Am kommenden Samstag, den 16.10. findet das Zeitfahren Hamburg-Berlin statt. Das Hotel ist gebucht, die Bahnfahrkarte ausgedruckt, die Startgebühren überwiesen. Das Rad hat Licht, ein neuer Hinterreifen liegt bereit. Was kann da noch schiefgehen? Achja. Der Motor. Genauer gesagt: meine Beine. Die fühlen sich schwer und müde an und fordern die fahrradarme Zeit, das Saisonende, Erholung, Ausgleichssport. Wonach sie nicht so unbedingt rufen ist ein Ausdauer- und Kraftakt zwischen Hamburg und Berlin bei immer geringeren Temperaturen. Aber trotzdem, da müssen sie durch – noch dieses eine mal in dieser Saison.
Am Samstag nach dem Frühstück war ich spät dran, dann plante ich zuerst noch ein wenig die zu fahrende Strecke – und entschied mich dann, diese erst am Sonntag zu fahren. Für den Samstag nahm ich mir dann nur ein paar wenige Kilometer auf dem Kronprinzessinnenweg vor. Ruhiges auf- und abfahren. Keine Steigungen auf der Havelchaussee, keine drängelnden Autos. Beim dritten mal kam mir ein Liegerad entgegen, ein Grasshopper fx mit einer mir unbekannten Fahrerin. Ich fuhr brav meine Rudne zuende, auf dem Rückweg holte ich den Grasshopper ein. Bei einem netten Gespräch ging es dann doch einmal über die Havelchaussee und zurück. Aber ich bin relativ friedlich und langsam gefahren. Am Auerbachtunnel trennten sich unsere Wege wieder und ich fuhr nocheinmal die Krone mit höherer Geschwindigkeit in beide Richtungen ab. Ein weiteres mal sparte ich mir, denn es wurde langsam kühl und dafür war ich nicht gerüstet.
Am Sonntag nach dem Frühstück woltle ich mir die Teilstrecke von Hamburg-Berlin anschauen, die bei Spandau in die Stadt führt. Ich hatte mir eine Route bis Bad Wilsnack aufs Garmin Edge 705 geladen, fuhr jedoch mit der Einstellung los, daß ich ganz ruhig und langsam aus der Stadt fahren wollte, villeicht bis Nauen, Paulinenaue oder Friesack. Durch die Stadt fuhr ich auch wirklich noch langsam, half noch am Bahnhof Grunewald anderen Radlern mit meiner Pumpe aus. Kurz nach dem Einbiegen auf den Track in Spandau startete ich den Trainingsmodus des GPS und zog die Geschwindigkeit etwas an. Zwei Huper hatte ich bis zum Stadtrand, einer, der mich in einer kleinen Straße danach in ca. 20cm Abstand überholte. Zu mienem Bedauern mußte ichan der nächten Ampel feststelen, daß man mit der Faust gar nicht so einfach eine Beule in die Fahrertür eines Autos schlagen kann. Der Opa im Auto drohte mir durch die Scheibe daraufhin Schläge an – bei der Ladung Adrenalin, die ich nach seinem Manöver im Blut hatte möchte ich allerdings sagen, hätte er es auch nur gewagt einen Schritt auf mich zuzumachen wäre das das erste mal in meinem Leben gewesen, daß ich gewalttätig werde. Es gibt Sachen, die gehen einfach gar nicht. Mordversuche auf der Straße gehören dazu. Leider stand ich so unter Strom, daß ich mir das Kennzeichen nicht gemerkt habe. Da hat der alte Sack nochmal Glück gehabt.
Danach ging es raus aus Berlin, die Straßen wurden ruhiger und die Autofahrer friedlicher. Bei relativ gutem Tempo ließ ich es einfach laufen. Ich rechnete nach der Wettervorhersage mit schwachem Ostwind, hatte aber auf einigen nördlich verlaufenden Passagen das Gefühl, daß mir Wind entgegen kam, es kann natürlich auch nur der scheinbare Wind gewesen sein. Das Gelände ist nahezu flach (also es ist flach, aber eben doch nicht platt wie Holland) und dank des Tracks von Georg aus dem letzten Jahr fuhr ich auf ruhigen Straßen und teilweise sogar über einen wunderbar glatt asphaltierten Radweg abseits irgendwelcher Straßen, der dafür hin und wieder mit Drängelgittern nervte, unter denen ich ncihtmal mit dem M5 CrMo Lowracer durchpasste.
Das schöne Wetter ließ die Zeit wie im Fluge vergehen und so lagen Nauen, Paulinenaue und auch bald Friesack hinter mir. Das hieß dann auch, daß ich die Bahnlinie erst wieder bei Havelberg (respektive Glöwen) kreuzen würde, also ging es weiter. Bis Havelberg. Einige Ortsdurchfahrten bremsten meine Fahrt mit unsäglich schlechtem Kopfsteinpflaster, ansonsten war aber stets guter Belag auf den Straßen, nur kleinere ausgebesserte Stücke mit rauher Oberfläche lagen dazwischen.
In Havelberg mußte ich mich entscheiden: Glöwen oder dann jetzt einfach weiter bis Bad Wilsnack? Ich entschied mich für Bad Wilsnack. In Havelberg geht es eine fiese Rampe hinauf (beim Zeitfahren geht es die ja dann glücklicherweise runter!), dann die Abbiegung nach Bad Wilsnack. Und hier erwartete mich das Grauen: Die Straße war sicherlich frisch gemacht, allerdings mit einem rauhen, bremsenden Straßenbelag. Und nicht nur das: Durch diesen Belag hindurch merkt man noch immer jedes Schlagloch, das er wohl eigentlich verdecken sollte. Meine Geschwindigkeit sinkt auf 30km/h, teilweise sogar darunter bei einer gefühlten sehr hohen Anstrengung.
In Bad Wilsnack kehre ich bei der ersten Tankstelle seit Spandau ein. Auch das ein wichtiger Punkt für das Zeitfahren: Nicht auf Verpflegung am Wegesrand verlassen und bei der Tanke in Bad Wilsnack nochmal Wasser bunkern.
Von Bad Wilsnack nehme ich die Bahn zurück nach Berlin. Einen Durschnitt von fast 35km/h (netto) merke ich deutlich in meinen Beinen. Aber ein teil meiner Vorbereitung heißt auch: In dieser Woche gönne ich ihnen Ruhe und eine kleine Auszeit vom ständigen Radfahren.
Solche Auto-“Fundamentalisten” wie Du gestern hattest, hatte ich zum Glück schon lange nicht mehr. Kann Deine Reaktion sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich es nicht unbedingt richtig finde.
Viel Erfolg bei HH-B! Wirst Du Live-Tweets machen?
Nein, die richtige Reaktion wäre ruhig bleiben und eine Anzeige gewesen – aber das war dermaßen knapp, daß ich zunächst nicht zu einer vernunftgesteuerten Reaktion fähig war.
Danke für die Wünsche! Live-Tweets wird es vermutlich nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maßstab geben. Bei sowas bin ich mit dem Kopf woanders, Pausen bestehen aus Essen, Trinken, Dehnen. Vielleicht vom Start und vom Ziel, mit viel Glück vom Kontrollpunkt in Dömitz.
Tja,
kann Deine Reaktion gut verstehen – es gibt echt unsäglich Idioten auf dieser Welt….
Da hätte ich aber auch nen “Hals” gehabt…
Bei den Straßen heißt billig halt auch nicht immer gut – da kenne ich auch so einige (echt blöde) Beispiele…
Wenn ich mir so Deine Kurven betrachte – schön gleichmäßig (Geschwindigkeit, Kadenz,Herzfrequenz…)…
Damit sollte Hamburg-Berlin machbar sein..
Ich hoffe (und drücke die Daumen), das Wetter spielt dann auch mit…
Viel Glück und auch Erfolg!
Nettoschnitt von 35 bei 118 km – Respekt!
Bei meinem ersten “Hunderter” auf der Liege in diesem Jahr lag ich bei einem 29 Schnitt … *hüstel*
Du liegst auf dem M5 wahrscheinlich noch ein gutes Stück flacher als ich auf meinem Nöll.
Fährst du eigentlich mit deiner Heckverkleidung am Samstag ?
Wieviel km Training braucht man pro Woche um an Hamburg – Berlin Teilzunehmen ?
Viel Spaß!
Möge der Muskelkater erst hinterher kommen.
Naja, ich bin ja jetzt schon einige Kilometerchen mit dem M5 gefahren, hab mich aber auch erst langsam gesteigert. Durch meine Achillessehnenentzündung Mite des Jahres hatte ich natürlich eine fiese Trainingspause, so daß ich mal sagen würde: Da müßte noch mehr drin sein.
Das M5 fahre ich mit Heckverkleidung am Samstag. Das ist schon ein sehr, sehr schnelles Rad. Ich kenne das Nöll nicht wirklich, aber im Gegensatz zu meiner Speedmachine sind sicher problemlos 5 km/h mehr Schnitt drin in diese Konfiguration. Die heckverkleidung ist deutlich zu merken, je höher die geschwindigkeit, desto größer der Effekt. Sitzhöhe beim M5: 24cm. Die Sitzneigung weiß ich nicht – aber “flach”. Ich kann nur knapp über den Lenker schauen ;-)
Hamburg-Berlin ist für mich (und meinen derzeitigen Trainingszustand, der nicht der beste ist) eine Herausforderung. Ich liege in diesem Jahr bis jetzt bei etwas über 7000km auf allen drei Rädern zusammen, habe aber kein wirklich gut durchgeplantes Trainingsprogramm realisieren können. Je nach Deinen Zielen sollten 2-3 Runden von 70-100km pro Woche reichen – mehr ist natürlich besser. Aber ganz hab ich das auch nicht immer geschafft. Der größte Trick bei längeren Strecken ist meiner Meinung nach eher die Erfahrung mit dem eigenen Körper und der Nachschub an Energie. Das Training ändert letzten Endes nur die Geschwindigkeit, mit der Du das schaffst.