Placebos gegen Terroristen
Gestern traten die EU-weiten neuen
Sicherheitsbestimmungen f�r das Handgep�ck in Flugzeugen in Kraft.
Im Groben: Es d�rfen Fl�ssigkeiten nur noch in kleinen Mengen mit
an Bord genommen werden. Einzelne Beh�ltnisse d�rfen 100ml nicht
�berschreiten, alle Beh�ltnisse zusammen m�ssen in einen
durchsichtigen, wiederverschlie�baren Plastikbeutel mit maximal
einem Liter Inhalt stecken. Ursache f�r diese neue Regelung:
Britische Beh�rden haben nach eigenen Angaben am 10. August dieses
Jahres einen Anschlag auf Flugzeuge vereitelt, bei dem fl�ssiger
Sprengstoff, in der Kabine zusammengemixt aus mehreren Komponenten,
zum Einsatz kommen sollte.
Es gibt durchaus einige effektive fl�ssige Explosivstoffe bzw.
Fl�ssigkeiten, die man zu Explosivstoffen verarbeiten kann. Als
Beispiel seien Nitroglycerin oder Triacetontriperoxid (TATP)
genannt. Die Endprodukte sind kaum sinnvoll im Handgep�ck zu
transportieren, da es sich um instabile Verbindungen handelt, die
unter Einflu� von Hitze oder bei Schlag oder Reibung detonieren
k�nnen - mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevor ein Terrorist
damit �berhaupt ein Flugzeug erreicht. Zudem birgt Nitroglycerin
den Nachteil, da� die enthaltenen Nitro-Verbindungen, in vielen
Sprengstoffen als Energietr�ger enthalten, ggf. on Detektoren
entdeckt werden k�nnen. Konzentrieren wir uns also einmal auf TATP,
was diversen Quellen zufolge als wahrscheinliche Variante f�r den
Einsatz bei dem fraglichen Terrorplot gilt.
Die Grundmaterialien von TATP sind mit gewissem Geschick im
Handgep�ck zu transportieren. An Bord m�ssen diese dann vorsichtig
zu TATP verarbeitet werden. Dieser Vorgang mu� unter st�ndiger
K�hlung geschehen, Eiswasser und ein geeignetes Gef�� sind strikte
Voraussetzung f�r ein Gelingen. Ein Fehler in der Herstellung f�hrt
nicht zu einer gewaltigen Explosion, sondern allenfalls dazu, da�
sich der Terrorist auf der Flugzeugtoilette in Narkose versetzt
oder eine kleine Verpuffung verursacht, die dem Flugzeug keinen
nennenswerten Schaden zuf�gt. Und jetzt kommt der schwierigste
Teil: Die entstandene Masse mu� (stundenlang) getrocknet werden, um
als effiziennter Sprengstoff eingesetzt zu werden. Es gibt Stimmen,
die behaupten, da� die angeblichen Attent�ter wohl deshalb so viele
Flugzeuge als Ziele gew�hlt haben, weil sie bei der Fehlerquote so
hofften, da� wenigstens ein bis zwei Flugzeuge zerst�rt
w�rden.
Aber zur�ck zum urspr�nglichen Thema. Die Sprengkraft von TATP
liegt nahezu im Bereich der Sprengkraft von TNT, auch wenn die
Ausbreitungsgeschwindigkeit geringer ist und die Reaktion nicht die
exotherme Kraft herk�mmlicher Sprengstoffe hat, sondern sich
lediglich in der "kalten" Umwandlung des Feststoffes in Gase
�u�ert, so ist die Wirkung nicht zu untersch�tzen. Zwischen 340 und
450 Gramm Sprengstoff reichten, um die Clipper of the Seas �ber
Lockerbie so stark zu besch�digen, da� sie innerhalb weniger
Sekunden in mehrere Teile zerbarst. Die Menge, die ein einzelner
Passagier an Grundstoffen also auch jetzt noch mit in die Kabine
nehmen kann, sollte mehr als ausreichend sein, um einem in der Luft
befindlichen Flugzeug (in dem ja bereits �berdruck gegen�ber der
Umgebung herrscht) einen fatalen Schaden zuzuf�gen.
Setzen wir all dies in Relation zu der wohlbekannten Tatsache, da�
bei Blindtests, in denen Mitarbeiter von Beh�rden gezielt versuchen
Waffen oder Bombenatrappen am Sicherheitspersonal vorbei an Bord zu
schmuggeln, auch ohne die neuen Regeln bereits erhebliche L�cken zu
beobachten waren - eben weil die Mitarbeiter unter anderem unter
dem Druck stehen, die Wartenden m�glichst schnell abzufertigen -
fragt sich, ob die neuen Regeln, die gegen das Szenario gegen das
sie helfen sollen eher sinnlos sein d�rften, nicht vielleicht eher
einen gegenteiligen Effekt haben und die Sicherheitskontrollen
einfach nur noch durchl�ssiger machen.
Und last but not least: In Deutschland sterben jedes Jahr
vermutlich noch lange wesentlich mehr Leute an den Folgen des noch
immer nicht einged�mmten Rauchens, als �ber die letzten zehn Jahre
bei Terrorattacken auf Flugzeuge weltweit umgekommen sind. Und wenn
das auch mein liebstes Beispiel ist, so ist es sicher nicht das
einzige.
H�tt ich doch blo� die blaue Pille genommen... (nein, nicht
Viagra!)