So wie sich im Winter irgendwann die Sehnsucht nach Fahrten bei Tageslicht bildet, kriege ich im Sommer dann manchmal Lust auf eine Fahrt im Dunklen. Nun ist die Zeit um Juni/Juli die definitiv Schlechteste für dieses Vorhaben, denn es bleibt sehr lange hell. Nichtsdestotrotz, wir leben ja nicht am Polarkreis, wird es irgendwann dunkel.
Um mich nicht dem Stress auszusetzen, eine spätabendliche Zugverbindung noch erreichen zu müssen, beschloss ich für dieses Vorhaben nicht wie bei der Fahrt in den Sonnenuntergang aus der Stadt herauszufahren, sondern vor den Toren der Stadt zu beginnen und in die Stadt hineinzufahren. Als Startpunkt wählte ich die Stadt Brandenburg. Von dort sind es ca. 80 Kilometer bis nach Hause und die Strecke geht vorwiegend abseits des Straßenverkehrs auf dem Havelradweg entlang, zumindest bis Werder, wo ich auf mir nicht so vertraute Wege auswich.
Ich startete um kurz nach 19 Uhr in Brandenburg, eigentlich viel zu früh für eine Fahrt in die Dunkelheit, aber ich plante noch ein bis zwei Pausen ein. Zunächst geht es raus aus der Stadt auf dem Seitenradweg der Bundesstraße. Dieser ist in den letzten Jahren besser geworden, wenn man vom Stückchen in Neuschmerzke (Nomes est omen) absieht. Aber schon wenigen Kilometern geht es dann auf die kleine Straße nach Gollwitz und dann auf den Havelradweg, der hier auf dem Haveldeich fernab von Straßen entlangführt. Kurz bevor man Götzer Berge erreicht, trifft man nochmal auf eine kleine Straße, hat aber hier einen gut fahrbaren Radweg seitlich zu Verfügung – und um die Zeit ist auch auf den Straßen nichts mehr los.
Ich aber hatte hier einen anderen Plan: Oben auf dem Hügel steht nämlich ein Aussichtsturm, von dem man weit über das Havelland schauen kann. Dort wollte ich ein wenig Zeit verbingen. Eigentlich. Die Anfahrt zum Turm, zumal von Westen, auf den Götzer Berg geht über nicht gerade einfach Waldwege (was mir wohl bewusst war) – womit ich nicht gerechnet hatte war die unglaubliche Menge Mücken, die mich erwartete. Zappelnd sprühte ich mich mit DEET-50% ein, was die Viecher zumindest ab diesem Zeitpunkt abhielt, mich weiter zu zerstechen – allerdings schwirrten so viele herum, das schon das Atmen, ohne Mücken in Mund oder Nase zu kriegen schwer fällt. Ich beschloss die Aktion abzubrechen und in für den Wegzustand halsbrecherischer Geschwindigkeit auf der anderen Seite des Berges aus dem Wald zu fliehen.
Ich durchquerte die Deetzer Erdelöcher und kehrte dann im Havelstübchen ein, wo ich mir einen Snack und ein kühles Getränk gönnte. Auch keine schlechte Art der Pause. Hinter Deetz bis Phöben läuft der Weg ungestört über den Haveldeich. Ein Hauch von Dämmerung ist langsam zu erahnen, nur wenige Menschen sind hier noch zu Fuß, auf Rädern oder Skates unterwegs – es ist entspanntes Fahren.
Von Phöben bis Werder trifft man auf ein paar wenige Autos, aber auch hier kann man zu einem guten Teil den Radweg nutzen (außerhalb der Orte). In Werder überquere ich die Havel an der Eisenbahnbrücke und weiche damit vom Havelradweg ab. Zwar geht es hier nur über Treppen, so daß ich mein Rad tragen muss, aber dafür erwarten mich ruhige Straßen. Ich fahre am Reiherberg vorbei in Richtung Park Sanssouci, den ich allerdings nicht durchquere auf grund der Uhrzeit. Langsam ist es dunkel genug, um das Licht einzuschalten.
In Potsdam überquere ich die Eisenbahnbrücke an der Neustädter Havelbucht (auch hier sei Nachahmern gesagt: Rad tragen, geht nur mit Treppe), fahre dann in Richtung Potsdam Hauptbahnhof, biege dahinter in die Friedrich-Engels-Straße und suche mir meinen Weg über Steinstücken in Richtung Mauerweg, dem ich bis zur Lindenthaler Allee, mittlerweile im Dunkeln folge. Aber hier geht es dann auf um diese Uhrzeit leeren Straßen über die Argentinische Allee parallel zu U-Bahn nach Hause.
Insgesamt ein schöner Ritt, wenn natürlich auch nur mit einem geringen Anteil an Dunkelfahrt. Aber genug, als daß es mal wieder Spaß machte!