Erfurt – Hilders

Nach einem ausgiebigen Hotelfrühstück sattelte ich das Rad (so man das für ein Rad ohne Sattel so sagen kann), dann ging es in den heute etwas grauen Tag hinaus. Noch ohne klares Ziel. Noch immer steckte mit der erste Tag in den Beinen und die Wettervorhersage kündigte den Nachmittag Regen an. Da mich auch einige Steigungen erwarteten, würde der Tag nicht allzu lang werden.

Mit nur ein paar großen Straßen führte mich der Weg aus Erfurt hinaus, dann hatte ich die Route entlang der Gera und der Apfelstädt gelegt, so dass es zunächst Recht flach zwischen Gewässer und Bahnstrecke blieb.

Ausgebauter Radweg neben der Straße

Ab Georgenthal gibt es einen Bahntrassenradweg, dem ich dann auch folgte und der mich mit einem sanften Anstieg bis Tambach-Dietharz brachte. Von dort kam der erste größere Anstieg, sechs Kilometer lang. Die Straße war, auch mit LKW, recht befahren. Letztlich ging es aber und ich konnte ein rasante Abfahrt bis Schmalkalden genießen.

Da ich Schmalkalden auf einem weiteren Bahntrassenradweg durchquerte, vergaß ich, dass dies der letzte größere Ort für die nächsten Kilometer sein sollte – ein Problem beim Versuch, etwas zu Essen zu bekommen.

In Helmers fand ich glücklicherweise eine Metzgerei mit der Möglichkeit, auch warme Gerichte zu bekommen. Während ich zu Mittag aß, zog draußen das erste Regengebiet durch. Als ich fertig war, war es aber wieder trocken und ich konnte gestärkt in den nächsten Anstieg gehen.

Im Anstieg

Dieser kam hinter Zella und führte über Andenhausen. Bei 13% sind die Anden dort auch Programm. Dafür winkt danach eine tolle Abfahrt nach Tann. In Tann beginnt dann auch der nächste Bahntrassenradweg, leider war der ab Lahrbach gesperrt und ich musste auf die ausgewiesene Umleitung nach Hilders über die Bundesstraße ausweichen. Das erste mal seit Berlin hatte ich mit Engüberholern zu tun.

Bahntrassenradeln

In Hilders hatte ich einen Hotel bekommen und befand mich für den kommenden Tag nah am Beginn des Milseburgradweges, auch ein Bahntrassenradweg, der mich bis Fulda bringen sollte.

Halle – Erfurt

Im Hotel gab es kein Frühstück und so musste ich die Straße runter, um beim Bäcker zwei Brotchen und etwas Tee zu mir zu nehmen. Schon auf dem Weg merkte ich: der gestrige Tag mit seinen 191 Kilometern steckt mir in den Beinen und in den Knien. Nach dem Frühstück besorgte ich noch Sonnencreme und Saft für etwas Geschmack in der Trinkblase, dann lief ich zurück zum Hotel und machte das Rad fertig.

Entlang der Schnellfahrtrecke

Da nur etwa 110 Kilometer auf dem Plan standen, hatte ich mir Zeit gelassen und kam erst gegen halb zehn los. Aus Halle raus fuhr ich zunächst entlang größerer Straßen, mit ein wenig Zickzack bis Bad Lauchstädt. Die Baustelle zwischendurch war mit einer guten Umleitung, auch für Radfahrer, ausgeschildert. Und ab etwa Kilometer 15 hatte ich mich eingefahren und die Beine taten nicht mehr so sehr weh. Viel Druck und Geschwindigkeit war dennoch nicht drin.

Hinter Bad Lauchstädt traf ich dann auf die Schnellfahrstrecke Halle-Erfurt, der ich – wo möglich – dann folgte. Schon nach ein paar hundert Metern geht die Strecke über Nieder- und Oberwünsch abseits der Strecke auf einer Straße weiter, um die Stöbnitztalbrücke zu umfahren.

Tee und Bockwurst zum Mittag

Auch der nächste Abschnitt bis Kaltendorf, wo die Bahn im Tunnel verschwindet und im nächsten Tal wieder auf der Brücke unterwegs ist, währt nur kurz und es beginnt der hügelige Teil der Strecke, weil es mit dem Rad abseits auf Straßen weitergeht. Dafür bietet Bad Bibra mit einem Supermarkt so ungefähr die einzige Versorgungsmöglichkeit, die ich dann auch nutzte.

Hinter Bad Bibra folgt ein langgezogener Anstieg, bis man bei Eßleben endlich wieder an der Strecke landet. Ab hier ist es zwar weiterhin hügelig, da die Servicewege nicht so nivelliert sind, wie die Bahnstrecke, aber es hält sich in Grenzen. Viele Möglichkeiten sich vor der Strecke zu verstecken gibt es auch nicht, was mir auffiel, als ich hielt um auszutreten. Aber bei 300km/h sehen die meisten, falls sie aus dem Fenster schauen, vermutlich keine Details.

Der Sonne entgegen

Kurz vor Erfurt gibt es auf dem Serviceweg noch die Grammefurt. Der Boden ist befestigt und das Wasser nicht allzu tief vielleicht 25-30cm, im Sommer manchmal auch weniger. War ich beim letzten mal nach kurzem Inspizieren durchgefahren, so traute ich mich diesmal nicht: der letzte Regen hatte etwas Schlick aufgespült und die Ränder waren rutschig. Ich entschied mich dafür, die Schuhe auszuziehen und das Rad hindurchzuschieben.

Grammefurt

Ab hier sind es nur noch wenige Kilometer bis Erfurt, ich hatte ein Hotel in der Innenstadt hinter dem Dom gefunden, das ich direkt ansteuerte. Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, streifte ich durch die Stadt, auf die Krämerbrücke und die Fußgängerzone. Später ging ich noch Essen und ein Getränk für den nächsten Tag kaufen. Die Stadt war erstaunlich voll, wohl wegen BUGA und wohl noch weiteren Veranstaltungen.

Berlin – Halle

Um Zeit für die Vorbereitungen zu haben und weil das Wetter schlecht war, hatte ich den Start von Samstag auf Dienstag verschoben. Weder war ich vorher ordentlich zur Routenplanung gekommen, noch war das Rad fertig – und nach fast zwei Jahren ohne Tour war auch die Routine beim Packen noch nicht wieder die Alte.

Plattfuß am Hinterrad

Am Dienstag also ging es los, mit einer halbwegs brauchbaren Planung im Navi und einer morgens gepackten Tasche, der wohl außer Sonnencreme nichts fehlte. Das Wetter war prima, die Sonne schien und der Himmel war blau. Und den Weg aus der Stadt kenne ich ja auch ohne Navi. Ich versuchte mit wenig Druck zu fahren, schließlich hatte ich viel zu wenige Kilometer dieses Jahr in den Beinen und mit 132km bis Dessau mein erstes mal mehr als 100km am Stück in diesem Jahr vor mir (Geständnis!). Der Wind kam aus Nordost, so hatte ich ihn im Rücken und war doch schneller als geplant.

Doch noch vor der Stadtgrenze, bei der Abfahrt vom Schäferberg bei etwa 50 km/h höre ich ein fieses Zischen und haben einen Platten, natürlich hinten. Aber zumindest kann ich das Rad kontrolliert zum Stehen bringen. Während ich das Malheur betrachte und mein Werkzeug und den Ersatzschlauch rausholen, fragen drei Radfahrer, ob sie helfen können und ob alles OK sei. Das freut mich, denn das ist beileibe nicht immer so. Der Reifen ist repariert, da ich kurz vor Potsdam bin, pumpe ich nur von Hand auf den nötigen minimalen Druck, statt eine CO2 Patrone zu verschwenden. Der erste Fahrradladen am Weg lässt mich seine Pumpe nutzen, hat aber keinen passenden Schlauch. Der zweite hat zu. Da ich noch Flickzeug in der Tasche habe und den flickbaren alten Schlauch, plane ich den Kauf des Ersatzes für Dessau und mache mich auf den Weg.

Die Strecke bin ich dutzende Male gefahren, sie fährt sich gut. Viele gute Radwege, sonst sehr ruhige Straßen. Es gibt zwischen Ferch und Beelitz im Wald eine Stelle, da stellt sich für mich dieses Feeling ein: auf Tour. Ich vermeide es, diese Stelle auf meinen Spaßrunden zu befahren um mir das zu erhalten. In Brück gibt es eine Gaststätte, die ich gern zur Einkehr nutze. Halber Weg nach Dessau, gutes Essen. Das hielt ich auch diesmal so.

Gut gestärkt mit Hamburger Schnitzel geht es weiter. Ich nahm die Radroute zwischen Brück und Bad Belzig, ärgerte mich aber über die Ortseinfahrt und beschloß, beim nächsten mal doch wieder über die relativ leere Bundesstraße zu fahren. Gleiche Strecke, aber viel effizienter und schnell durch weniger rumgekurve. Bad Belzig durchquerte ich, ebenso Wiesenburg. Danach geht es den Anstieg nach Klein Glien hinauf und schließlich ist es nicht mehr weit bis Roßlau.

Zwischen Roßlau und Dessau liegt die Elbe, so ein weiterer Markpunkt auf der Route. In Dessau hielt ich zunächst an einem Fahrradladen neben dem Bahnhof, auch dieser hatte leider nicht den passenden Schlauch, konnte aber einen anderen Läden in der Innenstadt empfehlen, wo ich fündig wurde. Dann fuhr ich auf gut Glück zu einem Hotel, wo ich bereits einmal abgestiegen war – voll. Eine Pension in der Nähe so gruselig, dass ich dort nicht hin wollte und in der Innenstadt dann noch bei einem Hotel gefragt und danach im Internet geschaut. Nichts zu machen. Ich mußte eine Lösung finden und diese hieß: in Halle etwas buchen (auch gleich viel billiger) und dann los, noch 50km oben drauf legen.

Bis kurz vor Halle rollte es mit Rückenwind erstaunlich gut, dann wären noch zwei Anstiege zu meistern, die schon etwas schmerzten nach der unerwartet langen Tour. Gut elf Stunden nach der Abfahrt in Berlin kam ich dann in der Altstadt von Halle an. Das Rad durfte mit auf’s Zimmer. Nach einer Dusche und kurzer Pause schlenderte ich noch in die Innenstadt, um etwas zu essen.

Fitnessrunden statt SPEZI-Tour

Eigentlich wäre Ende April eine Tour zusammen mit Micha zur Spezialradmesse nach Germersheim dran gewesen. Und in der anschließenden Woche zurück. Aber 2020 wird wohl vielen in Erinnerung bleiben als das Jahr, in dem alles anders kam.

Auf einer leeren Zufahrtsstraße zum BER

Statt also an der Schnellfahrstrecke der Bahn zwischen Halle und Erfurt noch einmal – wie im letzten Jahr – entlang zu fahren, in den Steigerwald abzubiegen und dann auf ungewohnten Wegen in Richtung Südwesten zu fahren, muss ich mich bei immerhin schönstem Wetter dazu motivieren, meine Runden im Kreis zu drehen. Durch altbekannte Landschaften mal ein paar neue Strecken zu finden oder auf ausgefahrenen Wegen einfach eine Kopf-aus-Trainingsrunde einzulegen.

Wegen des strammen Ostwinds blieb es dann bei mir bei Trainingsrunden auf leicht variierenden Wegen, meist in Richtung Schönefeld bzw. BER. Immerhin kommt so die vernachlässigte Kondition langsam wieder. Da ich ja frei hatte und unter der Woche unterwegs war, waren die Wege auch halbwegs leer. An den Wochenenden war das Abstandhalten auf den üblichen Berliner Rad- und Skatestrecke quasi nicht möglich, das Fahren machte da auch wenig Spaß.

Der Hügel am Südwestende der Startbahn

Wirklich viele neue Wege habe ich dann nicht für mich entdeckt, aber doch festgestellt, dass man zum Beispiel südlich des BER derzeit nur noch in Kiekebusch über schlimmes Kopsteinpflaster rumpelt, der Weg durch Rotberg und die Wege dazwischen abermittlerweile mit feinstem Asphalt und prima Seitenradwegen ausgestattet sein.

Das 45 über Null in Selchow hatte natürlich keinen geöffneten Biergarten und Flugzeuge gab es auch keine zu sehen, aber der Hofladen verkaufte leckere Wildschweinsalami und auch ein paar Dinge für auf die Hand, die man dann in adäquater Entfernung verspeisen konnte.

Was soll ich sagen, die Kondition kam schnell wieder, die Runden wurden schneller und die letzten Beiträge über die Oder-Touren haben ja gezeigt, dass die Trainingsrunde wirkten: bis zu 150km ohne Nachwirkungen zu fahren war eine gute Bestätigung.

Wolkentour an die Oder

Um kurz nach halb zehn holte ich Micha ab, der Weg führte ohnehin direkt bei ihm vorbei. Zunächst fuhren wir auf altbekannten Wegen: Auf dem A100-Deckel in Britz, dann auf der Ostkrone nach Süden und durch Adlershof nach Köpenick. Die EInfahrt zum Müggelsee verpassten wir und kürzten über den Müggelheimer Damm ab. Dem Radweg D3 folgten wir noch bis Altbuchholz.

Straße nach Klein Wall

Dort startete dann ein Experiment: Wir bogen auf die Straße nach Klein Wall ab. Diese führt ruhig und gut asphaltiert durch den Wald und ist auf jeden Fall ein guter Tipp. In Klein Wall gibt es kurz eine sandige Stelle, die hatte OpenStreetMap auch so vorhergesagt. Der dahinter weiter führende G1-Track entpuppte sich, wie bereits vermutet, eher als G2 ohne Asphalt, aber mit verdichtetem und gut fahrbaren Grund. Auch mit meinen dünnen Reifen konnte ich dort problemlos fahren, für reine Asphalt-Freaks ist es nichts.

Dies ist also eine alternative Querverbindung zwischen dem nördlich von Küstrin an die Oder laufenden D3 und dem weiter südlich laufenden Oder-Spree-Radweg, dem wir natürlich alternativ auch schon ab Erkner hätten folgen können. Von Hangelsberg führt der Weg noch ein kurzes Stück entlang der Straße, bevor er zu Müggelspree abbiegt und nahe an deren Ufer durchs Grüne führt.

Oder-Spree-Radweg

In Fürstenwalde (Spree) versorgen wir uns beim Bäcker und pausieren auf einer Bank auf dem Marktplatz. Frisch gestärkt vom Brötchen und einem Heißgetränk folgen wir der Route entlang der Straße. Wo für Autos wegen einer Baustelle eine lange Umleitung beginnt, können Radfahrer einseitig auf einem Weg an der Baustelle vorbei fahren. Von Berkenbrück führt dann eine für den Autoverkehr uninteressante Straße weiter, die später zu einem reinen Radweg wird, der durch den Wald verläuft.

Erst in Neubrück landen wir wieder auf der Straße, aber der Verkehr ist auch hier eher dünn bis Müllrose. auf der Bundesstraße ist trotz Ortsumgehung einiges los und wir sind froh, als wir wieder auf ruhigen Radwegen entlang des Friedrich-Wilhelm-Kanals sind.

In Finkenheerd müssen wir uns entscheiden, ob wir in die Regionalbahn springen und via Frankfurt(Oder) nach Hause fahren oder ob wir per Rad nach Frankfurt oder Eisenhüttenstadt weiter fahren wollen. Wir entscheiden uns für die längste Variante, noch einmal 26 Kilometer, dafür flach und ruhig hinter dem Oderdeich entlang. So geht es weitem Bogen bis Eisenhüttenstadt. Von Westen zieht bereits eine dunkle Wolkenwand heran. IN Eisenhüttenstadt angekommen gibt es eine Regionalbahn nach Frankfurt mit gutem Anschluss an den RE1 nach Berlin. Zwar käme eine halbe Stunde später der durchgehende Regionalexpress, aber die Verbindung mit Umsteigen ist dennoch deutlich früher in Berlin, deshalb entscheiden wir uns dafür.

Hinter dem Oderdeich

Kurz nach Verlassen von Frankfurt(Oder) kommt schon der erste Regen, kurz vor Berlin wird es dunkel und sehr nass draußen. Wir sind froh, im Zug zu sitzen. Am Ostkreuz angekommen hat es aber schon wieder aufgeklart und wir beschließen, dass beide vor der nächsten Regenfront zu Hause sind, wenn wir von hier mit dem Rad fahren. Am Mauerweg trennen wir uns, denn für Micha ist der südliche Weg besser, ich bleibe nördlich des Tempelhofer Feldes.

Beide sind wir mit einsetzendem Regen zu Hause, gerade rechtzeitig, bevor es richtig losgeht.