, folgte ich einem Flussradweg. In Lobbes fand ich ein Zimmer in einem Hotel, wo ich sogar das Rad mit reinnehmen durfte. Da es in der Umgebung nichts zu Essen gab, blieb mir dann nur die Bestellung einer Portion Nudeln ins Hotel, wobei das Personal zum Glück half.

Heusden – Oevel

Nach einem guten Frühstück in Heusden machte ich mich auf den Weg. Ich hatte mit wegen meiner Schaltungsprobleme ein paar Fahrradläden auf dem Weg herausgesucht – merkte aber, dass in den Niederlanden sehr viele davon am Montag geschlossen hatten. Der erste war – trotz anderer Angaben in Google Maps so einer. Der zweite auf meinem leicht umgeplanten Weg war offen und hilfreich. Er konnte meine Diagnose, dass das Schaltauge angebrochen war, bestätigen. Ersatzteile hatte er nicht, auch nicht der Laden im Ort, den mir der freundliche Mechaniker empfahl.

Schaltwerk demontiert

Da Schaltaugen leider alles, nur nicht sonderlich standardisiert sind, suchte ich im Internet nach Händlern, die sich mit der Speedmachine auskennen und wurde in Eindhoven bei De Liggende Hollander (“Der liegende Holländer”) fündig. Ich rief dort an und er bot mir an, für mich heute seinen Laden zu öffnen und konnte ein passendes Schaltauge auftreiben. Welch ein Glück! So plante ich also meine Fahrt um mit einem Umweg über Eindhoven. Die Fahrt durch die Loonse und Drunense Duinen – eine Dünenlandschaft mitten im Land – ließ ich mir dennoch nicht nehmen. Anstrengend war die Fahrt trotz der flachen Landschaft, denn ich vermied es, allzu oft zu schalten. Würde das Schaltauge brechen, dann könnt ich nicht mehr weiter fahren.

Radweg, Niederlande Style

In Eindhoven wurde dann das neue Schaltauge eingebaut, gerichtet, auch eine in Mitleidenschaft gezogene Kettenrohrhalterung wurde getauscht. Danach schaltete die Speedmachine wieder wie neu und es fühlte ich deutlich besser an beim Fahren.

Ich legte eine Route Richtung Herentals. Das ursprüngliche Tagesziel Leuven hatte ich wegen des erheblichen Umwegs aufgegeben. Wegen einsetzenden Regens machte ich eine Pause mit Kuchen und Kakao, bis der Regen etwas weniger wurde. Leider fuhr ich dann mit dem Regen mit bzw. wieder mitten rein, so dass es nicht ganz trocken blieb.

Kurz vor Herentals schaute ich nach Unterkünften und plante auf Oevel (Westerlo) um. Dort hatte ich ein sehr nettes B&B aufgetan. Dort angekommen duschte ich und zog mich um. Da es im Ort nichts gab, nahm ich das Angebot der Gastgeberin, mich mit dem Auto nach Geel zu fahren und später wieder abzuholen gerne an. Nahverkehr oder irgendeine Infrastruktur (Läden, Restaurants) gab es in Oevel nämlich nicht.