Ich fahre mit der Speedmachine ja auch gerne mal sportlich. Bei meinen Trainingsrunden fiel mir allerdings auf, daß ich zwar ab und zu Rennradler überhole, aber selten welche, die es wirklich ernst meinen, andersrum mich aber auch so gut wie nie welche überholen. Der Effekt ist logisch, denn bei geringen Geschwindigkeitsunterschieden treffe ich in der gleichen Richtung natürlich selten welche, die mehr als ein paar Minuten vor oder nach mir auf die Tour gegangen sind. Daher der Eindruck, daß die alle immer nur in die andere Richtung fahren – egal in welcher Richtung ich die Runde angehe.
Und warum will ich ausgerechnet mit Rennradlern spielen, wo es doch durchaus ein paar Liegeradler in Berlin gibt? Nun, die liegende Fraktion teilt sich auf in die Freizeitfahrer, die kein großes Interesse zeigen, da richtig die Sau raus zu lassen, und in die Sportler – von denen gibt es aber nur wenige und die fahren dann finstere Rennmaschinen. Für die bin ich keine Herausforderung, sondern eher ein Bremsklotz. Ich hänge da also etwas dazwischen. Bei den aufrechten Rennradlern ist schon aufgrund der Menge der Leute ein breiteres Feld, wo man sein Niveau findet. Also, wenn die einen lassen, warum sollte man es nichtmal probieren, dacht ich mir.
Auf den Rat eines Bekannten, der selbst Rennrad fährt, schaute ich mal der [[rennradgruppe.de]] vorbei. Der Vorteil: Die verstehen sich als lockerer Zusammenschluß von Gleichgesinnten und wollen keine strikten Vereinsstrukturen oder ähnliches haben. Das schien mir der richtige Rahmen, um mich mit meinem Lieger einfach mal dort anzuschließen.
Ohne Anmeldung fuhr ich also zum Treffpunkt für eine Tour, die mit einer Reisegeschwindigkeit von 28-30 km/h angegeben war. Dummerweise hatte ich beim Verlassen des Büros erstmal meine Getränke vergessen, so daß ich den halben Kudamm nochmal zurück mußte – und dadurch fast zehn Minuten zu spät am Treffpunkt eintraf. Da waren die Jungs und Mädels natürlich schon abgefahren. Tja, doof. “Weit können sie ja nicht sein”, dachte ich mir und trat in die Pedale, den ersten Teil der Strecke kannte ich ja. Nach kurzem holte ich eine Dreiergruppe Rennradler ein – ich folgte kurz, fragte dann, ob sie nach Schenkenhorst wollen. “Wo soll das denn sein?” – tja, das waren wohl die falschen. Ich legte wieder einen Zahn zu. Ein Rennradler hängte sich an mein Hinterrad. Als ich Steigungsbedingt etwas langsamer wurde fing er ein Gespräch an. Nett, ungewohnt, aber ich suchte ja meine Gruppe. Also gab ich auf der Kuppe wieder Stoff und sah den armen Kerl im Rückspiegel verschwinden. Schon bei 42 km/h hab ich ihn abgehängt – nunja, er hatte vorher festgestellt, daß mein Windschatten wahrlich etwas klein ist.
Kurz vor der Einmündung der Havelchaussee hatte ich meine Gruppe, die mit 16-17 Leuten durchaus etwas größer war, endlich gefunden. Ich hängte mich brav hinten an, denn als Liegeradler einen Platz in der Mitte einer Rennradgruppe zu beanspruchen macht sicher keinen guten Eindruck. Als ich mich an das Fahren in der Gruppe dann etwas gewöhnt hatte machte es sogar richtig Spaß. Die Geschwindigkeit steigerte sich mit der Zeit etwas und irgendwann hatten sogar die Leute ganz vorne bemerkt, daß hinten ein komischer Exot mitzuckelte. Aber weil ich mich brav verhielt wurde ich problemlos akzeptiert.
Die Fahrt verging wie im Flug und zum Ende steigerte sich das Gruppentempo immer weiter, so daß die Geschwindigkeiten letztlich zwischen 30 und 35 km/h je nach Wegbeschaffenheit lagen.
Zum Ende der Fahrt kehrten wir noch in Wannsee in der Loretta ein, wo ich dann natürlich auch noch ein paar Liegeradfragen beantworten durfte – aber zur Ehrenrettung muß gesagt werden, es waren nicht die Fragen, für die man schon bald die Infozettel in der Tasche hat als Liegeradler.
Zum Abschluß hab ich mit zwei, drei Leuten aus der Gruppe auf dem Kronprinzessinnenweg noch einen schönen Sprint hingelegt, wir hielten uns zwischen 35 und 42. Sobald es etwas bergan ging mußte ich mich hinter die Jungs hängen, ansonsten daneben oder davor. Ein bischen Handicap hatte ich auch noch, denn ich mußte gegen den Dynamo antreten, während der Rest natürlich mit Akkulampen fuhr. Trotzdem haben sie mich dann wohl auch ernstgenommen, trotz Schutzblechen, Gepäckträger und Federung.
Fazit: Nette Tour und ich wurde sogar mit “bis zum nächsten mal!” verabschiedet – und das kann ich mir durchaus gut vorstellen!
Inklusive meiner An- und Abfahrt (und dem zweimaligen Stau auf dem Kudamm…) hatte ich am Ende des Tages immerhin 71,4 Kilometer mit einem 27,5 km/h Schnitt auf dem Tacho.