Berlin – die geteilte Stadt

Hauptsache, die Autos kommen durch

Ich bin nicht der erste und ich werde nicht der letzte sein, der darüber schreibt. Ich erhebe nichtmals den Anspruch, hier irgendwelche neuen Aspekte aufzuzeigen, denn vermutlich ist alles und schon sehr viel mehr darüber bereits gesagt oder geschrieben worden.

Yorckstraße - kein Übergang

Trotzdem brauche ich diesen Raum, um das gesehene irgendwie zu verarbeiten. Es ist so absurd. Und doch so passend für eine Hauptstadt, die es nicht schafft einen Flughafen zu bauen, für eine Verkehrspolitik, die zwar über Fahrräder redet, am Ende aber immer nur Auto umsetzt.

Mit großem Medienrummel und voller Stolz wurde der nächste Abschnitt des Grünstreifens an der Nord-Süd-Trasse zwischen Südkreuz und Potsdamer Platz eröffnet, der sogenannte Flaschenhals zwischen Yorck- und Monumentenstraße. Der Park ist wirklich schön geworden, die Auffahrt an der Monumentenbrücke kann sich sehen lassen. Aber auf das, was einen dann an der Yorckstraße erwartet ist man einfach nicht vorbereitet:

TodesstreifenDie divers vorhanden Brücken sind nicht instandgesetzt, der obere Weg endet ein einem Zaun, auf der anderen Seite der kurzen Brücke sieht man die Fortsetzung des Weges. Es sind keinerlei Zeichen zu erkennen, daß überhaupt angefangen wurde, die Instandsetzung wenigstens einer der vorhandenen Brücken in Angriff zu nehmen.Als ob das nicht genug sei: Es gibt auf beiden Seiten der Yorckstraße aufwändig gebaute Auf- bzw. Abfahrten. Diese sind mit engen Drängelgittern versehen – ein Durchkommen mit Kinderanhänger am Fahrrad wird hier zum akrobatischen Kunststück.

Drängelgitter, Luxusversion.

Immerhin ist das Teil des offiziellen Fernradweges Berlin-Leipzig – da könnte man schon eine geringfügig fahrradfreundlichere Lösung erwarten. Unten an der Yorckstraße angekommen gipfelt das ganze darin, daß der Überweg über die Straße versperrt ist. Es stehen Gitter auf beiden Seiten – und die nächsten Ampeln sind hunderte Meter entfernt. Dort, wo keine Gitter stehen, ist ein sicheres Überqueren kaum möglich, hohe Bordsteine verhindern ein übriges.

Bei den vielen Fußgängern und Radfahrern, die am Sonntag dort waren, war nur Kopfschütteln und Unverständnis zu sehen. Man mag dies als einen Beitrag zur Kommunikation in der Stadt werten, aber zielführend ist das nicht. “Schildbürgerstreich” war noch die euphemistischste Formulierung, die einem zu Ohren gelangte.

Und das wäre ihr Radweg gewesen...Ich kann verstehen, daß die Sanierung der Brücken teuer und aufwändig ist. Wenn das im Zuge der Erschließung des Geländes nicht sofort möglich ist, ist das sehr, sehr bedauerlich. Aber der Verwunderung und dem Ärger könnte ein einfaches (bitte ernst gemeintes) Schild mit einer kurzer Erklärung und vielleicht einem Fertigstellungstermin für die Brücken schon entgegenwirken – stattdessen steht auf der Nordseite ein Schild, das den Radweg über die gesperrte Brücke ausweist und viele dann zwischen Zaun und Treppe ratlos allein lässt. Und eine Möglichkeit, die Yorckstraße an dieser Stelle angemessen zu überqueren wäre eine sinnvolle Maßnahme gewesen. Eine Ampelanlage, die es den Spaziergängern (und auch den vielen Jugendlichen und Kindern) erlaubt hätte, dort sinnvoll die Straße zu überqueren. So aber steht man vor Zäunen und Gräben, die im besten Falle als Mahnmal für Berlin als geteilte Stadt taugen, zu vieles erinnert hier an das Niemandsland, den Mauerstreifen.

Frühjahrstraining

Der extrem milde Winter führte dazu, daß ich nicht einmal mein Mountainbike durch den Grunewald gejagt habe. Dafür hatte ich eine ausführliche Trainingspause, auch sowas brauchen Kopf und Beine ja mal. Trainingspause heisst dann übrigens bei mir 300 bis 500 km im Monat, was eben so durch die Alltagsfahrten zusammenkommt.

Rennradgruppe auf dem THFAber die Tourensaison naht, Ende April könnte es schon eine recht ausführliche Runde geben. Und da hilft es natürlich, wenn man beizeiten anfängt, sich auf die anstehenden Herausforderungen wieder gezielter vorbereitet.

Zum einen fahre ich derzeit mehrmals pro Woche morgen und/oder abends meine kleine Hausrunde über die Krone und den Willi, zum anderen nehme ich bei dem milden Wetter die Chance wahr, das mannigfaltige Angebot an Touren der Rennradgruppe zu nutzen. Am letzten Wochenende war das unter anderem eine Tour nach Mittenwalde und eine Anfängertour (langsamer, wo Neueinsteiger das Gruppefahren lernen können) auch südlich von Berlin, beide geführt von Dominik.

Bild aus dem Follow-Me-CarAm Samstag trafen wir uns am Bahnhof Südkreuz, dann ging es über das Tempelhofer Feld und die Ostkrone vorbei am nicht-ganz-so-Flughafen BER. Gut fahrbare Radwege oder sehr ruhige Straßen waren versprochen – und natürlich wurde das auch gehalten. Auffällig war die große Anzahl wirklich sehr zuvorkommender und rücksichtsvoller Autofahrer.

In Mittenwalde angekommen war die avisierte Pizzeria wegen geschlossener Gesellschaft für uns dann keine Option, aber im Ort gab es dann zum Glück eine zweite, wo wir dann gemütlich essen fassen konnten, bevor es in weitem Bogen zurück nach Berlin ging. Gemeinsam mit einem weiteren Mitfahrer verabschiedete ich mich dann irgendwann von der Gruppe, da wir lieber über die Krone zurück in die Stadt wollten, wegen eines schöneren Heimwegs.

Brandenburger Allee mit gutem RadwegAm Sonntag war fahren mit 25km/h bis 30km/h dann auch nicht so langsam wie zunächst erwartet, die Teilnehmer fanden sich schon bald in der Gruppe gut zurecht. Ich fuhr gemeinsam mit Micha, der auch mit dem Liegerad unterwegs war, hinter der Gruppe als Lumpensammler und um die Neulinge auch etwas besser im Blick zu haben. Wir machten nur einen kurzen “Tankstopp”, bevor es dann zurück ging nach Berlin. Damit waren am Wochenende dann für mich insgesamt etwas über 200km zusammengekommen, ein gutes Gefühl und ein merklicher Sprung in der Kondition.

Winterpause

Manchmal fehlt es überall: Zeit, Motivation – und wenn dann noch blödes Wetter und vielleicht eine kleine Zwangspause wie nach meiner Kopenhagen-Tour dazu kommen, dann rutscht man einfach rein in eine Pause. Ich hab sie dann einfach zum Prinzip erklärt in den letzten Monaten, habe nur noch Alltagsfahrten unternommen. Und es hat auch mal gut getan. Natürlich hat die Kondition gelitten, das bleibt ja nicht aus.

Glienicker BrückeZum Anfang des neuen Jahres allerdings lockte wunderschönes Wetter: Sonne bei 8°C, alles trocken und freundlich. Da konnte ich nicht anders, als eine Runde auf dem Liegerad anzugehen. Also fragte ich Micha, wie es denn mit einer Runde in Richtung Potsdam stünde und er war natürlich dabei. Je mehr wir uns Potsdam näherten, umso klarer war: so wird der Ausflug viel zu kurz. An der Glienicker Brücke fragten wir uns: Wie weiter? – Und entschieden uns zunächst mal für die Strecke durch den Neuen Garten, die trotz der vergangenen etwas feuchteren Tage problemlos fahrbar war.

TeepauseWannseerunde oder über Fahrland? Na wenn schon, denn schon – wir waren früh dran. Und als wir hinter Marquardt den Berliner Ring kreuzten war nach einem Blick auf das Regenradar (wo sich ein schwächer werdendes Regengebiet zeigte, das auf uns zu zog – uns aber nicht weiter beunruhigte) klar: Wir fahren nach Brandenburg. Zwar waren wir nicht sicher, ob die Fähre Ketzin zu dieser Jahreszeit fahren würde, aber im Notfall gäbe es ja die Option, einfach auf dieser Havelseite auf der Landstraße weiter bis Brandenburg zu fahren.

Wegen des vergleichsweise kleinen Frühstücks planten wir eine Essenspause vor Brandenburg ein. Da in den kleinen Orten kein Bäcker kam, entschieden wir uns, in Ketzin einzukehren – was wir dann im Fährhaus bei regionalen Fischgerichten taten. Fähre KetzinDort sahen wir auch, daß die Fähre ihren Dienst tat und so konnten wir gut gesättigt die weitere Fahrt auf dem schönen Havelradweg abseits des Autoverkehrs fortsetzen.

Ich ließ mein neues GPS spaßeshalber die Route berechnen, musste allerdings etwas eingreifen, damit es auch auf dem Radweg blieb. Nötig war das natürlich nicht, den Weg kannten wir ja beide. Kurz vor Brandenburg fing es dann doch noch an leicht zu regnen, so daß wir entschieden, nicht in die Stadt zu fahren, sondern direkt zum Bahnhof. Dort sahen wir, daß der nächste Zug in zwei Minuten fahren sollte und spurteten mit den Rädern über die Treppen zum Bahnsteig, wo wir den Regionalexpress auch noch erreichten.

Überfahrt zum HavelradwegDie Defizite bei der elektronischen Ticketbuchung – wir kamen ja nicht mehr zum Automaten – glich das freundliche Personal aus: Mit dem DB Navigator kann man keine Strecken im Verbund buchen, mit Touch&Travel (das mittlerweile für den gesamten Bereich gilt), kann man nur einzelne Tickets lösen – Fahrradkarten gibt es mit beiden nicht.

Am Hauptbahnhof ließen wir den Regen, über uns hinweg ziehen und gönnten uns noch einen Tee bzw. Latte Macchiato, anschließend fuhren wir beide heimwärts. Ich wollte wie üblich am Spreeufer entlang fahren, aufgrund der Vollverglasung nach Silvester begrub ich dieses Vorhaben allerdings nach wenigen Metern und kehrte auf die Straße zurück.

Berlin-Brandenburg

Radsicherheit in Berlin

Die Stadt Berlin will das Alltagswissen der Radfahrer nutzen, um Verbesserungen der Verkehrssicherheit zu erreichen. Zu diesem Zweck hat sie ein zeitlich begrenztes Portal aufgesetzt, wo man gefährliche Ecken melden kann. Schaut man sich die überwältigende Reaktion schon in den ersten 24 Stunden an und auch, wie das Portal genutzt wird und welche Diskussionen sich dort entwickeln, so sieht man sehr schnell, daß die Problemstellen (und die Lösungsansätze für viele davon) von erstaunlich vielen Radfahrern sehr ähnlich wahrgenommen werden.

Autoverkehr in der Fahrradstraße

Einer meiner persönlichen Ärgernispunkte, nämlich die als solche nur mit gutem Willen zu bezeichnende Fahrradstraße in der Prinzregentenstraße, war natürlich schon voll erfasst und die Vorschläge glichen denen, die ich auch schon lange im Kopf hatte. Im einzelnen: Sackgassenbildung durch Verpollern und gegenläufige Einbahnstraßen (für die motorisierten Anlieger, denn motorisierten Durchgangsverkehr dürfte es ja da nach Beschilderung eigentlich nicht geben!) sowie vor allem eine durchgehende Fahrradstraße, die nicht durch ständige rechts-vor-links-Kreuzungen unterbrochen wird.

Insofern möchte ich hier mal etwas Werbung dafür machen, diesen Vorschlag zu unterstützen!

Ansonsten möchte ich Lob für den Ansatz und die Umsetzung loswerden und hoffe, daß das zusammengetragene Wissen auch wirklich genutzt wird und viele der guten Vorschläge umgesetzt werden. Und ich hoffe weiterhin, daß es keine einmalige Aktion bleibt!

Die Polizeimeldungen der letzten zwei Wochen

Vorab sei gesagt, daß die Polizeipressemeldungen natürlich immer nur eine Auswahl der Gesamtsituation darstellen und ohne tiefere Einblicke keine valide Aussage über Trends zulassen, der Eindruck ist also subjektiv und eventuell natürlich auch durch die Auswahl gesteuert.

Leider sind die Pressemeldungen der Polizei nur jeweils zwei Wochen verfügbar, aber im Rückblick über die letzten zwei Wochen ergibt sich folgendes Bild:

Zwei Unfälle, wo vermutlich er Autofahrer schuld ist:

  • #2722 – 24.10.2013 12:40 – 85-jähriger Mann von Auto gestreift, verstirbt im Krankenhaus
  • #2692 – 21.10.2013 16:00 – 30-jährige Frau von Bus gestreift, verletzt.

Klare Schuldzuweisungen sind aus den Beschreibungen schwierig, aber wir alle kenne solche Situationen – es ist also durchaus naheliegend anzunehmen, daß in beiden Fällen der Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern durch das überholende Kraftfahrzeug nicht eingehalten wurde.

Vier Unfälle, wo vermutlich die Schuld beim Radfahrer liegt:

  • #2774 – 30.10.2013 18:55 – 69-jährige Frau hat vermutlich die Vorfahrt (rechts vor links) missachtet und wird durch PKW verletzt
  • #2768 – 29.10.2013 16:00 – 15-jähriger Jugendlicher überquert vom Gehweg kommend eine Straße und wird von links abbiegendem Auto angefahren. Zwar muss ein Abbieger grundsätzlich aufpassen, aber nehmen wir mal an, der Jugendliche fuhr nicht gerade Schrittgeschwindigkeit, dann hat ein Autofahrer in dieser Situation wenig Chancen
  • #2760 – 28.10.2013 16:30 – 34-jähriger Radfahrer hat laut Zeugen rot missachtet und wird von Auto angefahren
  • #2695 – 21.10.2013 20:20 – Zwei 37-jährige Radfahrer kollidieren und werden verletzt, weil einer von beiden betrunken aus einer Ausfahrt kommt

Eine schöne Mischung. Betrunken, Rotverstoß, Gehwegradler und Vorfahrt missachtet.  Bis auf den betrunkenen haben die meisten (körperlich) vor allem sich selbst geschadet. Wohlfühlen werden sich die anderen Unfallbeteiligten dennoch nicht. Und es sind genau diese Radfahrer, weswegen man sich als einer der vielen normal und regelkonform fahrenden Radfahrer immer wieder blöde Diskussionen an die Backe nageln lassen muss. Bloss weil jemand auf dem Rad sitzt ist er kein besserer Mensch oder Verkehrsteilnehmer. Einzig beruhigend: Sein Schadenspotential gegenüber anderen ist geringer als im Auto.

Und dann hätten wir noch viere Unfälle, wo aus der Beschreibung nicht abzuleiten ist, wo vermutlich die Schuld liegt:

  • #2704 – 22.10.2013 09:25 – “Zusammenstoß”, 39-jähriger Radfahrer verletzt, PKW-Fahrer begeht Fahrerflucht. Komplett unklare Beschreibung
  • #2682 – 19.10.2013 16:00 – 56-jähriger Mann erleidet Alleinunfall, von Fahrbahn abgekommen
  • #2680 – 19.10.2013 16:30 – 59-jährige Frau erleidet Alleinunfall, als sie auf dem Radweg die Kontrolle über ihr Elektrorad verliert
  • #2656 – 17.10.2013 08:50 –  17-jähriger Radfahrer weicht rechter Fahrbahn Gulli aus und kollidiert mit einem LKW auf der mittleren Fahrbahn

Hier gibt es drei Faktoren, die mir spontan in den Sinn kommen: Zum einen sind die Straßenverhältnisse im Herbst natürlich manchmal sehr ungünstig. Auf nassem Laub macht man schnell mal einen Abflug. Zum anderen sind die Radwege und auch einige Straßen gerne mal in erbärmlichem Zustand. Die Unfälle passierten aber zumindest alle bei Tageslicht. Und der dritte Faktor: mangelnde Fahrzeugbeherrschung, eventuell dann noch in Zusammenhang mit einem Elektrorad, das schneller fährt, als sich der Benutzer in den Jahren jemals auf einem Fahrrad fortbewegt hat. Ohne die spezielle Situation zu kennen: Aber wenn ich mir eine 59-jährige Frau vorstelle, die versucht mit 20 bis 25 km/h und einer ordentlichen Beschleunigung auf einem typischen Berliner Radweg zurechtzukommen, dann würde ich aus dem Bauch heraus diese Situation als durchaus risikogeladen empfinden.

In diesem Sinne: Fahrt vorsichtig. Schuld sind nicht immer nur die anderen.