Das verlängerte Pfingstwochenende lud geradezu ein, eine Tour zu machen: Der Sommer war mit aller Macht über Deutschland hereingebrochen. Zwar bedeutete dies neben viel Sonne und blauem Himmel auch Hitze jenseits der 30°C, aber wenn ich ehrlich bin – und wer mich kennt, der weiß, daß ich das genau so meine – Hitze stört mich eigentlich kaum.
Meine Eltern waren mit der Andante unterwegs und machten Station in Havelberg. Havelberg ist günstig gelegen, denn es ist von Berlin aus angenehm über schöne radrouten zu erreichen und liegt direkt an der Elbe und damit am Elberadweg. Und so entstand der Plan, zuerst nach Havelberg zu fahren und dann in der Hitze einfach dem Elberadweg nach Süden zu folgen, den Abschnitt bis Magdeburg kannte ich noch nicht.
Morgens um 10 Uhr wollte ich starten, der Plan war um 17 Uhr zum Raclette essen am Ziel zu sein. Sieben Stunden sind eine großzügig gewählte Zeit für eine Strecke von knapp mehr als 130km, aber ich dachte darüber nach, mich eventuell zwischendurch mit einem Bad im See abzukühlen. Pünktlich war ich nicht und so startete ich erst ca. 20 Minuten später. Aus Berlin heraus führt der Havellandradweg ab Spandau bis Nauen über eine Schleife, die zwar besser zu fahren ist, als das, was ich geplant hatte, aber eben auch einige Kilometer mehr mit sich bringt. Deshalb wählte ich zum Verlassen der Stadt die Route entlang der Heerstraße und dann über den Radweg, neben der B5. Ab der Stadtgrenze ist die B5 eine Autobahnähnliche Straße, die für den Radverkehr gesperrt ist. Ein mittlerweile größtenteil fahrbarer Radweg geht bis Nauen in etwa parallel. In etwa heisst, es gibt ein paar kleine Schlenker und bei Wustermark gibt es im Ausgleich eine nette Abkürzung. Man fährt am Olympischen Dorf vorbei und mitten durch ein künstliches Shopping-Dorf – das waren dann aber schon die Highlights.
Bei Nauen verlasse ich die B5 und biege – das Zentrum links liegen lassend – auf den Havellandradweg ein. Dieser ist dann abseits der Straße geführt, links und rechts stehen häufig große Büsche (und gefühlt die Holunderversorgung der deutschen Gesamtbevölkerung für die kommenden Jahre), in der Mittagssonne bringt das freileich wenig. Zwischen Ribbeck und Pessin macht der Havellandradweg einen Schlenker nach Paulinenaue, den ich aber auslasse. Stattdessen nehme ich den Radweg neben der hier deutlich ruhigeren B5 bis Pessin. Dort geht es über weitgehend autofreie Landwirtschaftswege oder Fahrradstraßen weiter. Kurz hinter Pessi habe ich im Kopf, daß dort ein See kommt. Aber zum einen läd dieser gerade nicht zum Baden ein und zum anderen bin ich gerade so gut in Fahrt, daß ich dort nicht anhalten möchte.
Erst in Kotzen mache ich das obligatorische Ortsschildfoto, dann geht es weiter bis Stechow, wo der Radweg die B188 kreuzt und es eine Tankstelle – und somit die Chance auf etwas Schatten, kühle Getränke und eine Nachfüllmöglichkeit für die Flaschen gibt. Bei rund 30°C ist es immens wichtig, immer genug zu trinken und auch genug Reserven zu haben.
Von Stechwo bis Rathenow geht es dann durch den Wald, das verspricht Schatten. Rathenow Innenstadt ist die ewige Baustelle – auch diesmal muss ich wieder mittendurch meinen Weg bahnen und bin froh, als ich die Havel quere. Hier schwenkt der Havellandradweg dann auch auf den Havelradweg ein. Ich kürze hinter Rathenow noch ein kleines Stückchen bis Göttlin ab. Von dort geht es durch eines der vielen Militärübungsgebiete, aber jetzt größtenteils entlang der Havel, wenn auch selten wirklich in Sichtweite.
Nach ein paar Kilometern Landstraße geht es dann irgendwann über recht neu gemachte Stücke des Havelradwegs, die auch weiter entfernt von der Straße führen. Die Umwege sind meist moderat, die neuen Stücke auch gut asphaltiert und autofrei. Einige ältere Abschnitte sind Landwirtschafts-Plattenwege, auf denen dann auch schonmal ein Auto entgegenkommt – da wünscht man sich dann schon aus Sicherheitsgründen lieber auf die richtigen Straßen zurück. Erataunt bin ich, daß recht wenige Radtouristen unterwegs sind, aber vermutlich ist es die Hitze, die viele abhält.
Ich nähere ich meinem Ziel, liege gut in der Zeit. Aber die Sonne brennt und ich bereue langsam, zwischendurch nicht doch noch etwas gegessen zu haben. Die letzten Kilometer bis Havelberg sind dann doch ziemlich zäh. Schließlich komme ich dann aber doch um kurz nach 16 Uhr am Wassersportzentrum an, wo meine Eltern schon auf mich warten. Nach kurzer Energieaufnahme erfrische ich mich unter der Dusche, dann gibt es noch ein Eis im Hotel am Hafen und einen kleinen Stadtrundgang (sanfte Bewegung ist gut für die Beine). Spätestens nach dem Raclette an Bord ist die Welt auch wieder in Ordnung.