Sonntag, 23.04.2006 - 15:15

Der Papst als Kompetenz in Sexualfragen

Es mehren sich die Gerüchte, daß Papst Benedikt XVI. einen sanften Kurswechsel in der Frage des Standes der (katholischen) Kirche zum Thema Kondome vollziehen wird: Er denkt darüber nach, ob die Kirche HIV-Infizierten die Benutzung von Kondomen erlauben solle. Ein großer Schritt für den Papst, ein kleiner Schritt für die Menschheit. Und mal wieder der Punkt, wo der denkende Mensch sich die Frage stellen sollte: In welcher Welt lebt der eigentlich?

In Westeuropa, wo es den Menschen gut geht, die Medizin fortgeschritten und die Aufklärung verbreitet ist - und trotzdem noch Menschen auf den Papst hören - mag dies noch ein Fortschritt sein. Hier wissen Betroffene in vielen Fällen schon vor dem Ausbruch der Krankheit, daß sie sich mit HIV infiziert haben. Wieviele dieser Menschen, auch mit Kondom, mit diesem Wissen dann noch Geschlechtsverkehr mit nicht infizierten haben, vermag ich nicht zu sagen. Den Segen der Kirche aber als Freifahrtschein zu nehmen, scheint mir auch mit Kondom ein nicht ganz ungefährliches Spiel.

Dort, wo aber HIV ein weitaus größeres Problem darstellt, wie zum Beispiel in weiten Teilen Afrikas, dürfte die Mehrheit der Betroffenen bis zum Ausbruch von AIDS oder gar weit darüber hinaus nichteinmal wissen, ob sie infiziert sind oder nicht.

Kondome schützen. Und dieser Schutz seiner selbst und auch anderer darf nicht erst einsetzen, wenn eine Infektion bereits vorhanden und diagnostiziert ist!

Ja, die katholische Kirche verbietet nicht nur Kondome, sondern auch den Sex vor der Ehe und das Fremdgehen - sie predigt Enthaltsamkeit. Allerdings fällt es den Menschen, vor allem den jungen Menschen, nunmal sehr viel leichter, Kondome nicht zu benutzen, als ihre (nur natürlichen) Triebe zu unterdrücken. Gegen den Unmut des Pfarrers mag es helfen, zu beichten, zu beten und Buße zu tun. Gegen die Ausbreitung von AIDS hilft es nicht!

Und das beste: Kondome erlauben auch eine sinnvolle Familienplanung, die auf lange Sicht vielleicht auch helfen könnte, Hunger und Leid auf dieser Welt zu lindern.

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Montag, 10.04.2006 - 12:59

Nachtrag zum Sicherheitsexperten

Nach Lektüre des Technology Review Artikels zum Thema und einem Mailwechsel mit dem Autor, wurde ich explizit drauf hingewiesen, daß der Herr Matschke die erhöhte Gefahr durch Google Earth ja gerade darin sieht, daß für den Terroristen eine "aufwändige und gefährliche Recherche vor Ort" entfallen könnte.

Also, fassen wir zusammen: Da macht einer den Plan, für einen Angriff mit einer GPS-gesteuerten Rakete. Zunächst verhandelt er mit Terrorführern seines Vertrauens über die Finanzierung des Vorhabens. Dann trifft er sich bei Nacht und Nebel mit ein paar russischen Waffenhändlern für einen geheimen Autsausch einer großen und viele Tonnen schweren Rakete gegen eine sicherlich auch auf dem Schwarzmarkt nicht geringe Summe Geld. Diese viele Tonnen schwere Rakete wird dann zusammen mit einer nicht minderschweren Abschußvorrichtung um die halbe Welt transportiert, um sie in Reichweite des Anschlagsziels zu bringen. Um nicht zu früh aufzufliegen sollte man dabei möglichst stark kontrollierte Seegebiete wie das Horn von Afrika oder den Suezkanal und die Gewässer im persischen Golf (wir erinnern uns - voll von Amerikanern!) vermeiden - ohne dabei wiederum eine Route zu nehmen, die nahelegt, daß man genau das tut.

Ich kann voll und ganz verstehen, daß man die ungeheure Gefahr der Entdeckung nicht auf sich nehmen kann, die man erzeugt, wenn man mit einem GPS-Handgerät bzw. Handy und Bluetooth-GPS zusammen mit 55.000 anderen bei einer Veranstaltung in die AOL Arena geht.

Nachdem wir mit all diesen Betrachtungen festgestellt haben, daß Google auch zentimetergenaue Koordinaten liefern kann, gönne ich mir den Spaß, den Rest des Artikels mit einer kleinen Montag-Morgen-Recherche auch gleich zu demontieren.

Die verschwundenen Raketen aus der Ukraine: Es gibt dafür eine (immer wieder zitierte) Quelle. Bei Technology Review ist die Rede von "SS-185-Raketen", eine unbekannte Bezeichnung. Die in der Quelle genannten "S-185 missiles" gibt es unter dieser Bezeichnung auch an keiner mir bekannten Stelle. Der Bericht darf aus journalistischer Sicht als fragwürdige Quelle gewertet werden, egal wie oft er zitiert wird.

Scud Raketen auf amerikanische Küstenstädte: Eine Scud-Rakete auf eine Stadt abzufeuern, so daß diese dort irgendwo Tod und Verwüstung bringt ist sicher eine Gefahr. Daraus den Schluß abzuleiten, man könne damit eine AOL-Arena treffen ist allerdings sehr fragwürdig, denn...

Die Technik der Scud ist hinreichend bekannt und stark veraltet. Im Artikel wird von einer Reichweite von 300 Kilometern gesprochen. 300 Kilometer beziehen sich auf die Scud-B-Raketen, Zielgenauigkeit etwa 900m. Die modernste Form der Scud-Raketen (Scud-D) hat immerhin eine Genauigkeit von ca. 50m (und fliegt ca. 700km weit). Wer jetzt allerdings die Vorstellung hat, daß man die Startvorrichtung aufstellt, Zielkoordinaten einprogrammiert und wartet, bis es rumst, der liegt falsch: Scud-Raketen nutzen zur Navigation einen Kreisel. Eine Kreiselsteuerung sorgt im wesentlichen dafür, daß der Flugkörper auf einer vorgegebenen Flugbahn bleibt. Wenn man hier nicht schon beim Start Zielgenauigkeit an den Tag legt, sind die 900m (Scud-B/C) bzw. 50m (Scud-D) kaum einzuhalten. Eine solche Zielgenauigkeit von einem Schiff aus zu erzielen ist nicht ganz ohne.

Als Beispiel mögen hier die Scud-Angriffe des Irak auf Israel im zweiten Golfkrieg 1990/91 gelten. Die Trefferquote war recht gering, eine einzige führte zu einem größeren Inferno, als die Rakete eine Kaserne in Saudi-Arabien traf.

ich möchte in der Theorie nicht ausschließen, daß es Terroristen möglich wäre, an echte GPS-gesteuerte Waffen zu gelangen und diesen einzusetzen. Die Erfahrung in der Vergangenheit hat jedoch eines gezeigt: Die großen und erfolgreichen Angriffe waren gut geplant und äußerst effizient organisiert. Der planerische Aufwand für den 11. September 2001 war hoch, aber die Terroristen setzten auf einfache und effektive Techniken, anstatt den logistsichen und finanziellen Aufwand in ungeahnte Höhen zu treiben.

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Freitag, 07.04.2006 - 09:25

Was Sicherheitsexperten so meinen...

Mir hat es heute mal wieder ein Experte für Sicherheit und Terrorabwehr angetan. Ich las gerade bei Heise eine Meldung. Dort wird der "Sicherheitsexperte" Klaus Dieter Matschke zitiert, der ein erhebliches Bedrohungspotential darin sieht, daß bei Google Earth zum Beispiel Längen- und Breitengrade für die AOL-Arena mit einer Genauigkeit von unter 20 Metern zu finden seien. Dies könnten Terroristen nutzen, um GPS-gesteuerte Raketen zielgenau dorthin zu leiten.

Klingt gefährlich. Nur frage ich mich ernsthaft, was Google Earth jetzt damit zu tun hat. Glaubt der Herr Matschke ernthaft, daß jemand, der eine Terroraktion mit einer GPS-gesteuerten Rakete vorbereitet, nicht in der Lage wäre, vorher mit einem handelsüblichen Hand-GPS (Genauigkeit 5 Meter oder besser, wenn man es richtig macht) in und um das Stadion zu gehen und aus den ermittelten Koordinaten sowie weithin bekannten Information wie Länge und Breite des Spielfeldes ein weit genaueres Zielmuster zu erstellen? Dafür braucht man keine sonderlich großen Spezialkenntnisse und kein bischen Google Earth.

Natürlich ist die Sache völlig unabhängig davon, daß der Sicherheitsexperte, der hier gerade böse Horrorszenarien verbreitet, zufällig Geschäftsführer und Gesellschafter einer Firma ist, die in diesem Bereich tätig ist, und die jetzt zufällig ein wenig Presse bekommt, so kurz vor der WM.

Allerdings würde ich persönlich einer Sicherheitsfirma, die Security by Obscurity für ein angemessenes Konzept hält, keine Aufträge erteilen.

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Freitag, 07.04.2006 - 09:02

Ich bin doch nicht blöd!

Ich bin ein technophiler Mensch und als solcher brauche ich von Zeit zu Zeit mal ein neues Spielzeug. Ein Update meiner Digitalkamera zum Beispiel steht derzeit auf meiner Liste.

Nun, es drängt nicht, ich habe Zeit, mir Online-Angebote und auch Angebote in Läden anzusehen. So schlenderte ich, nachdem ich mir einen Preisüberblick verschafft hatte, unter anderem durch den rot-weißen Markt mit dem 'M vorne.. Die anvisierte Kamera war dort 300 Euro teurer als im Fotofachgeschäft bzw. 500 Euro teurer als beim markeneigenen Online-Shop.

Nun, ich laß mich ja nicht so leicht abschrecken und als ich dann nach langer Zeit dort eine n"Fachverkäufer" vorfand, entspann sich folgender Dialog zwischen mir (I) und der Verkäuferin (V):

I: "Entschuldigung, sind denn die Preise für Digitalkameras verhandelbar?"

V: "Nein, außer sie haben ein Konkurrenzangebot... Außer Online!"

I: "Nun, ich red allein vom Preis in ihrem eigenen Online-Shop, immerhin 500 Euro weniger..."

V: "Mit dem ham wir ja nix zu tun..."

I: "Tja. Dann bleibt mir nur eins zu sagen: Ich bin doch nicht blöd."

(V) fing dann ganz konzentriert an, sich um andere Dinge zu kümmern.

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Montag, 03.04.2006 - 16:40

Anonymisierte Telefonnummer

Da les ich gerade bei Spiegel Online den Artikel über ENUM und mittendrin denk ich mir so, war das wirklich so gemeint, denk ich mir?

Auch weitere Kontaktdetails - also etwa Privat-, Büro-, Handy- und Faxnummer sowie die Mailadresse können in dem Super-Telefonbuch gespeichert werden. Dabei werden die Telefonnummern in klassische Internet-Adressen übersetzt: So wird aus der Telefonnummer (040) 30xxxxxx die reichlich kryptische ENUM-Adresse 7.8.6.2.7.0.0.3.0.4.9.4.e164.arpa. Entwickelt wurde der Standard von der Internet Engineering Task force (IETF), die Verwaltung hat die Internationale Fernmelde Union (ITU) übernommen.


Ich hab das jetzt nicht ausprobiert, ob der Herr Christoph Seidler, der den Artikel schrieb, da jetzt wirklich seine oder anderer Leute Telefonnummer in den Artikel schrieb. Die Anonymisierung war jedenfalls nur bedingt erfolgreich...

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