Mai ’13: Norden – Dangast

Am Morgen war es angenehm warm im Zelt, denn wir hatten den Platz so gewählt, daß die morgendliche Sonne direkt auf unsere Zelte schien und der Plan war aufgegangen. 15°C zeigte das Thermometer, eine Temperatur, bei der es nicht so schwer fällt, aus dem Schlafsack zu kriechen. Morgenwäsche, Sonnencreme, Taschen packen. Die Zelte ließen wir zum Trocknen noch stehen, als wir im Campingplatz-Supermarkt ein kleines Frühstück besorgten. Dann ging es zurück auf den Deich.

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Der Wind kam aus östlichen Richtungen, mindestens gute 3 Bft, aber vermutlich stärker, kam er genau von vorn. Solange wir auf der Deich-Innenseite fuhren ging es noch halbwegs, aber über diverse Kilometer führte der Track auf die Außenseite, wo wir auf der schrägen Asphaltpiste gegen den Wind anpedalierten. Als wir an irgendeiner Stelle auf den Weg hinter dem Deich wechselten, folgte die Strafe schon nach 2 Kilometern: Statt zu öffnenender Gatter gab es hier nur die Tritte, um über die Schafszäune zu klettern – mit vereinten Kräften hoben wir die bepackten Speedmachines über den Zaun und kehrten reumütig auf den Track auf der Außenseite des Deichs zurück.
Wo wir innen fahren konnten, fühlten wir uns dann gleich ganz heimisch. Inklusive eines auf dem wirklich schmalen Weg drängelnden Autofahrers, der auch noch hupte, als wir wegen einer nahen Begegnungsstelle auf dem Weg die Straßenseite wechselten. Wäre der neben uns vorbeigefahren, da wären keine 30cm Platz gewesen – und das bei dem Wind.

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Der Gegenwind zehrte an den Kräften, so daß wir nach etwas mehr als 25km Pause in Dornumersiel machten ud uns mit einer Suppe und viel Flüssigkeit stärkten. Denn wowohl das Thermometer „nur“ 17°C bis 18°C zeigte und der Wind ordentlich blies, war es in der Sonne sehr warm, bestes Wetter um endlich kurzärmlig unterwegs zu sein.
Weiter ging es dann bis Carolinensiel, wo wir eine weitere Pause einlegten um die Öffnung der Apotheke abzuwarten, denn Micha musste ein paar Medizinvorräte auffüllen. Die Apotheke war bald leergekauft und wir planten spontan um und fuhren in Richtung Jever, um einer weiteren anstrengenden Gegenwindpassage am endlosen Deich zu entgehen. Abwechslung auf der Landstraße und Seitenwind taten gut, der Wind drehte sogar leicht nördlich, so daß wir Rückenwind genießen konnten. In Jever stockten wir die Vorräte auf, putzen die Räder notdürftig von Staub (und Salz) und prüften an einem Fahrradladen mit einer ordentlichen Pumpe den Reifendruck – meiner war nach mehr als einer Woche Tour noch immer perfekt, bei Micha musste der Hinterreifen nachgefüllt werden – Schwalbe-Schlauch ohne die nötige Behandlung mit dem „A“ eben (die wir aber mittlerweile durchgeführt hatten).

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Ca. 15km hinter Jever stießen wir bei Sande wieder auf den geplanten Track, diesem folgten wir mit relativ guter Geschwindigkeit bis Dangast, wo wir dann direkt am Track hinter einer Kurve unvermittelt vor einem Campingplatz direkt vor dem Deich (hoffentlich kommt keine Sturmflut!) am Jadebusen standen. Obwohl wir nur knapp 100km hinter uns hatten, weil der Wind so gezehrt hatte, entscieden wir einstimmig: Das ist es für heute Nacht. Denn die Temperatur war mittlerweile auf gute 20°C geklettert und auch die Vorhersage sprach für eine weitere Nacht im Zelt.
Während die Waschmaschine lief, gingen wir gemütich im nahen Hotel essen und waren nicht allzu spät im Zelt, um zu bloggen und von den heutigen Abenteuern zu berichten – und natürlich auch, weil wir müde waren und früh schlafen wollten.

Mai ’13: Warffum – Norden

Die Sonne weckte uns sanft am Morgen, als sie ins Zimmer schien, aber schon während wir unsere Sachen packten, wurde es dunstig und zog sich etwas zu. Dennoch genossen wir unser Frühstück, reichhaltig wie immer. Zum Abschied lernten wir noch den verspielten Hund des Hauses kennen, dann fuhren wir zurück auf unseren Track an der Küste.

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Wieder Massen von Schafen, das Blöken geht einem kaum aus dem Kopf. Vor uns im Dunst taucht dann aber irgendwann Eemshaven auf, ein großer Industriehafen mitten in der Landschaft. Der Wind hatte mittlerweile auf Süd-Südwest gedreht, so daß wir auf den südlicher verlaufenden Strecken Gegenwind hatten, vor allem also zwischen Eemshaven und Delfzijl. Wir kürzen ein kleines Stückchen ab, viel geht aber nicht. Auch können wir nur noch hinter dem Deich fahren, da auf der Außenseite meist verschlossene Tore oder Gatter sind – oder einfach zu viele davon.

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Delfzijl selbst ist auch im wesentlichen Industriehafen und daher entsprechend geprägt, wir durchqueren den Ort nur, dann geht es am Dollart entlang hinter dem Deich weiter. Wir kennen die Fährzeiten von Ditzum und wollen versuchen, die 14-Uhr-Fähre noch zu bekommen, also drehen wir die Geschwindigkeit ein wenig höher und machen weniger Pausen.
Es funktioniert, wenige Minuten vor Ablegen der Fähre, die alle volle Stunde verkehrt, erreichen wir Ditzum und kriegen noch einen Platz auf dem kleinen und recht vollen Boot. Die Überfahrt ist eine kurze Pause – nach gut 90km nur mit Frühstück steht uns der Sinn nach einem ordentlichen Mittagessen. Am Fähranleger nach der Überfahrt gibt es leider nur ein kleines Café, wo wir nichts brauchbars kriegen können – und so geraten wir nach Tagen der Verwöhnung durch niederländische Infrastruktur an eine typische deutsche Radroute. Die 10km nach Emden sind überaus anstrengend und kosten soviel Zeit wie die 20km zuvor. Deutsche Radwegplaner sollte man allesamt entlassen und ein paar aus Holland importieren.

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In Emden essen wir und beschließen, zunächst nach Greetsiel zu fahren und uns dann um Unterkunft zu kümmern. Wir folgen klugerweise den Straßen, vermeiden die begleitenden Radwege: Unter dem Schild, daß die Benutzungspflicht ausweist steht „Radwegschäden“, was die Benutzungspflicht de fcto aufhebt. Anstatt für diese sinnlosen Schilder hätte man das Geld lieber in ordentlichen Belag investiert!
In Greetsiel setzen wir uns in ein Café, die Suche nach freien und bezahlbaren Zimmern ist allerdings nicht von Erfolg gekrönt, so daß wir zum Campingplatz in Norden (der Ort heisst so!) fahren. Dort stellen wir die Zelte auf und gehen gut essen und machen noch einen Deichspaziergang. Der WInd hat mittlerweile auf östliche Richtung gedreht, hoffentlich wird er am kommenden Tag schwächer oder dreht zurück auf West.

Mai ’13: Harlingen – Warffum

Die Nacht im Zelt war kühl, über Nacht hatte der Wind auf West gedreht und zugenommen. Der Himmel begrüßte uns aber in schönstem blau und der Wind trocknete die Feuchtigkeit der Nacht schnell weg. Wir hatten uns am Abend vorher bereits ein Frühstück reserviert im zugehörigen Restaurant und so saßen wir im Warmen und Trockenen während die Zelte draußen trockengepustet wurden.

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Nach dem Aufbruch besuchten wir zunächst den örtlichen Aldi in Harlingen, um unsere Vorräte aufzufrischen. Saft, Nudeln, Soße und Schokolade. Sobald wir Harlingen verließen, hatten wir einen kräftigen Rückenwind. Dieser blies mit gut 25 bis 30 km/h, was an diesem ruhigen Tag, wir wollten nicht wieder über 150km fahren, in etwa unserer Fahrgeschwindigkeit entsprach. Sonne und kein Fahrtwind bedeuten zusmmengenommen: WARM. Auch wenn das Thermometer kaum über 15°C bis 17°C kletterte, so waren es doch gfühlte 25°C bs 30°C auf dem Rad – dementsprechend dünnten wir unsere Bekleidungsschichten aus, ich merkte aber auch, daß die aufgetragene Sonnencreme durch das Schwitzen langsam ihre Wirkung verlor.

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Wir wechselten ab und zu die Seite des Deiches, blieben aber immer auf demselbigen. Außen war die ruhige See – und an diversen Stellen das Watt – zu sehen: Niedrigwasser, auflaufend. Innen konnte man weit über das flache Land schauen. Eins aber blieb, außen wie innen, auf dem Deich wohnen Schafe. Unmengen Schafe. Und Lämmer, süße kleine Lämmer.
Schafe funktionieren in etwa so: sie produzieren aus Gras zweierlei, nämlich Wolle und Scheiße. Erste wärmt prima, zweitere sorgt dafür, daß der Deich schneller wächst, als der Meeresspiegel steigt. So jedenfalls haben wir den Plan verstanden. Auch wenn Schafe auf Gras glücklicher als auf Asphalt sind, kacken tun sie überall.

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Schafe schauen auch lustig, wenn man auf sie zufährt, denn die Wege teilt man sich mit ihnen. Irgendwann hat man gelernt, daß Schafe – komme was wolle – niemals rückwärts laufen. Entscheiden sie sich also, doch auszuweichen, was nicht oft vorkommt, dann rennen sie einem beherzt vor’s Rad. Es gilt lso konzentriert zu fahren. Wir haben es mit den unterschiedlichsten Mäh-Lauten versucht, eine Kommunikation war nur auf sehr niedrigem Niveau möglich.
Außer Deich und Schafen passiert nicht viel, ds ist aber auchh gut so. Der Rückenwind ist angenehm und die Fahrt äußerst stressfrei. Irgendwo legen wir eine kleine Mittagspause ein, später bei einer Pause in einem kleinen Café fragen wir nach einer Unterkunft, runde 100km sollen heute reichen, wir wollen auch früher ins Bett und einen ruhigeren Abend haben. So kommen wir in Warffum in einem kleinen, von ußen kaum erkennbaren, B&B unter. Abends geht es noch zu China-Restaurant gegenüber. Die Benutzung von Fähren ab Eemshaven oder Delfzijl mussten wir leider verwerfen und werden zur Ditzum-Fähre fahren, um nach Emden überzusetzen am morgigen Tag.

Mai ’13: Utrecht – Harlingen

Das Frühstück im Hotel hatten wir wegen exorbitanter Preise nicht gebucht, daher machtn wir einen kleinen Umweg auf dem Weg zurück zu unserem Track und versorgten uns im Supermarkt bzw. beim türkischen Bäcker daneben mit einem Frühstück, abgesehen vom morgendlichen Espresso auf dem Zimmer. Um die gewohnte Zeit um kurz nach neun waren wir dann auf dem Track.

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Die Fahrt heraus aus Utrecht über wunderschöne Radwege war stressfrei und reibungslos, erst kurz vor Amsterdam schwenkten wir auf einen kleinen Weg ein, der autobahnbegleitend verlief. Die eigentliche Einfahrt in die Innenstatd machten wir entlang der Kanäle, die vielen Radfahrer erfordern in dieser Stadt deutlich mehr Aufmerksamkeit als die Autofahrer.
Bei guten 50km auf dem Tacho nutzen wir die Gelegenheit und steuern erstmal ein Restaurant an, wo wir zu Mittag essen, es gibt Bio-Burger. Der Tourenkoller hat uns voll erfasst und un wird das regen Treiben in der Stadt schnell zu viel. Wir durchfahren mit wenigen Foto-Stops die Innenstadt in Richtung Bahnhof hinter diesem geht es dann auf die Fähre und dann entlang der kleinen Kanäle raus aus der Stadt. Endlich wieder Ruhe.
Sehr viel Abwechslung bietet das flache Land nicht gerade. Hinter Purmerend wird es ziemlich eintönig, dennoch aber schön zu fahren. Bei zwei kurzen Stops, an einer Tankstelle und später in einem Dorf überlegen wir, ob wir uns heute noch über den Deich wagen sollen. Am großen Abschlussdeich, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt, gibt es aber keine Frage mehr. Es ist schon spät, aber da wir essen dabei haben und nur einen Campingplatz suchen, wollen wir die 32km noch hinter uns bringen.

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Die kleine Gaststätte im Monument, wo der Deich im Mai 1932 geschlossen wurde, ist leider schon zu und so müssen wir in der Mitte des Deiches eine Pause bei der Tankstelle einlegen. Ein Snack zu Abend, dann geht es auf die letzten 20 Kilometer. Mit einer interessanten Beobachtung: Ich sehe voraus am Horizont etwas, was wie eine Rauchsäule aussieht, der Rauch scheint (wie beim aktuellen Wind zu erwarten) nach Süden wegzuziehen. Irgendwann wechsle ich die Spur – und die Rauchfahne scheint nach Norden geschwenkt zu haben.  Ich traue meiner Beobachtung nicht und wechsle ein paarmal die Spur, der Effekt bleibt. Rauch kann es also nicht sein.

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Dann fällt es mir auf: Über dem Radweg wchwebt in ca. 1,5m Höhe eine Mückenwalze mit gut einem Meter Durchmesser. Was ich sehe sind Millionen von Mücken knapp über dem Fahrradweg, über mehr als 10km hinweg. Ein erstaunliches Schauspiel.
Nach dem Verlassen des Abschlussdeiches fahren wir bei Zurich auf die Außenseite des dortigen Deiches und folgen diesem, bis Harlingen, wo wir uns einen Campingplatz rausgesuch hatten. Neben uns taucht der Sonnenuntergang alles in ein herrliches Licht, ringsherum schauen uns die Schaffe und ihre Lämmer erstaunt an.
Genau mit Sonnenuntergang erreichen wir den Campingplatz, bauen die Zelte auf und kochen uns Nudeln, dann geht es noch zu einem nächtlichen Blick über die See auf den Deich, wegen der feuchten Kälte zieht es uns aber schnell zurück, wo wir in den Zelten die Wärme der Schlafsäcke genießen.

Mai ’13: Tüddern – Utrecht

Sonst wohl eher als Monteursunterkunft genutzt, bot unser Hotel am Morgen ein deftiges und mehr als ausreichendes Frühstück. Rührei mit Speck, 3 gekochte Eier für zwei Personen, eine riesige Wurst- und Käseplatte, literweise Tee und Kaffee, 8 Brötchen und diverse Marmeladen. Da es sich allerdings mit einem zu sehr gefüllten Magen schwer fährt, schafften wir nur einen Bruchteil davon.

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Um kurz nach neun ging es dann wie üblich los. Nach wenigen Kilometern haten wir auf Wirtschaftwegen Deutschland verlassen, was sich sofort in der extrem guten Fahrradinfrastruktur und den zivilisierteren Teilnehmern im Straßenverkehr positiv bemerkbar machte. Wir wechselten jetzt auch auf größere Straßen, jeweils mit guten Radwegen oder Radspuren und begannen Kilometer zu fressen. Ewig ging es auf dem nun flachen Land geradeaus, teils vielleicht etwas langweilig, aber dafür kamen wir gut voran – das Ziel stand zwar noch nicht fest, aber wir wollten so nah es geht an Amsterdam herankommen.
An Maaseik durchfuhren wir einen kleinen Zipfel Belgiens. Auch hier sehr gute Radspuren, aber der Unterschied in der Wegequalität nach dem endgültigen Wechsel in die Niederlande war unverkennbar. Entlang großer Nationalstraßen oder auf Wegen parallel der Autobahn preschten wir bis Eindhoven durch, wo wir in einer Tankstelle unsere Energievorräte etwas auffüllten. Weiter ging es dann bis ’s-Hertogenbosch auf ähnlichen Wegen. Zwischendurch gab es einige kleine Umleitungen, die waren aber meist gut ausgeschildert.

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’s-Hertogenbosch durchrollten wir im langsamen Kulturtempo, aber letztlich wollten wir weiter und im richtigen Tourenmodus sind wir beide kaum aufnahmefähig für touristische Highlights. Hinter der Stadt wurde unsere Wegppanung aber dann ruhiger: Auf dem Massdeich fuhren wir nach Heusden, einer kleinen Festungsstadt, die ich ich schon einige male besucht habe und immer wieder faszinierend finde, dort machten wir die erste ausgiebige Pause in einem Café nach gut 130 Kilometern.
Die Bergsche Maas überquerten wir auf einer Brücke. Die folgenden Kilometer fuhren wir zumeist auf Straßen, die auf den Deichkronen entlang führen. Afgedamte Maas und Waal passierten wir auf Fähren. Auf sehr schönen Radrouten ging es dann bis Nieuwegein, wo wir eigentlich noch eine Fähre nehmen wollten, die allerdings nicht mehr fuhr, so daß wir über die nahe Brücke ausweichen mussten. Wir hatten uns ein Hotel am Rande von Utreecht gebucht, was wir nach knapp 175km erreichten.
Nach dem Duschen und Umziehen wollten wir in der Utrechter Innenstadt noch etwas essen, allerdings waren wir wenige Minuten nach 22 Uhr dort – und um 22 Uhr hatten alle Küchen geschlossen. So mussten wir im Bahnhof den Spätkauf plündern, nach so einem langen Tag nicht ideal. Aber mit diesen restriktiven Öffnungszeiten hatte ich in einer Stadt dieser Größe einfach nicht gerechnet.