Zurück nach Berlin

Morgens machte ich mein Zimmerchen sauber, packte die wenigen Dinge, die noch nicht am Flughafen ein und wünschte auf dem Weg zur Rezeption noch Hélène und Gilles noch eine gute Reise.

An der Rezeption holte ich meine riesige Rolle Verpackungsfolie ab, ließ mir ein Taxi rufen und dann ging es zum Flughafen. Dort angekommen lief ich zum braunen Telefon, nahm den Hörer ab und sagte, als auf der anderen Seite jemand ran ging: “I’m the guy with the strange bike!”. Wenige Augenblicke später werde ich abgeholt. Ohne große Umwege geht es zu meinem Rad in die Gepäckabfertigung (Sicherheitsbereich!). Ich werde gefragt, ob ich Tape dabei habe (habe ich) und ob ich sonst noch etwas brauche (brauche ich: Schere). Mit Schere, Tape und Werkzeug bewaffnet beginne ich mein Werk. Ich lasse mir Tipps zur Verpackung geben von denen, die es am besten wissen müßten: Den Packern vom Flughafen. Die Räder (trotz der Scheibenbremsen und der Schaltung) nicht einpacken, dann kann man das Rad noch schieben, außerdem werde es dann vorsichtiger behandelt, wenn nicht alles dick verpackt sei. Nach getaner Arbeit werde ich noch neben dem Kunstwerk fotografiert, dann geht es raus zum Check-In-Schalter.

Nach der Angabe meines Buchungscodes … bricht nervöses Suchen im Computer aus. Meine Reservierung ist nicht auffindbar. Zumindest nicht von Östersund nach Stockholm. Ausweis, Kreditkarte… Nichts hilft so richtig weiter. Ich zeige die Bestätigungs-Email vor, erwähne daß der Mitarbeiter gestern meine Sondergepäck-Buchung eingetragen habe und ich das Sondergepäck noch zahlen muß. Suchen, Rat beim Supervisor. Als ich auf wiederholtes Fragen nach einem Papierticket sage, daß ich erst am Vortag per Internet gebucht habe, klärt es sich langsam auf: Die Kreditkarte wurde noch nicht belastet, daher das Ticket (da unbezahlt) noch nicht aktiviert. Mit Hilfe der Kreditkarte wird das nachgeholt (unter der Versprechung, daß es keine doppelte Abbuchung geben solle). Am Ende frage ich, ob der Preis für das Sondergepäck jetzt schon mitbezahlt sei. Der Supervisor entschuldigt sich für die Probleme und bietet mir an, die Gebühren für das Sondergepäck zu erlassen – ein großzügiges Angebot, das ich gerne annehme! Und ich muß sagen: auch wenn das Problem mit dem Ticket auftrat: Es wurde gelöst, man hat mich nicht eine Minute mit meinem Problem allein gelassen. Die Mitarbeiter von SAS haben sich wirklich um mich gekümmert!

Ich setze mich, da ich noch viel Zeit habe, ins Restaurant des kleinen Flughafens und warte auf mein Flugzeug – und frage mich, wie eine ganze B737 wohl auf diesen Flughafen passen wird. Irgendwann werde ich aus meinen Gedanke gerissen, die Besucher des Restaurant müssen raus und zum Security-Check. Meine Schuhe (mit den Cleats) lösen den Metalldetektor zu meiner eigenen Überraschung nicht aus, aber ein Teil meines Gepäcks erregt die Aufmerksamkeit beim Scannen: Der Bite-Away, ein keines elektrisches Gerät, mit dem man Insektenstiche behandeln kann, so daß sie nicht mehr jucken. Nach kurzer Erklärung ist das Interesse eher auf die Anwendung, denn auf die Flugsicherheit gerichtet.

Hinter dem Security-Check komme ich durch eine andere Tür wieder ins gleiche restaurant wie vorher, durch das Schließen der einen und Öffnen der anderen Tür wurde dies kurzerhand in den Sicherheitsbereich verlegt. Irgendwann kommt mein Flugzeug, trotz eines extrem schnellen Turnarounds kann ich zuschauen, wie mein Rad sehr vorsichtig verladen wird. Beim Boarding bedanke ich mich nochmal bei den Packern.

Auch in Stockholm kann ich beim vorsichtigen Einladen zuschauen und bin beruhigt. Mit meinen letzten Kronen kann ich auf dem Flug nach Berlin noch eine Cola und ein Sandwich kaufen, der Kaufpreis wurde kurzerhand an den Restbetrag in meinem Portemonnaie angepaßt. In Berlin werde ich von meinen Eltern und Manuel am Flughafen abgeholt, nachdem alles in der Wohnung verteilt ist (inklusive des verpackten Rades) und ich geduscht habe, geht es noch zum Essen inklusive einer kleinen Bildershow von der kurzen, aber sehr intensiven Reise.

Nachlese

Nach dem gescheiterten Versuch, das Nordkap zu erreichen und danach noch Norwegen anzuschließen kommt jetzt die Nachlese. Ich war beim Orthopäden und Sportarzt und ich war (bisher nur zu Informationszwecken) in einem Trainingslabor, das nach biomechanischen Vermessungen die individuelle Einstellung des Rades unterstützt. Ich habe so einiges im netz gelesen und versuche meine Lehren zu ziehen, um beim nächsten Versuch – den ich gern schon im nächsten Jahr ansetzen würde, das Risiko zu minimieren und das Unternehmen zu einem erfolg- und erlebnisreichen Ziel zu bringen.

Einigkeit in der Analyse herrscht darüber, daß hier mehrere Faktoren zusammenspielten. Die neuen Schuhe (die ich ja schon von Anfang an als Risikofaktor einschätzte), der relativ harte Einstieg, der von der Planung nicht so hart gedacht war, sondern zu dem ich mich aufgrund des extrem guten Wetters hab hinreißen lassen und die anfänglich (bedingt durch die geänderten Schuhe) nicht ganz optimale Einstellung des Rades dürften zu dem Problem geführt haben. Vorhersehbar war die Sache so sicher nicht, aber die deutlich geänderte Belastung auf so einer Tour stellt eben starke Anforderungen und den Körper und hebt so die Gefahr von Problemen deutlich an.

Welche Konsequenzen ziehe ich jetzt daraus? Nun, an allererster Stelle steht im Moment die vollständige Heilung, so daß keine Gefahr eines chronischen Problems daraus erwächst. Ich habe orthopädische Übungen, die ich auch über den Heilungsprozess hinaus betreiben soll, um die Sehnen bestmöglich auf die Belastungen vorzubereiten. Ich werde weit im Vorfeld mein Material abstimmen, auch mit professioneller Hilfe (Videoanalyse, Körpervermessung). Und ich werde beim nächsten mal einen deutlich disziplinierteren Einstieg hinlegen, sowohl was geringere Kilometerleistungen gerade am Anfang angeht, als auch was meine in der ersten Woche noch nicht gut eingespielte Ernährung angeht – denn wenn ich müde werde (zum Beispiel wegen nicht regelmäßigen Essens), dann ändern sich auch meine Bewegungsmuster nachteilig.

Um etwas Abwechslung in die Tour zu bringen und nicht stur den relativ gut optimierten Track von diesem Jahr abzufahren, denke ich für den südlichen Teil bis zur E45 über geänderte Streckenführungen nach. In Hinsicht auf den relaxteren Einstieg stehen dabei Routen zur Debatte, die gerade in der ersten Woche auch ein paar mehr Sightseeing-Elemente enthalten und die Strecke auf ein paar mehr Fahrtage (+3 bis zum Nordkap) verteilen sollen.

Desweiteren erlaubt mir die Vorbereitungszeit mit ein paar kleineren Touren in diesem Sommer auch noch ein paar Optimierungen am Material, die sicherlich nochmal mehr als ein Kilo Gewicht sparen können.

Auch wenn ich vielleicht dort nächstes mal nicht langfahre, aber rund um Gislaved und Mariestad habeich dann auch noch in OSM fehlende Radwege und Straßen nachgetragen, so daß Leute, die an meinen Tracks interessiert sind und auch nach OSM fahren (was sehr gut funktioniert hat!) vielleicht etwas davon haben.