Party-Tour und RadBahn Münsterland

Wenn jemand wie ich eine Geburtstagseinladung irgendwo auf’s Land erhält, dann sucht er sich eine Bahnverbindung zu irgendeinem mit einem der raren Züge mit Radbeförderung gut erreichbaren Städtchen in der Nähe, nicht zu nah versteht sich, und verbindet das Angenehme mit dem Angenehmen. In diesem Fall ging es in ein kleines Dorf irgendwo zwischen Dortmund und Münster und die Bahnfahrt nach Osnabrück.

Samstag, 14.07.2012

Der frühere Zug war schon voll, der ganz frühe war außerhalb jeder Aufstehzeit, die ich in Betracht ziehen würde, wenn ich abends noch etwas von der Feier haben will, also nahm ich den Vormittagszug um kurz nach halb elf ab Lehrter … Verzeihung Hauptbahnhof. Kurz vor zwei sollte der Zug in Osnabrück ankommen, kurz nach zwei war ich dann auch wirklich dort – und stand im Nieselregen. Der Beginn der Party war auf 18:44 Uhr festgelegt, vor mir lagen knappe 100 Kilometer. Ich entscheid, ersteinmal eine Kleinigkeit zu essen. Eine gute Entscheidung, der Regen hatte danach aufgehört.

Ich war froh, als ich mich aus Osnabrück herausgekämpft hatte, auf der Radweit-Strecke überquerte ich auf ruhigen Straßen den Teutoburger Wald. Der Wind kam von vor, doch dank Liegerad war das alles im erträglichen Maße und ich kam gut voran. In Lengerich hatte ich die (sanften) Steigungen des Teutoburger Waldes dann auch hinter mir und bog auf die L555 ein. Wegen der parallel führenden Autobahn ist die Straße nur mäßig befahren, zudem bietet sie einen breiten Randstreifen. Trotz immer wieder einsetzenden Regens, meist etwas Niesel oder mal ein kleiner Schauer, komme ich bei nicht gerade sommerlichen 17°C bis 20°C gut voran.

So gut, daß ich bei Schmiedehausen den Fehler mache und mir etwas Fahrt entlang des Dortmund-Ems-Kanals gönnen möchte. Eine ausgeschilderte Radroute, von oben sieht der dunkelgraue Belag sogar recht ansprechend aus. Bei näherer Betrachtung erweist er sich allerdings als matschige Aschebahn – bei trockenem Wetter vielleicht gerade erträglich, bei der vorherrschenden Nässe unfahrbar. Plan B heisst zurück zur Straße und dem Fahrradwegweiser nach Münster zu folgen. Südlich von Münster plane ich dann wieder auf meinen ursprünglichen Track aufzufahren. Radwegweisern zu folgen ist hier aber ähnlich sinnlos wie in Mecklenburg-Vorpommern: schon nach kjurzer Zeit zeigt das Schild auf einen matschigen Feldweg, den ich gekonnt ignoriere. Laut GPS sollte ich irgendwie auf der kleinen Straße weiterkommen.

So landete ich irgendwie auf der L587, dem Schiffahrter Damm. Und von diesem kommt man so leicht nicht wieder runter, der Ausbau (und die Reaktion der Autofahrer) war so, daß ich mich auf einer Kraftfahrstraße wähnte, es scheint allerdings keine zu sein – dennoch war ich froh, in Gelmer dieser Straße endlich wieder entkommen zu können und einen fahrbaren (ausgeschilderten) Radweg nach Münster zu finden.

Per Navi fädelte ich mich irgendwie an der Innenstadt vorbei und stellte fest, daß Münster zwar die Fahrradstadt in Deutschland ist, das aber lang nicht heißt, daß es außerhalb des Zentrums eine brauchbare Fahrradinfrastruktur gäbe. Auf miesen Straßen und teils gefährlichen Radwegen (von denen es dann auch schwer ist wieder auf die Straße zu kommen – abgesehen davon, daß die natürlich alle eine ausgewiesene Benutzungspflicht haben!) fand ich dennoch meinen Weg, war aber froh, aus der Stadt irgendwann wieder raus zu sein. Zu meinem eigenen Erstaunen lag ich noch immer gut in der Zeit. Um das auch weiter den Fall sein zu lassen, gönnte ich mir beim Überqueren des Kanals noch ein Gel für die letzten 30km, dann ging es über ruhige Straßen weiter.

In Nordkirchen hatte ich mir als touristisches Highlight den Weg durch den Schloßpark gelegt, aber auch hier waren die offiziellen Radrouten durch den Park eine einzige Schlammschlacht auf spitzen Kieselsteinen, so daß ich (zumal im Regen) den Anblick des eigentlich prachtvollen Schlosses kaum genießen konnte. Endlich wieder auf asphaltierten Wegen gab ich nochmal etwas Gas auf den letzten Metern nach Selm. Zeitlich schaffte ich eine Punktlandung und war um kurz vor dreiviertel sieben am Ziel.

Sonntag, 15.07.2012

Etwas müde vom Feiern, aber eigentlich ganz gut erholt wollte ich mich nach dem Frühstück auf den Weg nach Münster machen, wo mich Klaus erwartete. Als ich allerdings die Speedmachine aus der Garage holte, stellöte ich ersteinmal fest, daß ich einen Platten hatte. Natürlich hinten. Also Reifen geflickt, mit der kleinen Notfallpumpe auf einen halbwegs brauchbaren Wert gepumpt und ab zur Tankstelle um die Ecke, um geordnete sechs Bar drauf zu kriegen. Leider war der Reifendruckautomat dort etwas ausgeleiert, so daß sich der Luftdruck ersteinmal senkte, als ich ihn ansetzte – es kostete mich zusätzliche Zeit und einige Verrenkungen, um einen ordentlichen Reifendruck zu fabrizieren, irgendwie gelang es mir aber am Ende und so konnte ich endlich losdüsen.

Auf kleinen Wegen und wenig befahrenen Landstraßen mit guter Qualität ging es in Richtung Münster und ich legte einen beachtlichen 28er Schnitt vor. In den Vororten von Münster erwarete mich Klaus bereits und ich war froh, daß wir zunächst etwas langsamer fuhren. Es ging westlich über Schapdetten zur höchsten Erhebung im Münsterland, wo wir dem Longinusturm einen Besuch abstatteten. Von hier aus fuhren wir nach Lutum, wo der Beginn des (noch nicht auf ganzer Länge freigegebenen) Banhradwegs RadBahn Münsterland ist. Als wir dessen Einstieg entdeckt hatten, fanden wir wunderbare Bedingungen vor – und waren nicht die einzigen, die sich dort tummelten. Der breite und gut asphaltierte Weg, gesäumt von allerlei Hinweisen auf seinen Ursprung als Bahnstrecke, war bevölkert von Skatern, E-Bike-Senioren, Sonntagsradlern – und Kampfrentnergruppen. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß sie einem im chaotischen Pulk wild torkelnd entgegenkommen, auch bei optischen und akustischen Signalen aus einiger Entfernung keinerlei Anstalten machen, weniger als die gesamte Wegbreite zu nutzen und einen, wenn man dann endlich da ist und sich seitlich vorbeiquetscht auf dem engen Streifen, den sie einem lassen, auch noch anpöbeln, man solle Rücksicht nehmen, schließlich sei man ja nicht allein auf der Welt. Danke, gleichfalls.

Von einigen unfertigen Abschnitten abgesehen ist die Strecke sehr schön und gut zu fahren. Was leider negativ auffällt sind die Straßenkreuzungen. Jeder noch so kleine Wirtschaftsweg hat Vorfahrt und ist vom Radweg wegen Büschen und Bäumen kaum sinnig einzusehen, so daß man ständig fast anhalten und wieder beschleunigen muss. Hier würde ich mir doch andere Regelungen wünschen.

An einigen der alten Bahnhöfe entsteht bereits Gastronomie, so daß sich eine Ausflugsfahrt mit einer Einkehr verbinden läßt, wenn der Weg fertig ist. Wir kehren allerdings nur etwas abseits des Radweges in Höpingen ein bzw. ergattern von einem eigentlich noch geschlossenen Gasthof zumindest etwas Saftschorle und ziehen ansonsten mit Geschwindigkeiten oft jenseits der 30 km/h bis Rheine durch. Dort essen wir noch etwas und haben ausreichend Zeit, da wegen Störungen auf der Strecke zwischen Hannover und Berlin unser Zug eine deutliche Verspätung hat.

Speedmachines Seefahrt

Der Juni schlug eh mit wenigen Kilometern zu Buche – viel zu tun, schlechtes Wetter, Erkältung … irgendwie kam alles zusammen – so daß mir dann auch kleine Fahrten mit wenigen Kilometern schon mal Spaß machten. Trotz der negativen Erfahrungen mit den Radrouten in Mecklenburg-Vorpommern nahm ich mir vor, den Geburtstagsbesuch für meinen Vater zumindest zu einem kleinen Teil mit dem Rad als Verkehrsmittel in Angriff zu nehmen.

Meine Eltern waren mit der MS Andante auf dem Stettiner Haff und in der Peene unterwegs gewesen. Quasi als Geburtstagsgeschenk hatte ich mir überlegt, sie an einen für ihre Fahrten eher ungewöhnlichen Ort zu begleiten: Es sollte aus dem Peenestrom hinaus auf den Ruden, eine kleine deer Peenemündung vorgelagerte Insel, gehen und dann über den Bodden nach Greifswald.

Freitag nach der Arbeit fuhr ich mit der Speedmachine zunächst mal quer durch Berlin zum Bahnhof Gesundbrunnen. Mit dem IC ging es nach Greifswald. Ich wollte dem Freitag-Nachmittag-Chaos in den Regionalbahnen entfliehen – zeitlich bringt die Nutzung des IC gegenüber dem Regionalverkehr auf dieser Strecke quasi keinen nennenswerten Vorteil. Der IC hatte allerdings eine gewisse Verspätung, so daß ich eine Weile am Gesundbrunnen herumstand, bevor es losging. Zwar hatte ich auf meiner Reservierung die Wagennummer verzeichnet, doch dieser Wagen war auf dem Wagenstadsanzeiger nicht als Radwagen ausgezeichnet, so daß ich sicherheitshalber nocheinmal beim Personal zur Bestätigung nachfragte.

Die wenigen Radfahrer in meinem Wagen waren zum Glück alle recht pragmatisch, so daß es keine langen Diskussionen darum gab, daß die Speedmachine besser im langen Aufhänger aufgehoben ist anstatt auf dem eigentlich zugewiesenen Platz. Sonst war der Zug recht leer, so daß ich mir einen angenehmen Sitzplatz in der Nähe suchen konnte, später verschwand ich noch für einen Snack im Speisewagen.

Mit gut einer halben Stunde Verspätung erreichte ich Greifswald, was mich nicht so sehr störte – damit ging mein Plan, die leeren Straßen während des EM-Spiels der Deutschen Mannschaft auszunutzen sehr gut auf. Um meine Eltern nicht zu lang warten zu lassen, wählte ich dann auch den Straßenweg aus Greifswald heraus und sparte mir den teilweise nicht asphaltierten Radweg über Wieck. Sobald ich die Stadt verlassen hatte und die Straße links und rechts von Feldern gesämt wurde, gab es einen gut fahrbaren straßenbegleitenden Radweg bis Kemnitz – was mir trotz der gähnenden Leere entgegenkam, da so viele Fliegen in der Luft waren, daß gucken und Atmen zeitweise einfach keinen Spaß mehr machten.

Von Kemnitz bis Lubmin fuhr ich auf der gut asphaltierten L262 und kam sehr schnell voran. Ich warf einen Blick auf das ehemalige Kernkraftwerk, heute unter anderem Zwischenlager für Atommüll. Ab dort bis Freest war die Straße dann teiwleise etwas schlechter, von Freest bis Kröslin konnte ich nochmal Gas geben. So hatte ich mein Licht zwar zwischenzeitlich eingeschaltet, machte mir wegen des Wassers im Edelux allerdings wenig Sorgen, da ich noch vor Dunkelheit an der Marina Kröslin ankam. Von Greifswald bis Kröslin hatte ich einen knappen 30er Schnitt hingelegt.

Da ich Steg und Platz kannte, wo meine Eltern festgemacht hatten, schob ich das Rad dann über die Scwhimmstege – bei der Länge hätte ich das vielleicht auch fahren können. Früher als angekündigt (von der Verspätung hatte ich berichtet) kam ich also an und meine Eltern begrüßten mich erstaunt. Erstmal ging ich duschen, dann gab es noch ein Abendbrot und einen keinen Rundgang durch die Marina.

Am Samstag vormittag bereiteten wir die Andante vor, legten ab und nahmen Kurs auf den Ruden. Das ist nur etwa eine Stunde Fahrzeit ab Kröslin und auch leicht zu navigieren, denn wegen der diversen Flachs in den Gewässern folgt man hier besser – selbst mit nur wenig Tiefgang – dem betonnten Fahrwasser. Wir hatten westliche Winde um drei bis vier Beaufort, nur wenig Wellengang und eine ruhige Fahrt. Die Speedmachine stand hoch und trocken auf dem Heck der Andante, weit weg vom Salzwasser der Ostsee.

Der Ruden selbst ist eine sehr kleine Insel ohne große Infrastruktur. Es gibt keine Versorgungsmöglichkeiten im Hafen, keinen Stromanschluss, keine sanitären Anlagen. Die Insel hat nur zwei dauerhafte Bewohner, es gibt noch eine alte verlassene Kaserne. Hinkommen kann man nur mit dem eigenen Boot oder einem der kleinen Fahrgastschiffe für Tagesbesucher, die dann nur ca. zwei Stunden auf der Insel bleiben, was allerdings auch ausreicht: Die gesamte Insel (mit Ausnahme der Hafenanlage) ist Naturschutzgebiet. Der Nordteil darf gar nicht betreten werden, auf dem Südteil kann man sich nur auf dem kleinen Rundweg bewegen. Zugang zum Ufer oder Bademöglichkeiten gibt es nicht (mehr).

Auf der Südspitze gibt es einen alten Beobachtungsturm, der für die Raketenversuche von Peenemünde gebaut wurde und heute ein kleines Museum zur Geschichte der Insel beherbergt. Weiterhin gibt es einen alten Lotsenturm, der aber nur von außen besichtigt werden kann und leider in nicht gerade gutem Zustand ist. Damit hat es sich dann aber auch schon mit den Attatktionen der Insel – abgesehen vielleicht von den Unmengen an Vögeln, die die Ufer und den langen Haken an der Südspitze der Insel bevölkern.

Da wir schon mittags diue Insel erreichten, konnten wir uns einen guten Platz an der Ostmole suchen und hatten jede Menge Zeit. Den Inselrundgang verschoben wir auf die Zeit, wenn die Schiffe mit den Tagesgästen abgelegt hatten und genossen die Ruhe. Das Wetter war warm und sonnig, eine frische Brise sorgte dafür, daß es nicht unerträglich wurde. Langsam füllte sich der Hafen auch mit anderen Sportbooten, die teilweise über Nacht blieben. Ich ließ es mir nicht nehmen, einmal die Speedmachine an Land zu heben, um einen Molentweet der besonderen Art zu machen – der leider aufgrund der eher dünnen Mobilnetzversorgung allerdings nur unter großen Mühen und ohne den gewünschten Mappointer rauszubekommen war.

Am Sonntag morgen kündigte ein diesiger Schleier und nahezu Flaute bereits an, daß sich das Wetter bald verschlechtern würde und so brachen wir nicht zu spät in Richtung Greifswald auf.  Durch die engen betonnten Fahrwasser, vorbei an den beiden alten Antennentürmen in Verlängerung der Start- und Landebahnen des Flugplatzes Peenemünde und eines ehemaligen Leuchtturms ging es dann auf etwas dünner betonnte Bereiche des Greifswalder Boddens, so daß die Fahrt nach Kompaß das Suchen der Tonnen Vierow und Ansteuerung Greifswald durchaus unterstützte. Zudem setze leichter Regen ein.

In Wieck mussten wir noch ein paar Minuten warten, bis die Brücke öffnete, so daß wir die Ryck aufwärets nach Greifswald fahren konnten, wo wir im strömenden Regen in der Marina der Hansewerft festmachten. Unseren provisorischen (und etwas zu kleinen) Platz tauschten wir später noch gegen einen von Land erkundeten besseren Liegeplatz, dann fuhren wir mit dem Taxi nach Wieck, um dort ein Fischrestaurant aufzusuchen.

Abends nahm dere Wind zu, meine Eltern wollten die angekündigten windigen und regnerischen Tage in Greifswald verbringen. Ich verschob meine Rückfahrt zunächst von Abends – aus Zeitplanungsgründen – auf den kommenden Morgen, entschied mich später aber, von Greifswald aus zu arbeiten und erst am Montag abend mit dem Regionalzug zurückzufahren. Das Wetter lud auch nicht unbedingt dazu ein, eine weitere Tour mit dem Rad zu unternehmen.

Berlin – Oder – Stralsund

Da es sich für den Sommer erstmal mit verlängerten Wochenenden hat, wollte ich Pfingsten noch für eine nette Tour nutzen. So verabredete ich mich mit Michael, der ja seit kurzem auch Speedmachine fährt, zu einer Tour an die Ostsee, genauer nach Stralsund. Fast drei Tage hatten wir Zeit, also optimierten wir die Planung nicht auf einen möglichst effizienten Weg, sondern wollten ruhige, wenn auch zwischendurch vielleicht etwas langsamere Wege genießen.

Samstag, 26. Mai 2012

Berlin – Mescherin

Am Samstag Morgen um neun trafen wir uns auf dem Flughafen Tempelhof. Auf relativ direktem Kurs durchquerten wir die Stadt, fuhren über die Prenzlauer Allee und bogen mit dem Pankeweg auf den Berlin-Usedom-Radweg ein. Bis auf ein paar kleine Stellen – Drängelgitter an Brücken, fiese Sandkuhlen und nicht angeleinte Hunde lassen grüßen – ließ dieser sich gewohnt gut fahren, auch mit den bepackten Rädern. Da wir recht früh dran waren, war auch die Radverkehrsdichte  noch sehr eträglich.

Wir drehten eine kleine Stadtrunde in Bernau, entschieden uns aber gegen eine Getränkepause. Nach einem kleine Abstecher auf die Landstraße führt der Weg von Bernau erst über eine Fahrradstraße, wo uns ein hupender Drängler in seiner Blechbüchse verfolgte, dann über einen perfekt asphaltierten Radweg durch die Wälder. Lediglich das Wunder des Föderalismus schmälert den positiven Gesamteindruck, denn wegen der Zuständigkeiten von Bund und Land scheint ein asphaltieren der Auffahrten zu den Brücken, mit denen man die Bundesautobahn überquert verwaltungstechnisch ein dermaßen kompliziertes Unterfangen zu sein, daß man es lieber sein läßt und stattdessen auf eine bewährte Mischung aus Kopfsteinpflaster und Schlaglöchern setzt.

Wo der Berlin-Usedom-Weg den Oder-Havel-Radweg trifft, bogen wir auf diesen in Richtung Oder ein. Zwar ist die Strecke am Finowkanal großenteils nicht asphaltiert, aber dennoch so gut befestigt und verdichtet, daß sie problemlos fahrbar ist. Bis nach Niederfinow, kurz vor dem Schiffshebewerk, kommen wir so weiterhin autofrei voran. Die Sonne scheint und durch die umstehenden Bäume trifft uns der Nordostwind nur sehr abgeschwächt. Eine herrlich ruhige und entspannte Fahrt, die nur kurz durch eine Schraube gebremst wurde, die sich losgerüttelt hatte. Mit einem Griff zum Werkzeug, ließ sich das aber auch schnell beseitigen.

In Niederfinow, direkt am Hebewerk, nach fast 90km machen wir unsere erste Pause. Ein gutes Mittagessen soll uns für den kommenden Abschnitt auf dem Oderdeich stärken, wo uns der Wind vermutlich etwas stärker beuteln wird. Da wir beide keine Lust auf die Landstraße nach Oderberg mit ihren Anstiegen und den Massen an Motorradfahrern haben, entscheiden wir uns spontan – in dem Bewußtsein, daß wir es hier mit Plattenwegen und schlechten Straßen zu tun kriegen – für den Abschnitt des Weges, der südlich des Oder-Havel-Kanals nach Hohensaaten führt. Eine Brücke wartet allerdings mit einer Schiebepassage auf, wenigstens mit (liegeradtauglicher) Schiene. Spontan bedeutet leider auch, daß ich die Arbeiten an der Schleuse Hohensaaten nicht auf dem Plan habe, so daß wir vor der unpassierbaren Baustelle stehen und erst einmal wieder zurück müssen, um über die reguläre Brücke und den Ort zu fahren.

Trotz des beständigen Gegenwindes fährt sich die Strecke auf dem Deich sehr gut, unter diesen Bedingungen spielt das Liegerad sein Vorteile natürlich aus. Am Beginn der ewigen Umleitung des D12 (Oder-Neiße-Radwegs) in Criewen wählen wir die „Umleitung Schwedt“, statt der „Umleitung Criewen“ – das heißt wir fahren weiter an der Oder entlang. Zwar bedeutet auch dies Plattenweg, aber kürzer und ohne Steigungen – für die Nostalgiker ein wunderbarer Ort, um an alte Zeiten mit Fahrten auf der Transitautobahn zurückzudenken.

In Schwedt folgt die nächste Pause, schließlich hatten wir ja in Niederfinow auf den Nachtisch verzichtet. Wir machen es uns im Café gemütlich – und bei Eis und Kuchen frage ich Micha, ob es vielleicht sein könne, daß er einen Platten hat. Ungläubig dreht er sich um – und siehe da: der Hinterreifen hat keine Luft mehr. Zunächst liften wir das Rad provisorisch mit einem Spanngurt am Geländer an, damit wir in Ruhe weiter essen können, ohne daß der Mantel Schaden nimmt, dann wechseln wir den Schlauch. Der Übeltäter war ein Stück Muschelschale: Die Krähen sammeln die Muscheln aus der Oder und lassen sie gezielt auf den asphaltierten Weg fallen, um sie aufzubrechen. Daher ist der ganze Weg voll scharfkantiger Schalen. Ich habe das Gefühl, dieses Wissen breitet sich unter den Vögeln gerade rapide aus, denn irgendwie wird das Problem von mal zu mal größer.

Während man nördlich von Schwedt noch einige Kilometer recht angenehm fahren kann, nimmt hinter Friedrichstal die Qualität des radweges erstmal drastisch ab: Ein holpriger Plattenweg zwingt zu langsamer Fahrt und einigen kleinen Erholungspausen. Zudem sind wir auch mittlerweile so lang unterwegs, daß wir uns demnächst um einen Schlafplatz bemühen sollten. Wir peilen den Campingplatz Mescherin an, wo wir auch problemlos unterkommen. Zum Frühstück lassen wir uns im Alten Zollhaus einige hundert Meter weiter anmelden, wo wir dann auch gleich noch zum Abendessen hingehen. Nach 165km dürfen es ruhig noch ein paar Kalorien sein. Die Frage nach einm Nachtisch wird allerdings aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit nur mit einem knappen „Nein“ beantwortet. Die Preise hier an der Oder sind allerdings unschlagbar günstig.

Bevor wir uns in die Zelte verziehen, unterhalten wir uns noch mit unseren Nachbarn, wo wir sogar noch auf einen Schlummertrunk eingeladen werden. Ein langer, schöner Fahrtag liegt hinter uns. Micha hatte dem Begriff Liegerad durch das taktische Ausnutzen von Sandlöchern, Fußhupen und Schranken bei langsamer Fahrt durch mehrfaches neben-dem-Rad-Liegen heute allerdings eine Mehrdeutigkeit verpasst, die sich in den kommenden Tagen zum Glück nicht verfestigen sollte.

Sonntag, 27. Mai 2012

Mescherin – Lassan

Als ich früh morgens aus dem Zelt krabbele, stelle ich verwundert fest, daß Micha fast schon mit gepackten Sachen da steht. Trotzdem bringt er die Geduld auf, darauf zu warten, daß auch ich meine Dinge sortiere und wieder auf der Speedmachine verstaue. Wir verabschieden uns von unseren Campingnachbarn und rollen gemütlich (sieht man mal vom kleinen Anstieg ab) zum Alten Zollhaus, wo wir im Sonnenschein auf der Terrasse mit Oderblick ein schönes Frühstücksbuffet genießen.

Anstatt auf den holprigen Plattenweg über Geesow, begeben wir uns in Mescherin direkt auf die B113. Die Straße ist frisch gemacht und die Brücke über die Oder ist wegen Bauarbeiten geschlossen, so daß Sonntag morgens dort keinerlei Verkehr herrscht. Wo hinter Tantow der Oder-Neiße-Radweg seinen Abstecher nach Penkun macht, folgen wir weiter der ruhigen Bundesstraße, bis wir in Krackow wieder auf den D12-Track stoßen. Der ruhige Weg über Sonnenberg und Ramin ist gut fahrbar und lohnt sich gegenüber der direkten Straße nach Löcknitz sicherlich.

Zunehmend bahnt sich der Original-Track seinen Weg jetzt aber über kleine und teils nur schlecht oder gar nicht asphaltierte Straße, bis das ganze ab Hintersee  über staubige Waldpfade mit teils sandigen Löchern führt. Ich bin heilfroh, daß ich in der Planung ab Ludwigshof diesem Desaster an Radwanderwegen – oder was man in Mecklenburg-Vorpommern dafür hält – ausgewichen bin und rate jedem Nachahmer, spätestens ab hier dasselbe zu tun: Der Pfad nach Ahlbeck ist irgendwie fahrbar, in etwa wie die Radwegführung davor (die Straße ist Kopfsteinpflaster und auf jeden Fall zu meiden!), ab AHlbeck geht es dann über halbwegs brauchbare Straßen recht gemütlich nach Vogelsang, wo man wieder auf den D12 – aber in Form einer brauchbaren Straße trifft. Auf dieser geht es nach Ueckermünde. Der D12 führt vorn zum Strand mit viel Budenzauber. Wer das nicht braucht, sollte vermutlich lieber den direkten Weg zum Stadthafen nehmen. Dort gibt es einige nette Restaurants – Fischliebhaber kommen hier auf ihre Kosten. Die Platzwahl im Schatten hatte allerdings ihre Tücken. Durch den strengen Wind wurde es bald spürbar kalt, so daß wir nach dem Essen erst eine kurze Aufwärmphase in der Sonne benötigten und dann bald aufbrachen.

Kann man hinter Ueckermünde zunäcchst auf der L31 dem Berlin-Usedom-Radweg bzw. dem Seenradweg folgen, begehen wir an der Stelle, wo die Landstraße abbiegt den Fehler, dies auch weiter zu tun. Katastrophe! Ich habe keine Ahnung, ob und wie gut die B109 als Alternativstrecke via Ducherow mit dem Rad fahrbar ist, die Radwanderwege sind jedenfalls eine Zumutung. Nachdem wir – eher zufällig – den „Radweg“ neben der unbenutzbaren ehemaligen Kopfsteinpflasterstraße entdeckt haben quälen wir uns teils durch sandige Löcher bis Bugewitz. Ab dort sind wir fast schon froh über den Plattenweg fahren zu können. Landschaftlich schön, aber wegen der unzureichenden Wegqualität bleibt kaum Zeit, das zu genießen. Ab Bargischow gibt es direkt geradedurch bis Anklam eine neu gemachte Straße, die wir dann anstatt des Berlin-Usedom-Weges bis Anklam nutzen. Wenigstens etwas Erholung!

Anklam selbst zeigt sich bei der Einfahrt von seiner eher trostlosen Seite und ich bin nicht sicher, ob es eine andere hat. Am Markt gehen wir zur Eisbar, hier ist man stolz auf eine lange Historie seit der Einrichtung als HO-Gaststätte. Das Eis ist gut, ansonsten dürfte der Charme teilweise eher den eingefleischten Ostalgiker ansprechen.

Wenige Kilometer hinter Anklam weichen wir von der geplanten Route ab und fahren erst am begleitenden radweg, dann direkt auf der B110 bis Murchin, dann auf der K32 nach Lassan, wo wir uns einen Campingplatz ausgesucht haben. Dieser ist nett gelegen, wir kriegen noch ein wenig was vom Grill und machen später noch einen Spaziergang zum Hafen und zu einem kleinen Aussichtsturm am Peenestrom, von dem wir mit unseren Stirnlampen nach Rankwitz rüberleuchten, wo meine Eltern mit der Andante festgemacht haben und unsere Blinkzeichen sehen.

Montag, 28. Mai 2012

Lassan – Stralsund

Da wir um kurz vor halb fünf nachmittags in Stralsund den Zug kriegen müssen und nicht hetzen wollen, haben wir das Frühstück auf halb neun festgesetzt: Meine Eltern sind mit der Andante aus Rankwitz früh morgens herübergekommen und erwarten uns schon im Hafen. An Bord werden wir vorzüglich versorgt.

Über kleine Wege schummeln wir uns aus Lassan heraus, fahren über die mit eher mäßiger Qualität gesegnete K30, nehmen einen Plattenweg (der letztlich keine spürbare Verschlechterung zur Straße darstellte) als Abkürzung zur L26 und folgen dieser bis zur B111. Die wenigen Kilometer auf der stark befahrenen Bundesstraße bis Pritzier sind etwas stressig, ab Pritzier geht es auf der gut zu fahrenden L26 weiter, wo wir hinter Katzow wieder auf unseren ursprünglich geplanten Track treffen.

Bis Wieck läuft alles gut, wir gönnen uns dort eine kleine Getränkepause, fahren auf die Mole. Ich war ja auf diversen Segeltörns bereits hier und es kommt fast ein wenig Sehnsucht nach den Segelzeiten auf. Von Wieck fahren wir entlang der Ryck auf einem gut fahrbaren, wenn auch nicht asphaltierten Radweg bis Greifswald. Der Plan ist, ab hier dem D2 nach Stralsund zu folgen.

In Neuenkirchen folgen wir unserem Track – doch dort, wo es aus dem Ort herausgeht, führt der Weg plötzlich über eine unbefestigte, löchrige und sandige Straße. Das ist keine Option. Auf der Karte sehe ich eine parallel zu B105 führende Straße, auf die der Radwanderweg bei Mesekenhagen ohnehin wieder trifft. Zu unserer Freude ist die Straße durch die parallele Bundesstraße nahezu unbefahren und hat einen schönen glatten Asphalt, was ich auch übermütig bemerke.

Übermütig deshalb, weil ab hier die echte Katastrophe anfängt: Schon kurz nach meiner Bemerkung endet der Asphalt und die Straße wird zur Kopfsteinpflasterhölle. Auch dort, wo der offizielle Radweg wieder darauf einbiegt. Kilometer um Kilometer – am Ende fast 20 – ruckeln wir uns langsam dahin. Erst mit der Einfahrt nach Stralsund kommen wir wieder auf eine asphaltierte Straße. Die Bundesstraße an dieser Stelle ist mit dem Rad lebensgefährlich – Leitplanken an beiden Seiten, eng und stark befahren. Ein Schild weist 30 km/h als Mindestgeschwindigkeit in die eine Richtung, in die andere sogar eine Kraftfahrstraße aus. Und es gibt quasi keine sinnvoll parallel laufenden Alternativen.

Zu meinem Erstaunen kommen wir dennoch fast zwei Stunden vor Abfahrt unseres Zuges in Stralsund an, so daß wir am Hafen noch essen und auf dem Markt nach Eis zu uns nehmen können, nebst obligatorischem Molenfoto.

Der gebuchte IC ist quasi leer, wir haben die einzigen beiden Räder. Im Entlastungs-IC gibt es leider weder eine Klimaanlage, noch gibt es ein Bistro oder auch nur einen Servicewagen oder Automaten mit Getränken, so daß es bei den vielen Betriebshalten ziemlich warm wird. Aber dafür ist es leer und da der Zug bis Berlin nur noch in Neubrandenburg hält, ändert sich daran auch nichts.

Ab Gesundbrunnen fahren wir noch ein kleines Stück gemeinsam, bevor dann jeder seinen Heimweg einschlägt.

Fazit

Brandenburg

Ab der Berliner Stadtgrenze bis nach Niederfinow kommt man auf wunderbaren Wegen, quasi bis auf wenige kleine Ausnahmen komplett autofrei. Ab Niederfinow kann man je nach Gusto die Landstraße nehmen oder muß etwas schlechtere Qualität in Kauf nehmen, wenn man weiter weitgehend unbelästigt vom motorisierten Verkehr (hier sind eher die Motorradfahrer am Wochenende der stressende Faktor) bis zur Oder kommen will. Der Oder-Radweg ist im wesentlichen schön, wenn auch beide Umleitungsoptionen vor Schwedt nicht besonders toll sind. Hinter Schwedt, vor Garz wird es dann auch nochmal lästig auf dem Plattenweg.

Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern rühmt sich an vielen Stellen mit seinen vielfältigen Angeboten, das Land per Fahrrad zu entdecken. Das ist ein Hohn. Man kann Mecklenburg-Vorpommern, folgt man zum Beispiel den Radweit-Strecken bequem als Reiseradler durchqueren. Will man das Land, das ja durchaus vielfältige und schöne Natur bietet, aber mit dem Rad entdecken und greift dabei auf die ausgewiesenen Radwege zurück, fragt man sich irgendwann, was sich die Planer dabei gedacht haben. Wann immer wir offiziellen Radrouten folgten, hatten wir es mit katastrophalen Wegen zu tun. Ich bin ein Mensch, der – auch dank der vollgefederten Speedmachine – nicht allzu anspruchsvoll ist, was die Qualität des Untergrundes angeht. Ich fahre auch gerne mal auf nicht asphaltierten Wegen, so sie denn gut befestigt sind – es ist nicht nötig, durch Naturschutzgebiete dicke Asphaltbänder zu ziehen. Aber für einen Radwanderweg, also eine Strecke, die mit einem bepackten Fahrrad, vielleicht auch teilweise von älteren Mitbürgern, genutzt werden soll, verbieten sich enge Waldwege, auf denen Begegnungen zum Abenteuer werden, mit Schlaglöchern gespickte Schotterpisten, Trampelpfade mit Sandkuhlen und ausgedehnte Kopfsteinpflasterpassagen ohne wenn und aber. Mecklenburg-Vorpommern ist dünn besiedelt, an vielen Stellen gibt es einfach keine Alternativen zu den ausgewiesenen Radrouten bzw. sind diese Alternativen dann stark befahrene Bundesstraßen, die nicht einmal einen begleitenden Radweg bieten. Jeder einzelne der ausgewiesenen Radwege hat uns spätestens nach ein paar Kilometern wieder durch die desaströse Infrastruktur enttäuscht. Traue ich schon grundsätzlich den offiziellen Radrouten nur mäßig über den Weg, so kann ich für dieses Bundesland nur sagen: sie sind ein Garant für Ärger. Zur Planung greift man hier am besten auf Landesstraßen zurück. K-Straßen sind oft in erbärmlichem Zustand, Bundesstraßen nur in Einzelfällen zu befahren, was dem starken Verkehr, teils aber auch der hohen Aggressivität der Autofahrer geschuldet ist.

Abstecher zur Elbe

Nachdem ich an Himmelfahrt ja schon eine Tagestour nach Frankfurt/Oder unternommen hatte, nutzte ich den um 180° gedrehten Wind am Wochenende dann aus, um mit Solon eine gemütliche Liegeradtour in Richtung Elbe zu unternehmen.

Am späten Vormittag machten wir uns von Schlachtensee aus auf den Weg. Erstmal ging es geradewegs über den Schäferberg nach Potsdam: eventuelle Menschenmassen auf dem Uferweg wollten wir vermeiden. Um Potsdams Innenstadt zu umfahren, wählten wir die Strecke durch den Neuen Garten. Die B2 verließen wir bei Neu Fahrland, ab hier wurde es ruhiger auf der Straße, zumal auf dem kurzen Stück B273 ein perfekt ausgebauter Radweg zur Verfügung steht, lediglich die Baustelle an der Einmündung der L92 ist etwas nervig. Auf der Fortführung der L92 nach Ketzin war aber auch nicht viel los, so daß wir in Ruhe fahren konnten.

Die Fähre Ketzin fuhr uns leider genau vor der Nase weg, aber da sie ja zum Glück in relativ kurzen Abständen pendelt, mussten wir vielleicht 15 Minuten warten, bevor wir auf der anderen Seite der Havel auf den Havelradweg einbiegen konnten und bei angenehmen Temperaturen von knap 20°C und leichtem Rückenwind auf dem Haveldeich in Richtung Brandenburg rauschten. Traditionell gab es eine Mittagsmahlzeit im Fischerstübchen kurz hinter Deetz. Das Erklimmen der Götzer Berge ersparten wir uns aufgrund der schlechten Wege mit dem ganzen Gepäck am Rad lieber und zogen stattdessen schnell bis Brandenburg durch, wo wir uns ein leckeres Eis gönnten.

Von Brandenburg nach Rathenow hatte ich den bewährten Weg auf der L98 gewählt. Dort geht es zwar nicht ganz so beschaulich zu wie auf dem offiziellen Havelradweg, allerdings erspart man sich einige Kilometer und kommt recht schnell bis Rathenow durch. Dafür ist der Weg zu guten Teilen auch eher langweilig und ab und an muß man mit etwas Verkehr rechnen.

In Rathenow wird derzeit auf der Hauptstraße gebaut, mit dem Rad kommt man (außerhalb der Betriebszeiten der Baustelle) allerdings halbwegs passabel durch. Am Ortsrand veresorgten wir uns für alle Fälle mit etwas Frühstück für den kommenden Tag, dann bogen wir wieder auf den Havelradweg ein. Dieser führt ab hier durch ein Naturschutzgebiet und über den Truppenübungsplatz Klietz, durch Göttlin und Grütz, bevor es bei Neu-Schollene wieder zurück auf – relativ verkehrsarme – Straßen geht.

Wir folgten hier nicht der Route nach Havelberg, sondern fuhren nach Kamern, wo wir auf ein nettes Restaurant (ein altes Schiff, das auf Land steht) hofften. Dies war leider geschlossen, so daß wir uns an der Imbißbude des später beginnenden Dorffestes versorgen mußten – mit einer eher bescheidenen Auswahl.

Weit konnten wir nicht mehr fahren, zum einen stimmte Solons Sitzabstimmung noch nicht, so daß er mehr als eine kleine Pause benötigte, zum asnderen wurde es bald dunkel, so daß wir uns ein Lager suchen mussten. Ein kleines Stücvk weiter verließen wir also die Straße auf einem kleinen Weg, schoben dann die Räder am Waldrand entlang und schlugen unser Lager abseits auf.

Leider hatte keiner von uns an Mückennetze oder Mückenschutzmittel gedacht, so daß die Viecher schon bald ziemlich zu nerven begannen und wir uns in unsere Schlafsäcke flüchteten. Zudem trug der Wind die Musik vom Fest in immernoch erheblicher Lautstärke bis in den frühen Morgen zu uns herüber – ich zumindest habe nur bedingt gut geschlafen – und mir diverse Mückenstiche im Gesicht und an einer Hand, die zwischenzeitlich außerhalb des Schlafsackes lag, eingehandelt.

Den Morgen begannen wir zunächst mit einer Fahrt zur Elbe: Bei Wulkau überquerten wir die B107 und fuhren dann auf dem Elbradweg im Bogen nach Sandau. Herrliche Landschaft – hier hätten wir unser Lager aufschlagen sollen. Aber da ich diesen Abschnitt vorher nicht kannte, war das am Abend schwer vorherzusagen. Zwar verläuft hier auf dem Deich ein Plattenweg, allerdings in größtenteils guter Qualität – was sich bei Sandau allerdings ändert, so daß wir dort auf den Radweg entlang der B107 auswichen und zunächst nach Havelberg fuhren, wo wir im Bilderbuch-Café ein Frühstück genossen (anstatt unser Brot und Käse aus den Vorräten zu verspeisen).

Der SOnntag war sonniger und wärmer als der Samstag, aber es war klar, daß Solon nicht mehr ewig würde mit der derzeitigen Sitzkonfiguration fahren können. Den Plan, bis Schwerin zu fahren begruben wir also und ließen uns stattdessen etwas Zeit auf dem Weg nach Wittenberge. Der Havelradweg, der südlich von Havelberg abzweigt, hat hier eine gute Qualität und führt durch sher schöne Landschaften. Natürlich waren an diesem Tag sehr viele Radler unterwegs, aber nicht so viele, daß es wirklich störend wurde.

Nach dem Queren der Havelmündung empfiehlt es sich, der Hauptroute des Radwegs zu folgen, die Alternativroute südlich des Gnevsdorfer Vorfluters ist ein Plattenweg in nicht gerade guter Qualität, die Hauptroute auf der Nordseite des Vorfluters dagegen asphaltiert und perfekt fahrbar. Da es langsam sehr warm wurde, legten wir noch eine Pause im Dörpkrug an Diek in Abbendorf ein, um usn mit Apfelschorle zu kühlen. Bis Garsedow fuhren wir fats ohne Probleme durch – nur an einer Stelle ist nicht markiert, daß der Radweg oben auf dem Deich weitergeht – folgt man der asphaltierten Straße hinter dem Deich ist 100m nach der Auffahrt abrupt Schluß in der Wiese. Wohl dem, der die Strecke nachts mit hoffentlich guter Beleuchtung fährt.

Kurz vor Wittenberge erlaubten wir uns noch einen Abstecher an den Elbstrand und steckten unsere Füße ins Kühle Wasser, dann fuhren wir zum Bahnhof, besorgten Fahrkarten und nutzten die Wartezeit noch für ein Eis. Im erstuanlich leeren Regionalexpress – vermutlich da es erst früher Nachmittag war, fuhren wir dann nach Berlin zurück.

Die Tour war schön – und Solon zog seine Schlüsse zur Modifikation seines Sitzes bzw. der Sitzauflage für die nächste Tour.

Abstecher nach Tschechien

Als Ostertour planten Klaus mit seiner Streetmachine und ich mit der Speedmachine einen Abstecher nach Tschechien. Ziel war es diesmal nicht, Höhenmeter aus der Tour rauszuoptimieren, sondern eher mal auszuprobieren, diverse Steigungen mitzunehmen. Und obwohl sich etwa eine Woche vor der Fahrt während der Planung die Hinweise verdichteten, daß uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen könnte, setzten wir eine Route durch das Riesengebirge ab. Wir verzichteten allerdings darauf, auf Höhen über 1000m aufsteigen zu wollen, da dort noch dichter Schnee lag, wie auf diversen Webcams zu sehen war und planten bis auf einen Anstieg auf ca. 1012 Meter eher in Bereichen von maximal 800 Meter Höhe.

Am Karfreitag ging es zunächst mit der Bahn nach Bad Schandau, Zum EInfahren folgten wir dem Elbtal auf dem linkselbischen Abschnitt des Elberadwegs bis zur Fähre Schöna-Hrensko, wo wir den Fluß überquerten auf Tschechischer Seite in den Nationalpark einfuhren. Der flache Teil des Weges war damit vorläufig vorbei, ab hier ging es hügelig zur Sache. Zunächst waren die Steigungen noch überschaubar und meist nicht sehr steil, doch nach und nach kamen einige Rampen mit mehr als 5% Steigung dazu. Der Höhenmesser stieg unaufhörlich, die grundsätzliche Tendenz war trotz manch rasanter Abfahrt klar erkennbar.

Das Wetter war zwar größtenteils grau und diesig, aber von Regen blieben wir verschont. Auch die Temperatur war noch im erträglichen Breich, wenn sie auch mit zunehmender Höhe spürbar sank. Gegen Mittag gönnten wir uns eine längere Pause in einem Restaurant am Wege – undwaeren ersteinmal erstaunt über die niedrigen tschechischen Preise. Eine Verständigung auf deutsch war auch kein Problem und selbst die Bezahlung mit Euro funktionierte klaglos, da wir noch keine Tschechischen Kronen abgehoben hatten.

Bei Varnsdorf ging es zunächst nocheinmal kurz auf deutschen Grund, kurz hinter Zittau war allerdings die Himmelsbrücke über die Neiße nicht querbar, so daß wir den Abstecher nach Polen ausließen und das Dreiländereck nur von deutscher Seite aus betrachteten, bevor wir in Hrádek nad Nisou wieder nach Tschechien kamen. Eine kurze Stichfahrt in den Ort führte uns zum Geldautomaten, dann ging es auch schon weiter.

Obwohl eigentlich nicht mehr viele Kilometer vor uns lagen, sagte unser Höhenprofil, daß es ab jetzt zur Sache geht. Einbige steile Rampen hatten wir zwar schon hinter uns – aber jetzt aber folgten fast nur noch Anstiege. Und der letzte sollte über ca. 10km bis zum Hotel auf 1000m Höhe führen. Langsam setzte auch die Dämmerung ein und als Flachlandfahrer ist man es einfach nbicht gewöhnt, daß auch eine Strecke von nur 10km durchaus mal mehr als eine Stunde dauern kann.

Je höher wir kamen, desto kälter und dunkler wurde es. Wir fuhren auch irgendwann in die Wolken ein, so daß unser Licht fast nur noch eine große weiße Wand vor uns produzierte. Am Rand der Straße waren vereinzelte Schneefelder zu sehen.

Etwa 3km vor unserem Ziel, dem Hotel Jested (Jeschken) kam die Abbiegung auf die Zufahrtsstraße. Ab jetzt hieß es Endspurt. In einer nicht enden wollenden Steigung ging es durch die naßkalten Wolken immer weiter hinauf. Das Hotel war zwischendurch als leuchtender Fleck im Nebel erkennbar, wirklich sehen konnten wir es allerdings erst, als wir wirklich davor standen.

Wir konnten sogar noch zwei Zimmer nehmen, die Fahrräder wurden in einem Raum hinter der Rezeption sicher untergebracht und das Restaurant war auch noch offen, so daß wir uns stärken konnten. Selbst kostenfreies WLAN stand hier oben auf dem Gipfel in akzeptabler Geschwindigkeit zur Verfügung, so daß wir das Wetter und die Bedingungen für die nächsten Tage checken konnten. Und das sah nicht gut aus. Niesel und Schnee durch und durch. Aber zunächst einmal saßen wir hier oben warm und trocken und konnten schön heiß duschen. Wir einigten uns auf einen nicht allzu frühen Tagesbeginn.

Des Nachts pfiff der Wind um das Hotel, die feuchte Schicht außen auf den Scheiben vereiste und der Niesel verwandelete sich in Schneegriesel.

Am nächsten Morgen war ringsherum alles bedeckt mit einer Schicht feiner Eiskristalle. Der Blick reichte keine 30m weit, selbst im halboffenen Wandelgang um die Hotelrezeption waberten Nebelschwaden. Wir frühstückten ersteinmal ausgiebig. Das Wetter änderte sich nicht.

Im dichten Nebel fuhren wir vorsichtig bergab. Die Straße war naß, teilweise mit Schnematschfelder überdeckt, der Schneegriesel piekste in den Augen. Gegen die Kälte waren wir gut eingepackt, aber bei anhaltender Nässe würde das mit der Wärme nicht ewig so bleiben. Durch die unruhige Nach und das undurchdringliche grau war die Motivation, sich jetzt noch viele Kilometer durch dieses anhaltend schlechte Wetter zu quälen nicht besonders hoch. Uns erwarteten keine schönen Ausblicke, auch die Wettervorhersage war weiterhin nicht prickelnd, die Wolkenuntergrenze irgendwo im Bereich um 600 Meter – und so entschieden wir, ab Liberec zunächst mit der Bahn in Richtung Dresden zu fahren.

Auch in Dresden erwartete uns windiges Wetter, immer wieder hatten wir Schneeschauer beobachtet. Nach einer kurzen Runde unter der viel diskutierten Waldschlösschenbrücke hindurch nahmen wir den Eurocity zurück nach Berlin.

Ich für meinen Teil bin besser mit den Bergen zurechtgekommen, als ich im Vorfeld dachte, hatte allerdings auch nur wirklich kleines und leichtes Gepäck für ein paar Tage (ohne Zelten etc.) dabei. Die Tourplanung bleibt gespeichert, um bei schönerem Wetter nochmal weitergefahren zu werden. Ist ja doch irgendwie besser, wenn man von der schönen Landschaft auch etwas sieht.