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So fühlt sich Frühling an

Der Plan für diesen ersten warmen und sonnigen Samstag des Jahres sah anders aus, doch eine SMS um kurz vor sieben würfelte meine Tourenplanung durcheinander. Nun gut, ich nutzte die Zeit vor dem Frühstück bei meinen Eltern und plante anhand der vorherrschenden Windrichtung eine Tour nach Osten auf kleinen Radwegen, nicht immer asphaltiert, aber mit dem Liegerad gut fahrbar. Ein Anruf um kurz vor neun auf dem Weg zu meinen Eltern würfelte diese Pläne durcheinander: Manuel war mit dem Rennrad unterwegs, die ausgedehnten nicht asphaltierten Passagen waren da nicht das Richtige. Also plante ich nach dem Frühstück nochmal schnell um. Nach Westen raus, gegen den Wind, abends mit der Bahn zurück.

Um kurz nach elf ging es dann los, die Sonne schien und es war bereits gute 20°C warm. Wir fuhren via Grunewald – wo wir diverse Bekannte aus der Rennradgruppe sahen –  und Heerstraße nach Gatow, Kladow und weiter nach Sacrow. Nur ein kurzes Stück auf der B2, dann bogen wir in Richtung Fahrland ab und ließen Berlin hinter uns. Der weite Blick über die Landschaft, der sich dort öffnet, tat mir richtig gut. Wanderlust. Reisefieber. Auch der Wind konnte daran nichts ändern, gegen den wir dennoch mit freundlichen 26 bis 28 km/h auf dem Tacho anfuhren.

Unser erstes geplantes Zwischenziel war Ketzin. Am Fähranleger gibt es eine Gaststätte, wo wir uns versorgen wollten. Da es dort aber nur wenige Radastellplätze außer Sicht gab und wir kein Schloss dabei hatten und uns die Bedienung schroff abwies, als wir die Räder etwas näher dran parken wollte (es war alles andere als voll), entschieden wir uns lieber auf Altbekanntes zurückzugreifen und noch ein kleines Stück bis zum Havelstübchen zwischen Deetz und den Götzer Bergen zu fahren. Dort gibt es in der Regel gute Fischgerichte, was sich als prima Mittagessen anbot.

Zunächst aber ließen wir uns etwas Zeit, auf dem Deich wollte ein paar Experimente machen im Hinblick auf die Dokumentation künftiger Touren. So genossen wir mit einigen Unterbrechungen den Haveldeich, trotz des hier ungebremst wehenden Gegenwinds, die Obstplantagen und ärgerten uns abermals über die unnötig engen Drängelgitter an einigen Stellen des ansonsten wunderbaren Havelradwegs.

Kurz vor den Deetzer Erdlöchern kehrten wir wie geplant im Havelstübchen ein. Die Räder in Sichtweite, leckerer Fisch auf dem Teller und ein erfrischendes Getränk im Glas. Da kann uns die unfreundliche Dame in Ketzin gestohlen bleiben! Nach dieser Stärkung und einem kleinen Plausch mit einer in der Gegenrichtung fahrenden Rennradlerin geht es weiter. Auf dem Plan im Restaurant habe ich einige in der OSM nicht eingezeichnete Wege direkt über den Götzer Berg gesehen – anstatt außen herum wie der offizielle Radweg führt. Ich frage Manuel, ob ein wenig nicht asphaltiertes Abenteuer im Tausch gegen Höhenmeter OK wären. Und spätestens als wir den neu errichteten Aussichtstum aus dem Wald ragen sehen ist klar: Da müssen wir rauf.

Die Wege sind natürlich alles andere als Rennradgeeignet und auch mit der Speedmachine erreiche ich bei >12% auf nicht asphaltiertem Grund die Grenze der Traktion. Aber jetzt kann uns nichts mehr aufhalten, es geht hinauf zum Turm … der ist aber erstmal eine Baustelle. Um den offiziell besteigen zu dürfen müssen wir wohl später im Jahr nochmal wiederkommen. Natürlich sind wir gute Deutsche und ignorieren den an einer Stelle offenen Bauzaun und merken so auch nicht, daß es heute viel zu diesig ist für einen guten Ausblick…

Ich gebe mir auf dem Liegerad eine vorsichtige Abfahrt vom Berg, während Manuel mit den dünnen Rennradreifen doch etwas zurückhaltender ist, dann sind wir zurück auf dem Havelradweg. Mit großer Freude stelle ich fest, daß bei Gollwitz endlich das letzte Stück Radweg befahrbar ist und man nicht mehr über diesen fiesen Feldweg umgeleitet wird.

Während der Radweg an der B1 in Richtung Brandenburg noch swehr gut nutzbar ist (jedenfalls bis Neuschmerzke), empfiehlt es sich trotz hupender Autos auf Plattenstraße beim Abbiegen auf die B102 den “Radweg” zu ignorieren und auf die Fahrbahn auszuweichen. Was wir leider (wider besseren Wissens) erst viel zu spät tun.

In Brandenburg gehen wir ins Brückencafé an der Jahrtausendbrücke. Das Wasser der Havel hat einen hohen Stand, so daß es nur Centimeter unter der Uferkante schwappt, aber wir sitzen dort gut und genehmigen uns einen kleinen Nachtisch. Bevor wir weiter nach Rathenow fahren, fröne ich auf der anderen Uferseite noch ein paar Spielchen im überfluteten Uferbereich. Spaß muß sein.

Wegen der besseren Zugverbindung geht meine Planung bis Rathenow, ich habe aber den Weg über die L98 gelegt. Die B102 ist mir zu befahren und der Havelradweg schlingt sich für die Uhrzeit über zu viele Umwege. Bei mäßigem Verkehr geht es in den Sonnenuntergang und es wird schon deutlich kühler. Das Thermometer zeigt nur noch 11°C, als wir in Rathenow ankommen. Nach dem Kauf der Fahrkarten haben wir noch ein wenig Zeit und besorgen uns beim örtlichen Supermarkt einen Snack für den Rückweg, die Zugverbindung geht in einer Stunde direkt bis Südkreuz durch.

Bis auf eine alkoholgetränkte Ansammlung von Biomasse (“Fussballfans”), die von der Leistung ihres Vereins offensichtlich etwas frustriert und Agressionsgeladen waren funktioniert der Rest recht gut und wir kommen nicht allzu spät nach Haus. Wegen des frühen Tagesbeginns falle ich totmüde ins Bett. Mein erster Hunderter in diesem Jahr ist aber ansonsten recht gut gelaufen.

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