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Südwest 2011: Mediterrane Einflüsse

Mittwoch. 21.09.2011

Schon morgens scheint die Sonne. Ein vorsichtiges Öffnen des Fensters verrät: Es ist kühl draußen. Aber freundlich und trocken, also alles in bester Ordnung. Ich packe meine Sachen, dann schlendere ich zum Frühstück, das für französische Verhältnisse erstaunlich vielfältig ausfällt. Wurst, Käse, Müsli … und Eier. Über deren kühle Temperatur wundere ich mich noch, beim Öffnen dann die Erkenntnis: Die Pfännchen auf der Kochplatte ein kleines Stück neben den Eiern hatten ihren Sinn. Die Dinger sind roh…

Gegen halb zeh n steht die Speedmachine bepackt vor dem Hotel und es kann losgehen. Das Garmin berechnet mir den Weg zum Eingang des Bahnradwegs, der mich heute für einige Kilometer begleiten soll, nach einer kurzen Fahrt, bei der ich nocheinmal Chalon sur Saone streife, biege ich nach links auf den besagten Radweg ab.

Guter Asphalt erwartet mich und die für Bahnradwege typische Streckenführung: Weiter Kurven, lange, gerade Streckenabschnitte und eine nivellierte Route. Zwei Dinge fallen mir, verwöhnt vom EV6, allerdings auf: Viele Straßenüberquerungen, vor denen die Fahrt ständig mit engen Drängelgittern gebremst wird und ein ständiges leichtes (maximal 1%) auf und ab. Der Weg verläuft oft zwischen Bäumen oder gar in einem Graben, so daß über einige Streckenabschnitte wenig von der umliegenden Landschaft zu sehen ist. Im Gegenzug bietet er allerdings Beschilderungen zu allerlei Orten am Wegesrand und auch die Durchfahrten durch die ehemaligen Bahnhöfe sind sehr reinzvoll. Immer wieder treffe ich andere Radler, neben einigen Rennradlern sind hier aber vorwiegend Familien unterwegs, ab und zu auch mal Radwanderer.

Und so begegnet mir, bei einer Fotopause von hinten aufkommend, auch irgendwann Antoine, der auf einem Stahlrandonneur unterwegs ist. Wir können uns bestens auf englisch unterhalten und beschließen, zusammen zu fahren. Antoine will nach Macon, wo der Bahnradweg ohnehin endet, ich will noch ein paar Kilometer darüber hinaus. Bei einer Pause versorgt mich Antoine zudem aus seinem reichhaltigen Picknick-Angebot, da ich kurz zuvor gerade mal wieder an einer geschlossenen Terrasse gescheitert war (öffnet erst um 15 Uhr, aber ohnehin nicht am Mittwoch … erfährt man, nachdem man dem Aufsteller am Wegesrand gefolgt ist).

Ab irgendeinem Punkt folgt der Weg wohl nicht mehr der Original-Bahnroute, des es kommen enge Kurven und immer wieder Stücke mit Steigungen, die es in sich haben. Neben Autobahn und neuer Bahntrasse, auf der die TGVs mit hoher Geschwindigkeit vorbeirauschen, geht es durch Gärten und Weinbaugebiete. Nicht nur das zunehmend warme Wetter, sondern auch die Bauweise der Häuser, der Flair der Orte wird langsamer mediterran.

Wir durchqueren einen langen Tunnel, dann sind wir auch bald vor kurz vor Macon. Der Bahnradweg geht offenbar weiter, allerdings nicht asphaltiert. Da Antoine mit seinen dünnen Reifen dort nicht fahren will, begleite ich ihn (entgegen meiner ursprünglichen Routenplanung) auf kleinen Straßen nach Macon. Er verbingt dort seinen Nachmittag, bevor er abends privat ein kleines Stück weiter unterkommt, ich biege auf die D-Straße in Richtung Süden ab.

Die parallel laufende Autobahn schluckt eine Menge Verkehr, sie ist aber weit genug weg, um nicht mehr wahrnehmbar zu sein. Bei Villefranche wechsle ich wieder auf die Westseite der Saone – und befinde mich plötzlich im dichten Stadtverkehr. Der Raum Lyon wirft seine Schatten voraus. Von der Zeit her reicht es heute nicht mehr, um sich noch an Lyon vorbeizuschmuggeln und so beschließe ich, demnächst die Augen nach einem Hotel offen zu halten. In Qincieux werde ich schließlich fündig. Ich komme zwar nicht unbedingt billig unter, aber das Hotel Tante Yvonne bietet gleichzeitig ein hervorragendes Restaurant. So beschließe ich meinen Abend mit allerbester französischer Küche.

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