Rhein-Radtour zur Spezi(alradmesse)

Speedmachine im ICZur diesjährigen SPEZI wollte ich endlich einmal standesgemäß anreisen – mit dem Liegerad. Eine Woche plante ich für die Reise ein, am Wochenende zuvor war Ostern. Die ersten Pläne sahen eine Tour ab Berlin vor, doch ich verwarf diese zu Gunsten einer kürzeren Tour mit mehr Urlaubscharakter am Rhein entlang.

So, 24.04.2011

(Berlin) – Duisburg – Köln

Ich nahm den IC um kurz nach acht Uhr morgens nach Minden, von Dort die Regionalbahn nach Duisburg. Das frühe Aufstehen fiel mir nicht leicht, aber die Zugfahrt ging irgendwie rum. Der Tag war sonnig und warm, der Start im Duisburger Stadtverkehr war etwas nervig, die Fahrt bis zum Rhein herunter führte durch verwinkelte kleine Straßen. Sommerstimmung am RheinAuf dem Rhein-Radweg angekommen ging die Fahrt zügig voran, der Feiertag bedeutet allerdings auch, daß ziemlich viele Menschen hier unterwegs waren. An Ausflugsrestaurants oder bei der Durchquerung von Düsseldorf mußte ich langsam um die vielen Spaziergänger und weniger schnellen Radfahrer herumkurven. Hinter Düsseldorf kürzt der Weg einige der Rhein-Windungen ab, allerdings durch eher langweilige Landschaften oder Orte. Bei Hitdorf schließlich wechselte ich auf die linke Rheinseite, um nach Esch zu meiner Unterkunft zu fahren. Dank des Live Trackings wurde ich bereits erwartet, kaum war ich vor dem Haus, ich orientierte mich gerade nach der Hausnummer, ging die Tür schon auf und ich wurde begrüßt. Nach dem Duschen war der Grill heiß und ich bekam ein opulentes Mahl serviert – perfekt!

Mo, 25.04.2011

Köln – Remagen

Perfektes ReisewetterDer Montag war der letzte Oster-Feiertag und in Köln gab es eine Radsportveranstaltung. Ich hatte mich mit Reinhard verabredet. Meine ursprüngliche Etappenplanung sah vor, bis nach Koblenz zu fahren, aber wegen des regen Osterverkehrs und auch um Reinhard für den Rückweg etwas entgegenzukommen (und bei der Länge der Strecke, der Arme hat ja schließlich kein Liegerad in Köln…), entschied ich mich für die etwas verkürzte Variante und setzte als Ziel Remagen an.

So verabschiedete ich mich zeitig, aber nicht zu früh nach einem guten Frühstück und fuhr von Esch nach Vogelsang, wo ich bereits erwartet wurde. In einer großzügigen Runde umfuhren wir wegen der Veranstaltungen die Kölner Innenstadt, Rheinuferwegweshalb es leider kein nettes Foto mit der Speedmachine vor dem Dom gibt, und begaben uns dann auf den Uferradweg entlang des Rheins. Wie erwartet herrschte starker Ausflugsverkehr, aber ales war noch gut fahrbar, nur selten hielten uns größere Menschenansammlungen auf.

An einigen Stellen biegt der Radweg vom Ufer ab, um Hafenanlagen oder Industriekomplexe zu umfahren, ebenso bremsen Ortsdurchfahrten wie üblich den Fluß. Auf weiten Teilen aber bietet der Radweg auch für Fernradler gute Bedingungen, auch wenn es nicht ashpaltierte Stellen oder Teile mit Wurzelschäden gibt.An der Brücke vom Remagen Gut ist, daß es über viele Kilometer keinerlei Berührungen mit dem Autoverkehr gibt, der größtenteils ohnehin von der parallel laufenden B9 oder der etwas entfernten Autobahn geschluckt wird.

Das sonnig warme Wetter animiert uns zu ein wenig Eisdielen-Posing. Im Remagen besichtigen wir noch die Reste der berühmten Brücke von Remagen, bevor Reinhard dann in den Zug zurück nach Köln steigt. Ich drehe noch eine kurze Runde durch die Stadt, bevor ich mich einem Wellness-Abend im Hotel einige Kilometer nördlich hingebe.

Di, 26.04.2011

Remagen – Bingen

Am Deutschen Eck in KoblenzObwohl ich am Vortag die Etappe verkürzt hatte, wollte ich heute wieder zur ursprünglichen Planung zurückkehren und nach Bingen durchfahren. Schon kurz hinter Remagen war zu sehen, daß ich mich jetzt auch sichtlich ins Rheintal begab, außen herum stieg die Landschaft an, die Orte und auch die Verkehrsverbindungen schmiegten sich deutlich enger an den Fluß. Trotzdem läuft der Radweg noch immer gut getrennt von den Straßen direkt am Fluß entlang und bietet schöne Blicke entlang des Tals. Die Osterfeiertage sind vorbei und so ist der Weg heute frei – ich komme gut voran. Die Speedmachine liegt satt auf der Straße, die Federung schluckt die wenigen Unebenheiten perfekt. Allerdings ist das Lenkerspiel stärker geworden und beginnt, leicht störend zu wirken.

Auf meiner Strecke liegt heute Koblenz, dort will ich das Deutsche Eck besichtigen, wo Mosel und Rhein zusammenfließen, zudem liegt die Stadt bei 50km an einem guten Punkt für eine Mittagsrast. Weiterhin hoffe ich dort einen Fahrradladen zu finden, denn das Problem mit dem Lenkerspiel läßt sich mit Bordwerkzeug nicht beheben.

Das Deutsche Eck betrachte ich zunächst von ferne, bevor ich die Mosel überquere. Leider ist die Zufahrt nicht ganz einfach, denn wegen der Buga (Bundesgartenschau) kommt man nur über Treppen ganz nach vorn – ich trage das Rad inklsuive Gepäck die Stufen hinauf, denn ein Foto darf hier nicht fehlen.

RheintalAnschließend gönne ich mir auf dem Josef-Görres-Platz eine Mittagspause. Die Bestellung meiner Apfelschorle verläuft nach Plan, das Getränk wird auch in halbwegs akzeptabler Zeit geliefert. Die Sache mit dem Essen gestaltet sich schwieriger: Zuerstbestelle ich einen “Fellinis Burger”, dem Namen nach die Spezialität des Hauses. Nach einiger Zeit wird mir mitgeteilt, daß dieser heute leider ausgegangen sei. Ich entscheide mich für ein anderes Gericht. Und es dauert. Der Ober läuft mehrfach am Tisch vorbei, lächelt nett. Meine Apfelschorle ist irgendwann alle. Der Ober lächelt noch immer, kommt aber nicht vorbei. Irgendwann winke ich ihn heran, frage nach meinem Esssen. Es stellt sich heruas, daß dieses vergessen wurde. Ich bestelle es ab. Für diese Leistung gibt es auch kein Trinkgeld, meine zeit wird langsam auch knapp, ich will noch bis nach Bingen und die Loreley vorher noch bei Sonne sehen!

Ein Besuch beim Fahrradladen und das Problem mit dem Lenkspiel ist behoben. Da das Rad dort schon so schön im Arbeitsständer ist, wechsele ich auch noch schnell selbst meine vorderen Bremsbeläge (aus meinen eigenen Vorräten, denn im Laden gibt es keine passenden). Man verlangt kein Geld von mir, aber für den guten und freundlichen Service landet das gesparte Trinkgeld vom restaurant (plus ein wenig Bonus) dann eben hier in der Kaffeekasse.

Auf dem Weg aus Koblenz hinaus komme ich leider nicht mehr an irgendeiner Gelegenheit vorbei, auf schnellem Wege etwas zu essen. Um mich nicht komplett leerzufahren greife ich zur Notfallmaßnahme und genehmige mir ein Gel. Dann geht es auf nach St. Goar Der Radweg verläuft hier niocht mehr so schön, sondern direkt neben der B9. Zwar ist das Verkehrsaufkommen noch halbwegs erträglich, aber die Ruhe und Entspannung, die der fern der Straße gelegene Rheinradweg bisher bot sind hier nicht mehr ganz so gegeben. Das Tal ist eng. In St. Goar schließlich komme ich zu etwas zu essen: Currywurst, Pommes und danach noch einen Apfelstrudel. Sicher keine perfekte Sportlerernährung, aber hier zählten jetzt allemal nur noch die Kalorien.

Kurz nach Ausfahrt genehmige ich mir einen schönen Blick auf den Loreley-Felsen. Die Dame hat wohl schon Feierabend, aber einen netten Platz hat sie sich da ausgesucht. Dennoch, ich muß weiter. Und im Hintergrund: Die LoreleyAuf dem nicht immer perfekten Pflaster des eng an Bahnstrecke und Bundestraße geschmiegten Radweges merke ich allerdings bald, daß etwas mit der Federung meines Vorderrades nicht stimmt: Die Gabel federt nicht mehr aus. Ich telefoniere mit HP Velotechnik und bekomme nach kurzer Beratung per Mail die Adressen zweier Fahrradläden auf meinem Weg genannt, die sich als HP Fachhändler mit der Gabel auskennen sollten. Mit den “Radgebern” aus Mainz telefoniere ich, schildere mein Problem und man verspricht mir am Telefon, daß ich trotz voller Werkstatt am nächsten tag vorbeischauen könne, man würde sich das Problem mal anschauen und könne vielleicht etwas tun.

In Bingen suche ich mir ein Hotel mit Möglichkeit, mein Rad sicher unterzubringen. Zu Fuß schlendere ich eine Weile durch die Stadt, bis ich ein geeignetes Restaurant finde, um mich abends noch etwas zu stärken. Ein warmes Bad entspannt die Beine, bevor ich ins Bett gehe.

Mi, 27.04.2011

Bingen – Ober-Ramstadt

Die Wettervorhersage verspricht wechselhaftes Wetter, doch der Morgen begrüßt mich nocheinmal mit Sonne. Mit vermindertem Luftdruck auf dem Vorderrad und verminderter Geschwindigkeit mache ich mich auf den Weg nach Mainz. Der Radweg führt über Wirtschaftswege, bietet kaum interessante Blicke und fast nie Sicht auf den Rhein. Er verläuft hinter oder auf Deichen, die allerdings schon weit entfernt vom Ufer stehen. Langsam wird es dunstig, auch etwas kühler als in den letzten Tagen. Abenteuerliche WegeIch kann mich nicht recht für die Landschaft begeistern, will eigentlich nur meine federung repariert haben – bei den fahreigenschaften der Speedmachine ohne Federung des Vorderrades frage ich mich einerseits, warum jemand diese Option überhaupt fahren will und andererseits wird mir klar, daß das Rad so auch nicht schneller wird. In Ausnahmen wie auf perfektem Pflaster vielleicht, aber generell nicht: Bei kleinsten Unebenheiten neigt das Vorderrad zum springen, ich habe das Gefühl, die Federung des Hinterrades ist auch nur noch halb so effektiv.

Ich kämpfe mich durch den Mainzer Stadtverkehr und komme bei den Radgebern an. In der Werkstatt muß ich einige Minuten warten, man hört sich mein problem an, einem zweuiten Mitarbeiter schildere ich das Problem auch nochmal. Dieser erklärt mir, daß sie an dieser gabel jetzt so schnell eh nichts tun könnten, die müsse eingeschickt werden und überhaupt sei es ja sehr voll. Ohne einmal überhaupt nur mein Rad oder die Gabel anzuschauen. Ich bin genervt. Ich hätte mir einigen nervigen Stadtverkehr sparen können und Mainz auf sehr direktem Wege durchquert, wenn man mir diese Information einfach am Telefon gegeben hätte. Dicker Minuspunkt für diesen Laden. Es ist völlig OK, wenn die Werkstatt voll ist oder es Teile gibt, wo einem die Erfahrung fehlt – die Federgabel der Speedmachine ist schon sehr speziell – aber bitte, bitte: sowas kann man dann auch einfach gleich sagen. So hat mich die Aktion einfach nur Zeit und Nerven gekostet und keinerlei Erkenntnisgewinn gebracht.

Ich entschließe mich, spontan einen Abstecher nach Trebur zu Fahrrad Claus zu machen, dem zweiten Händler, den mir HP genannt hatte. Auf dem Weg dorthin passiert, was irgendwann passieren mußte: Ein Autofahrer nietet mich um. Es muße passieren, weil ich der eigenen Regel, nicht auf Radwegen zu fahren, sondern immer die Straße zu nehmen, nicht gefolgt war. Der Radweg führt entgegen der Fahrtrichtung, die Überleitung auf die andere Seite ist schlecht ausgeschildert und ich bin sehr langsam, um mich zu orientieren. Eine Einmündung mit Zebrastreifen. Ich rolle mit Fußgängergeschwindigkeit heran, ein Auto bleibt auf dem Zebrastreifen stehen. Ich rolle vorbei … und in dem moment, wo ich genau davor bin gibt der Autofahrer Gas und nietet mich um. Arm tut weh, Spiegel kaputt, Schutzblechhalterung gebrochen. Austausch der Daten. Himmel bewölkt. Nicht mein Tag!

In Trebur finde ich Fahrrad Claus auf Anhieb. Die unfallschäden sind fix behoben, der Techniker mit Erfahrung mit der Concept-Federgabel allerdings zum Mittag außer Haus. Trotz voller Werkstatt wird mir angeboten, daß ich warten könne und man dann einen Blick drauf wirft. Ich entschließe mich, derweil Mittag zu machen und bekomme ungefragt neben einem guten Tipp für eine preiswerte Gaststätte auch noch leihweise ein Rad. Ich fühle mich hier deutlich besser aufgehoben als in Mainz. Nach dem Mittagessen überlege ich, ob ich meinen Arm einem Arzt vorzeige, eine nette ältere Dame bgelietet mich zum Arzt, dessen Prais geschlossen hat – und der leider auch an seiner Privatadresse nicht anwesend ist. Ich fahre zurück zum Radladen und meine Speedmachine wird nur wenig später in die Werkstatt geschoben. Mit Geduld, einigen Telefonaten mit HP Velotechnik und einem sogar vorrätigen Ersatzteil wird die Gabel wieder perfekt hergerichtet. Rheinbrücke in MainzDas geht wegen der seltenen Teile und des komplexen Aufbaus nicht gerade schnell, trotzdem gibt hier niemand auf. So geht Service! Ich bin glücklich, bedanke mich und füttere die bunte Kuh (Kaffeekasse) angemessen. Draußen regnet es und ein Gewitter zieht durch.

Trotz leichten Regens, der allerdings nocheinmal stärker wird, setze ich meine Fahrt fort. Zunächst weigert sich das Navi, zum Zielort zu routen (Autorouting, da Trebur ja nicht auf der vorgeplanten Route lag), aber mit ein, zwei Zwischenpunkten läßt es sich dann überreden. Auch der Regen verzieht sich bald und ich kann nach vielleicht 20 Minuten meine Regenklamotten schon wieder ausziehen.

Je näher ich Darmstadt komme, umso nerviger werden die Wege, die fahrt durch Darmstadt ist wegen schlechter Straßen auch nicht gerade der Hit. Ich fahre mitten durchs Zentrum, will aber nur noch ankommen und sehe nicht so viel von der Stadt. Kurz hinter Darmstadt bieten sich mir zwei Möglichkeiten: Auf der viel befahrenen Bundesstraße halbwegs nivelliert den Aufstieg wagen oder über nicht nivellierte Waldwege weiter. Nach kurzem Nachdenken entscheide ich mich für fünf- bis zehnprozentige Steigungen auf Waldwegen und erreiche zum Lohn Ober-Ramstadt mit einer schönen Schußfahrt bei über 60 km/h. Durch die Stadt lotst mich mein GPS auf verschlungenen kleinen Wegen und dnak Live Tracking werde ich bereits erwartet.

Duschen, bekocht werden, angeregte Unterhaltung. Ein alles andere als perfekter Tag findet einen sehr schönen Ausklang. Am nächsten Tag gönne ich mir einen Ruhetag mit Stadtbesichtigung und Kultur.

Fr, 29.04.2011

Ober-Ramstadt – Bellheim

Auch diesmal möchte ich die Bundesstraße wieder umgehen und entscheide mich für einen Weg durch den Wald. Ersteinmal geht es diverse Höhenmeter hinauf, dann fast nur noch bergab. Auf einigen Lichtungen habe ich einen sehr netten Blick über die Ausläufer des Mittelgebirges, doch schon nach kurzem wird es wieder flach. Ich durchfahre Nieder-Ramstadt, Eberstadt, Pfungstadt, Hanh und erreiche in Gernsheim wieder den Rhein, den ich mit der Fähre jetzt zum dritten mal auf dieser Reise quere. Bis Worms geht es auf einem angenehm fahrbaren Radweg. Im Worms gönne ich mir eine Pause mit Mittagessen. Rheinfähre GernsheimDanach folgt die Fahrt auf zum Glück wenig befahrenen Landstraßen. Lediglich die Ortsdurchfahrten mit ihrem Slalom um Blumenkübel sind ab und an etwas nervig. Während mich der kräftige Wind auf der rechten Rheinseite noch schob, kommt er mittlerweile seitlich, zeitweise auch schräg von vorn – vornehmlich dann, wenn wieder eines der kleinen Schauergebiete in der Nähe vorbeizieht dreht er.

In Mutterstadt erwischt mich dann ein Schauer, als ich schon wieder aus dem Ort herausfahre. Da ich ohnehin eine Toilette gebrauchen könnte flüchte ich mich zu einer Bäckerei (das Gasthaus hat geschlossen). Dort gibt es keine Toilete und so fahre ich im mäßigen Regen weiter, der Tipp war ein Einkaufszentrum kurz hinter dem Ort. Allzu kurz ist das nicht und ich halte zwischendurch an einem Baum. Als der Regen endlich nachläßt erreiche ich das besagte Einkaufszentrum und kaufe dort etwas zu trinken, während ich die letzten Tropfen vorbeiziehen lasse.

Radweg bei SpeyerKurz vor Speyer fällt mir ein verlorenes Nummernschild auf der Straße auf, das von den Autos beim Überfahren wild herumgewirbelt wird. Da ich ohnehin die STraße überqueren und abbiegen muß, halte ich kurz an und sammle es auf. Auf dem Weg bis Bellheim begegnet mir keine Polizeistation, wo ich es abgeben könnte, und so nehme ich es erstmal mit ins Gasthaus.

Einchecken, frisch machen, dann verabrede ichmich mit Klaus, um mal in Gemersheim vorbeizuschauen, wie weit die Aufbauarbeiten an der SPEZI schon gediehen sind und etwas zu essen. Während Klaus die Unterbringung seines Fahrrades für den Samstag abklärt, fahre ich zur Polizei. Diese ist mittlerweile an anderer Stelle, als in meiner OpenStreetMap verzeichnet (werde das in der Map korrigieren), nach Nachfrage finde ich das Neue und liefere das Nummernschild dort ab.

Nach dem Essen beeilen wir uns mit dem Weg nach Bellheim, da es nach Regen aussieht, dort kehren wir noch kurz am Sportplatz ein, dann ist der Tag aber auch bald beendet.

Nachlese

Nach dem gescheiterten Versuch, das Nordkap zu erreichen und danach noch Norwegen anzuschließen kommt jetzt die Nachlese. Ich war beim Orthopäden und Sportarzt und ich war (bisher nur zu Informationszwecken) in einem Trainingslabor, das nach biomechanischen Vermessungen die individuelle Einstellung des Rades unterstützt. Ich habe so einiges im netz gelesen und versuche meine Lehren zu ziehen, um beim nächsten Versuch – den ich gern schon im nächsten Jahr ansetzen würde, das Risiko zu minimieren und das Unternehmen zu einem erfolg- und erlebnisreichen Ziel zu bringen.

Einigkeit in der Analyse herrscht darüber, daß hier mehrere Faktoren zusammenspielten. Die neuen Schuhe (die ich ja schon von Anfang an als Risikofaktor einschätzte), der relativ harte Einstieg, der von der Planung nicht so hart gedacht war, sondern zu dem ich mich aufgrund des extrem guten Wetters hab hinreißen lassen und die anfänglich (bedingt durch die geänderten Schuhe) nicht ganz optimale Einstellung des Rades dürften zu dem Problem geführt haben. Vorhersehbar war die Sache so sicher nicht, aber die deutlich geänderte Belastung auf so einer Tour stellt eben starke Anforderungen und den Körper und hebt so die Gefahr von Problemen deutlich an.

Welche Konsequenzen ziehe ich jetzt daraus? Nun, an allererster Stelle steht im Moment die vollständige Heilung, so daß keine Gefahr eines chronischen Problems daraus erwächst. Ich habe orthopädische Übungen, die ich auch über den Heilungsprozess hinaus betreiben soll, um die Sehnen bestmöglich auf die Belastungen vorzubereiten. Ich werde weit im Vorfeld mein Material abstimmen, auch mit professioneller Hilfe (Videoanalyse, Körpervermessung). Und ich werde beim nächsten mal einen deutlich disziplinierteren Einstieg hinlegen, sowohl was geringere Kilometerleistungen gerade am Anfang angeht, als auch was meine in der ersten Woche noch nicht gut eingespielte Ernährung angeht – denn wenn ich müde werde (zum Beispiel wegen nicht regelmäßigen Essens), dann ändern sich auch meine Bewegungsmuster nachteilig.

Um etwas Abwechslung in die Tour zu bringen und nicht stur den relativ gut optimierten Track von diesem Jahr abzufahren, denke ich für den südlichen Teil bis zur E45 über geänderte Streckenführungen nach. In Hinsicht auf den relaxteren Einstieg stehen dabei Routen zur Debatte, die gerade in der ersten Woche auch ein paar mehr Sightseeing-Elemente enthalten und die Strecke auf ein paar mehr Fahrtage (+3 bis zum Nordkap) verteilen sollen.

Desweiteren erlaubt mir die Vorbereitungszeit mit ein paar kleineren Touren in diesem Sommer auch noch ein paar Optimierungen am Material, die sicherlich nochmal mehr als ein Kilo Gewicht sparen können.

Auch wenn ich vielleicht dort nächstes mal nicht langfahre, aber rund um Gislaved und Mariestad habeich dann auch noch in OSM fehlende Radwege und Straßen nachgetragen, so daß Leute, die an meinen Tracks interessiert sind und auch nach OSM fahren (was sehr gut funktioniert hat!) vielleicht etwas davon haben.

Zurück nach Berlin

Morgens machte ich mein Zimmerchen sauber, packte die wenigen Dinge, die noch nicht am Flughafen ein und wünschte auf dem Weg zur Rezeption noch Hélène und Gilles noch eine gute Reise.

An der Rezeption holte ich meine riesige Rolle Verpackungsfolie ab, ließ mir ein Taxi rufen und dann ging es zum Flughafen. Dort angekommen lief ich zum braunen Telefon, nahm den Hörer ab und sagte, als auf der anderen Seite jemand ran ging: “I’m the guy with the strange bike!”. Wenige Augenblicke später werde ich abgeholt. Ohne große Umwege geht es zu meinem Rad in die Gepäckabfertigung (Sicherheitsbereich!). Ich werde gefragt, ob ich Tape dabei habe (habe ich) und ob ich sonst noch etwas brauche (brauche ich: Schere). Mit Schere, Tape und Werkzeug bewaffnet beginne ich mein Werk. Ich lasse mir Tipps zur Verpackung geben von denen, die es am besten wissen müßten: Den Packern vom Flughafen. Die Räder (trotz der Scheibenbremsen und der Schaltung) nicht einpacken, dann kann man das Rad noch schieben, außerdem werde es dann vorsichtiger behandelt, wenn nicht alles dick verpackt sei. Nach getaner Arbeit werde ich noch neben dem Kunstwerk fotografiert, dann geht es raus zum Check-In-Schalter.

Nach der Angabe meines Buchungscodes … bricht nervöses Suchen im Computer aus. Meine Reservierung ist nicht auffindbar. Zumindest nicht von Östersund nach Stockholm. Ausweis, Kreditkarte… Nichts hilft so richtig weiter. Ich zeige die Bestätigungs-Email vor, erwähne daß der Mitarbeiter gestern meine Sondergepäck-Buchung eingetragen habe und ich das Sondergepäck noch zahlen muß. Suchen, Rat beim Supervisor. Als ich auf wiederholtes Fragen nach einem Papierticket sage, daß ich erst am Vortag per Internet gebucht habe, klärt es sich langsam auf: Die Kreditkarte wurde noch nicht belastet, daher das Ticket (da unbezahlt) noch nicht aktiviert. Mit Hilfe der Kreditkarte wird das nachgeholt (unter der Versprechung, daß es keine doppelte Abbuchung geben solle). Am Ende frage ich, ob der Preis für das Sondergepäck jetzt schon mitbezahlt sei. Der Supervisor entschuldigt sich für die Probleme und bietet mir an, die Gebühren für das Sondergepäck zu erlassen – ein großzügiges Angebot, das ich gerne annehme! Und ich muß sagen: auch wenn das Problem mit dem Ticket auftrat: Es wurde gelöst, man hat mich nicht eine Minute mit meinem Problem allein gelassen. Die Mitarbeiter von SAS haben sich wirklich um mich gekümmert!

Ich setze mich, da ich noch viel Zeit habe, ins Restaurant des kleinen Flughafens und warte auf mein Flugzeug – und frage mich, wie eine ganze B737 wohl auf diesen Flughafen passen wird. Irgendwann werde ich aus meinen Gedanke gerissen, die Besucher des Restaurant müssen raus und zum Security-Check. Meine Schuhe (mit den Cleats) lösen den Metalldetektor zu meiner eigenen Überraschung nicht aus, aber ein Teil meines Gepäcks erregt die Aufmerksamkeit beim Scannen: Der Bite-Away, ein keines elektrisches Gerät, mit dem man Insektenstiche behandeln kann, so daß sie nicht mehr jucken. Nach kurzer Erklärung ist das Interesse eher auf die Anwendung, denn auf die Flugsicherheit gerichtet.

Hinter dem Security-Check komme ich durch eine andere Tür wieder ins gleiche restaurant wie vorher, durch das Schließen der einen und Öffnen der anderen Tür wurde dies kurzerhand in den Sicherheitsbereich verlegt. Irgendwann kommt mein Flugzeug, trotz eines extrem schnellen Turnarounds kann ich zuschauen, wie mein Rad sehr vorsichtig verladen wird. Beim Boarding bedanke ich mich nochmal bei den Packern.

Auch in Stockholm kann ich beim vorsichtigen Einladen zuschauen und bin beruhigt. Mit meinen letzten Kronen kann ich auf dem Flug nach Berlin noch eine Cola und ein Sandwich kaufen, der Kaufpreis wurde kurzerhand an den Restbetrag in meinem Portemonnaie angepaßt. In Berlin werde ich von meinen Eltern und Manuel am Flughafen abgeholt, nachdem alles in der Wohnung verteilt ist (inklusive des verpackten Rades) und ich geduscht habe, geht es noch zum Essen inklusive einer kleinen Bildershow von der kurzen, aber sehr intensiven Reise.

Odyssee in Östersund

Morgens stellte sich die Frage: Wie komme ich jetzt eigentlich zurück nach Berlin? Nach einem kleinen Frühstück fing ich an, zu telefonieren, im Internet zu recherchieren und zu rechnen:

  • Mit dem Nachtzug mit Radbeförderung nach Göteborg, dann mit der Fähre nach Kiel und von dort mit der Bahn weiter nach Berlin
  • Mit dem Mietwagen nach Göteborg, Fähre Kiel, Bahn in Deutschland
  • Mit dem Flugzeug ab Östersund mit ein oder zwei Zwischenstopps nach Berlin

Der Nachtzug und die anschließende Fährreise dauern ziemlich lange, zwischen Bahnm, Fähre und wieder Bahn müßte ich das beladene Rad irgendwie bewegen. Mit dem Mietwagen wird das marginal besser, abgesehen von den Preisen, die hier für einen One-Way-Mietwagen mit den zu fahrenden Kilometern (schon ohne den Sprit) anfallen. Was blieb, war das Flugzeug, die Idee hatte ich anfänglich am weitesten weg geschoben. Der Flug am nächsten Tag mit Radbeförderung kostet sicher seinen Preis, wenn dann noch Taxikosten zum Flughafen und die Verpackungskosten für das Rad hinzukommen, dann ist es aber immernoch billiger als nurder Mietwagen bis nach Göteborg (wenn man den Sprit mit reinrechnet). Und vor allem ist es ein Reisetag, an dem ich das Rad und das Gepäck relativ wenig bewegen muß.

Nach Rücksprache wegen des Liegerades an der SAS Hotline buche ich den Flug im Internet. Leider ist die SAS Hotline danach nur noch schwer erreichbar und so beschließe ich, das Problem mit dem Gepäck und dem Rad schon heute am Flughafen zu lösen. Mein Ansinnen löst dort eine Lawine aus, am Ende waren es wohl sieben Personen, die irgendwie beteiligt waren. Keine machte den Eindruck, als hätte man ein grundsätzliches Problem, das Rad zu transportieren, nichtmal die noch immer leicht nach Benzin riechende Flasche vom Kocher (offen, ohne Inhalt versteht sich) machte irgendwem Sorgen. Aber die Verpackung des Rades. Die SAS Hotline bot gegen Entgelt einen Verpackungsservice an – leider galt das offenbar nicht für den kleinen Flughafen in Östersund… Und so konnte ich mein Rad und mein Gepäck zwar dort lassen, allerdings noch nicht einchecken und schon gar nicht verpacken. Ich begab mich also auf die Suche nach Verpackungsmaterial. Man empfahl mir in Fahrradläden zu fragen, die hatten allerdings nur ihre normalen Versandkartons. In der Touristeninformation fand man schließlich einen Laden für mich, der Bubblewrap haben sollte. Dort fuhr ich hin. Die Folie gab es dort auch. Aber entweder in homöopathischen Dosen oder in ganz groß. Um kein Risiko einzugehen entschied ich mich für groß. Ein Meter breit und 75 Meter lang. Das sollte für mein Rad reichen. Dazu noch zwei Rollen Klebeband. Mit dem Taxi transportierte ich das dann zurück zum Campingplatz.

Dort angekommen traf ich die beiden Franzosen auf ihrem Tandem wieder, die völlig durchnäßt nach einem kompletten Regentag auch gerade hier angekommen waren. Sie wollten noch eine kleine Stadtbesichtigung wagen (im Regen).

Als die beiden wieder aus Östersund zurück kamen, kochten wir zusammen meine Reste und einige Dinge, die die beiden eingekauft hatten und saßen gemütlich zusammen. Etwas wehmütig wünschte ich am Ende den beiden eine gute Reise und bat sie, meine Grüße mit ans Nordkap zu nehmen.

Ausgeträumt

Morgens ging ich mich erstmal an der Rezeption des Campingplatzes anmelden und dann duschen. Mein linker Fuß ist deutlich zu spüren, eine leichte Schwellung zu sehen und wenn man den Fuß bewegt, dann fühlt es sich an dieser Stelle komisch an.

Ich stelle mein Rad, voll bepackt, nach dem Abbau des Zeltes in der Rezeption des Campingplatzes unter und fahre mit dem Taxi zum Krankenhaus. Es dauert schonmal bis ich mich anmelden kann, dann komme ich zur Voruntersuchung durch medizinisches Personal (keine Ärzte), nachdem ich alle Fragen zweimal bei verschiedenen Leuten beantwortet habe und mein Auslandskrankenschein problemlos akzeptiert wurde, wird mir mitgeteilt, ich solle im Wartebereich Platz nehmen und warten, bis ich aufgerufen werde. Von mehr als acht Stunden sagt niemand etwas.

Ich vertreibe mir die Zeit mit dem schwedischen Fernsehprogramm und der Bezwingung des Futterautomaten. Und ich mache mir Gedanken. Wenn ich jetzt ein paar Tage Aufenthalt habe, wo werde ich mich einquartieren? Kilometerleistung zurücknehmen? Bei wievielen Tagen liegt mein Limit? Weil es so ewig dauert reserviere ich telefonisch beim Campingplatz ein Zimmerchen.

Und irgendwann bin ich dran. Die Diagnose steht schnell fest, ein Problem mit der Achillessehne. Typische Sportverletzung. Ich schildere dem Arzt meine Situation, um eine Grundlage für meine Entscheidung zu erhalten. Er bietet mir an, eine kurze und schnelle Heparin-Therapie zu machen. Aber ich bin kein Freund von Holzhammer-Methoden und habe Angst vor den langfristigen Folgen, falls ich das nicht gut auskuriere und lehne das ab. Ich kriege Diclofenac (symptomatische Behandlung) und den Hinweis, maximal leichte Belastungen einzugehen.

Damit ist das Ende der Tour besiegelt.

Informationen, die ich mir später aus Berlin geben lasse, bestätigen die Entscheidung. Lieber jetzt abbrechen, dafür eine sichere Behandlung in Berlin anfangen, um Spätfolgen zu vermeiden. Hart. Ich bin fertig, als ich mein Zimmerchen beziehe.

Der Traum ist aus. Der Traum ist aus.

Aber ich werde alles geben, daß er Wirklichkeit wird.

(Rio Reiser)

Aber nicht daß ihr denkt, damit sei jetzt hier alles vorbei. Die Rückreise wird sicherlich auch noch ein Erlebnis für sich. Und nach der Tour ist ja vor der Tour. Diesmal hat mich das Land oder mein eigener Ehrgeiz besiegt. Aber ich habe den festen Willen, das nochmal zu versuchen. Und wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann werde ich ihn analysieren und daraus lernen. Und wenn es einfach Pech war, dann lasse ich mich davon nicht entmutigen.