Nachts waren Gewitter über die Region gezogen, im weiteren Umkreis gab es auch Unwetterschäden, die den Bahnverkehr beeinträchtigten – wenn auch nicht auf unserer Strecke. In Trier war es grau, kühl, aber trocken.
Wir liessen uns Zeit beim Frühstück, danach packte ich meine Sachen und wir checkten aus. Micha lief in die Stadt runter, ich fuhr. Wir trafen uns an der Porta Negra. Nach ein paar Fotos ging es weiter zum Marktplatz, wo wir uns noch in ein Cafe setzten und etwas tranken.
Der Bahnhof war nicht weit entfernt und wir liefen gemeinsam rüber, mit einem Abstecher zum Dom, und waren frühzeitig da. Die Streckensperrung in Richtung Koblenz hatte großes Chaos auf dem Bahnsteig zur Folge, ich war halbwegs beruhigt, als sich die Horde Radfahrer dann in einen anderen Zug begab. Anschließend kam auch unser Zug nach Köln, dort waren wir im Rad-Abteil alleine, auch sonst hielt sich der Füllgrad in Grenzen.
Auf dem Weg nach Köln läuft entlang der Strecke über viele Kilometer ein gut ausgebauter Radweg, den es sich sicher nochmal zu inspizieren lohnt. Es könnte ein nettes Teilstück zum Beispiel auf einer Fahrt zur SPEZI sein.
In Köln hatten wir einen eineinhalbstündigen Aufenthalt, den wir wegen fehlenden gastronomischen Angebots an Bord des ICs nach Berlin für ein Mittagessen nutzten. Das Radabteil des IC war halbwegs leer (zumindest in Köln), ich konnte die Speedmachine an den in der Ecke befindlichen Haken hängen, so daß sie aus dem Weg war. Denn vor Hannover wurde es immer voller. In Hannover leerte sich der Zug dann aber auch wieder. Wir kamen nahezu pünktlich in Berlin Südkreuz an, von dort fuhr ich die wenigen Kilometer nach Hause, wo ich um Viertel vor elf abends ankam.
Trotz der langen Pausen, die der Zug nachts auf Abstellgleisen macht, hatte er es nicht geschafft, die 20 Minuten Verspätung aufzuholen, sondern hatte eine gute Stunde Verspätung.
Da das Personal sich nicht genötigt sah, mehr als die nächsten Stationen durchzusagen und sonst abgetaucht war, standen viele Leute aussteigebereit viel zu früh im Gang. Vom Gerumpel der Taschen und den Gesprächen der Leuten wurde ich lange vor dem Wecker wach und hatte noch mehr als zwei Stunden Zeit bis zum Aussteigen.
In Luxemburg wollte ich einfach nur raus und weg. Micha wartete in Trier auf mich, er holte mich ab, um die gemeinsam gebuchte Rückreise mit Radreservierung nicht verfallen zu lassen. Er hatte mir einen Track nach Trier fertig gemacht, den ich aufs GPS geladen hatte und so konnte ich einfach losfahren. Luxemburg machte einen netten – aber in den Innenstadt auch vollen – Eindruck, doch ich hatte irgendwie kein Auge dafür und sah zu, daß ich so schnell wie möglich aus der Statd heraus kam.
Durch Luxemburg ging es durch eine hügelige Landschaft auf kleinen Wegen und Straßen bis Wasserbillig, wo ich die Grenze nach Deutschland passierte und an die Mosel kam. Ab dort ging es dann auf dem schön ausgebauten Flussradweg nach Trier. Micha erwartete mich dort an einer Brücke, allerdings zu Fuss. Wir gingen gemeinsam erstmal in die Innenstadt, wo wir assen und tranken, dann fuhr ich zum Hotel, während Micha lief. Als ich gerade eingecheckt hatte und das Fahrrad verstaute, kam er auch schon angelaufen.
Nachdem ich mich geduscht und umgezogen hatte, machten wir einen kleinen Spaziergang mit Blick über das Tal und einer Portion Kuchen, abschließend noch zum Supermarkt und dann zurück zum Hotel. Wir schauten die Bilder der Fahrt an und quatschten noch eine Weile, dann gingen wir auf die Zimmer und schliefen.
Bis auf die wenigen Kilometer über den Berg nach Frankreich stand mir heute nichts mehr bevor, insofern begann der Tag ohne Wecker und ohne größeren Plan. Nach dem Frühstück ging ich kurz zum Supermarkt und kaufte noch etwas zu trinken für den Tag.
Da ich bis um 12 Uhr das Zimmer räumen musste, ordnete ich noch einige Dinge, packte meine Sachen und ging dann erst einmal zum Hafen und anschließend einen Salat essen. Ein wenig spazieren gehen, ein wenig einfach sitzen und die warme Seeluft und die Sonne genießen – der Tag war sommerlich.
Ich schlüpfte dann noch in die Badesachen und ging im Meer schwimmen, ein Spaß bei den Wellen. Als ich nach dem Umziehen im Hotel und dem Einkaufen von Essen und Getränken für die Fahrt dann noch im Restaurant essen wollte, stellte ich fest, daß es auch hier in Spanien eine kurze Zeit gibt, wo die Küche zumacht. Allerdings war es kein Problem, dann noch Bars zu finden, die Sandwiches, Pizza und ähnliche Dinge boten, mit denen ich mich noch einmal gut sättigen konnte, bevor ich nach Cerbère fuhr und in den Zug stieg.
Schließlich holte ich Taschen und Rad von Hotel ab und fuhr über den Pass nach Cerbère. Oben machte ich ein Gedenkfoto, dieser Pass war vor drei Jahren mein erster „Pyrenäenpass“, vorsichtig ausgedrückt. Und eigentlich steht auch noch eine Tour Anschlusstour weiter in den Süden aus.
Durch den Wegfall der Verbindung nach Cerbère ab kommendem Jahr wird es allerdings schwierig, mit der Bahn hier her zu kommen und auch irgendwie wieder zurück. Und Liegerad und Flugzeug geht, aber ich streube mich immer etwas vor dem Aufwand und den Risiken.
Am Bahnhof war ich jedenfalls viel zu früh. Ich versicherte mich, daß der Zug meinen Wagen und das Radabteil hatte und rollte dann nochmal in den Ort. Eigentlich wollte ich noch einen Salat essen, wegen der eher langsamen Bedienung verlegte ich mich dann aber auf eine Crema Catalana. Danach ging es wieder hoch zum Bahnhof und ich sicherte die Speedmachine im Radabteil und verzog mich in mein Schlafwagenabteil. Es war relativ klar, daß ich wohl wieder Glück hatte und mein Abteil für mich hatte. Kurz hatte ich noch Bedenken, als der Zug Verspätung bekam und das Personal anfing Leute aus anderen Wagen auf Abteile in meinem Wagen zu verteilen, doch ich blieb allein. Somit hatte ich Ruhe und genügend Platz.
Da der Zug sonst keine großen Attraktionen bot und es draußen mittlerweile stockduster war, ging ich dann auch bald schlafen.
Platja d’Aro ist so ein richtig quirliger Touristen-Mittelmeerort, ich war hier vor drei Jahren auf dem Weg nach Barcelona schon einmal hängen geblieben. Mein Hotel war OK – aber auch groß. Das Frühstücksbuffett mit den vielen Menschen ging mir auf die Nerven.
Viele Kilometer standen mir heute nicht bevor, ein paar Höhenmeter – aber nicht vergleichbar mit den Pyrenäen. Also liess ich es ruhig angehen. Was mir allerdings nach einem kurzen Abstecher auf ruhige, bergige und kurvige Landstraßen des Hinterlandes bevorstand war die Ebene von Figueres. Meine Erinnerungen an diese Ebene von vor drei Jahren: Heiss, langweilig, große Straßen. Und meine Erinnerungen täuschten mich nicht. Lachen musste ich nur später beim Lesen meines eigenen Blogbeitrags aus dieser Zeit – die exakt gleiche Erfahrung wie dieses mal: Ungewöhnlich häufig für spanische Verhältnisse wurde ich eng und gefährlich überholt. Und es waren durchgehend deutsche Kennzeichen. Manche Dinge ändern sich nicht.
In Roses am Rande des Naturschutzgebietes machte ich Halt für ein Mittagessen. Anschließend ging es in den Aufstieg von 290 Metern. Ich hätte Zeit und Gelegenheit gehabt, diesmal nach Cadqués abzubiegen, aber es reizte mich nicht. Die letzte Etappe einer Tour kennt nur noch ankommen. Ich freute mich darauf, in Portbou gemütlich am Meer zu sitzen mit einem Glas Rotwein und etwas Jamon Iberico, dem hervorragenden spanischen Schinken. Also fuhr ich auch diesmal an der Abfahrt zu dem kleinen, angeblich schönen, Küstenort vorbei. Irgendwann einmal werde ich es dorthin schaffen.
Jetzt folgten die Küstenstraße hier an der Costa Brava, ständig ein wenig auf und ab, immer wieder tolle Ausblicke auf die wunderschöne Küste. Nur kurz vor Portbou würde es noch einmal auf 200 Meter hoch gehen, denn durch den Tunnel wollte ich nicht fahren: der Ausblick auf die kleine Stadt mit dem riesigen Bahnhof, wenn man die Straße über den Pass nimmt ist einfach wunderschön.
In Portbou duschte ich im Hotel, dann gönnnte ich mir Rotwein, Jamon und Meerblick. Nach einem kleinen Spaziergang musste ich zunächst meine Sachen trockenlegen und mich umziehen – es stand noch immer eine große Welle auf den Felsen – bevor ich dann am Hafen ein Abendessen zu mir nahm. Ich war müde und so schlief ich schnell ein, nachdem ich wieder zurück im Zimmer war.
In der Nacht war ich erst aufgewacht, weil ein Gewitter laut donnernd durchzog, morgens vor dem Wecker, weil Hunde lautes Gebell anstimmten, als die Sonne aufging. Insofern war die Nacht etwas kurz.
Die Freuden eines ordentlichen Frühstücksbuffets liess ich mir nicht entgehen, speziell, da mir nach dem Losfahren als erstes eine kräftige Steigung bevorstand. Noch einmal ging es auf über 1800 Meter hinauf, dann wählte ich eine kleine Strasse in wunderschöner Landschaft für die erste Abfahrt nach Planes, bevor ich wieder auf die Nationalstrasse stieß und bis Ripoll weiter eine schöne Abfahrt genießen konnte.
Ab Ripoll folgte ich erst einem Bahnradweg, bis ich diesen verliess und ohnehin für meinen letzten Pyrenäenpass nochmal einen Aufstieg auf knapp über 1000 Meter anging. Von dort folgte eine wunderschöne Abfahrt über sanfte Kurven und mit mäßigem Gefälle, so daß ich wenig bremsen musste, trotzdem aber eine gute Geschwindigkeit bekam.
In Olot fuhr ich auf den Bahnradweg auf, der mich an die Küste bringen sollte. Wie erwartet, war dieser nicht asphaltiert, das war anfangs aber unproblematisch. Leider liess die Qualität bald nach. Regen war vor mir durchgezogen und hatte den Radweg teilweise in eine Matschwüste verwandelt. An einer Sperrung verliess ich den Weg und folgte fortan der Straße. Wegen eines leichten Gefälles kam ich sehr schnell voran.
In Salt bzw. Girona versuchte ich es nochmal mit dem Radweg, gab aber bald genervt auf. Selbst die relativ befahrene Straße war allemale angenehmer zu fahren, zumal in Spanien die Straße kein Kriegsgebiet ist. Irgendwann machte ich eine Pause – die Straße wurde zu einer Art ausgebauter Bundesstraße. Ich hatte Bedenken, dort aufzufahren. Aber zum einen gab es wenig Alternativen – außer den matschigen Radweg – zum anderen verbot kein Schild die Auffahrt. Die Spanier überholten langsam, in weitem Bogen, selbst wenn ich auf dem (nicht allzu breiten, aber OK) Randstreifen fuhr. Und sie empfanden es offenbar als das normalste der Welt, daß dort auch Radfahrer unterwegs sind. Wenn gehupt wurde, dann freundlich, mit Daumen hoch und breitem Grinsen. Kein einziger reagierte genervt, selbst wenn er mal kurz hinter mir warten musste (enges vorbeidrängen kommt für Spanier nicht in Frage).
Irgendwann allerdings wurde die Straße dann zur Autobahn, gesperrt für Radfahrer – selbst auf den paar hundert Metern um eine Ausfahrt weiter zu kommen reagierte niemand sauer! – und ich musste auf den Radweg ausweichen, der hier halbwegs fahrbar war. Ich konnte ihn nach wenigen Kilometern verlassen und fuhr auf einer Straße nach St. Feliu weiter und dort erstmal für den obligatorischen Tweet auf die Mole.
Da St. Feliu nur einen kleinen Strand hat und ich im Mittelmeer baden wollte, suchte ich mir ein Hotel im nächsten Ort, Platja d’Aro. Platja heisst Strand – und davon haben sie hier auch einen ziemlich großen. Dieser liegt allerdings im Gegensatz zur Bucht von St. Feliu ungeschützt – und so traute ich mich abends allein im letzten Licht doch nicht in die tosende Brandung, die mir schon kniehoch fast die Beine wegriss.
Wenigstens war ich von der Gischt nass, zählt also auch als Bad. Nach einer Dusche im Hotelzimmer suchte ich mir ein Restaurant in der Nähe. Auf die Buffetschlacht in meinem Hotel (mit Alleinunterhalter, ihr dürft Euch das begeisterte Publikum vorstellen) hatte ich wenig Lust. Die Entscheidung war sehr gut, ich bekam zu Wellenrauschen sogar eine Paella sserviert (normal gibt es die erst ab zwei Personen).