Der Lenker neu, das Navi neu, die Schaltung wegen Defekts der alten ersetzt – Zeit für einen Test auf einer realen, erprobten Strecke. Ich entschied mich für meine Südwestausfallstrecke aus Berlin, gefahren auf diversen SPEZI-Touren oder zu anderen Gelegenheiten in dieser Richtung. und setzte als Ziel Roßlau bzw. Dessau an.
Ganz die übliche Strecke war es dann doch nicht. Ich wollte bei der Ausfahrt aus Berlin Potsdam umgehen und mich über Güterfelde und Beelitz auf die bekannte Strecke einfädeln um zu testen, ob der Weg schneller und angesichts des kürzlichen Waldbrands nahe Fichtenwalde am Europaradweg R1 eine sinnvolle Alternative darstellt. Nun sind mir weite Teile des Weges ohnehin aus Rennradrouten und Trainingsstrecken bekannt und ich wusste, dass ich mich auf teils nervigen Verkehr einlasse, wobei viele Teilstücke mit brauchbaren Radwegen ausgestattet sind. Im Zusammenspiel wollte ich es dennoch ausprobieren. Das Ergebnis ist: Falls der R1 nicht gesperrt ist, dann ist er definitiv die angenehmere Route und letztlich nimmt sich das von Kilometern und zeitlich auch am Ende nicht so viel. Nervige Straßen, sich ziehende straßenbegleitende Radwege mit der ein oder anderen Hügelei und einiges an Baustellen im Bereich um Beelitz lassen das aber bestenfalls als Ausweichroute gelten, nicht als Urlaubsstart.
Der zweite Test war der offiziellen Radroute zwischen Brück und Bad Belzig zu folgen, anstatt wie üblich auf der B246 zu fahren, zumal diese gerade zwischen Lüsse und Bad Belzig gesperrt ist: Brückenarbeiten an der Bahnstrecke, auch kein Durchkommen für Radfahrer. Sagen wir es mal so: als Baustellenumfahrung ist der relativ ruhige und nette Radweg durchaus geeignet, wenn auch die Umfahrung durch Lüsse und die K6930 vermutlich am Ende schneller ist (und daher bis zum Ende der Brückenarbeiten in meiner Planung landen wird).
Der Rest des Weges folgte dem bekannten Verlauf. Da mein Frühstück nicht ausreichend war für die Länge der Strecke und ich auch ein wenig mit dem Wind zu kämpfen hatte, suchte ich etwas zu essen. In Bad Belzig am Weg wurde ich noch nie fündig, was mir den Anstieg nach Klein-Glien dann etwas verhagelte. In Klein-Glien gab es geschlossene Gesellschaft, aber nach Wiesenburg geht es dann ja wieder etwas abwärts. Dort angekommen nahm ich einen Snack in der Schloßschänke und war damit gerüstet für die Fahrt nach Roßlau. Weil ich bis zum nächsten Zug noch Zeit hatte, machte ich einen Abstecher zur Elbe und fuhr dann kurz weiter bis zum Bahnhof in Dessau. Am Ende kam ich mit 125km und einem 26,5km/h Schnitt (netto) durch, was meine Hoffnungen in Bezug auf die neue Konfiguration des Rades bestätigte.
In den letzten Jahren fuhr ich mit dem Garmin Monterra herum. Eigentlich ein nettes Navi, eines der wenigen brauchbaren Navigationsgeräte mit Android – vom Handy als Navi konnte mich bisher noch kaum etwas überzeugen: weder war die vorhandene Software wirklich der Hit von der Darstellung, noch scheint mir der Stromverbrauch normaler Smartphonedisplays besonders praxisgerecht. Allerdings gab es für das Monterra seit langem keine Updates mehr, es war schlicht für ein Online-Gerät zu unsicher, zudem hatte ich mittlerweile mit Hardwareproblemen zu kämpfen.
Als Ersatz hatte ich mir passend zur sportlicheren Ausrichtung meiner Speedmachine ein Garmin Edge 1030 besorgt. Zwar hat auch dieses einige Nachteile als Reisenavigationsgerät, allerdings ist es leicht, hat ein gutes Display und in Tests hat es sich für mich als mithin brauchbares Gerät erwiesen.
Ein Unterschied allerdings ist die Stromversorgung: Für das Monterra gibt es eine (Motorrad-)Halterung, über die es mit 12V versorgt wird, sobald es eingelegt wird. Das Edge 1030 hat zwar Kontakte, die man an einer speziellen Halterung für die Versorgung aus einer speziellen Powerbank nutzen kann, für diese gibt es allerdings keine Beschreibung oder Halterungen, die man direkt mit 5V oder 12V versorgen kann.
Folglich bleibt nur das Stecken eines USB-Kabels. Allerdings habe ich da mechanisch Bedenken (Stecker ragt raus, Hebelkräfte, häufiges Stecken).
Eine Lösung (die sich jetzt bewähren muss) besteht für mich aus einem Kabel mit Magnetanschluss. Dabei verbleibt ein kleiner USB-Stecker im Gerät, der kaum herausragt, daran wird magnetisch das Kabel angeschlossen. Im Falle mechanischer Belastung löst sich das Kabel leicht ab, die mechanische Beanspruchung durch das Stecken und Abziehen hält sich in Grenzen. Als Gimmick hat mein Kabel noch eine kleine blaue LED im(!) Stecker, so daß man auch im Dunkeln leicht den Anschluss findet.
Meine Speedmachine ist ja für ein Reiserad ohnehin schon relativ schnell bzw. effizient. Ich fuhr seit geraumer Zeit relativ leichte Reifen, mein Gepäck ist schmaler und leichter geworden, um aerodynamisch besser zu werden und das Systemgewicht, zum Beispiel bei Bergetappen, niedriger zu halten. Damit sind auf dem Liegerad durch die angenehme Sitzposition und die damit verbundenen relativ langen möglichen Fahrzeiten schon gute Schnitte bei der Länge der Tagesetappen erreichbar gewesen. Aber manchmal packt es mich und ich frage mich, ob da nicht mehr drin ist.
Im ersten Schritt habe ich mich nochmal den Reifen gewidmet. Relativ frisch am Markt sind Tubeless Reifen im Rennradbereich. Und so versuchte ich damit Erfahrungen zu sammeln. Als erstes besorgte ich die passenden Mäntel, fuhr sie aber mit Schlauch, um das Verhalten des Rades mit schmalen Rennradpneus kennenzulernen, als nächstes liess ich mir auf der SPEZI 2018 mein Vorderrad von Schwalbe auf Tubeless umrüsten. Und zuguterletzt besorgte ich mir für’s Hinterrad eine echte Tubeless Felge. Die Erfahrung mit dem Vorderrad war nicht so gut. Einer der wenigen verfügbaren 20-Zoll (ETRTO 406) Tubeless Reifen ist der Schwalbe Pro One. Im Betrieb mit Schlauch hatte ich nach ca. 900km ein “Ei”, also ein Karkassenproblem. Bei der Umrüstung der Felge spendierte mir auf der Messe Schwalbe Ersatz. Nach ca. 16km hatte ich ein Loch im Reifen, das die Dichtmilch nicht zuverlässig bei passendem Druck abdichtete und fuhr den Reifen fortan wieder mit Schlauch. Den dritten, für einen weiteren Umrüstversuch ohne Loch, bekam ich nicht tubeless aufgezogen (das dürfte aber damit zusammenhängen, daß es eben keine echte Tubeless Felge ist) und wollte ihn mit Schlauch in Form bringen – nach ca. 100km gab es den nächsten Platten. Damit habe ich das Thema Tubeless auf 20 Zoll zunächst auf Eis gelegt, da zumindest der Pro One in 20 Zoll nicht die nötige Pannensicherheit bietet und mit das schwierige Aufpumpen auch nicht die beste Voraussetzung für reinen Tubeless Betrieb auf Tour scheint (wenn man mal “von null” aufpumpen muss). Anders sieht es am Hinterrad aus: Dort habe ich eine echte Tubeless Felge. Felge + Reifen wiegen fast 400g weniger als mein altes Hinterrad. Der Pro One tut es seit 1500km völlig problemlos. Die schmaleren Reifen und das leichtere Hinterrad haben auch durchaus etwas Geschwindigkeit gebracht. Die Rennradslicks laufen aber auch sehr viel leiser als die Supremes mit ihrem Alibi-Profil – dafür ist der Freilauf meiner neuen Leichtnabe erheblich lauter.
Der vorerst letzte Schritt war dann die Umrüstung des Lenkers. Bisher fuhr ich an der Speedmachine ja einen Untenlenker. Sehr bequem, aber auch recht breit. Das fällt beim Abstellen oder beim Einsteigen in Züge auf, hat aber natürlich auch Konsequenzen für die Stirnfläche bzw. Aerodynamik. Wie stark der Einfluss ist, konnte ich allein schon auf der letzten Tour sehen: Wenn ich mit Micha bei einem leichten Gefälle rollte waren wir in etwa gleich schnell, klappte ich nur meinen Spiegel ein, rollte ich merklich schneller. Offensichtlich gab es hier ein erhebliches Verbesserungspotential. Da es wenig Möglichkeiten zum Testen gab, ging ich also mit dem Umbau auf einen Deichsellenker (Tiller) ein gewisses Risiko ein. Während der “Vorbau” original HP ist, ist der Lenker ein deutlich schmaleres und anders geschnittenes Modell aus Holland, das mir Bert von Hofrad besorgte. Die Lenkerendschalter für die Schaltung wichen Triggerschaltern (Umwerfer hinten) bzw. einem passenden Schalthebel (vorn).
Ein erster Test um den Block verlief gut – ich konnte auf Anhieb mit dem neuen Lenker fahren, die Einstellung stimmte und ich kam nicht mit den Knien an den Lenker. Ein verlängerter Heimweg (60 statt 12 Kilometer) war mir dann eine erste Erfahrungsrunde.
Die Ergonomie des neuen Lenkers ist gut. Ich war bereit, da leichte Einschnitte für eine bessere Performance hinzunehmen, muss aber – zumindest nach dem ersten kurzen Test – sagen, daß ich nicht das Gefühl habe, hier wirklich ungemütlicher unterwegs zu sein. Die Stunde der Wahrheit kommt dann aber erst auf einer langen Tour mit täglich vielen Stunden auf dem Rad. Anders ist natürlich auch die Position des Navis. Sie ist viel näher dran, was die Augen beim Fokussieren stärker beansprucht, dafür ist es deutlich näher am Sichtfeld, ebenso wie der Spiegel, was dem Blick auf die Straße zugute kommt.
Die Steuerbarkeit des Rades hat sich natürlich verändert, es fehlt mir hier aber auch noch an Erfahrung (im Wortsinn). Der Wendekreis scheint etwas größer als mit dem Untenlenker (das ist mit Obenlenker mithin normal), im niedrigen Geschwindigkeitsbereich fahre ich noch deutlich unsicherer und bei starker Beschleunigung sind die Treteinflüsse stärker spürbar. Insgesamt reagiert ein Tiller auf Lenkbewegungen sehr sensibel, so daß man gerade am Anfang aufpassen muss, den Lenker nicht zu verreissen. Mit zunehmender Geschwindigkeit lassen sich aber mit dem neuen Lenker gute und sportliche Kurven fahren. Bevor ich damit aber eine Abfahrt vom Alpenpass mache, werde ich doch an weniger kritischen Stellen üben.
Die Aerodynamik mit dem neuen Lenker ist nach ersten Tests erheblich besser. Ich komme auf eine höhere Endgeschwindigkeit in der Ebene im Sprint, meine Fahrgeschwindigkeit auf gerader Strecke ist auf längere Distanz auch merklich erhöht, ich würde schätzen zwei bis drei km/h Fahrgeschwindigkeit. Was das im Schnitt am Ende ausmacht, kann ich noch nicht abschätzen – allerdings ist es ein ziemlicher Hinweis, daß ich entweder bei gleicher Geschwindigkeit weniger Kraft brauche oder bei gleicher Kraft schneller vorankomme, respektive in der gleichen Zeit weiter komme.
Voraussichtlich wird dieses Jahr eher mehrere kurze Touren bringen, die ursprüngliche Idee einer dreiwöchigen Tour mit kleinem Gepäck muss aller Wahrscheinlichkeit nach auf das kommende Jahr verschoben werden. Als die Idee einer langen, knackigen Tour im letzten Jahr entstand, plante ich, mit leichterem und kleinerem Gepäck auf Tour gehen. Um das möglichst effizient zu gestalten, wünschte ich mir zu Weihnachten eine neue Tasche.
Bisher fuhr ich ja Tages- und Feierabendtouren mit meiner kleinen Radical-Gepäckträgertasche. Diese ist zwar nicht wasserdicht, aber klein, leicht und unheimlich praktisch. Aber für viel mehr als bestenfalls eine Wochenend-Hoteltour ist da auch kein Platz (die PBP- und LEL-Fahrer unter meinen Lesern fallen an dieser Stelle vor Lachen vom Stuhl). Die kleinen Ortliebs sind dann schon wieder zu groß, zumal ich sie ungern einseitig fahre, wenn auf längeren Touren dann auch Schloß und Werkzeug mit dabei sein müssen. Was in der Ausrüstung fehlte, war der Mittelweg. Und diesen habe ich nun mit der Radical Design Toptasche Extended.
Diese bietet mehr Platz, ist aber schmal hinter dem Sitz. Im Gegensatz zur kleinen Radical wird sie mit zusätzlichen Gurten am Gepäckträger befestigt und rutscht so nicht so leicht auf die Seite. Sie bietet zwei leicht zugreifbare Flaschenfächer an den Seiten. Wie die meisten anderen Taschen von Radical Design ist sie nicht wasserdicht, auf längeren Touren mit nicht vorhersehbarem Wetter werde ich also mit einer wasserdichten Innentasche (ich bin kein Fan von Plastiktüten) hantieren müssen, das schafft allerdings auch ein wenig zusätzliche Ordnung.
Ich werde die Tasche zunächst nun also auf kleineren Touren testen müssen, ob sie meine Ansprüche erfüllen kann und die Praxis der Theorie entspricht. Als angenehm empfinde ich, dass die Tasche aerodynamisch günstig komplett hinter dem Sitz verschwindet, im Gegenzug wandert natürlich der Schwerpunkt gegenüber der Nutzung von Seitentaschen nach oben.