Als ich morgens aus dem Fenster meines Hotels schaute, schien die Sonne mit nur ein paar Schleiern. Doch der Eindruck täuschte: Sobald ich um die Ecke bog, um zum Frühstück zu gehen, sah ich in Richtung meiner Etappe dunkle Wolken und Regenfelder. Nun gut, Abwechslung muss sein. Und immer brütende Sonne ist auch irgendwann anstrengend!
Das Frühstück war französisch, aber trotzdem erstmal sättigend, da einfach genug Baguette da war. Ich lud die Taschen aufs Rad, das nachts in der Garage geparkt war und fuhr los. In der Getränkeflasche war frisches Wasser, die Blase hatte ich am Rad vergessen, aber zum Kochen war das Wasser noch gut, so daß ich nicht nochmal umdrehte – denn in den letzten Tagen hatte ich immer Chancen gehabt, zwischendurch zu trinken und dabei gleich in der Flasche frisches Wasser nachzutanken. Diese Unachtsamkeit sollte sich später rächen. Doch zunächst hatte ich genug Wasser – vor allem von oben. Nach dem Queren der Brücke, keine dreieinhalb km nach dem Losfahren, musste ich mein Regenzeug überstreifen – und es regnete heftig. Etwaige Salzreste am Rad, die ich alle schon versucht hatte abzuspülen, waren damit mit Sicherheit beseitigt.
Anstatt über den offiziellen Eurovelo 1 Track zu fahren kürzte ich zu Fähre Royan über die Landstraße ab. Landstraße mit überholenden Autos bei Regen ist definitiv nicht schön – aber auf nicht asphaltierten Wegen stecken bleiben, die bis zur Fähre zudem noch zehn Kilometer länger wären, wollte ich auch nicht riskieren – und ich wusste: südlich, wo der Abdeckungsbereich des Regenradars wieder begann, würde es besser werden. Und so war es auch: Als ich an der Fähre ankam, riss die Wolkendecke auf und schon kurz nach dem Ablegen hörte der Regen auf. Ich nutzte die kurze Zeit auf der Fähre zum Trinken und für einen süßen Snack, dann kam ich auch schon an. Nach dem Ausfahren aus dem Hafenbereich zog ich mir das Regenzeug aus und trockene Oberbekleidung an. Schon bald kam die Sonne raus und ich musste eine Schicht ablegen.
Der Eurovelo 1 ist hier sehr schön ausgebaut, trotzdem nutzte ich für einige Zeit die quasi unbefahrene Landstraße, es fuhr sich einfach gut und ich machte mächtig Kilometer. Nach den letzten Tagen tat es gut, den Zähler mal wieder ticken zu sehen, auch wenn ich vielleicht die ein oder andere schöne Stelle verpasste.
Auch als ich später wieder auf den EV1 einbog und durch die Dünen fuhr – übrigens durchgehend asphaltiert, wenn auch an einigen Stellen verwurzelt oder löchrig – war die Lndschaft eher gleichförmig. Dennoch reizte mich heute der Kilometerzähler mehr als ein Blick an den Strand. Irgendwann traf ich auf Kevin. Kevin lebt in Bordeaux und spricht englisch – und so unterhielten wir uns beim Fahren für eine Weile und kehrten später noch gemeinsam ein. Er erzählte mir, daß der Weg südlich von Arcachon sehr viel besser ausgebaut wäre, größtenteils feiner Asphalt und sich richtig lohne. Irgendwann biegt er ab, ich fahre geradeaus. Spontan hatte ich morgens beschlossen, die Fähre vom Cap Ferret nach Arcachon zu nehmen. Die Abendfähre hätte ich nur ohne Einkehr knapp erreichen können – und das whrscheinlich eher gar nicht, denn ich war zu diesem Zeitpunkt ohne Wasser und hatte noch viel zu wenig gegessen. Also stand der Entschluss, die erste Fähre morgens zu nehmen (um 7 Uhr!) und ein Hotel nah am Fähranleger zu suchen.
Das erwies sich um die Uhrzeit als nicht gerade einfach, jedenfalls in Zimmerkategorien deutlich unter 200€ – aber es war nicht unmöglich. Auf den letzten Drücker das letzte preiswerte Zimmer etwa zweieinhalb Kilometer vom Anleger. Der Wecker steht auf 05:45 Uhr und die Taschen werden kaum ausgepackt und schon abends wieder vorgepackt – abzüglich der Dinge, die von der Regenfahrt noch trocknen müssen. Ich bin froh, nicht ins Zelt zu müssen, denn schon bei der Hotelsuche war ich durch die hohe Luftfeuchtigkeit ziemlich nass. Sachen im Zelt trocken kriegen wäre also absolut unmöglich geworden.
Tja, Regen ist halt nicht auszuschließen…