Abstecher zur Elbe

Nachdem ich an Himmelfahrt ja schon eine Tagestour nach Frankfurt/Oder unternommen hatte, nutzte ich den um 180° gedrehten Wind am Wochenende dann aus, um mit Solon eine gemütliche Liegeradtour in Richtung Elbe zu unternehmen.

Am späten Vormittag machten wir uns von Schlachtensee aus auf den Weg. Erstmal ging es geradewegs über den Schäferberg nach Potsdam: eventuelle Menschenmassen auf dem Uferweg wollten wir vermeiden. Um Potsdams Innenstadt zu umfahren, wählten wir die Strecke durch den Neuen Garten. Die B2 verließen wir bei Neu Fahrland, ab hier wurde es ruhiger auf der Straße, zumal auf dem kurzen Stück B273 ein perfekt ausgebauter Radweg zur Verfügung steht, lediglich die Baustelle an der Einmündung der L92 ist etwas nervig. Auf der Fortführung der L92 nach Ketzin war aber auch nicht viel los, so daß wir in Ruhe fahren konnten.

Die Fähre Ketzin fuhr uns leider genau vor der Nase weg, aber da sie ja zum Glück in relativ kurzen Abständen pendelt, mussten wir vielleicht 15 Minuten warten, bevor wir auf der anderen Seite der Havel auf den Havelradweg einbiegen konnten und bei angenehmen Temperaturen von knap 20°C und leichtem Rückenwind auf dem Haveldeich in Richtung Brandenburg rauschten. Traditionell gab es eine Mittagsmahlzeit im Fischerstübchen kurz hinter Deetz. Das Erklimmen der Götzer Berge ersparten wir uns aufgrund der schlechten Wege mit dem ganzen Gepäck am Rad lieber und zogen stattdessen schnell bis Brandenburg durch, wo wir uns ein leckeres Eis gönnten.

Von Brandenburg nach Rathenow hatte ich den bewährten Weg auf der L98 gewählt. Dort geht es zwar nicht ganz so beschaulich zu wie auf dem offiziellen Havelradweg, allerdings erspart man sich einige Kilometer und kommt recht schnell bis Rathenow durch. Dafür ist der Weg zu guten Teilen auch eher langweilig und ab und an muß man mit etwas Verkehr rechnen.

In Rathenow wird derzeit auf der Hauptstraße gebaut, mit dem Rad kommt man (außerhalb der Betriebszeiten der Baustelle) allerdings halbwegs passabel durch. Am Ortsrand veresorgten wir uns für alle Fälle mit etwas Frühstück für den kommenden Tag, dann bogen wir wieder auf den Havelradweg ein. Dieser führt ab hier durch ein Naturschutzgebiet und über den Truppenübungsplatz Klietz, durch Göttlin und Grütz, bevor es bei Neu-Schollene wieder zurück auf – relativ verkehrsarme – Straßen geht.

Wir folgten hier nicht der Route nach Havelberg, sondern fuhren nach Kamern, wo wir auf ein nettes Restaurant (ein altes Schiff, das auf Land steht) hofften. Dies war leider geschlossen, so daß wir uns an der Imbißbude des später beginnenden Dorffestes versorgen mußten – mit einer eher bescheidenen Auswahl.

Weit konnten wir nicht mehr fahren, zum einen stimmte Solons Sitzabstimmung noch nicht, so daß er mehr als eine kleine Pause benötigte, zum asnderen wurde es bald dunkel, so daß wir uns ein Lager suchen mussten. Ein kleines Stücvk weiter verließen wir also die Straße auf einem kleinen Weg, schoben dann die Räder am Waldrand entlang und schlugen unser Lager abseits auf.

Leider hatte keiner von uns an Mückennetze oder Mückenschutzmittel gedacht, so daß die Viecher schon bald ziemlich zu nerven begannen und wir uns in unsere Schlafsäcke flüchteten. Zudem trug der Wind die Musik vom Fest in immernoch erheblicher Lautstärke bis in den frühen Morgen zu uns herüber – ich zumindest habe nur bedingt gut geschlafen – und mir diverse Mückenstiche im Gesicht und an einer Hand, die zwischenzeitlich außerhalb des Schlafsackes lag, eingehandelt.

Den Morgen begannen wir zunächst mit einer Fahrt zur Elbe: Bei Wulkau überquerten wir die B107 und fuhren dann auf dem Elbradweg im Bogen nach Sandau. Herrliche Landschaft – hier hätten wir unser Lager aufschlagen sollen. Aber da ich diesen Abschnitt vorher nicht kannte, war das am Abend schwer vorherzusagen. Zwar verläuft hier auf dem Deich ein Plattenweg, allerdings in größtenteils guter Qualität – was sich bei Sandau allerdings ändert, so daß wir dort auf den Radweg entlang der B107 auswichen und zunächst nach Havelberg fuhren, wo wir im Bilderbuch-Café ein Frühstück genossen (anstatt unser Brot und Käse aus den Vorräten zu verspeisen).

Der SOnntag war sonniger und wärmer als der Samstag, aber es war klar, daß Solon nicht mehr ewig würde mit der derzeitigen Sitzkonfiguration fahren können. Den Plan, bis Schwerin zu fahren begruben wir also und ließen uns stattdessen etwas Zeit auf dem Weg nach Wittenberge. Der Havelradweg, der südlich von Havelberg abzweigt, hat hier eine gute Qualität und führt durch sher schöne Landschaften. Natürlich waren an diesem Tag sehr viele Radler unterwegs, aber nicht so viele, daß es wirklich störend wurde.

Nach dem Queren der Havelmündung empfiehlt es sich, der Hauptroute des Radwegs zu folgen, die Alternativroute südlich des Gnevsdorfer Vorfluters ist ein Plattenweg in nicht gerade guter Qualität, die Hauptroute auf der Nordseite des Vorfluters dagegen asphaltiert und perfekt fahrbar. Da es langsam sehr warm wurde, legten wir noch eine Pause im Dörpkrug an Diek in Abbendorf ein, um usn mit Apfelschorle zu kühlen. Bis Garsedow fuhren wir fats ohne Probleme durch – nur an einer Stelle ist nicht markiert, daß der Radweg oben auf dem Deich weitergeht – folgt man der asphaltierten Straße hinter dem Deich ist 100m nach der Auffahrt abrupt Schluß in der Wiese. Wohl dem, der die Strecke nachts mit hoffentlich guter Beleuchtung fährt.

Kurz vor Wittenberge erlaubten wir uns noch einen Abstecher an den Elbstrand und steckten unsere Füße ins Kühle Wasser, dann fuhren wir zum Bahnhof, besorgten Fahrkarten und nutzten die Wartezeit noch für ein Eis. Im erstuanlich leeren Regionalexpress – vermutlich da es erst früher Nachmittag war, fuhren wir dann nach Berlin zurück.

Die Tour war schön – und Solon zog seine Schlüsse zur Modifikation seines Sitzes bzw. der Sitzauflage für die nächste Tour.

Wochenendtour an die Oder – Tag2

Ich hatte lang und fest geschlafen, von der Kälte und den Kranichen draußen nicht das geringste mitbekommen und auch nicht, daß sich Karin schon mit dem Campingplatznachbarn unterhalten hatte. Kleines Lager auf dem CampingplatzAls ich aus dem Zelt kam war der Himmel blau und wolkenlos und ein leichter Dunstschleier lag über dem Wasser des Oder-Nebenarmes. Warm war es noch nicht aber durch die Sonne waren die Temperaturen erträglich.

Um die Zelte zumindest noch ein wenig trocknen zu lassen entschlossen wir uns, ersteinmal zu frühstücken. Wir gingen zur Rezeption und bekamen Brötchen, selbstgemachte Marmelade, Eier, Wurst, Käse und Äpfel – dazu noch warmen Tee bzw. Kaffee für nur drei Euro pro Person. Während wir frühstückten kam auch Klaus schon angefahren und gönnte sich auch noch ein Tasse Kaffee.

Kaum hatten wir das Frühstück beendet packten wir die Taschen und bauten die Zelte ab, denn wir wollten endlich los. Aber vor der Fahrt mußte eine Entscheidung her: Entweder würden wir weiter dem Oder-Neiße-Radweg folgen, der ab hier abseits  der Oder verläuft (die von hier durch Polen und nicht mehr als Grenzfluß fließt) oder aber einen Abstecher nach Polen machen und dort auf kürzerem Weg zum Stettiner Haff kommen. Auf der Brücke über die OderDie Entscheidung fiel für den Weg durch Polen.

Wir überquerten die Oder und fuhren durch Gryfino. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich auf wenigen Kilometern die Umgebung so ändern kann: DIe Qualität der Straßn wurde schlechter und die Häuser sahen auch nicht so schön aus – aber die Geschäfte hatten offen und die Polen zeigte ihre Begeisterung für unsere Liegeräder. Vor allem aber fiel eines auf: Die Autofahrer, die uns überholten taten dies in aller Regel an geeignetes Stellen, fuhren ohne Hupen oder sonstige Beschwerden auch problemlos mal eine halbe Minute hinter uns her, bevor sie in geeignetem Abstand überholten. Eine wahre Wohltat nach Brandenburger Straßenverhältnissen, da konnten selbst die Schlaglöcher das Bild nicht trüben. Und wo es radwege gab (selten), da waren diese meistens besser als die Straßen.

Der Weg nach Stettin war größtenteils nicht so spektakulär, auch wenn man an einigen Stellen das gefühl hattem die Zeit sei vor ein paar jahrzehnten unvermittelt stehen geblieben. Nach Stettin hinein wurde es dann etwas abenteuerlicher, wir wollten nciht auf der dreispurigen, fast autobahnähnlichen, Straße fahren und verzogen uns auf eine Art gemischten Rad- und Fußweg, auch wenn uns der dannmit Treppen konfrontierte (die allerdings die Möglichkeit boten, selbst Liegeräder prolemlos hinunterzuschieben auf den seitlichen Rampen).Klaus auf seiner HP Velotechnik StreetMachine GTe Irgendwann fuhren wir dann doch ein Stück auf der Straße weiter – alle Autos machten ohne Hupen oder ähnlichen Protest einen großen Bogen um uns, bis wir einen breiten Fußweg am Rande der Brücke nehmen konnten. Einen, der dann an einer langen Treppe endete. Karin trug ihr leichtes Rennrad ohne Probleme dort runter, Klaus lud zum Tragen das Gepäck ab und ich ließ mir kurz helfen, das Rad über die Leitplanke auf die Abfahrt zu heben und rollte dann nach unten.

Da wir morgens nicht allzu früh aus dem zelt gekommen waren blieb uns leider wenig Zeit für Stettin und wir entschieden uns auf dem kürzesten Weg durch Police nach Norden zum Haff zu fahren. Die Straße bestand aus Baustellen und Schlaglöchern, sie führte durch Industriegebiete und heruntergekommene Siedlungen, bis es endlich ein kleines Stück durch den Wald ging. Kurz darauf erreichten wir auch schon Trzebież (Ziegenort) am Stettiner Haff.

Da sich langsam etwas Hunger breitmachte suchten wir uns einen netten Gartren-Imbiß, in dem es frischen Fisch gab. Auch die Sprachbvarrieren konnten nicht verhindern, daß wir uns drei leckere Zanderfilets bestellten und zum Nachtisch noch frische Himbeeren mit Eis.

Die Zeit wurde immer knapper und die weitere Strecke über den sogenannten Haffrundweg war nicht ganz eindeutig auf unseren Karten bzw. dem GPS nachzuvollziehen, so mußte ein kurzer Blicküber den Strand und das Wasser genügen, bevor wir in Richtung Nowe Warpno weiterfuhren. Wegen der Unsicherheit über die Fährverbindung (später stellte sich heraus: letzte Fähre 15:20 Uhr – lange bevor wir da waren) beschlossen wir, dem Haffrundweg zu folgen, der auf einigen unserer Fahrradkarten eingezeichnet war. Im wahrsten Sinne des Wortes: Grüne Grenze zwischen Polen und DeutschlandDie ausgeschilderte Abbiegung von der Straße ließ uns dann alelrdings recht schnell erkennen, daß der Haffrundweg wohl eher für Wanderer und nicht für Radfahrer gemacht war: Ein Pfad durch den Wald mit tiefem Sand zwang uns zum Schieben. Zweieinhalb Kilometer. Streckenweise versuchten wir immer wieder mal auf etwas festerem Untergrund zu fahren, doch meist nur wenige Meter.

Wie aus dem Nichts tauchte vor uns eine Lichtung entlang eines Grabens auf, über den Graben eine scheinbar nagelneue Brücke, die etwas verloren in der Landschaft stand. Auf einer Seite der Brücke war ein deutscher, auf der anderen ein polnischer Grenzpfosten angebracht – und hitner der Brücke führte dann wieder nur ein sandiger Pfad weiter. Die Brücke war gebaut auf alten Fundamenten der Randower Kleinbahn, die es schon lange nicht mehr gibt. Vom Bahndamm war nichts mehr zu erkennen, außer eben den Fundamenten der Brücke und ein paar vereinzelten Stücken Schotter auf dem sandigen Weg.

Nach weiteren ca. 500 Metern Schiebestrecke erreichten wir endlich wieder asphaltierte Straßen in Rieth. Via Ahlbeck fuhren wir nach Eggesin, wo wirper Internet die besten Möglichkeiten für die Bahnfahrt nach Berlin zurück ausloteten. Obwohl ich mich heute ziemlich fertig fühlte, trug ich die Entscheidung mit, die längere Strecke nach Jatznick zu fahren anstatt nach Ueckermünde, denn so mußten wir nicht mehr umsteigen udn Zeit war genug.

Auf dem Weg nach Jatznick erwischte mich dann doch eine arge Unterzuckerung, aber nach einem Superzündi (Powergel), einem halben mars und einem Fruchtriegel hatte ich auch dies wieder im Griff, genug zumidnest für die letzten paar Kilometer zum Bahnhof.

In Jatznick hatten wir noch ca. eine Stunde Zeit, bevor unser Zug fuhr und so beschlossen wir, in den ort zu fahren und noch etwas zu essen. Die einzige Möglichkeit bot ein “Saloon”, wo es Pizza und baguette gab. Da unsere Zeit drängte, bot man uns an, unsere Pizzen in der bestellreihenolge ganz nach vorn zu ziehen und so schafften wir es, noch warm zu esse, bevor wir weider zum Bahnhof fuhren.

Klaus hatte sich im Saloon noch ein Wegbier organisiert, Ich hatte für Karin und mich noch ein kleines Fläschen Wein in der Tasche, so daß für die versorgung auf der Rückfahrt gesorgt war.

Wegen einer Türstörung konnten wir das Fahrradabteil nicht nutzen, ein platzmäßig ebenbürtiges Abteil hatten wir für uns, nachdem wir vier oder fünf Bundespolizisten in voller Kampfmontur (“kommt ihr von ‘ner Wahlparty?” – “kann man so sagen… Rostock hat gespielt!”) dort vertrieben hatten.

Track 27.09.2009 – Mescherin – Jatznick

Schweden/Dänemark: Die Anreise

Rostock, Neuer MarktAls Auftakt der zweiwöchigen Liegeradtour durch Schweden und Dänemark ging es zunächst mit der Bahn von Berlin nach Rostock. An einem Sonntag Nachmittag ist der Regionalzug nicht so extrem voll und so ist die Reise recht entspannt – lediglich der Ticketkauf gestaltete sich etwas schwierig: Am Schalter riet man mir, das Ticket am Automaten zu kaufen, weil es dort billiger sei – für das Wochenendticket habe ich das auch hinbekommen, das Fahrradticket habe ich in der für mich verqueren Sortierung bis heute nicht gefunden, so daß ich unter zunehmendem Zeitdruck doch nochmal an den Schalter zurück mußte. Auch mein Begleiter Manuel trug etwas zum Zeitdruck bei, da er noch darauf wartete, daß seine Freundin ihm irgendeinen vergessenen Gegenstand noch schnell an den Bahnsteig brachte.

30.08.2009 – Rostock

Im Zug lieh mir die Zugbegleiterin noch schnell einen Stift, um meinen Namen auf’s Ticket zu schreiben (wußte gar nicht, daß das mittlerweile nötig ist) und wir nahmen noch zwei Mädchen auf unserem Ticket mit, selbstverständlich ohne die angebotenen 10 Euro anzunehmen.

Warten an der FähreAm Rostocker Bahnhof verließen wir den Bahnhof nach längerem Anstellen mit dem Fahrstuhl – ich fuhr als erster und wartete im Zwischengeschoß, als ich Manuel im gläsernen Lift winkend an mir vorbei nach unten ins Untergeschoß fahren sah, aus dem er kurz danach dann aber doch wieder auftauchte. Das Glück mit Fahrstühlen ging sogleich weiter, als wir den Wegweisern zum nördlichen Ausgang folgten und dort ein Schild vorfanden, daß der Fahrstuhl defekt sei – also raus zum Südausgang und einmal um den Bahnhof rumfahren.

In Rostock trafen wir uns noch mit einer Freundin von mir und aßen am Neuen Markt erstmal etwas und hielten uns mit heißer Schokolade warm.

Den Weg zum Fährterminal fanden wir dank OpenStreetMap auf dem GPS recht zügig, als wir ankamen waren erst wenige Autos und LKWs im Wartebereich, die Fähre selbst war noch nicht da. Ein freundlicher Mitarbeiter (auf dem Fahrrad) begleitete uns an allen Autos und LKWs vorbei und platzierte uns zum Warten vor dem wachsenden Pulk, warnte uns aber vor, daß beim Verladen wohl erst die Lastwagen dran wären. So kam es dann auch und wir konnten aus der ersten Reihe prima zuschauen, wie gefühlt hunderte von LKWs in den Bauch der Mecklenburg-Vorpommern rollten. Fähre Mecklenburg-VorpommernLangsam wurde es kühl, als wir endlich das Signal bekamen, daß wir jetzt die steile Rampe hochfahren dürften auf das mittlere Autodeck. Oben an der Einfahrt dirigierte man uns in eine Ecke am Ende des Laderaums neben einem LKW, wo wir die Räder zusammenschlossen und unser Gepäck abnahmen.

Nach dem Einchecken suchten wir zunächst unsere Kabine auf mit Fenster zur Vorderseite des Schiffes (und eigenem Klo/Dusche!). Wir gönnten uns noch ein kleines Abendbrot im Restaurant und beobachteten das Auslaufen vom Oberdeck, bevor wir duschten und in den Kojen verschwanden. Das leichte Schaukeln der 200 Meter langen Fähre auf der Ostsee wiegte uns sanft in den Schlaf.

Einmal Ostsee und zurück: Tag der Luschen

Seebrücke Graal-MüritzDer Tag startete früh. Und grau. Über die kurze (bis acht Uhr) Nacht waren Wolken aufgezogen und die Luft fühlte sich kühl an. Wir schafften noch etwas Ordnung in der Wohnung, dann besuchten wir die Seebrücke von Graal-Müritz. Ein Tag ohne Horizont, die Ostsee ging nahtlos in den grauen Himmel über und die Buhnen am Strand verschwanden links und rechts im Dunst.

Wir suchten uns ein Hotel mit Frühstücksbuffet und ließen es uns gut gehen. Croissants, Müsli, Brötchen – alles, was man sich als Radler so wünscht. Heißer Tee, heißer Kaffee.

Anschließend machte sich Lars zur Abfahrt bereit und wir machten noch die Team-Germany-Fotos unserer drei Lieger in (fast…) den Nationalfarben. Als Lars auf dem Weg war, räumten Manuel und ich noch den rest auf und machten uns dann auch auf den Weg. Es fing an zu nieseln. Und wir hatten die Entscheidung schon gefällt:  Ab Rostock mit der Bahn ist auch OK für’s erste. Als Belohnung für das schwächeln gönnten wir uns auch noch eine reizende Begleitung für unseren Tag in Rostock (ich hatte Kaki ja auch schon ewig nicht gesehen!).

Lieger am MeerZunächst posierten wir mit den Rädern noch auf der Seebrücke, dann folgten wir diesmal dem Ostsee-Küsten-Radweg durch den Wald in Richtung Rostock. Nicht schnell, aber schön. Zwischendurch wetterten wir den ersten Regen unter Bäumen ab, auch Lars berichtete von durchfahrenen Schauern. Halbwegs trocken ging es weiter, doch kaum hatten wir Rostock erreicht, erwischte uns doch noch ein heftiger Schauer. Wir warteten an einer Tankstelle das Schlimmste ab. Dreck triefte von den Rädern. Und weiter gings zur Stubnitz, wo wir uns mit Kaki trafen. Da sie zu Fuß unterwegs war fuhren wir langsam neben ihr her ins Zentrum, wo wir uns ein Mittagessen und eine ausgiebige Unterhaltung gönnten. Danach noch ein Eis und dann mußten wir auch schon zum Bahnhof.

Sysadm.in by Train...Der Zug durchfuhr auf dem Weg nach Berlin einen Schauer nach dem anderen. Wir waren heilfroh drinnen zu sitzen. Drei Stunden Fahrt und wir stiegen am Südkreuz aus.

Nur Lars war tapfer ungeachtet des Wetters über 200 Kilometer bis nach Hamburg gefahren. Wir hatten abgekürzt. Erheblich. Aber wir hatten einen schönen Tag in Rostock – ist doch auch was!

Einmal Ostsee und zurück: Tag der Helden

Morgens um 06:40 Uhr sollte der Wecker klingeln – doch ich kam ihm zuvor und wachte ungewohnterweise bereits morgens um 06:35 Uhr auf. Das muß eine Art innere Angst sein, daß mich sonst der Wecker wecken könnte, sonst würde ich nie um solch eine Uhrzeit aufwachen. Die Taschen waren gepackt, ich zog die Fahrradklamotten an und füllte die Getränkevorräte auf. Alle Taschen wurden am Rad befestigt, dann ging es auf zum Hauptbahnhof. Treffen mit Manuel um 07:50 Uhr.

Um 07:49 Uhr (das nenn ich Timing!) rollte ich in die Vorhalle des Hauptbahnhofs. Da Manuel nicht ganz pünktlich war entschied ich mich, die Fahrkarten bereits zu kaufen. Leider überlistete mich die Nutzerführung des Fahrkartenautomaten und ich hielt anstelle von zwei Fahrkarten und zwei Fahrradkarten drei Fahrkarten und eine Fahrradkarte in der Hand. Manuel tauchte in diesem Moment auch auf, kurz nach acht Uhr – der Zug sollte um 08:14 Uhr gehen. An der Information verwies man mich zum Tausch der Fahrkarte auf das Reisezentrum im ersten Stock. Manuel wartete beiden Rädern, ich tauschte die Fahrkarte um. Elf Minuten nach acht. Die Fahrstühle zu unserem Gleis reden immer erstmal eine Weile, bevor sie die Türen öffnen. Unser Zug steht bereits zur Abfahrt bereit. Mit großer Eile erreichen wir noch das erstaunliche volle Fahrradabteil. Sitzplätze sind mit einem Liegerad ja zum Glück kein Problem, sowas hat man ja immer dabei…

In Fürstenberg (Havel) steigen wir aus und können endlich losfahren. Die Sonne scheint, die Temperatur steigt langsam in angenehme Regionen. Wir pedalieren in Richtung Norden, als nächstes steht Neustrelitz auf dem Plan.

Frühstück am WegesrandIrgendwo zwischen Fürstenberg und Neustrelitz fällt plötzlich Manuels Tacho aus. Nach kurzer Fehlersuche ist der Grund klar: Das Kabel zum Sensor war wegen des langen Federwegs der Gabel am Vorderrad so großzügig verlegt, daß es im eingefedertem Zustand den Reifen berührte – und so durchgeschliffen war. Da war auf die Schnelle nichts zu wollen, also ging es weiter.

In Neustrelitz versorgten wir uns an einer Tankstelle mit ein paar Updates für das anstehende Frühstück, dann ging es weiter in Richtung Penzlin. Kurz hinter Neustrelitz bogen wir von der B193 kurz in einen Wirtschaftsweg ab, settelten unsere Räder in den Schatten und uns daneben und genossen ein Frühstück. Anschließend fuhren wir weiter auf der Bundesstraße 193 bis Penzlin (nächste Tanke: Entsorgung und eine Bionade) und bogen auf die B192 ab nach Waren/Müritz ab. Keinem von uns war klar gewesen, wie hügelig Meckelnburg-Vorpommern so sein kann – und Manuel begann langsam zu spüren, daß ich ihm eine Saison (plus Wintertraining) auf dem Liegerad voraus war.

Während sich Autofahrer eher über die langsamen Hindernisse auf ihrer Straße ärgerten erlebten wir bei Klein Plasten begeisterte Zustimmung zu unseren seltsamen Fahrzeugen: Ein parallel fahrender Güterzug hupte und der Lokführer winkte uns zu!

Kurz vor Waren beschlossen wir gemeinsam, daß Manuel die Strecke bis Rostock besser mit der Bahn zurücklegen sollte. Telefonisch leiteten wir Lars dann zum dortigen Stadthafen um. Ich winkte Manuel noch einmal zu, während er auf den Zug wartete und ich auf der anderen Seite des Bahnhofs meinen Weg über Teterow nach Rostock antrat. Dann war ich alleine auf der Strecke. Fast 100km bis Rostock lagen noch vor mir. Die Hügel wurden langsam anstrengender. Immer nur 30-50 Höhenmeter, aber die dafür in ständiger Wiederholung.Ventus on Tour

Die Sonne glühte über mir, die Hitze flirrte über dem Asphalt. Ich fuhr zwischen grünen Feldern und dem gelben Raps hindurch (“Teletubbies gone Yellow“) und versuchte hochzurechnen, wie lange ich noch brauchen würde. Ich hörte auf die Steigungen zu zählen. Ich wollte zum Meer. Das letzte Stück mußte also eine Abfahrt sein. Das sagte ich mir immer zum Trost, wenn der Höhenmesser im GPS schleppend aufwärts zählte. Und ich machte meinen zweiten großen Fehler an diesem Tag (zum ersten kommen wir später…) – beim fast tranceartigen Pedalieren ließ ich mich hinreißen von den Landschaften, vom Ehrgeiz, die nächste Steigung zu schaffen, vom Gefühl, das nächste Gefälle mit mehr als 50 km/h bergab zu schießen … und vergaß zu essen. Ich mißachtete die Warnzeichen meines Körpers, daß die Kohlehydratversorgung nicht mehr optimal war. Und dann, an einer Bushaltestelle stieg ich vom Rad, mit zitternden Knieen. Die drei Schritte in den Wald zum Pinkeln waren eine Anstrengung. Ich wusch meine Hände. Dann erstmal zwei Powerbars, einen halben Liter Zitronentee und noch etwas Wasser reinziehen. Fünf Minuten im Schatten sitzen neben dem Rad. Dann fingen die Super-Zündis an zu wirken (sprich: Der erste Zucker aus den Powerbars und dem Getränk richtete mich wieder auf). Drauf auf’s Rad, den Schub ausnutzen. Ich ärgerte mich über mich selbst, über diesen dämlichen Fehler.

Ich kam meinem Ziel schon zum Greifen nahe, Rostock war zum Greifen nahe, beging ich Fehler Nummer drei an diesem Tag: Ich folgte bei Laage nicht der Bundesstraße, sondern einem ausgeschilderten Radweg. Kleine Siedlungen, der Weg schlug Haken, die Beschilderung setzte sich nicht sinnvoll fort. Ich mußte mich durchfragen. Schotterwege drückten meinen Schnitt, ich hatte das Gefühl, nicht mehr vorwärts zu kommen. Warum hörte ich nicht auf meine innere Stimme, warum folgte ich nicht dem GPS? Jetzt war es zu spät, jetzt mußte ich das durchstehen. Und endlihc kam ich wieder auf die Bundesstraße. Und nach Rostock hinein. Schnell runter zum Hafen – und dort saßen Lars und Manuel schon total entspannt und warteten auf mich.

Ich wollte eine kleine Pause einlegen und so gab es Fischbrötchen für alle als Wegzehrung für die letzten 25km von Rostock nach Graal-Müritz. Mit drei Liegerädern durch den Stadthafen zu rauschen machte schon Spaß, wir hatten durchaus Publikum. Dann ging es dem ausgeschilderten Radweg nach Graal-Müritz nach, aber irgendwo müssen wir eine (schlecht ausgeschilderte…) Abzweigung verpaßt haben, denn unser kleines Geschwader schoß in geschlossener Formation durch den Industriehafen. An dieser Stelel vertraute ich dann doch lieber dem radwegrouting der Openstreetmap auf meinem Garmin und wir waren in Lürze wieder auf ordentlichen Straßen bzw. radwegen unterwegs und näherten uns dem Ziel.

Bei einer kleinen Pinkel- und Umziehpause (es wurde mittlerweile kühl und zu dunkel für die Sonnebrille) flitzte eine Skaterin an uns vorbei – und es kam keine der üblichen Fragen und so konnte ich nur mit einem überraschten “Nein” kontern. Nicht die Frage nach der Bequemlichkeit, dem Preis, ob es selbstgebaut sei und man nicht umfiele – nein, einfach nur: “Cordes?” (für nicht-Liegeradler: Jan Cordes ist einer der renommiertesten Liegeradhändler in Deutschland).

Held des TagesIn Graal-Müritz angekommen steuerten wir, gewarnt bezüglich der Öffnungszeiten, den nächsten Italiener an und sorgten für ein Abendessen. Die Nudeln mit der Bezeichnung Diavolo sind auch wirklich scharf – so lob ich mir das!

Anschließend galt es, unsere Herberge zu finden. Wir fuhren grob in die Richtung, schlugen ein paar Haken und als ich gerade die von Jörn zur Verfügung gestellte Karte studieren wollte rief selbiger auch schon an an lotste und dank Live-Tracking gezielt an die richtige Stelle. Manchmal ist die moderne Technik eben doch für irgendwas gut!

Endlich angekommen parkten wir die Räder an sicherer Stelle und breiteten uns aus. Eine der ersten Aktionen war das Anheizen der Sauna – die hatten wir uns verdient! Sowohl Lars (227 km) als auch ich (201 km) hatten unsere Etappenrekorde aufgestellt und auch Manuel war in Anbetracht der mißlichen Lage mich als wesentlich trainierteren Fahrer vor sich zu haben und noch ein wenig von einer Ohrentzündung geschlaucht zu sein tapfer gefahren.

Nach einem gemütlichen Abend und einem langen Tag ging es gegen zwei Uhr ins Bett.

Track vom 02.05.2009