Augsburg – Kelheim

Der uns umgebende Verkehrslärm weckte uns früh, aber nicht zu früh. Die Sonne wagte sich langsam über die Baumwipfel und so war es nur eine Frage der Zeit, wann sie die Zelte trocknen würde. Langsam packten wir unsere Taschen und frühstückten aus eigenen Vorräten, da es am Campingplatz nur ein marginales Angebot gab. Um 10 ging es dann “back to track”.
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Auf straßenbegleitenden Radwegen fuhren wir die wenigen Kilometer bis zur Lech, wo wir auf unsere Route einschränkten. Hatten wir gestern noch recht gut fahrbare Splitwege kurz vor Augsburg vorgefunden, war die Fahrbahnbeschaffenheit hier schon etwas gröber, so daß es langsamer voran ging. Noch immer besser als das Kopfsteinpflaster zwischen Greifswald und Stralsund, aber auf Dauer nervig – aber nur mit größeren Umwegen zu umgehen auf diesem Abschnitt. Umso mehr freuten wir uns, als wir endlich wieder auf wenig befahrene Straßen einbiegen konnten.
Die Sonne schien, keine Wolke am Himmel und die Temperatur kletterte bald auf über 25°C. Der Tacho zeigte meist zwischen 25 und 30 km/h an und wir kamen gut voran. An einigen Stellen gab es erstaunlich gute Radwegführungen zum Über- oder Unterqueren von stark frequentierten Bundesstraßen – aber schon kurz danach endeten die Wege dann wieder mal abrupt. Typisch Deutschland.
Bei etwa 45km machten wir an einem Steakhaus Mittagspause, direkt nach Erreichen der Donau. Unser nächster Wegpunkt am Track war die Donaufähre nach Kelheim, letzte Abfahrt 18:10 Uhr und wir hatten mittlerweile beschlossen, daß wir diese erreichen wollten. Das war nicht mit Hetzen verbunden, aber allzu ausufernde Pausen konnten wir uns auch nicht erlauben. Schon bei der Planung hatten wir unseren Track über längere Strecken hier über die parallel laufenden kleinen Straßen gelegt – und jeder Blick, den wir auf den Donauweg erhaschen konnten sagte uns, daß diese Entscheidung gut war. Der “Radweg” ist eine teils löchrige Splitpiste mit Schottereinlagen.
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Einige Kilometer fahren wir dann doch auf dem Deich. Die Donau ist hier noch relativ übersichtlich, immer wieder stehen Industrieanlagen am Rand. Der Weg ist mäßig gut fahrbar, besonders die steilen Rampen, die mit grobem Kies aufgefüllt sind, wenn es auf den Deich oder wieder runter geht stellen für das Fahren mit großem Gepäck immer wieder hohe Ansprüche an die Geschicklichkeit.
Etwa 10km vor Weltenburg, wo unsere Fähre geht, wechseln wir die Donauseite und sehen uns ersteinmal mit einer netten Steigung konfrontiert – nach Weltenburg hinab dann aber auch mit einer wunderbaren Abfahrt. Wir kommen um kurz nach halb sechs dort an. Das Kloster betrachten wir nur von außen, kaufen unsere Fahrkahrten und nehmen einen Snack, während wir auf das Schiff warten.
Die Fahrt von Weltenburg nach Kelheim mit dem Schiff durch das Donautal, ein Naturschutzgebiet, lohnt sich und ist beeindruckend, die richtige Entscheidung, hier nicht den Radweg zu nehmen (obgleich der wohl hier asphaltiert ist). In Kelheim suchen wir uns ein Bett&Bike, da für die Nacht starker Regen vorhergesagt ist. Auf die 30km nach Regensburg haben wir auch keine Lust mehr um diese Uhrzeit. Abends gehen wir noch schön essen, dann geht es ins warme und trockene Zimmerchen – kurz danach kommt der erste heftige Schauer. Aber das ist uns heute egal.

Füssen – Augsburg

Da der Campingplatz direkt am See liegt, sind die Zelte morgens natürlich reichlich feucht, wir wollen allerdings wegen meiner Bremsscheibe ohnehin noch in die Stadt zum Fahrradladen und können die Zelte in der langsam über die Berge steigenden Sonne trocknen lassen.
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Zunächst freuen wir uns aber mal auf das auf diversen Zetteln am Campingplatz angepriesene Frühstücksbuffet – was nirgendwo so deutlich wie an der Tür des Restaurants angepriesen war, waf jedoch: “Montag Ruhetag”. So fahren wir die 8km nach Füssen mit Hilfe einiger Vorräte aus unseren Taschen.
Wir finden den örtlichen Fahrradladen. Dieser hat eine Shimano-Stahl-Scheibe in 180mm vorrätig sowie sicherheitshalber noch einen Satz Bremsbeläge für die Werkzeug- und Ersatzteil-Sammlung. Während der Mechaniker die Scheibe montiert, gehen wir im nah gelegenen Biobäcker frühstücken. Als wir fertig sind, ist die neue Scheibe montiert und wir können los. Es geht zurück zum Campingplatz, wo wir die mittlerweile trockenen Zelte abbauen und uns langsam Abfahrbereit machen. Um kurz vor 13 Uhr geht es auf die Piste.
Der Weg führt mit sanftem Gefälle am See vorbei auf guten Straßen in ein sehr schönes Tal, wir rollen fast ohne zu treten mit 30 km/h dahin. Immer, wenn wir auf die Radroute (“Romantische Straße”) wollen, werden wir jedoch mit schlechtem Split oder schlimmer Schotter konfrontiert, so daß wir das ein oder andere mal umrouten, um dieses heillos unromantische Fahren auf solchen Strecken zu vermeiden.
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Später suchen wir uns einen Campingplatz aus Archies Liste aus. Der Name lässt mich stutzig werden, aber Micha beruhigt mich. Als wir vor einem verschlossenen Tor an einem nicht einsehbaren Grundstück stehen, erweisen sich meine ursprünglichen Befürchtungen allerdings als richtig: das ist kein Campingplatz, sondern ein FKK-Club… Die Sonne geht unter. Augsburg liegt nur noch wenige Kilometer vor uns – die Annahme, dort würde es schon irgendein Hotel oder Bett&Bike geben, wo wir unterkommen ist allerdings auch falsch – im Umkreis von 30km alles ausgebucht. Also steuern wir den nächsten Campingplatz an, der zwischen einer Autobahn, einer Bundesstraße, einer von landwirtschaftlichem Verkehr frequentierten Straße und dem Flughafen liegt. Nach einem ausführlichen Essen beim Italiener auf dem Platz (unerwartet stilvoll und gut) und einer Flasche Rotwein im Zelt können wir aber dennoch problemlos schlafen.

Malleichen – Füssen (Allgäu pur)

Morgens ist Raureif auf den umliegenden Wiesen zu sehen, die Zelte sind wegen der kalten 4°C von innen mit Kondenswasser nass. Wir lassen uns wie üblich Zeit, die Sonne kommt bald über die Berge und trocknet die Zelte. Mir ist es zunächst dennoch zu kalt, um meine Bremsbeläge zu tauschen. Frühstück gibt es nur aus unseren Vorräten, wir nehmen es im warmen und trocknen Aufenthaltsraum zu uns.
Als wir loskommen wärmt die Sonne schon alles auf, Dampf steigt aus Wiesen und Wäldern. Bevor wir allerdings richtig warm gefahren sind, kommt unsere Reise ins Stocken: wir hängen hinter einem langen Reiteraufzug fest. Ich nutze die Zeit und wechsele die Bremsbeläge. Als wir weiter kommen, kommt schon der nächste Umzug. Wir fahren hinterher, als wir auf einem Radweg versuchen zu überholen (langsam, vorsichtig) kommen wir irgendwann auch an Pferde, die die Liegeräder nicht mögen. Also müssen wir abwarten, bis es weiter geht.
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In Oberstaufen kommt die erste Gelegenheit, etwas zu essen. In einem für unsere Verhältnisse etwas zu noblen Restaurant, die Portionen sind nicht üppig, aber doch ausreichend. Es folgen Steigungen. Immer wieder 10% bis 12%, der Weg führt über kleine schwach befahrene Straßen. Als wir endlich auf 1000m Höhe und damit unserem Scheitelpunkt ankommen, stellt Micha beim Gipfelfoto fest, daß ich nach dem Wechseln der Bremsbeläge vergessen habe, die Kabel wieder korrekt an den SON zu stecken …. kein Wunder, daß mein Pufferakku soweit runter ist, daß das GPS spinnt. Und ich dachte es läge an den langsamen Fahrten auf der Steigung…
Nach Füssen erfolgen dann noch einige Abfahrten, kurz hinter Füssen gehen wir auf einen Campingplatz am See. Die feuchte Luft nässt sofort die Zelte von außen ein, aber wir gehen ins Restaurant, wo wir mit einem Motorradfahrer, der auch mit Zelt reist kund schon tolle Touren hinter sich hat Geschichten tauschen, bevor wir in den (innen glücklicherweise trockenen) Zelten verschwinden.

Konstanz-Lindau-Malleichen

Der Morgen war grau, aber gemessen am vorigen Morgen relativ warm – und vor allem trocken. Da das Frühstück auf dem Campingplatz eher dürftig schien, fielen wir über unsere Vorräte her, nachdem wir halbwegs Ordnung in den Zelten geschafft hatten. Der Platz in Kreuzlingen liegt direkt am Track und so ging es direkt nach Verlassen des Platzes ohne Umschweife auf die Reise.
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Der Weg ist recht gut, er verläuft großenteils parallel zur Bahnstrecke und auch entweder asphaltiert oder zumindest mit sehr gut fahrbarem Boden ausgestattet. Leider ist das Ufer ziemlich zugebaut, so daß wir über weite Strecken kaum einen Blick auf den Bodensee erhaschen können. Auch die sonstige Landschaft ist nicht so beeindruckend, wie am das Rheintal am Vortag, so daß ich diesen Abschnitt als etwas enttäuschend empfinde. Erst am östlichen Teil des Sees kommt man auf Schweizer Gebiet durch ein paar schöne Orte mit Seepromenade, von dort hat man aber auch keinen Blick über die Länge des Bodensees. Das Highlight bleibt daher der Zeppelin NT, den wir zwischendurch einmal am anderen Ufer erspähen konnten.
Nach einem kleinen Abstecher weg vom See in Richtung Süden kommt – völlig überraschend und nur durch ein kleines Schild erkennbar der Grenzübertritt nach Österreich. Da Essen schon wenige Meter hinter der Grenze nur noch einen Bruchteil der Schweizer Preise kostet, verköstigen wir uns mit ein paar Nudeln beim Italiener direkt an der Grenzbrücke.
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Der Radweg am Ufer auf Österreicher Gebiet entschädigt wiederum mit wunderbaren Blicken über den See und auf die Insel Lindau. Diese ist auch unser nächstes Ziel. Natürlich ist sie von Touristen überlaufen – mittlerweile herrschen 25°C und Sonne – aber dennoch wunderschön. Wir gönnen uns am Ufer ein Eis, bevor wir – der Sonntag steht vor der Tür – beim örtlichen Netto unsere Vorräte aufstocken.
Ab Lindau folgen wir dem Bodensee-Königssee-Radweg, was vor allem bedeutet, daß wir einen langen Aufstieg ins Allgäu vor uns haben. Die Blicke über die Landschaft sind herrlich und die Farben sind intensiv. Wir treffen viele Radler – und eine Gruppe aus zwei Tiefliegern und einem Velomobil. Sind die meisten Steigungen relativ human, so gibt es doch einige Rampen mit bis zu 16%, zum Glück nie über längere Strecken. Auf einer der steilen Abfahrten möchte ich testen, wann meine Bremskonfiguration ihre Grenzen erreicht – und bringe das eindrucksvoll mit einer bläulichen Scheibe, die sich leicht verformt hat in Erfahrung. Dieser Zustand kam übrigens kurz nach dem ersten Fading. Die Scheibe ließ sich ohne weiteres wieder richten, die Bremsbeläge wollt ich ohnehin bald tauschen.
Abends finden wir einen netten Campingplatz, vielmehr einen Bauernhof, der ein paar Plätze und Dusche/WC bietet. Nicht weit ist noch ein Gasthof, wo wir gut essen können.

Hohentengen – Konstanz

Der Tag begann grau, neblig und kalt. Innen waren die Zelte zwar schön trocken und sobald man die Wärme aus dem Schlafsack entließ auch fast schon gemütlich warm. Draußen allerdings erwarteten uns 6°C und dichter Nebel, der sich als nasser Film nachts über alles gelegt hatte. Schon der  Weg zum Waschbecken war keine Freude, noch weniger das Packen der Klamotten und der völlig nassen Zelte.
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Einzig der Gedanke an ein Frühstück im nächsten Ort ca. 5km weiter und die Wettervorhersage, die für heute Sonne und angenehme Temperaturen versprach, hielten uns ab, einfach wieder in die warmen Schlafsäcke zu klettern. Beim Losfahren zeigte das Thermometer ja auch schon 8°C an – und da es ersteinmal steil bergauf ging wurde uns auch gleich etwas wärmer.
Wie angekündigt fanden wir das Café im Dorf und bekamen ein ausführliches Frühstück serviert. Auch das Auffüllen der Thermoskanne mit warmem Tee war kein Problem. Das Thermometer war geringfügig weiter geklettert, als wir uns auf den Weg machten, aber selbst jetzt um kurz vor 11 Uhr war es noch naß und der Nebel nahm den Blick auf die Landschaft. Trotzdem waren am Himmel erste helle Flecke zu sehen.
Nach einiger Zeit, wir hatten mittlerweile auf die Schweizer Seite gewechselt, kam die Sonne heraus und nur auf den Abfahrten wurde es leicht kühl, in der Sonne und auf Anstiegen war es warm – am Ende wurden es 23°C und wolkenloser Himmel.
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Der Weg war nicht immer asphaltiert, aber durchgehend gut fahrbar, bot aber gerade in der Schweiz durchaus einige knackige, wenn auch kurze, Anstiege. Die Aussichten auf den Rhein und die kleinen Orte, die wir durchquerten waren allerdings wunderschön und wir legten diverse Fotopausen ein. Später kamen wir noch zum Rheinfall von Schaffhausen, den man allerdings nur mäßig zu Gesicht bekommt, wenn man keine teuren Tickets kauft (was blöd gewesen wäre, weil es keine gute Möglichkeit gibt, die bepackten Räder irgendwo zu lassen).
Im weiteren Verlauf unserer Sightseeing-Tour einigten wir uns darauf, nur noch bis Konstanz bzw. Kreuzlingen zu fahren, da wir spät losgekommen waren und durch die tolle Landschaft ja auch nur langsam unterwegs waren. Urlaub eben! Außerdem scheiterten wir am Großstädter-Problem: als wir Hunger hatten, gab es nichts zu essen… Aber unsere Reserven reichten ja ein Stück weit.
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Auf dem Weg nach Konstanz konnten wir es uns nicht nehmen lassen, ein paar Kilometer auf flacher Strecke einen Rennradler zu piesacken, der unsere 32 bis 35 km/h auf etwa 10km nicht ordentlich parieren konnte. In Konstanz angekommen suchten wir uns einen Campingplatz auf Schweizer Seite (Kreuzlingen) aus. Der nächstgelegene und direkt am weiteren Track. Aber eben auch mit Schweizer Preisen. Abends ging es nochmal nach Konstanz rein, Stadt kurz anschauen und vor allem endlich ordentlich essen. Die Zelte waren zwischenzeitlich getrocknet und die Duschen am Campingplatz waren dem Preis entsprechend unbegrenzt und schön warm.