Join the Evolution!

Mein Fahrrad-Zoo ist ja eigentlich schon groß genug, aber wer mich kennt, der weiß, daß das nicht unbedingt ein Grund sein muß, daß ich mich nicht noch nach weiteren Möglichkeiten der Fortbewegung umsehe.

Am Samstag nahm ich also mein noch abzufahrendes Bahnticket zur Hand (gültig nur noch bis Ende März) und setze mich in aller Frühe in den Zug nach Duisburg. Um kurz vor zehn holte mich Judith dort vom Bahnhof ab und wir fuhren gemeinsam nach Straelen in der Nähe der niederländischen Grenze. In Straelen wiederum ging es zur Firma Beyss, bekannt für ihre futuristisch anmutenden Velomobile.

Als ich zur Tür hereinkam traf ich zunächst einmal auf eine mir bekannt vorkommende Gestalt – und als er die Staubschutzmaske abnahm erkannte ich Daniel Fenn, Europameister in der vollverkleideten Liegeradklasse. Daniel baute an seinem nächsten Rekordgefährt: einer sportlichen (dennoch alltagstauglichen) Version des Go One Evo, speziell auf ihn angepaßt, mit dem er in diesem Jahr den 24-Stunden-Rekord holen will.

Nach kurzer Zeit wurde ich auch schon freundlich von Michael Beyss begrüßt und ohne Umschweife ging es daran, eines der in der Werkshalle stehenden Evos auf meine Körpergröße anzupassen. Bei meinen 1,90m Körpergröße und ausgestattet mit meinen halbwegs lauftauglichen Klickschuhen keine leichte Aufgabe, aber nach wenigen Minuten war der Sitz etwas nach hinten verschoben und das Tretlager soweit nach vorn, wie es ohne Berührung der Scheibe noch möglich war und ich paßte ins Velomobil.

In ein Evo steigt man nicht einfach ein, man schwingt sich hinein, gleitet in den Sitz und verschmilzt quasi mit der Maschine. Dann den Klapptiller (Lenker) zu sich ziehen und es kann losgehen. Vorsichtig fuhr ich aus der Hofeinfahrt, bog auf die Straße ab und beschleunigte. Durch meine mangelnde Gewöhnung an das Fahrzeug und die Pi-mal-Daumen-Sinstellung spüre ich noch Treteinflüsse und fahre wohl leichte Schlangenlinien. Ich habe das Gefühl, nicht wirklich vorwärts zu kommen, doch ein kurzer Blick auf den Tacho sagt mir, daß ich schon 35 km/h fahre. Der durch die Scheibe abgeleitete Fahrtwind hat mir ein Schnippchen geschlagen, ich bin einfach sehr viel schneller als es sich anfühlt.

Die erste Kurve, ich bremse runter. Vorsichtig fahre ich mit ca. 20 km/h um die Ecke. Ich weiß, da ist noch mehr drin, aber ich will es nicht auf die Probe stellen. Wieder beschleunigen. Das Gewicht (jenseits der 30kg) ist zu merken, ist wie Stoff geben auf dem Liegerad, wenn man Gepäck drauf hat – nur nimmt der Luftwiderstand deutlich langsamer zu. 37, 38 km/h einfach so. Ich spüre, daß da noch Luft nach oben ist, wenn man ans Fahrzeug gewöhnt ist. Ich fahre einige Rundem um den Block. An die Lautstärke eines Velomobils muß man sich als Liegeradler gewöhnen.

Ich fahre zurück auf den Hof. Nein, aussteigen will ich noch nicht: Jetzt will ich geschlossen fahren, mit dem Hardtop. Noch weniger Wind. Mit ein, zwei Handgriffen montiert Herr Beyss das Dach. Der Deckel geht zu und trotz meiner Körpergröße ist es kein Problem. Wieder geht es raus auf die Straße um um den Block. Ich weiß nicht, ob ich mich nur besser auf das Fahrzeug eingestellt habe oder ob das Hardtop den Luftwiderstand nochmals merklich gesenkt hat. 39, 40 km/h auf den kurzen Strecken bis zur nächsten Kurve. Ich spüre einen leichten Zug der Buglüftung, ansonsten wird es im Fahrzeug schnell angenehm warm, der einsetzende Nieselregen bleibt zuverlässig draußen. Bei widrigem Wetter hätte man damit die Rennradpisten komplett für sich – und Regen und Kälte würden einfach draußen bleiben.

Ich rolle wieder auf den Hof, freage Herrn Beyss über dies und jenes Löcher in den Bauch. Was könnte man tun, um das Evo noch besser an jemanden meiner Größe anzupassen? Wie kriegt man es möglichst unabhängig von einer externen Stromversorgung? Wie und wo kriegt man Gepäck am besten unter. Auf alles gibt es gute und schlüssige Antworten. Die fundierten Antworten eines Entwicklers, Technikers, Tüftlers – nicht aalglattes Verkaufsgewäsch.

Ich verlasse Straelen mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Das Evo macht Spaß und es eignet sich deutlich besser für Touren, als ich zunächst gedacht hätte: Man kriegt definitiv mehr Gepäck unter, das Stromproblem ist nicht so eng, wie ich befürchtet hatte und mit ein paar kleinen Änderungen ist es auch problemlos sehr bequem auf meine Körpergröße anzupassen.

Für meinen Arbeitsweg (3,5 km, diverse Ampeln und dann noch Einmündungen) ist es sicherlich nicht so gut geeignet – und in den Keller krieg ich es auch nicht – das sind die beiden Hauptgründe, die mich auch weiterhin erstmal davon abhalten. Aber cool wär’s schon…

12 Gedanken zu „Join the Evolution!“

  1. wow, klingt nach einem gelungenen wochenendtrip – freundin beglückt und dir selbst auch noch nen wunsch erfüllt. bin gespannt, wohin du dich noch als zoo-direktor entwickeln wirst …

    :o)

    iebe grüße,
    L

  2. Hi Olli,

    coole Sache! Ich will auch unbedingt (wenns geht auf der Spezi) mal so ein Evo probefahren. Das VM steht dir ausgesprochen gut ;-)

    Ich hätte nur Angst, dass dann die SPM im Keller versauert…

    Viele Grüße

    Lars

    1. Auf der Spezi ist eine Menge Trubel und VMs stehen da nicht auf dem Probeparcours – ich würde mich da vorher um die Möglichkeit kümmern.

      Die Einsatzbereiche von VM und Liegerad überschneiden sich nur bedingt. Bei schönstem Wetter den Elberadweg oder mal eben 10km Stadtverkehr sind kein Spaß mit dem VM – 200+ km über Land bei Regenwetter gewinnt es allerdings haushoch gegen das Liegerad :-)

  3. Moin Olli,
    wie weit war denn der liebe Daniel mit seiner speziell angepassten, verkleinerten Version des EVO?

    Schöne Grüße,
    Chris

    1. @Chris: Die Form stand in einem Nebenraum, in den ich nicht reingeschaut habe (neugierig war ich schon…). Ich könnte aufgrund meines Gesprächs mit Daniel, der Arbeitskleidung und der Tatsache, daß er sein altes ja gerade zum Verkauf gestellt hat spekulieren, das tu ich aber ungern in der Öffentlichkeit.

  4. allo
    Na was hast Du denn da für einen Block.
    Schade das ich sehr beschäftig war. Wirklich schade. Bedauer schon das ich mir nicht mehr Zeit genommen habe. Hattest mich vielleicht auch besser einnehmen sollen.
    Ich habe immer ein problem mit diesem Orginalen. Du hättest besser mein Altes Fahren sollen. Denn da liegen schon welten dazwischen. Das Orginale ist mehr was für Opas. Ist aber nur meine Persöhnliche Meinnug und sollte man nicht über bewerten.

    Was ich oder wir gerade mit hochdruck baue ist ein neues Modell. Das R. Es ist halt noch blöde vorher viel zu sagen und dann wird es womöglich nicht viel schneller. Wobei meine Meinnung da schon sehr gefestigt ist. Es wird deutlich kleiner hoffentlich vieellll schneller und extrem viel leichter.
    Wenn ich das geschätzte gewicht sage fallt ihr vom glauben ab, also lass ich es lieber.
    Stelle es in ca. zwei Wochen vor. Für mich und muß bedenken das auch meins Alltagstauglich wird, wird es Brutal in Alle Richtungen. Habe mir lange den Kopf zerbrochen wie ich da vorgehe.
    Ich will nicht zu weit vorgreifen, aber ne ich sage euch das wird…..

    Gruß Daniel

    1. Daniel: Mir fehlen noch die Vergleiche, insofern war die Probefahrt im Serienmodell schon in Ordnung – wenn ich dann mal die Chance habe, dann werd ich mal ein gepimptes von Dir irgendwann gerne probefahren und erkenne dann auch den Unterschied! Im Moment heißt die größte Herausforderung vor dem Kauf eines VMs bei mir vor allem: wo hinstellen, wenn man mal nicht damit rumfährt? Das ist hier in der Stadt echt nicht so einfach.

  5. Guter Bericht! Das Problem ist ganz klar die Stadt. ;-) Im Ernst: mit einem VM kannst Du weit Pendeln, wenn Du von der Berlin-Scheibe in den märkischen Sand fällst, kannst Du Dir direkt noch einen Fahrrad-Hangar leisten…

    Danke nochmal für Deinen Hinweis via Twitter gestern, hab mittlerweile die Versandbestätigung erhalten. ;-)

    1. Tja, also wenn die letzte Entscheidung zwischen in der Stadt wohnen oder VM fahren fällt, dann gewinnt die Stadt. Oder es gibt einen Weg, doch am Ende beides zusammen zu führen. So weit ist es nicht von mir aus in VM-taugliches Gebiet.

Kommentare sind geschlossen.