Die offizielle Eröffnung der Cycle Vision 2009 wurde am 2. Juli abends mit einem Liegerad- und Velomobil-Korso in die Innenstadt und eine kleine Ansprache abgehalten. Manuel und ich fuhren zur angegebenen Zeit zum Cycle Vision Camp, wo wir bereits diverse Velomobile und Liegeräder bewundern konnten. Die 20-minütige Verspätung beim Start des Korsos war dann ein kleiner Vorgeschmack auf die weiteren Erfahrungen mit der Organisation.
Der Korso setzte sich dann angeführt durch das Double-Quest und begleitet von Presse in Richtung Innenstadt in Bewegung. An zu passierenden Ampeln und Kreuzungen wurde die Gruppe (bestimmt 40 Räder) ab und zu getrennt, die Information wanderte dann durch lautes Rufen nach vorne, so daß wir schließlich doch alle gemeinsam am Pieter-Vreede-Plein im Zentrum ankamen. Unter einem Schwalbe-Tor posierten wir mit unseren Gefährten für die örtliche Presse, der stellvertretende Bürgermeister und die Organisatoren hielten kurze Reden, dann fuhren wir nocheinmal um den Platz, bevor sich die Gruppe in Richtung 20-km-Kurs bzw. Camp verteilte und wir nach einem netten Abend in der Tilburger Innenstadt auch nach Hause radelten.
Da mir leider nicht wirklich Zeit blieb, die 700km nach Tilburg auf der Speedmachine zurückzulegen, machte ich mich am 1. Juli mit der Bahn in Richtung Amersfoort auf. So konnte ich das Umsteigen in Deventer sparen und zumindest die letzten 100km standesgemäß zur Cycle Vision 2009 in Tilburg anreisen. Am Abend vorher hatte ich alles wesentliche gepackt und mir Wegpunkte im Garmin gespeichert, so mußte ich zwar noch immer früher als gewohnt aufstehen, um den Zug um 08:39 Uhr am Hauptbahnhof zu erreichen, aber es hielt sich noch in erträglichem Rahmen.
Die Zugfahrt verlief unspektakulär, ich hatte meine Speedmachine im Tandemständer hochkant eingehängt, so daß sie trotz ihrer geringfügigen Überlänge den Gang nicht blockierte. In Amersfoort stieg ich schließlich aus, startete das GPS und fuhr gegen 14:35 Uhr los. Meine Wegpunkte in Zusammenhang mit dem OpenStreetMap Autorouting führten mich nicht immer auf dem kürzesten Weg durch die Lande, allerdings über sehr schöne und schattige Radwege – denn es war sonnig und sehr warm. Schon bei der Ankunft in Amersfoort war meine Getränkevorrat gut einen Liter kleiner als bei der Abfahrt, obwohl ich zwischendurch auch noch extra Wasser zugekauft hatte, jetzt aber nahm er stetig ab. Obwohl ich nicht wirklich sparte, hatte ich aber genug für die knapp mehr als hundert Kilometer, die vor mir lagen.
Kurz hinter Amersfoort, bei Maarn, zweigte ich von der großen Landstraße ab und folgte einem kleinen Waldweg, der sich dennoch ganz gut fahren lies (er war befestigt) – und derwischte den vermutlich einzigen „Berg“ der Niederlande. OK, 35 Meter Anstieg ist nichts, was die meisten als Berg bezeichnen würden, aber da die Niederlande sonst ja eher platt sind überraschte das dann schon etwas.
Ich fuhr westlich an Wijk bij Duurstede vorbei und nahm dann die erste Fähre. Danach ging es hinüber nach Zaltbommel, wo mich auf einer Brücke der nächste kleine Anstieg erwartete. Pausen? Wozu denn! Ich wollte eigentlich die vier Stunden nach Tilburg schaffen, schnell war mir aber klar, daß das mit dieser Strecke, drei Fähren und meinen Beinen nicht gehen würde und ich schraubte meine Ansprüche auf fünf Stunden herunter. Auf der Brücke leerte ich (fast) meine „Spezialflasche“, die ich testweise mit einem (relativ harmlosen) Maltodextrin-Zitronensaft-Wasser-Mix mit einer Preise Salz versehen hatte. Mit der Extra-Energie konnte ich wieder gut loslegen und fuhr zur nächsten Fähre (bei Bern) und kurz danach zur Fähre bei Heusden weiter.
Die OSM auf dem Garmin wollte mich partout via ’s-Hertogenbosch bzw. knapp daran vorbei führen – ich wollte partout in die andere Richtung durch die Drunense Duinen, die in den umgebenden Waldgebieten kühlen Schatten versprach. So fuhr ich entgegen der Anweisungen meines GPS und hoffte, daß die Gerüchte über einen fahrbaren Weg durch die Dünen stimmten. Kurz bevor ich endgültig ins Naturschutzgebiet einfuhr kam mir eine Gruppe Mountainbiker entgegen, die mir sagen konnten, welcher Weg für mich geeignet war, so daß ich mit einem kleinen Schlenker auf einem wunderschönen Weg Loon Op Zand erreichte, von wo es nach Tilburg nicht mehr weit war.
Nach 04:45 Stunden und mit einem Tachoschnitt, der nur knapp unter dem Bruttoschnitt lag kam ich nach 106 km Fahrt (ab Amersfoort) noch pünktlich, um beim Grill anzünden helfen zu können.
Nachdem ich mit meinen Schwalbe Marathon Racer Reifen zwar von der Geschwindigkeit glücklich war, aber mit vier Platten auf 4000km auch eine realtiv bescheidene Pannenstatistik, habe ich mir jetzt Schwalbe Marathon Supreme Reifen gegönnt. Diese sollen von der Geschwindigkeit fast so gut wie die Racer sein (sie sind etwas schwerer), aber sehr viel pannensicherer und auch bei der Nässehaftung und dem Seitenhalt den Racern überlegen sein.
Meine heutige Fahrt war nicht unbedingt dazu angetan, all diese Aspekte bis ins letzte Detail zu testen, ich bin bin mit relativ langsamem Schnitt über Parkwege und den Berliner Mauerweg gefahren, der nicht überall für Geschwindigkeiten jenseits der 25 km/h geeignet ist. Es war trocken und ich habe keine ungewöhnlich großen Glasfelder gesehen.
Ich kann also nicht sagen, ob ich wirklich langsamer war als mit dem Racer. Auch kann ich nicht sagen, ob es bei Nässe so viel besser ist. Nur einen ersten EIndruck geben, rein subjektiv versteht sich.
Das Fahrgefühl ist dezent anders. Wo der Racer an Kanten nach unten rutschte, scheint der Supreme eher an den Kanten mit gutem Grip zu steigen. In Kurven ändert sich das Fahrgefühl kaum gegenüber geraden Strecken. Auf rauhem Asphalt scheint der Reifen etwas stärker an der Straße zu „kleben“. Auf glattem Asphalt fällt auf, daß das Fahrgeräusch nicht unbedingt lauter als beim Racer ist, aber anders. Hatte man beim Racer öfter das Gefühl, in Ferne käme ein LKW, so klingt der Supreme eher wie ein weit entfernter Düsenjet.
Am Mittwoch geht es auf eine kleine Tour, bin gespannt, ob ich da einen Unterschied merke.
Ich drehte entgegen aller Erwartungen heute noch eine kleine Trainingsrunde, nur 30km und mit dem Weg ins Büro vorher auch nur ein 28,3-km/h-Schnitt. Auch wenn ich irgendwie nicht richtig auf Touren kam, es fühlte sich gut an. Da es recht spät war und sich die ganzen Rennradler vermutlich auf den morgigen Veloton mittlerweile lieber mit Nudeln vorbereiteten als damit, sich nochmal die Muskeln leerzufahren, traf ich auf der Havelchaussee und auf dem Kronprinzessinnenweg relativ wenige.
Einer aber, der mir entgegen kam, überraschte mich positiv! Da die Rennradler-Zunft einen ja sonst auf dem Liegerad nicht sonderlich ernst nimmt, vielleicht mal zurück grüßt, aber seltenst von sich aus, war ich völlig überrumpelt. Mir kam ein recht professionell anmutender Rennradler entgegen, gelbes Bike, gelbes Trikot, recht hohe Geschwindigkeit – einer, der es ernst meint. Und er grüßt mich mit den Worten: „Gutes Tempo!“ (ich fuhr meine auf der Ebene typischen 37 km/h). Ich stammelte völlig verdutzt ein „Hi!“ heraus und versuchte schnell genug ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Manchmal wird man eben doch noch überrascht!
Nachdem die kleine Trainingsrunde am Montag so gut geklappt hat, mußte ich noch versuchen, noch eins oben draufzusetzen. Heute bin ich vor der Arbeit die etwas größere Trainingsrunde gefahren: Durch Dahlem, über die Argentinische Allee, Matterhornstraße nach Nikolassee, den Kronprinzessinnenweg bis zum Funkturm, dann rüber zum Kudamm und bis zum Büro in der Knesebeckstraße.
Auch wenn ich am Anfang meine Zweifel hatte, pendelt sich die Geschwindigkeit langsam wieder in einem brauchbaren Bereich ein, selbst der Gegenwind auf der Argentinischen Allee kann mich nur wenig bremsen.
Bevor ich in Nikolassee in Richtung Kronpinzessinnenweg einbiege gönne ich mir eine kleine Trinkpause – allein bis hierhin (gemäßigter Stadtverkehr) steht ein Schnitt von 29,4 km/h auf dem Tacho. Das hat noch Potential, denke ich mir und trete wieder in die Pedale.
An der Stelle, wo die Havelchaussee abbiegt, überhole ich noch einen Rennradfahrer, den ich aber schnell aus dem Spiegel verliere. Bis auf die kurzen leichten Anstiege halte ich geschwidigkeiten jenseits der 35 km/h gerne mal. Erst in der Eichkampstraße/Messedamm wird meine Fahrt wieder durch den Verkehr gebremst.
Den Kudamm kann ich auf der Busspur unbehelligt von blinden Porschefahrern bewältigen und so komme ich mit einem 31,16-km/h-Schnitt nach 24,75 Kilometern im Büro an.
Abends muß ich noch ins Rechenzentrum und lege (sehr viel langsamer allerdings wegen des hohen Verkehrsaufkommens) noch eine Premiere nach: Ich fahre mit dem Rad zum Datacenter.