Der Tag versprach halbwegs regenfrei zu bleiben. Der Wind war noch immer kräftig, aber erträglich. Zusammen mit Judith, die ihr Challenge Hurricane mitgebracht hatte, wollte ich eine kleine Tour unternehmen. Als Ziel suchten wir uns Stavoren aus. Einerseits wollte ich ohnehin das IJsselmeer sehen, wenn ich denn schon hier war, zum anderen wehte der Wind aus West, so daß wir uns die Hinfahrt etwas gegen den Wind quälen mußten, dann aber eine angenehme Rückfahrt mit Rückenwind vor uns stand. Für den Fall der Fälle führte die Fahrt auch nicht allzuweit abseits der Bahnlinie.
Ich plante nicht groß eine Strecke am Notebook, sondern speicherte im GPS lediglich einen Zielpunkt ein und überließ den Rest dem Autorouting meine OSM, das gerade in den Niederlanden auf der großartigen Infrastruktur für Radfahrer problemlos sehr gute Strecken nutzt.
So ging es schon kurz nachdem wir Heeg durchquerten auf sehr ruhigen Straßen durch die flache Landschaft Frieslands. Irgendwann verließ unser Radweg dann auch die Straße, wir rumpelten über ein paar Sperrgitter im Boden, neben uns verlief ein Elektrozaun … und wir standen inmitten einiger grasender Kühe, die uns argwöhnisch beäugten. Nun sind Rindviecher sehr viel ruhiger als Pferde, aber auch sehr viel neugieriger – und so standen wir dann auch vor einer Kuh, die den Weg partout nicht verlassen wollte. Judith, in einem kleinen Dorf aufgewachsen und auch im Rahmen ihrer Arbeit schon mit Kühen konfrontiert gewesen, übernahm die Initiative. Langsam annähern, die Kuh freundlich, aber bestimmt mit der Hand etwas zur Seite drücken. Sie läßt sich etwas drücken, dann bewegt sie sich sofort zurück und glotzt uns weiter an. Nochmal. Selber Effekt. Wir weichen über die Wiese aus, bevor der Rest der Herde allzu neugierig wird.
Kaum ist diese Hürde genommen, kommt eine Neue: der Radweg endet in einer Art Vorgarten. Schnell entpuppt sich diese Stelle allerdings als eine Fährüberfahrt. Der Fährmann wohnt auf dem Schiff nebenan. Als er uns sieht, setzt er eine Kapitänsmütze auf und kommt in unsere Richtung. Für einen kleinen Betrag fährt er uns auf die andere Seite.
Bis kurz vor Koudoum geht es auf einer kleinen, nahezu unbefahrenen Straße. Die Baustellenschilder ignorieren wir vorsichtshalber und behalten Recht mit dieser Entscheidung. Bei Molkwerum entscheiden wir uns, von der GPS-Route abzuweichen und zum Deich zu fahren. Ein schöner Blick auf das IJsselmeer bietet sich uns, als wir kurz nach oben laufen und die Räder unten stehen lassen. Nach ein paar Minuten fahren wir auf dem Weg hinter dem Deich weiter – zwischen Schafen hindurch. An einem Gatter kommen auch diese interessiert zu uns. Da wir sonst nichts zu essen mitbringen, versucht eines der Tiere, ob der Schmutzfänger meines hinteren Schutzbleches essbar ist, merkt aber nach kurzem, daß dies wohl kein Delikatesse ist und läßt von meinem Rad ab.
In Stavoren gehen wir zunächst vor auf die Mole, dann suchen wir uns einen warmen Platz, wo wir heiße Schokolade bekommen. Aufgrund des touristischen Preisniveaus sehen wir von einem Mittagessen vorläufig ab und suchen uns woanders im Ort eine Bude, wo wir Kibbeling (frittierter Fisch, aber wenigstens wird hier der frische Fisch vor Ort frittiert…) essen und uns für die Rückfahrt stärken.
Auf dem Rückweg nehmen wir den direkten Weg nach Molkwerum ohne Umweg über den Deich und folgen ansonsten dem gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Durch den Rückenwind ist unsere Geschwindigkeit natürlich jetzt deutlich höher. Der Fährmann erkennt uns wieder und freut sich über einen kleinen Plausch, dann geht es wieder zu den Kühen. Diesmal überläßt Judith mir den Vortritt, es stehen aber auch erstmal keine Kühe direkt auf dem Weg. Mich schauen sie irritiert an, Judith hat hinter mir allerdings schon wieder mit der unglaublichen Neugier der Rindviecher zu kämpfen.
In Gaastmeer kehren wir nochmals kurz ein, bevor es wieder zurückgeht nach Heeg. Kurz nach unserer Ankunft dort fängt der unvermeidliche Regen wieder an, aber da sitzen wir ja zum Glück schon wieder im Trockenen. Judith macht sich wenig später mit dem Auto (und dem Rad auf dem Radträger) wieder nach Hause auf.
War ein schöne Tour.
Ja, mir hat sie auch Spaß gemacht, die Tage davor hatte ich ja nur Kilometerfressen gemacht, da war der Ausflug viel schöner!