Manche Dinge können so nicht stehenbleiben

Als vor einigen Wochen das erste halbwegs schöne Wetter eine Fahrt nach Brandenburg und am folgenden Tag eine nach Lutherstadt Wittenberg ermöglichte, war die Freude etwas getrübt, weil Micha leider nicht bis Wittenberg mitkommen konnte. Blauer Himmel, glatter AsphaltManche Dinge kann man so nicht im Raum stehen lassen – und so nahmen wir die Gelegenheit wahr, am Sonntag, dem ersten mit ansatzweise zweistelligen Temperaturen in Berlin in diesem Jahr, die Tour zu wiederholen und komplett zu kriegen.

Um 11:30 Uhr trafen wir uns am Teltowkanal. Ich war viel zu warm angezogen und verstaute erstmal meine Softshell-Jacke und die langen Beine der Überhose in der Tasche. Mit bestem Wetter und bester Laune ging es dann zügig los. Während wir im Nahbereich Berlins vereinzelt noch von gestressten Autofahrern genervt wurden, trafen wir danach auf sehr viele Radfahrer, aber auch die motorisierte Zweiradfraktion beendete wohl die Winterpause an diesem sonnigen Sonntag.

Feldküche: Warmer Snack am WegesrandRings um Berlin gab es nur Schneereste zu sehen, wo der Schnee zu großen Haufen zusammengekehrt worden war, weiter draußen jedoch gab es vereinzelt an schattigen Plätzen neben der Straße oder im Wald noch kleine Felder zu sehen. Wo der Wind darüber bließ, spürte man die Kälte von unten schon noch, ansonsten wärmte eher die Sonne von oben.

Zwischen Tremsdorf und Fresdorf, wo wir beim letzten mal den Kocher auspackten und unser Mittagessen zu uns nahmen, fuhren wir diesmal vorbei, darüber scherzend, daß das Restaurant zwar nett gewesen sei, wir aber diesmal ein anderes ausprobieren wollten. Zudem war für Micha dann hier auch der Bann gebrochen, denn das war die Stelle, wo wir uns getrennt hatten und er nach Trebbin zum Bahnhof gefahren war.

Fläming Skate

Zwischen Kemnitz und Bardenitz entschieden wir uns dann aber doch, etwas gegen den drohenden Hunger zu tun und suchten uns neben der Straße ein freies Plätzchen, wo wir unsere Nudeln zubereiten konnten. Leider war Micha wegen einer nicht ganz verschlossenen Flasche ein Teil meines extra zubereiteten Powerdrinks in der Tasche ausgelaufen, so daß er nichts Warmes zum überziehen hatte, aber am Kocher, bei Sonne und warmem Tee war das kein dringendes Problem. Wir ließen es uns schmecken, dann ging es weiter. Essenspausen mit Kocher haben sich als durchaus praktisch erwiesen, weil man sie dann machen kann, wenn man sie braucht, unabhängig von Öffnungs- und Küchenzeiten ist – und es letztlich auch relativ schnell geht.

Von dem Streckenabschnitt mit dem Kopfsteinpflaster, auch wenn dieses recht harmlos ist, abgesehen ging es dann sehr komfortabel auf äußerst ruhigen Landstraßen weiter, bis wir auf dem Fläming-Skate einbogen, den wir über ein paar Kilometer mitnahmen.

Fläming Skate - teils noch mit Schnee

Ich war mir relativ sicher, nachdem die Strecke beim letzten mal relativ frei war, daß auch diesmal keine allzu großen Probleme mit Schnee auftreten sollten – allerdings war es doch merklich mehr als beim letzten mal. Und so gab es immer wieder mal ein paar Meter, wo wir sehr vorsichtig fahren mussten oder gar schieben.

Der Abschnitt im Wald nach Zahna-Elster war dann ziemlich verschneit, frei waren nur zwei Fahrspuren von vielleicht 30cm Breite, die wir dann nutzten. Immer schön mit 25km/h gleichmäßig fahren, da ist man so schön stabil. Und bloß nicht schlenkern!

Ab Zahna-Elster entschieden wir uns für die L126, der ausgeschilderte radweg berlin-Leipzig ist als Umfahrung an dieser Stelle völlig unbrauchbar, es handelt sich um einen nicht asphaltierten, holprigen und bei feuchtem Wetter matschigen, im Sommer unter Umständen sandigen Weg. Die L126 ist, zumindest am Sonntag Nachmittag, nicht allzu befahren. Zwar keine schöne Strecke, aber man kommt die letzten paar Kilometer bis Lutherstadt Wittenberg zügig und relativ problemlos voran.

Lutherstadt Wittenberg: MarktplatzUnser erster Weg führte uns zur Elbbrücke – wenn ich aus Berlin zur Elbe oder zur Oder fahre, dann möchte ich diesen Fluß auch sehen. Wir erreichten die mitte der Brücke gegen 17 Uhr, waren also trotz Pause recht gut  durchgekommen. Nach ein paar Fotos fuhren wir in die Innenstadt, die Kirchentür mit Luthers Thesen war diesmal sogar nicht durch die Baustelle verdeckt. Anschließend aßen wir im Café am Markt noch ein Stück Kuchen (also jeder eines, für die Sprachpedanten unter uns).

Da wir noch Zeit hatten, bis der RE nach Berlin fuhr, setzten wir uns noch in eine gut geheizte Pizzeria, aßen eine Kleinigkeit und konnten dann gemütlich mit dem Zug wieder zurückfahren.

Saisonstart 2: Lutherstadt Wittenberg

Nach der wunderbaren Tour am Samstag nach Brandenburg an der Havel war die Lust groß, auch am Sonntag noch einmal das schöne Wetter auszunutzen. Und so nahm ich aus meiner virtuellen Planungskiste die Tour nach Lutherstadt Wittenberg, modifizierte sie in Anbetracht der gerade gestarteten Saison um ein paar Ausstiegspunkte in der Nähe von Bahnhöfen und verabredete mich abermals mit Micha.

image

Der Sonntag Morgen grüßte allerdings zunächst in fadem Grau. Da die Wettervorhersage aber ab Mittag eine aufbrechende Wolkendecke und abflauenden Wind prophezeite, konnte das die Motivation nur kurzfristig drücken. Um 11:30 Uhr trafen wir uns am Teltowkanal in Kleinmachnow, von wo es auf der Radweit-Strecke Berlin-Leipzig in Richtung Süd-Südwest geht. Die Strecke geht häufig durch bewaldetes Gebiet, so daß der Wind nicht so heftig zu bemerken war.

Leider begann Micha die Auswirkungen des vorigen Tages schon bald hinter dem Berliner Ring zu spüren. Hinter Tremsdorf mussten wir pausieren und packten auf einem Feld den Kocher aus. Während wir die Nudeln kochten, kam dann auch langsam ein wenig die Sonne raus, so daß wir gemütlich in unserer windstillen Ecke sitzen und das Mittagessen genießen konnten.

Leider nutzte auch die Pause nichts, so daß wir uns hier trennten – während Micha nach Trebbin fuhr, um mit dem RE nach Berlin zurück zu fahren, setzte ich meinen Weg nach Lutherstadt Wittenberg fort. Die Straßen waren leer und trotzdem auch ich meine Beine spürte, kam ich gut voran. Mehr und mehr klarte es auf, die Sonne brach immer häufiger durch die Wolken.
image

Ein paar Passagen der Radweit-Strecke sind leider mit (zum Glück nicht sehr grobem) Kopfsteinpflaster ausgestattet, natürlich ging es dort dann meist sanft bergan und auf offener Landschaft gegen den Wind.

Entlohnt wurde ich dann mit einem schönen Radweg hinter Blönsdorf bis Zahna-Elster. An der Einfahrt nach Wittenberg muss ich allerdings nochmal feilen, die ist zwar fahrbar, aber ich finde sie zieht sich etwas.

Für das Zielfoto steuerte ich dann direkt auf die Schloßkirche zu, die leider derzeit mit einem Baugerüst umgeben ist, so daß ich an die berühmte Tür mit den Thesen nicht herankam. Nach einem stärkenden Abendessen konnte ich es mir nicht nehmen lassen, noch kurz einen Blick auf die Elbe zu werfen. Mit der Bahn fuhr ich dann zurück nach Hause.

Ein Saisonauftakt mit 220km an zwei Tagen steckte mir dann auch in den Beinen, aber es fühlte sich gut an. Besonders die warme Dusche.

Saisonstart 1: Brandenburg (Havel)

Nach einem gefühlt ewigen, vor allem aber grauen Winter, der nicht nichtmal richtig schönes Winterwetter mit zugefrorenen Seen und ordentlichem Schnee zu bieten hatte, sondern meist nur Matsch um die 0°C, da sind ein paar heitere Tage um die 5°C Anfang März ein echter Lichtblick – im wahrsten Sinne des Wortes – und das dann auch noch am Wochenende!

image

Für den Samstag legte ich mir keinen besonderen Plan zurecht. Ich traf mich mit Micha, als fester Wegpunkt stand Seeburg kurz vor der westlichen Stadtgrenze auf dem Plan, weil er dort etwas abzuliefern hatte. Wir legten uns kurz zurecht, via Krone und Willi zur Heerstraße und dann über den Weinmeisterhornweg nach Seeburg zu fahren. Dann sollte es rausgehen am B5 Radweg bis Elstal und dann mal sehen, wohl über Potsdam zurück. Keine Routenplanung, die Strecken kennen wir auch so.

Auf dem Kronprinzessinnenweg kamen uns – erwartungsgemäß – schon viele Rennräder entgegen, auf der Havelchaussee hielt es sich erstaunlicherweise in Grenzen. Wir kamen trotz der langen Winterabstinenz vom Liegerad den Willi gut hoch, fuhren über die Angerburger Allee auf die Heerstraße (Postfenn ist doch zu flach). Auf der Heerstraße stellten wir fest, daß der „Radweg“ über die Brücken nach wie vor gefährlich und unbrauchbar ist, so daß einzig das Ausweichen auf die Straße in Frage kommt. Da es hier bergab geht und eh nur 30 erlaubt sind, stellt das auch kein Problem dar.
image

Auch der Weinmeisterhornweg ist weiterhin löchrig, für das kurze Stück auf der Wilhelmstraße lohnt sich der Seitenwechsel auch nicht. Der begleitende Radweg auf der Straße nach Seeburg ist dann aber prima fahrbar und geräumt (oder er wurde nie gestreut – jedenfalls ist er sauber).

Neben der B5 ist zwar ein größtenteils brauchbarer Radweg, das fehlende Stückchen bei Dallgow-Döberitz wird gerade gebaut (und ist somit Baustelle, die wir schiebend, aber nach Beschilderung legalerweise durchqueren) … allerdings ist das Fahren neben der autobahngleichen Bundesstraße nur bedingt erholsam. Der Weg soll uns auch nur bis Elstal, genauer zum B5-Outlet-Center, einem künstlichen Shopping-Dorf bringen, wo wir uns erstmal Crêpes gönnen.

Ich weiß nicht ob im Scherz, aber zumindest musste er ahnen, daß ich dergleichen ernstnehme, schlug Micha dann vor, daß wir auch nach Brandenburg fahren könnten. Ich lasse mein GPS die Route berechnen, verifiziere, daß sie auf einem brauchbaren Weg läuft und wir fahren los. Zwar wissen wir nicht genau, ob die Fähre in Ketzin schon fährt, aber wir lassen es einfach mal drauf ankommen – und werden belohnt: die Fähre hat aufgrund des schönen Wetters ihren Betrieb aufgenommen, so daß wir auf den Havelradweg wechseln können.

image

Der lange Weg war nicht geplant und außer meinem selbstgemachten Cola-Gel haben wir kaum etwas dabei. Natürlich haben die ohnehin wenigen Gaststätten am Weg natürlich auch allesamt noch zu. Und so wird es eng mit der Energie, die früheste Einkaufsmöglichkeit ist erst kurz vor Brandenburg. Trotzdem beschließen wir, den Aussichtsturm Götzer Berge zu besuchen. Das impliziert, daß wir auf Waldwegen, teils Plattenwegen, eine recht passable Steigung überwinden und dann noch ein paar Meter durch den Sand schieben. Die wechselnde Belastung, gerade beim Schieben, ist aber nicht unbedingt schlecht für die nach der langen Liegeradpause angestrengten Knie.

Ein weiter Blick über das Havelland, dann geht es schon weiter. Die Abfahrt ist nicht ganz ohne, danach geht es dann wieder gegen die steife Brise aus West an. Das Einkaufszentrum erreichen wir mit letzter Kraft und versorgen uns für die letzten 5km bis in die Innenstadt mit Müsli- und Schokoriegeln sowie der Information, wo wir etwas passendes essen können.

Nach dem Essen geht es dann rüber zum Bahnhof und mit dem RE zurück nach Berlin. Da der Tacho bei mir 91km zeigt, entscheide ich mich, schon in Wannsee auszusteigen und den Hunderter noch voll zu machen. Micha schließt sich mir an und so wagen wir noch einen gemeinsamen Ritt über die dunkle Krone – das Thermometer zeigt 0°C, aber die Vorfreude auf eine warme Dusche und natürlich der erste frühlingshafte Liegeradhunderter in diesem Jahr lassen das schnell vergessen.

Nachtrag: Video zur Jura-Tour

Im Mai fuhr ich meine erste Berg-Tour – es ging durch das Jura. Seitdem lag bei mir eine Menge Videomaterial, bei dem ich nie dazu kam, es zusammenzuschneiden. Bedingt durch meine krankheitsbedingte Auszeit der letzten Wochen hatte ich die Gelegenheit, das alles nochmal zu sichten und all die schönen Abfahrten auf den kleinen und ruhigen Straßen nochmal zu erleben. Zugegebenermaßen sind die langen Abfahrtssequenzen vielleicht nicht jedermanns Sache, ich bin also nicht gekränkt, wenn jemand das Video nicht bis zum Ende schaut. Aber vielleicht hat der ein oder andere ja doch Spaß dran.

Diverse Abfahrten habe ich schon ganz rausgelassen, die enthaltenen sind gekürzt – von der Abfahrt vom Col du Marchairuz habe ich gerade  mal ein Drittel verwendet. Also ich habe mich schon rangehalten, die Sache halbwegs zu straffen.

Nachschlag: Video zur Deutschland-Tour

Die Deutschland-Tour mit Michael ist ja schon ein wenig her, trotzdem lag noch immer eine Menge Videomaterial von der Tour rum. Und mit etwas Ruhe bin ich dann mal dazu gekommen, das zusammenzustellen. Viel Spaß beim Ansehen. Ich warte derweil weiter darauf, daß ich wieder aufs Rad darf!

„>Deutschlandreise 2012