Vorbereitungen auf Hochtouren

Hier war jetzt ja einige Zeit Ruhe – der Grund liegt nicht zuletzt darin, daß die Zeit vor der Reise langsam knapp wird und beruflich wie privat natürlich noch so einiges zu regeln war. Die Haustiere müssen versorgt werden, in der Wohnung wird gebaut, zwischendurch übernachten da auch Leute. So kommt eins zum anderen.

Auch am Rad und der Ausrüstung haben sich in der letzten Woche noch einige Änderungen ergeben. Am Rad wurde die Elektrik jetzt vollständig installiert und der Kabelwust gegen besser aufgeräumte Kabel mit jeweils mehreren Anschlüssen ersetzt. Das E-Werk hat seinen Platz unter dem Sitz gefunden, es gibt jetzt die Möglichkeit aus dem E-Werk wahlweise USB oder die Versorgung für den Minigorilla Pufferakku zu ziehen, ebenso kann die Solarzelle nicht nur den Minigorilla versorgen, sondern auch am E-Werk angeschlossen werden und so zum Beispiel das Laden von USB-Geräten aus der Solarzelle ohne Umweg über den Minigorilla ermöglichen.

Neben kleinen Ergänzungen meiner Ausrüstung (Rollspeichen, neue Socken) mußte ich – leider, so kurz vor der Fahrt – auch ein paar Änderungen an der vorhandenen Ausrüstung vornehmen. Der Ersatz des Bordwerkezeugs gegen ein vollständigeres, was nebenbei auch diverse Werkzeuge für Ausrüstung abseits des Rades umfaßt war sicher noch einer der unproblematischen Punkte. Leider zeigten meine Radschuhe in den letzten Wochen zunehmende Auflösungserscheinungen, so daß ich jetzt mit fast neuen Schuhen unterwegs sein werde. Dafür erfüllen die zwei Kriterien, die bei den alten nur mit zusätzlichen Hilfsmitteln zu erreichen waren: Sie sind wasserfest und wärmer als meine alten Pearl-Izumis. Daß sie etwas schwerer sind gleiche ich durch das weglassen von Neopren-Socken oder Gamaschen aus. “Gut getestet” geht allerdings anders.

Meine Routenplanung, die ich ja nach Tipps von Christoph aus Schweden, den ich auf dem Weg auch besuchen werde, ja im mittel- und nordschwedischen Bereich komplett auf die Befahrung der E45 (Inlandsvägen) umgestellt habe, ist jetzt weitgehend finalisiert. Im südschwedischen Bereich habe ich mir Tracks anderer Radfahrer zur Hilfe genommen und nebenbei noch in OSM anhand dieser Tracks (und der Verifikation auf anderen Karten) Straßen ergänzt, so daß dort auch mein Autorouting klappt.

Für das Säubern, die letzte Kettenpflege und das Testpacken steht meine Speedmachine jetzt im Wohnzimmer. Damit geht es jetzt in die heiße Phase. Zur Einstimmung gönne ich mir in dieser Woche wohl noch den Vortrag von Thomas Richter, der mit seiner Streetmachine um die Welt gefahren ist.

Mit Speed ins Lokalfernsehen

Nachdem ich heute nochmal auf dem Tempelhofer Feld war, um mich mit zwei anderen Liegeradlern zu treffen, einer auf einem Tieflieger-Eigenbau, der andere auf einem Hurricane und ich selbst mit dem M5, habe ich es doch glatt ins regionale Fernsehen geschafft!

Die Berliner Abendschau berichtete über die Nutzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof als Freizeitgelände und wir drei fielen wohl auf. Zu sehen irgendwo in der Mitte des Beitrags!

Projekt Nordkapp: Abfahrtstermin steht

Lange habe ich mir Zeit gelassen, die Überlegung gewälzt ob ich um der Symbolhaftigkeit direkt von meiner Haustür losfahre oder nicht. Strecken geplant, Material gesammelt, Ausrüstung verbessert. Und natürlich trainiert.
Heute habe ich die Fähre gebucht, die mich über die Ostsee bringt: Am Samstag, den 29.05.2010 nachts geht es von Rostock nach Trelleborg. Damit habe ich auch die Entscheidung getroffen, daß ich mit der Bahn nach Rostock fahren werde. Ich habe den Samstag vormitag um das Rad reisefertig zu packen, kann ohne Streß das Haus verlassen und vielleicht in Rostock noch einen kleinen Abschied mit Freunden feiern (ja, ihr, die Leser meines Blogs seid gemeint – siehe rechts unter “Meet Me“). Sonntag morgen um sechs Uhr in der Frühe rolle ich dann von der Fähre und dann geht es nach Norden. Das Wetter, die Strecke – vieles macht es schwer einzuschätzen, wie lange ich für die rund 2800 Kilometer von Trelleborg zum Nordkapp wirklich brauche. Orientiere ich mich an anderen Radfahrern, die diese Strecke halbwegs sportlich angegangen sind, sind drei Wochen zu schaffen. Durch den Abfahrtstermin gönne (auch gewissermaßen symbolische) 23 Tage, wenn ich die Sommersonnenwende am Kap verbringen möchte (von Einsamkeit dürfte dann da oben keine Rede sein!).
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Am Rad gibt es noch einige kleinere Änderungen. Das Steuerkopflager wird neu eingepaßt (HP hatte das Ersatzteil vorher noch nicht parat, sie haben ein Neues gebaut). Mein Händler hat mir für die Tour ein neues Hinterrad eingespeicht. Festere Speichen, bessere Nabe – und vor allem handgespeicht, gewalkt und mit hoher Speichenspannung nach meinen Wünschn, ich hatte es heute in der Hand und zum Einfahren kommt es natürlich in den kommenden Tagen ans Rad. Auch in Sachen Strom habe ich mit dem B&M E-Werk, einem größeren Pufferakku und der optionalen Möglichkeit per Solarzellen zusätzlichen Strom zu erzeugen nochmal kräftig im Gegensatz zum letzten Jahr nachgelegt. Eine neue Kamera, die wie fast der gesamte Rest meiner Technik mit AA-Zellen läuft liegt auch bereit. Eine Unmenge von Kleinigkeiten sind erledigt und besorgt, einiges wie Rollspeichen, fehlendes Werkzeug (in der reisetauglichen Variante) und etwas Kleidungsersatz steht noch auf dem Plan.
In dreieinhalb Wochen geht es los – ich kann das fast nicht glauben. Ich bin gespannt, aufgeregt. Aber die Angst vor dem Mammutprojekt ist der Vorfreude gewichen.

Spezi 2010 Special: Go-One Evo R

Vor einigen Wochen war ich in Straelen bei den Brüdern Beyss und habe ein Go-One Evolution probegefahren. Dort traf ich auch auf Daniel Fenn, amtierender Europameister in der vollverkleideten HPV (Human Powered Vehicle) Klasse. Daniel arbeitete zu diesem Zeitpunkt an einer Sonderversion des Go-One Evo, mit der er in diesem Sommer den Versuch starten wird, den 24-Stunden-Rekord von ca. 1120km zu brechen.

Diese Sonderversion ist auf den Renneinsatz zugeschnitten, soll aber kein reines Rekordfahrzeug werden, sondern eine gewisse Alltagstauglichkeit aufweisen und als Grundlage einer sportlichen Serienversion des Go-One Evolution dienen. Bei meinem Besuch in Straelen gab es noch nichts zu sehen, aber auf der Spezi gab es die Möglichkeit, einen Blick auf Baunummer 0, den Prototypen zu werfen, der allerdings noch recht speziell auf Daniel zugeschnitten ist.

Am Samstag abend war es soweit, auf dem Parkplatz zwischen Freigelände und Testparcours fand ich das Evo R uns seine Schöpfer, die Gebrüder Beyss und Daniel Fenn, vor. Direkt daneben stand das Evo Classic, eine ideale Situation um zunächst mal einen äußerlichen Vergleich anzustellen. Das Evo R hat eine sichtbar schmalere Silhouette, ist niedriger und liegt tiefer auf der Straße. Der äußere Eindruck ist deutlich sportlicher, auch wenn viele Veränderungen vor allem in nicht sichtbaren Bereich stattgefunden haben.

Neben fehlender bzw. minimaler Federung ist der Hauptanteil der massiven Gewichtsersparnis von mehr als 12kg in der besonderen Bauweise der Zelle, von einer reinen Verkleidung kann kaum noch die Rede sein, zu suchen. Carbon in Wabenbauweise ist nicht nur sehr leicht, sondern auch extrem stabil. Während man beim original-Evo beim Einsteigen penibelst aufpassen muß, wo man hintritt, ist der Boder des Evo R so fest, daß man nahezu beliebig einsteigen kann. Drückt man mit dem Finger auf die Außenhaut, so verformt sich die des Evo R nicht sicht- oder fühlbar, während jede andere Velomobilhülle empfindlich nachgibt.

Auch im Radkasten hat sich einiges getan: Die Form ist sehr eng an Rad und Reifen angepaßt, keine Laminatschicht ist dicker, als sie sein muß. Die Ansteuerung der Bremse verläuft nahezu gerade. Das verkleidete Rad sitzt bündig zur Verkleidung und mit einem so kleinen Spalt, daß ein geschlossener Radkasten keinen nennenswerten Vorteil mehr bringen würde – so wird das Evo R nicht breiter als nötig und hat dennoch die maximal mögliche Spurbreite, durch den Sturz der Räder ist die Spurbreite größer als die Breite des eigentlichen Mobils.

Nach den äußeren Eindrücken darf ich Platz nehmen in dem nur knapp mehr als 20 kg wiegenden Gefährt. Ich bin mit 1,90m Größe und meiner Schulterbreite an der obersten Grenze für den auf Daniel abgestimmten Prototypen. Daniels Tipp – er drückt mir eine Bierflasche in die Hand, die ich neben dem Sitz abstellen soll – hilft zwar, meine Schultern schmaler zu kriegen, ist aber eher scherzhaft gemeint, denn dann komme ich ja nicht mehr an den Lenker. Aber vielleicht ist das ja der versteckte Hinweis, warum Daniel über die Panzerlenkung nachdenkt. Derzeit gibt es die neue Scheibe für das Evo R noch nicht, die derzeit im Prototyp verbaute Scheibe ist flacher und engt so den bei meiner Schuhgröße ohnehin knappen Raum zum Treten zusätzlich ein. Dennoch kann ich auf dem Parkplatz mal ein, zwei Runden fahren. Sogar hier fällt sofort das deutlich geringere Gewicht auf, der Antritt ist viel leichter. Die Lenkung sehr direkt. Und ich komme problemlos um die engen Kurven des Parkplatzes.

Nach der kleinen Runde hebe ich das Evo R noch mal eben an – es ist nicht viel schwerer als meine Speedmachine. Anschließend demontiert Daniel eines der Räder und weiht uns in die Geheimnisse des neuen Radkastens und der speziellen Radaufhängung und Bremsansteuerung ein. Die Radverkleidungen sind nicht völlig glatt, begeistert läßt uns Daniel mit der Hand fühlen, wie wenig Luft diese in der Drehung mitreißen. Auf den Zungentest verzichten ich allerdings.

Am kommenden Morgen habe ich die Möglichkeit, eine etwas größere Runde zu fahren. Das Fahrgefühl ist deutlich anders als beim normalen Evo, zwar fehlt etwas Komfort durch die kaum vorhandene Federung, aber das geringe Gewicht und die unglaublich präzise und direkte Lenkung fallen positiv auf. Auch der Wendekreis des Evo R ist voll stadtverkehrskompatibel. Schon mit wenig Kraft kommt das Evo R auf gute Geschwindigkeit, die feste Außenhülle sorgt dafür, daß es im Innenraum leiser zugeht, als von anderen Velomobilen gewohnt.

Das Evo R in der derzeitigen Form ist sicher noch nicht das letzte Wort, laut Daniel gibt es noch einiges an Potential und ich bin mir sicher, er hat mit den Beyss-Brüdern noch einige Ideen in der Schublade, die umgesetzt werden wollen.

Und ich hab einen prima Tipp bekommen, woraus ich die Radverkleidungen für meinen M5 Lowracer bauen sollte. Wenn ich mir schon das Evo R, welches durch die aufwändige Bauweise weit über 10.000€ kosten wird, nicht leisten kann, dann nehm ich doch wenigstens etwas mit!

SPEZI 2010 Special: Troytec

Im Überblick

Erstmals auf der Spezi dabei war die junge Liegeradschmiede Troytec aus München. Hinter Troytec stehen allerdings keine unbekannten Namen, sondern Leute, die schon bei der Entwicklung des RazzFazz involviert waren und viele tausende Kilometer auf schnellen Liegerädern hinter sich haben. Nach jahrelanger Beschäftigung in der automobilen Rennwelt entstand mit Troytec ein Rückbezug auf alte Tugenden, ganz offenbar mit neuen Mitteln und Erfahrungen.

Schon im Vorfeld der Spezi hatte Troytec mit dem Tieflieger TTR_1.FORMULA im Internet einigen Wirbel verursacht: Die Carbon-Rennmaschine besticht durch ihr Design und die vielen Detaillösungen. Auf der Spezi trumpften die Münchner nun zusätzlich mit dem TTF_2.CITYSPEED auf, dem Prototypen eines alltagstauglichen Midracers, der sich auch im Stadtverkehr behaupten soll.

Das Konzept von Troytec ist dabei eine durchgehende professionelle Linie. Das beginnt mit den vielen Details am Rad und setzt sich bis zum passenden Trikot fort: Letzteres ist nicht nur ein normales farblich passend gestaltetes Rad-Trikot, sondern im Schnitt auf die Besonderheiten des Liegerades angepaßt. Keine störenden Taschen am Rücken, dafür leicht seitlich – und für Handy oder mp3-Player noch eine kleine Tasche am Arm. Etwas längeres Rückenteil, so daß es auf dem Liegeradsitz nicht hochrutscht. Dieses Konzept vertreten die beiden Entwickler des Troytec konsequent, sie denken jedes Detail bis zum Ende durch.

Der Lowracer TTR_2.FORMULA

Das Gerät macht einen schnittigen Eindruck, Design und Farbwahl sind aufeinander abgestimmt, selbst der Lenker ist in seiner Flügelform aerodynamisch optimiert. Carbon-Three-Spoke-Wheels und hydraulische Scheibenbremsen unterstreichen den Charakter des Rades. Am Lenker gibt es einen Tacho-Halter in gut sichtbarer Position, aerodynamisch günstig. Die Schalt- und Bremszüge werden im Rahmen geführt, dessen Lackierung optional den Namen des Fahrers am Hinterbau enthält. In der nächsten Version des Rahmens wird ein Halter für ein GPS vorgesehen sein, so daß auch dafür keine Bastellösung notwendig wird, sondern sich dieses nahtlos integriert. Das ganze Rad wiegt knapp über 8 kg, in der High-End-Ausstattung (TTR_1.FORMULA) sogar unter 8kg. Neben dem eigenen Namen auf der Rahmenlackierung unterstreicht auch das Badge mit der Baunummer am Rahmen den Anspruch.

Natürlich gewinnt Technik allein kein Rennen, dennoch bin ich gespannt, ob wir vielleicht in diesem Jahr schonmal ein Troytec auf einer Rennstrecke begutachten dürfen – Dominik Rodatus deutete an, daß man sich bei Troytec für einen guten Werksfahrer auch entsprechend engagieren würde, insofern kann ich mir gut vorstellen, daß wir da vielleicht in absehbarer Zeit in interessantes Duo aus Fahrer und Maschine am Start haben könnten. Ich hab jedenfalls im Gespräch meinen Favoriten geäußert und lasse mich überraschen, ob es da ein Dreamteam geben wird.

Der Midracer TTF_2.CITYSPEED

Der Midracer stellt die alltagstaugliche Version dar. Bisher ist das ganze in einem relativ frühen Prototypen-Stadium, enthält aber bereits viele sehr interessante Konzepte. Das Rad ist vollgefedert, hat eine anpaßbare Sitzneigung, verkleidete Räder und optional eine Elektronunterstützung (bis 25 km/h) in der Hinterradnabe. Besonderer Clou hierbei: Durch die Radverkleidung und im Rahmen geführte Kabel sieht man dem Rad den Zusatzantrieb nicht an. Die Akkus werden in Trinkflaschen hinter dem Sitz versteckt. So kann man das sportlich-aggressive Aussehen des Rades mit beeindruckenden Ampelsprints unterstreichen, obwohl nach dem Winter vielleicht noch gewisse Trainingsrückstände zu verzeichnen sind.

DieKettenführung ist geradlinig und über dem Vorderrad ausgeführt, vorne besticht das rad durch eine luftgedämpfte Parallelogramfederung, hinten durch einen zwischen den Schwingenarmen versteckten Dämpfer. Auch hier werden wieder alle Züge im Rahmen verlegt und es wird wohl auch noch einen dem Lowracer ähnlichen Lenker geben (der auf den Bildern sichtbare ist nur eine Übergangslösung).