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Einmal Müritz und zurück

Das Wochenende stand an und anlässlich des Geburtstages meiner Mutter ein Besuch auf der MS Andante in Waren an der Müritz. Nachdem der August bis dahin nicht sonderlich viel Wärme gebracht hatte, waren für das Wochenende dann (endlich) hochsommerliche Temperaturen angekündigt. Das ist natürlich nicht unbedingt der Idealfall für längere Etappen auf dem Rad, aber ich bin zum Glück halbwegs hitzetauglich und so war das für mich kein Hinderungsgrund, die Anreise mit der Speedmachine zu planen.

Samstag, 18.08.2012

Für den Samstag hatte ich beschlossen, für meine Verhältnisse früh loszufahren. Sagte der ursprüngliche Plan noch etwas von Wecker um 06:30 Uhr und um 07:00 Uhr losfahren, so wurde er durch gewisse berufliche Verbindlichkeiten am Freitag abend doch stark beeinträchtigt.

Trotzdem ich erst um halb drei im Bett war, stand der Wecker dann auf sieben Uhr, allerdings mit der Hypothek, noch packen zu müssen – bei einer einfachen Wochenendtour mit geregelter Übernachtung zum Glück ja kein so großer Akt.

Die Strecke hatte ich mir relativ geradlinig gelegt und spekulierte darauf, daß am Samstag Morgen der Verkehr noch gemäßigt wäre.  Auf der Bundesallee war das auch noch der Fall, so daß diese ohne Probleme und ohne Nutzung des katastrophalen Radwegs stressfrei hinter mich bringen konnte. Ich querte den Tiergarten und Wedding und schwenkte in Wittenau auf die B96 ein.  Der Verkehr hier war schon etwas stressiger, nicht überall bietet die B96 eine Möglichkeit, den Radweg zu nutzen. Gerade in den Orten ist es oft trotz ausgeschriebener Benutzungspflicht alles andere als ratsam. Der Verkehr nahm spürbar zu, aber es war für eine Alleinfahrt und einen routinierten (sprich: gegen Huperei und Drängelei halbwegs abgehärteten) Fahrer noch problemlos machbar.

Das Verlassen der Bundesstraße in Löwenberg war dennoch eine Wohltat. Und nachdem ich bis hierhin mit nur mäßigem Frühstück ziemlich stramm durchgeheizt war, spürte ich langsam ein leichtes Hungergefühl aufsteigen. Vor mir lag Lindow und ich wusste, dort würde es eine Kleinigkeit geben. Kleinigke-ö4it traf es dann auch.

Ich wollte eigentlich ein belegtes Brötchen, bekam beim Bäcker aber nur Kuchen – und noch war mir nicht nach Mittagessen. Zusätzlich noch Apfelsaft und Wasser, das ich mir selbst zur Schorle mixte. Dann konnte es weitergehen.

Bis Rheinsberg musste ich nochmal ein Stück auf die B122, die aber im Vergleich zu anderen Bundesstraßen eher harmlos ist. Hinter Rheinsberg dann bog ich auf einen wirklich empfehlenswertenb Bahnradweg ab, der mich bis Flecken Zechlin brachte, fernab von Atuoverkehr und Lärm und zumindest teilweise schattig. Immer, wenn ich diesen Kontrast habe, dann fällt mir auf, was die lärmenden, stinkenden Blechlawinen einer solch schönen Landschaft antun. Eine befahrene Straße nimmt sehr viel mehr Platz als nur ihre nominale Breite ein, sie zerschneidet die Landschaft für mensch und Tier – die allgegenwärtigen Kadaver von Füchsen, Igeln und anderen Tieren zeugen davon. Die Ruhe, die Geräusche der Natur, die man erst hört, wenn man hunderte Meter von solch einer Straße weg ist, macht einem diesen Umstand dann drastisch klar.

In Flecken Zechlin gönnte ich mir dann ein Mittagessen. Bis Sewekow folgt ein Radweg, gut zu fahren, kühl und im Wald, aber nicht nivelliert – die hügelige Mecklenburg-Vorpommersche Landschaft beginnt hier. Nach einer Fahrt auf einer eher ruhigen Landstraße komme ich in Röbel an. Mit dem gerade stattfindenden Müritz-Lauf werde ich dann auch sogleich konfrontiert: man weist mir den Weg. Irritiert frage ich, ob die Straße geradezu gesperrt sei, ebenso irritiert kommt die Gegenfrage, ob ich denn nicht zu den Handbikern gehöre.

Ich deute auf meine Füße und mache eine Kurbelbewegung. “Oh, sie sind also ein Fahrrad?” – grammatische Spitzfindigkeiten spare ich mir und lasse mir stattdessen den Weg zur nächsten Eisdiele weisen, direkt unten am Hafen.

Ein paar Läufer kommen noch vorbei, diese benutzen den Müritz-Rundweg (auch Radweg). Ich beschließe also nach meiner Pause, lieber auf die L24 bzw. später B192 auszuweichen, die einen neu gebauten sehr guten Radweg hat, um nicht ständig die Läufer umkurven zu müssen. Und weil die Strecke dann einfach kürzer ist, ich nicht jede Uferbiegung mitfahren muss. In Sembzin wird es mir in der glühenden Nachmittagssonne dann aber doch zu heiß, meine Flüssigkeitsvorräte gehen zuende und ich bin ohnehin früh dran. So biege ich auf den Müritzweg ein – den ich mir mit ein paar wenigen Ultra-Marathon-Läufern und diversen Radwanderern teile. Der Schatten und die Kühle Luft entschädigen mich aber. An den diversen Pausenstellen schaut man mich immer kritisch an, ich überlege einige male kurz, ob ich vielleicht doch ein Getränk abstauben sollte, meine Fairness hält mich aber dann doch davon ab.

Das Ziel des Laufs ist genau am Hafen, ziemlich genau dort, wo die Andante und meine Eltern auf mich warten. Ich komme auf der Marathonstrecke an, die Leute am Wegesrand bekaltschen und bejubeln auch mich. Vor lauter Freude darüber bemerke ich erst im letzten Augenblick den letzten Ausweg, um nicht wirklich durchs Ziel zu fahren – obwohl das sicherlich auch sehr lustig gewesen wäre.

 Sonntag, 19.08.2012

Hitzeschlacht. Weit über 30°C sind nicht nur angekündigt, sie treten auch ein – bei brütender Hitze und wenig Wind. Den Vormittag verbringe ich auf dem Boot im Schatten. Und ich versuche eine Route zu planen. Bei der Vorbereitung war ich davon ausgegangen, einfach den Weg vom Vortag zurückzufahren, zwischendurch überlegte ich es mir anders – und stieß dann auf eine Limitierung meines Garmin GPS 60CSx – ohne die Garmin-Software (und ich hatte keine Netbook dabei) ist es nicht möglich, einen Track oder eine Route ins Gerät zu kriegen.

Also versuchte ich mir so gut wie möglich die markanten Punkte der Strecke zu merken, um sie dann einfach anhand der Karte im GPS abzufahren.

Die Rückfahrt nach Berlin starte ich am Nachmittag. Das heißt zwar, zunächst in der größten Hitze zu fahren, aber dafür dann einen erheblichen Teil der Strecke nach Sonnenuntergang zurückzulegen. Ich fahre diesmal östlich um die Müritz herum. Der Radweg durch den Nationalpark ist gut ausgebaut und führt über weite Teile durch Wälder, so daß es immer wieder kühlere und schattigere Passagen gibt – will heißen, das Thermometer am Rad zeigt 32°C statt 36°C. Nach runden 30km durchquere ich Rechlin und mache in Vietzen am Sumpfsee eine Pause in netter Runde – mit Getränk, Brot und Kuchen.

Weiter geht es über einen Bahnradweg, von dem ich meine Abbiegung in Lärz leider verpasse und so via Mirow, Peetsch, Fleether Mühle auf die B122 gelange, der ich nach Rheinsberg folge. Jetzt am  späten Sonntag Nachmittag ist auf der Bundesstraße nicht viel los, über einige Zeit gibt es auch einen gut fahrbaren Radweg. Die Hitze zehrt dennoch und ich bin froh, Rheinsberg irgendwann erreicht zu haben.

In Rheinsberg suche ich mir einen netten Platz im Restaurant, esse ersteinmal ordentlich, was mir wegen der Temperaturen über den Tag bisher nicht so gelang, trinke viel Schorle und lasse mir Zeit.  Bald ist Sonnenuntergang, ich habe noch ca. 100km vor mir.

Kurz vor 20 Uhr fahre ich weiter. Von Rheinsberg geht es über einen gut asphaltierten Radweg durch den Wald, der wenigstens ab und zu ein paar Stellen mit kühlerer Luft bietet. Teilweise fällt das Thermometer auf knapp unter 30°C. Dennoch verlasse bei Zippelsförde den Radweg, um über die B122 abzukürzen. Die ist um die Uhrzeit komplett leer, vermutlich sitzen alle vor dem Fernseher und schauen Tatort.

In Alt-Ruppin biege ich über Gildenhall ab und umfahre somit Neuruppin. Auf sehr ruhigen Straßen, um diese Uhrzeit am Sonntag abend ohnehin, geht es in Richtung Hennigsdorf. Lediglich die Ortsdurchfahrt in Radensleben fällt durch unangenehmes Kopsteinpflaster auf, sonst ist die Strecke durchgehend mit guten Belag ausgestattet. Von den wenigen Autofahrern, die mir begegnen, alle kommen von hinten, sind leider diverse nicht so fair, mal abzublenden, wenn
sie mich sehen.

Ich überlege kurzfristig, meine Stirnlampe herauszuholen und nach hinten gerichtet auf zusetzen, so daß ich dann ein kurzes Lichtsignal geben kann, lasse das aber dann doch bleiben und fahre weiter.

Kurz vor Eichstädt sind zwei junge Frauen mitten in der Nacht völlig ohne Beleuchtung und in dunklen Klamotten und mit eher wenigen Reflektoren auf der Landstraße unterwegs. Ich bewundere den Mut, sehe aber zu, daß ich mich zügig aus dem Gefahrenbereich entferne.

In Hennigsdorf beschließe ich, nicht den Uferradweg zu nehmen, es ist so leer, daß ich einfach unbehelligt auf der (sonst gerne mal vollen) Straße in Richtung Spandau fahren kann. Von Spandau nehme ich den direkten Weg über die Freiheit, Halensee und die Rudolstädter Straße nach Hause. Um 00:17 rolle ich vor die Haustür. Das Thermometer zeigt noch immer weit über 20°C.

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