Kleine Wetterkunde: Gewitter

Es gibt viele Wetterbedingungen, die beim Radfahren nervig oder störend sind. Regen zum Beispiel. Oder Gegenwind. Oder auch extreme Hitze und Sonne ohne Schatten. Es gibt aber auch Dinge, die kommen relativ plötzlich und können auch ziemlich gefährlich werden. Gewitter gehört dazu. Strukturierter Rand der Gewitterwolke Gewitter kann als Gewitterfront kommen, die man mit geeigneten Werkzeugen, wie zum Beispiel RegenAlarm OSM auf dem Smartphone lange vorher ankommen sieht – man sollte sich darauf einstellen, hat aber meist mehrere Stunden Zeit, um sich einen sicheren Ort zu suchen. Gewitterzellen können an warmen Tagen (der Juli ist der typische Monat dafür bei uns in Deutschland) aber auch quasi aus dem Nichts auftauchen. Schwüles drückendes Wetter, die Sonne scheint wie durch ein Brennglas – sowas sind Anzeichen für eine Wetterlage, die schnell mal ein Gewitter hervorbringen kann. Auf dem Regenradar sieht man dann oft extrem kleine und starke Regengebiete, die sich innerhalb kurzer Zeit bilden.

Bevor das Gewitter kommt, oft hat man noch Sonne, es wird vielleicht etwas dunstig, wird die Wärme noch drückender. Hatte man bis zu diesem Punkt meist noch leichten Wind, schläft dieser ein, es wird nahezu windstill. Irgendwann sieht man die Gewitterwolke auf einen zukommen. Von weiter Entfernung, auf dem Land nur sehr selten zu beobachten, hat diese oft eine charaketristische Ambossform. Durch die Landschaft sieht man die Wolke bei uns aber meist erst kurz, bevor sie da ist, oft noch, nachdem der Wind bereits weg ist. Sie ist dunkel, kann man weit genug schauen, sieht man Regenvorhänge darunter. Am Rand ist sie oft strukturiert, man erkennt oft Schichten. Ist man jetzt irgendwo unterwegs, ist es höchste Zeit Schutz zu suchen. Bäume, Hochspannungsmasten und ähnliches sollte man meiden. Eine Bushaltestelle (so sie denn nicht unter einem Baum steht…) ist oft ganz gut, im Zweifel einfach rauf auf ein flaches Feld und sich ein gemütliches Plätzchen flach auf dem Boden zwischen Fahrrad und Gepäcktaschen bauen, wo man sich hinhockt – nicht hinlegen, damit der Strom eines in der Nähe einschlagenden Blitzes nicht durch den Körper läuft. Gegen Blitze sind natürlich Gräben und Kuhlen ideal – allerdings nicht gegen Wasser.

Gewitterwolke: Außen Wind, innen Blitz und Donner.

Als erstes kommt die Böenwalze. Starke Böen, die einen problemlos in den Gegenverkehr oder in den Straßengraben fegen können (hab ich selbst ausprobiert). Dieser Wind kommt häufig aus der entgegengesetzten Richtung wie die Wolke. Diese Böen kommen nach der Windstille sehr, sehr plötzlich. Das kann innerhalb von Sekunden losgehen. Dann folgt starker Regen. So stark, daß man – egal ob mit oder ohne Brille – die Straße nicht mehr sehen kann. Im Schlimmsten Falle kommt Hagel, das kann richtig weh tun. Ist der Rand über einen hinweg gezogen, kommt auch sofort das Gewitter. Nicht jeder Blitzschlag ist tödlich, aber die gesundheitlichen Folgen, wenn man getroffen wird, können sehr sehr unangenehm sein. Selbst ein Einschlag in der Nähe kann erhebliche Irritationen auslösen. Ein Gewitter also niemals auf die leichte Schulter nehmen. Flach, entfernt von Bäumen oder anderen Dingen, die den Blitz „einfangen“ können – oder einem auf den Kopf fallen. Straßenbrücken sind zum Beispiel ein sehr guter Schutz (nicht verwechseln mit tief gelegenen Unterführungen, die beim Starkregen schnell mit Wasser voll laufen können!).

Zeit, Schutz zu suchen

Mai ’13: Neuruppin – Berlin

Obwohl wir keinen Wecker gestellt hatten, waren wir recht früh wach, aber wir ließen es ruhig angehen. Nur noch gut 80km lagen vor uns auf dem Weg nach Hause, das Wetter war passabel und wir fühlten uns nach der gestrigen Entspannung auch ganz gut obwohl wir eine zweiwöchige Tour mit zwar unterschiedlichen Intensitäten, dennoch aber ohne wirklichen Ruhetag hinter uns hatten.

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So gingen wir auch erstmal Frühstücken und räumten erst danach unsere Taschen ein. Beim Frühstück freute ich mich über Blutorangensaft – und war dann hellwach, als ich merkte, daß es sich in Wirklichkeit um Tomatensaft handelte. Wie können Leute das ernsthaft gerne trinken? Abfahrbereit waren wir um 10 Uhr. Jedenfalls fast, mein Pufferakku war aus unbekanntem Grunde entladen. Ich musste das Telefon zum Live-Tracking also an meinen großen Puffer hängen, das GPS erstmal über die eigenen Akkus betreiben, bis der der Pufferakku langsam wieder Kapazität gewann. Eine genauere Analyse steht noch aus. Bis zu Hause reichte es auch erstmal so.
Aus Neuruppin heraus folgen wir der Radweit-Route auf Radwegen, die großenteils von der Straße abgesetzt verlaufen, später gibt es dverse Kilometer Landstraße, aber auch immer mal wieder Strecken abseits des Verkehrs, der sich aber heute ziemlich im Rahmen hielt. So fahren wir bis nach Spandau, dann routen wir auf bekanntem Terrain abseits irgendwelcher Planungen nach Hause.
Mich fährt aber Westend einen anderen Weg als ich. Ich werde – dank Live-Tracking – vor meiner Haustür bereits von meinen Eltern begrüßt, die mir auch helfen, die Taschen hochzutragen. Sowas nenne ich mal einen Empfang nach 1857,51km Radtour in zwei Wochen!

Mai ’13: Schwerin – Neuruppin

Als wir um acht Uhr zum Frühstück gingen, waren die Taschen bereits gepackt. Bis Neuruppin stehen etwas mehr als 140km auf dem Plan und wir wollen nicht allzu spät starten. Müsli, Ei, Brötchen mit herzhaftem und mit süßem Belag und dazu schon O-Saft und Tee, zusätzlich noch etwas Joghurt mit Früchten. Man will ja nicht nach ein paar Kilometern versacken!

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Wir routen uns auf einer ruhigen Straße parallel zum eigentlichen Track langsam an diesen heran, dann geht es auf der Radweit-Strecke weiter. Erwartungsgemäß kommt auch bis Parchim: nichts. Nach über tausend Kilometern abseits von Straßen, nach den positiven Erfahrungen in Belgien und den Niederlanden, ist deutscher Straßenverkehr, selbst auf den kleinen Landstraßen ziemlich nervig, wir wünsche uns wohl beide weit weg von hier. Dazu kommt noch die berühmt-berüchtigte schlechte Qualität der Straßen und die gerade zu wahnwitzig absurden Radverkehrsführungen und -anlagen in Mecklenburg-Vorpommern. Zudem setzt der Tour-Kater ein. Es geht nach Hause. Die letzten 200km bis Berlin haben mir noch nie Spaß gemacht und so ist es auch heute – ich werde bei den nächsten Reisen wohl wieder drauf achten, wegzufahren und dann mit einem anderen Verkehrsmittel die Heimreise anzutreten.

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In Parchim gehen wir in ein Café und nehmen Kuchen und Cola als zweites Frühstück, bei der Ausfahrt aus Parchim habe ich wohl unsauber geplant und führt uns der Track unversehens über Treppen in einen Park, anstatt ein paar Meter weiter auf die Straße. Mit vereinten Kräften korrigieren wir den kleinen Fehler, dann geht es weiter. Nächster größerer Ort ist Wittstock. Zwischendurch geht es noch am Flughafen Schwerin-Parchim vorbei. Große Schilder und Ankündigungen, was über unseren Köpfen zur Landung ansetzt ist dann aber doch eher ein A3,80.
Zwischendurch füllen wir die Getränke-Vorräte und sicherheitshalber auch den Pesto-Vorrat noch an einem Supermarkt auf, schaffen es dann auf Autopilot und kurz vor dem Zombie-Modus doch noch bis Wittstock, wo wir Mittag essen. Zwar dauert es schon wieder ziemlich lang, aber diesmal merkt das Personal das von selbst und erlässt uns den doppelten Espresso, den wir als Nachbrenner bestellt hatten.

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Nach einem kurzen Fresskoma-Knick bei mir geht es dann auch zügig weiter nach Neuruppin. Zwischendurch noch die Brandenburger Fahrräder-dürfen-nicht-auf-die-Landstraße-Huper und ein LKW, der anhält, der Fahrer sieht uns und gibt dann vor uns an der Einbiegung noch schnell Gas, so daß Micha nur mit einem heftigen Ausweich- und Bremsmanöver noch etwas retten kann. Der Schreck sitzt tief und wir weichen erstmal auf ein Stück des Prignitz-Express-Radwegs aus, von dem wir wissen, daß der Belag nicht sonderlich ist, aber wenigstens ist es weitgehend fern irgendwelcher Idioten.
In Neuruppin stellt sich – vermutlich wegen des verlängerten Wochenendes – die Suche nach einem Zimmer nicht als so leicht wie gedacht heraus, aber am Ende landen wir im Sporthotel und können noch einen Abend in der Saunalandschaft verbringen und kriegen vor Ort auch noch gut zu essen. Und WLAN.

Mai ’13: Kiel – Schwerin

Wie immer waren wir schon vor dem Wecker wach, diesmal packten wir unsere Taschen und gingen ann zum Frühstück. Gerade rechtzeitig, wie sich herausstellte, nach uns kam eine Horde Schüler und vor meinem geistigen Auge entstanden Bilder von Heuschreckenschwärmen, die ganze Landstriche karg und verwüstet hinter sich lassen.

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So waren wir mit kleinem Frühstück aber dafür früh auf der Straße. Der Weg aus Kiel heraus ist hügelig und zieht sich entlang einer viel befahrenen Bundesstraße, bevor es endlich etwas ruhiger wird. Ab heute fühlt es sich an wie nach Hause fahren, nicht mehr wie auf großer Radtour sein. Wir nehmen nicht mehr die schönsten Wege, sondern preschen auf Straßen durch’s Land, fressen Kilometer. In Plön gibt es noch ein zweites Frühstück, dann geht es weiter nach Lübeck, unserem Mittagsziel. Kurz vor 13 Uhr sind wir dort.
Kurzer Niesel während wir in die Stadt rollen und ich das obligatorische Touri-Foto vom Holstentor mache, dann suchen wir uns am Stadthafen einen Italiener. Wie immer beweisen ein glückliches Händchen bei der Auswahl des wirklich langsamsten Restaurants am Platz, aber wir liege gut in der Zeit, das Getröpfel hat auch sofort wieder aufgehört.

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Während vormittags die Herrentags- und Bollerwagen-Fraktion noch recht lustig war und die Akkus noch für Musik reichte, wird es hinter Lübeck langsam nerviger. Die Leute haben einen guten Pegel  und die Unmengen von Autos vor den dörflichen Partys lassen nichts Gutes erahnen – wir können uns kaum vorstellen, dass da genügend Leute nüchtern bleiben. Teilweise machen die Verkehrsteilnehmer auf den kleinen Straßen bereits jetzt den Eindruck, als wären sie nicht mehr völlig nüchtern.
25km vor Schwerin gehen wir in ein Eiscafé, können uns aber beide nur für etwas zu trinken entscheiden. Auf dem Regenradar sah es bisher gut aus, die lila Gewitterzellen zogen alle an uns vorbei, langsam brauen sich die dunklen Wolken aber auch in unserer Nähe zusammen. Nach dem Start vom Eiscafé fällt mir auf dem Kopfsteinpflaster die etwas schwammige Fahrweise meines Rades auf – ein Platter, natürlich hinten.

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Passenderweise gibt es einen Metallzaun an der nächsten Kreuzung: Gepäck runter, Hinterrad mit Spanngurt angehoben und schon kann ich es untersuchen. Es findet sich recht schnell der schuldige 1-cm-Glassplitter, als ich diesen entferne höre ich ein Zischen. Ich entscheide mich für die einfache Methode und ziehe nur an der entsprechenden Stelle den Schlauch aus dem Reifen zum Flicken, um nicht das ganze Rad ausbauen zu müssen.
Die Aktion ist von Erfolg gekrönt und so geht es weiter. Die Wolken werden immer dunkler und bei der Einfahrt nach Schwerin erreicht uns die Böenwalze – ein sicheres Zeichen, daß es gleich was auf die Mütze gibt. Wir durchqueren die Stadt im Eiltempo, unser Hotel liegt ein paar Kilometer außerhalb an unserer Route. Es fängt an zu tröpfeln, wird immer stärker. Der Punkt, wo man normalerweise das komplette Regenzeug anzieht ist ca. 500m vor dem Hotel erreicht, so fahren wir einfach weiter und kommen noch halbwegs trocken im Hotel an.
Netz gibt es fast keines, die örtlichen Aluhut-Träger haben den Mobilfunkmast weggeklagt und das WLAN ist nur in der Lobby (halbwegs) zuverlässig. Dafür gibt es aber noch was zu essen ohne rauszugehen.

Mai ’13: Borsfleth – Kiel

Als ich am Morgen aufwachte war es draußen zwar grau und feucht, aber die Straße war trocken und auf dem Regenradar weit und breit kein Regen zu sehen. Trotzdem machten wir uns in Ruhe fertig, das Frühstück war erst für halb neun bestellt. Wir kriegten unsere getrockneten Sachen von gestern wieder, machten während des Frühstücks die Abrechnung und die Nebelschwaden lösten sich nach und nach auf und ließen die Sonne erahnen.

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Da die Unterkunft direkt an unserer Route lag, konnten wir nach dem Losfahren direkt auf den Deichweg an der Elbe einschwenken. Durch die heftigen Regenfälle des vorigen Abends waren einige Teile allerdings noch mit matschiger Schafscheiße verunreinigt, so dass wir etwas vorsichtiger fahren mussten. Während wir am Kernkraftwerk Brokdorf vorbei fuhren, bemerkten wir die vielen Traditionssegler und Marineschiffe auf dem Weg nach Hamburg, da der Hafengeburtstag ja direkt bevorstand.
In Brunsbüttel bogen wir an den Nord-Ostsee-Kanal ab. Zunächst geht es auf Straßen durch ein Industriegebiet, dann über die erste Fähre: „Die Mäuse lasst mal stecken, das ist eine künstliche Wasserstraße, da sind die Fähren kostenlos!“. Direkt hinter der Fähre biegt unsere Route auf den Radweg am Kanal ein. Durch Recherche im Internet wusste ich, dass uns dort großenteils ein zweispuriger Plattenweg erwarten würde, die Beschreibung der Qualität reicht von „super“ über „fahrbar“ bis hin zu „gruselig“.

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Erschreckt sind wir, als die Abbiegung (mit Schild!) auf einen matschigen Single-Trail führt … der aber dann nach zehn Metern vorbei ist und in einen gut fahrbaren Plattenweg mündet. Die Platten liegen ohne große Kanten aneinander, natürlich muss man auf Dauer ziemlich konzentriert fahren wegen der schmalen Spuren, aber solange es so leer ist wie an diesem Tag, ist das recht angenehm.
Schon bald sehen wir die ersten Schiffe auf dem Kanal und wir stellen erstaunt fest, dass an dieser Strecke wirklich in recht regelmäßigen Abständen offene Cafés, Restaurants oder Imbisse zu finden sind. Auch Pausenstellen mit Tisch und Bänken sind öfter anzutreffen. Dementsprechend gönnen wir uns auch in einem Café eine Pause mit Schorle und Kuchen.

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An einer Stelle versuche ich gerade die Begegnung diverser großer Schiffe zu verfolgen, als plötzlich über mir ein dumpfes Brummen zu hören ist. Im nächsten Moment rauscht ein Bundeswehr-Transportflugzeug im Tiefflug in enger Kurve über unsere Köpfe und fliegt in niedriger Höhe entlang des Kanals. Spannung pur!
Während der weiteren Fahrt beobachten wir noch viele Schiffe, wechseln selbst desöfteren die Kanalseite. Kurz vor Rendsburg fällt mir im Rückspiegel dunkelgrauer Himmel auf. Da wir eh zur Bank müssen und noch eine weitere Pause brauchen, beschließen wir in Rendsburg den Track zu verlassen und lassen uns vom Navi zu einem Geldautomaten führen, dazu wechseln wir die Kanalseite per Tunnel. Ein paar leichte Tropfen sind zu spüren, als wir am Geldautomaten ankommen und als wir fertig sind sind Blitze zu sehen und Donner ist zu hören, also suchen wir ein nahes Café auf. Kaum haben wir die Räder unter der Markise abgestellt donnert es laut und im nächsten Augenblick geht ein Regenguss nieder, dass man fast die andere Straßenseite nicht mehr erkennen kann. Was für ein Timing! Wir sitzen drinnen und beobachten das Schauspiel bei Kuchen und Getränken.

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Kaum sind wir fertig, klart der Himmel auf, der Regen ist vorbei. Wir stocken an einem Supermarkt noch unsere Vorräte auf, dann geht es zur Schwebefähre, die auch gerade abfahrbereit auf unserer Seite steht. Die etwas andere Fährfahrt ist nochmals eine nette Abwechslung, dann geht es zurück auf den Track, hinter Rendsburg allerdings ein kleines Stückchen nicht so schön, vermutlich hätten wir die andere Seite wählen sollen – aber auf die Fahrt mit der Schwebefähre wollten wir natürlich nicht verzichten.
Bis Kiel gibt es diverse Schiffe zu sehen, auch die ein oder andere Umleitung nehmen wir noch mit. Das Ende des Kanals ist bald erreicht, wir gehen in Kiel in die Jugendherberge. Abends gehen wir noch in der Nähe des Hafens essen, aber allzu spät wird es wie so oft auf Tour natürlich nicht.