Eisenach – Melsungen

Morgens um sieben traf ich mich mit Micha am Hauptbahnhof in Berlin, um den ICE nach Eisenach zu nehmen. Wir besorgten uns Brötchen beim Bäcker, dann ging es runter zum Bahnsteig. Pünktlich rollte ICE 595 in den Bahnhof und wir konnten entspannt einsteigen. Das Fahrradabteil des ICE4 war. Noch leer, außer uns stiegen nur zwei weitere Radfahrer ein. Für uns hatte ich die Hängeplätze 107 und 108 direkt neben der Tür reserviert das ist mit dem Lieber meist besser als die quer im Gang stehenden Plätze, gerade wenn andere dort mit anderen Rädern oder Gepäck durchwuchten. Auch wenn es ab Leipzig voller würde, war die Fahrt pünktlich und angenehm.

Reisefertige Liegeräder im Berliner Hauptbahnhof

In Eisenach stiegen wir aus, die Handgriffe und gegenseitige Hilfe war mit den beiden anderen aussteigenden Radfahrern abgestimmt, so dass alles leicht von der Hand ging, sehr zur Freude des Zugbegleiters. Zügig verließen wir die Stadt auf dem erprobten Weg, auch wenn dieser einen kurzen nicht asphaltierten Anstieg bereithält. Der Himmel zog sich langsam zu, aber das Wetter blieb freundlich. Etwa auf halbem Weg zwischen Eisenach und Bebra ging es denn auf uns unbekannte Strecken, vornehmlich entlang der Bahnstrecke. Das klingt im ersten Moment nach flacher Strecke, es gibt auch wirklich keine langen Anstiege, aber die Servicewege sind nicht nivelliert und bieten immer wieder kräftige Rampen und knackige Schussfahrten, bei denen man wegen Sand in denKurven dann aufpassen muss.

Kurz hinter Eisenach

In Bebra bogen wir schließlich auf den Fuldaradweg ein, der zumeist auf Wirtschaftwegen oder als expliziter Radweg mit gutem Belag und weniger Steigungen entlang der Fulda führt. Einen kleinen Zwischenstopp erlaubten wir uns in Rotenburg a.d. Fulda, wo wir zu Mittag aßen. Außerdem schauten wir nach möglichen Orten für die erste Nacht. Eine Entscheidung hatten wir aber nicht getroffen.

An der Seil(bahn)fähre

Ein Highlight der Etappe war sicherlich die handbetriebene Seilbahn über die Fulda hinter Binsforth, bei der es dann auch für die Arme Training gab und etwas Ruhe für die Beine. Anschließend verläuft der Radweg noch einige Zeit durch die Wiesen nahe des Flusses oder neben der im Tal verlaufenden Bahnlinie, kurz vor Melsungen als begleitender Radweg neben der Bundesstraße 83.

Innenstadt von Melsungen

Bei einem kleinen Snack gegen halb vier am Ortseingang von Melsungen entschieden wir, in Melsungen ein Hotel zu suchen, was schnell gefunden war. Zwar war es nah am Track, aber es lagen doch ein paar Höhenmeter dazwischen und das Navi genierte sich nicht, einen Weg zu suchen, der knackig über 15% Steigung bot. Die Räder bekamen einen sicheren Platz und wir konnten duschen und etwas ausruhen, bevor wir einen kleinen Stadtrundgang in Melsungen machten.

Magdeburg – Brandenburg (- Berlin)

Der letzte Tag stand an. Knappe einhundert Kilometer nach Brandenburg a.d. Havel, von dort hatte ich mir vorgenommen den Rest des Weges mit der Bahn zurückzulegen. Die altbekannten Wege auf den letzten Kilometern nach Berlin rein, darauf hatte ich keine Lust.

Wasserstraßenkreuz Magdeburg

Um die übliche Zeit stieg ich auf’s Rad, zunächst folgte ich dem Elberadweg einige Kilometer auf einer sehr schönen und ruhigen Strecke. Das Wasserstraßenkreuz, wo der Mittellandkanal auf einer Brücke die Elbe kreuzt, mit der Schleuse Hohenwarthe ist ein faszinierendes Bauwerk. Ich war hier zwar bereits sowohl mit dem Rad als auch mit dem Boot, aber dennoch lohnte sich der kleine Abstecher für mich, zumal er mir auch ruhige Wege bescherte.

Über Burg bei Magdeburg ging es dann vorwiegend auf ruhigen Landstraßen weiter. Zwar gibt es den Elbe-Havel-Radweg, der am Kanal entlang führt, dieser ist in weiten Teilen jedoch nicht asphaltiert und nichts für meine dünnen Reifen. Daher blieb ich auf den Straßen, jedenfalls bis ich am Großen Wusterwitzer See wieder auf die Radroute stießen, die von hier auf einem befestigten Weg bis Brandenburg durch den Wald und an weiteren Seen vorbeiführt.

Eis am See

In Brandenburg steuerte ich direkt den Bahnhof an, wo auch bereits ein RE zur Abfahrt bereit stand, so dass ich nur einsteigen musste. Vom Bahnhof Zoo, wo ich ausstieg, fuhr ich dann noch zur Tankstelle um die Ecke, um den gröbsten Staub der Reise vom Rad zu waschen. Das wenige Gepäck war zu Hause in kurzer Zeit ausgeräumt, die Waschmaschine lief und ich konnte entspannen nach dieser Reise mit ihren vielen Eindrücken aus Gegenden Deutschlands, die ich vorher nie oder selten besucht hatte.

Goslar – Magdeburg

Nur etwas mehr als 100 Kilometer bei bestem Wetter standen mir bevor – und das ohne nennenswerte Anstiege. Sonderlich beeilen musste ich mich also nicht. Beim Frühstück unterhielt ich mich mit einem der vielen Motorradfahrer aus dem Hotel, das offenbar ein Hotspot für Biker auf der Suche nach Harz-Abenteuern war. Anschließend packte ich meine Sachen und machte mich fertig.

Kurze Pause nach dem einzigen Anstieg

Um halb zehn rollte ich vom Hof, der erste Teil der Strecke hatte ein angenehmes Gefälle, so dass ich auf der Bundesstraße dennoch recht problemlos durch den Ort kam. Nach dem Ortsausgang führte der Weg auch auf einer Kommunalstraße parallel zur Autobahnähnlichen B6, so dass ich vom Autoverkehr leidlich verschont blieb. Es war der erste Tag, an dem ich nicht ausgewiesenen Radrouten folgte, sondern auf einer selbstgeplanten Strecke unterwegs war.

Kaum Wind, gute Straßen, relativ zielstrebige Strecke und das anfängliche „Anschieben“ durch das Gefälle verliehen mir auch eine ordentliche Geschwindigkeit. Zwar war es eingangs noch hügelig und es gab kurze Anstiege, aber das konnte mich nicht wirklich bremsen, dafür gab es herrliche Blicke über die sich öffnende Landschaft.

Bei Badersleben erreichte ich dann doch noch ein Highlight: Es ging für ein paar Kilometer auf einem Bahntrassenradweg nach Eilenstedt. Holunderbüsche säumten den Weg, es war kaum etwas los, der Himmel war blau. Als sollte es eine Wiedergutmachung für die teils sehr nervige Führung des R1 am Vortag sein.

Schnurgerade durch die Landschaft

Spätestens ab Wanzleben allerdings wurde der Verkehr dichter und die Einfahrt nach Magdeburg zwischen Autos und auf schlechten Radwegen machte keinen großen Spaß. So war ich froh, als ich nach knapp 100 Kilometern die Elbe erreichte und an der Elbpromenade dann auch in Sachen Essen und Eis fündig wurde.

Gemütlicher Abend

Ein Hotel hatte ich bereits am vorherigen Abend reserviert, mit nur einem kleinen Abstecher zum Getränkekauf fuhr ich dann dorthin, es lag auf der anderen Elbseite im Park, so dass ich abends noch einen netten Spaziergang über den Radfahrern und Fußgängern vorbehaltenen Herrenkrugsteg und in Richtung des Wissenschaftshafens machen konnte. Dort konnte ich alte Eisenbahnen, einen Kettendampfer und die Speichern anschauen und vor der Rückkehr ins Hotel in der Beachbar chillen.

Höxter – Goslar

Zwar hatte ich mich noch nicht ganz festgelegt, weil mir ein Freund auf dem Rad auf der Strecke heute entgegen kam, aber sicherheitshalber schon mal ein Hotel in Goslar reserviert. Gegen halb zehn machte ich mich auf den Weg, allerdings erstmal mit einem kleinen Umweg über den örtlichen Radladen, um dort Reifen- und Dämpferpumpe nutzen zu können.

Blick auf die Weser

Bis Holzminden waren es ungefähr elf Kilometer, auf einem ruhigen und schönen Weg an der Weser entlang. Ab Holzminden hatte ich meine Route weitestgehend am Europaradweg R1 ausgerichtet. Dieser verläuft hier aber auf Land- und Kreisstraßen, die zwar durch die parallel führende Bundesstraße relativ ruhig sind, aber nicht vergleichbar mit dem touristischen Fahren auf dem Fulda- oder Weserradweg. Zumindest einige Abschnitte aber sind auf Wirtschaftswegen angelegt, die dort relativ gut fahrbar sind.

Abseits der Flüsse wird die Landschaft in Richtung Harz natürlich auch hügeliger, so dass immer wieder mal bremsende Anstiege gibt, dafür aber auch schöne Abfahrten. Die Ortsdurchfahrten machen oft wenig Freude, da sie auf Hauptstraßen liegen.

Entlang der Bundesstraße

Das Treffen mit Timo, der von der anderen Seite kommend mehr negative als positive Höhenmeter hat und schon zeitig in Goslar ist, legen wir erst auf Bad Gandersheim oder Seesen fest, später einigen wir uns auf Letzteres. Er muss ein wenig auf mich warten, denn für mich gibt es zunächst noch einen kräftigen Anstieg zu meistern, während die Abfahret eher so mittelprächtig ist, weil die Straße schlecht ist und gerade ausgebessert wird: Split ist in die Löcher gekippt, aber noch nicht mit Bitumen abgebunden. Höchste Vorsicht in den Kurven ist angesagt.

In Seesen sitzen wir bei bestem Wetter dann beim Italiener zusammen, Nudeln und Nachtisch sind angesagt, sowie natürlich jede Menge Getränke. Wir tauschen uns über den bisherigen Weg aus und die weitere Tour, es macht Spaß.

Europaradweg R1 – so will man das nicht!

Nach dem Essen trennten sich unsere Wege wieder. Ich suchte noch beide Fahrradläden in Seesen auf, weil ich etwas Kettenschmierung brauchte, aber einer hatte an diesem Tag nur vormittags geöffnet, der andere Urlaub. Und so musste ich mit mittlerweile leicht zwitschernder Kette weiterfahren. Zunächst entlang der Bundesstraße, dann bog der Weg auf eine alte Straße ab. Diese hatte eine dünne Asphaltschicht über Kopfsteinpflaster, über weite Strecken fehlte der Asphalt aber auch, was das Fahren nicht sonderlich angenehm gestaltete.

In Goslar angelangt konnte ich beim örtlichen E-Bike-Händler mein Ketten-Zwitscher-Problem lösen, dann fuhr ich südlich ins reservierte Hotel. Von dort unternahm ich dann zu Fuß noch einen Ausflug in die Stadt.

Reinhardshagen – Höxter

In Höxter wollte ich einen Freund und Kollegen besuchen, so stand mir von Reinhardshagen nur eine kurze Etappe von etwas mehr als 50 Kilometern bevor. Am Sonntag gab es auch keine festen zeitlichen Vorgaben, außer dass wir natürlich ein wenig Zeit haben wollten.

Bundesstraße und Nebel

Wie üblich im Tal, mittlerweile an der Weser, startete der Morgen neblig. Ich frühstückte in Ruhe ließ mir Zeit beim Packen der Sachen, bis ich gegen 10 Uhr endlich losfuhr. Der Nebel lichtete sich langsam, hing aber noch in den Feldern und Wäldern. De erste Teil des Weges verlief aber auch entlang der Bundesstraße, mal mit etwas mehr, mal mit etwas weniger Abstand. Am Sonntagmorgen aber mit nur wenig Verkehr.

Bei Gieselwerder gab es die erste Weserquerung des Tages über eine Brücke, aber schon wenige Kilometer später, bei Lippoldsberg ging es per Fähre wieder zurück. Die Sonne war mittlerweile herausgekommen und hatte den Nebel vertrieben. Bis Bad Karlshafen hieß es dann direkt an der Bundesstraße zu fahren, dann folgten noch zwei Brückenquerungen, die letzte bei Würgassen. Die ruhige Route am Wasser entlang, etwas abseits der Straße, bot einen Blick auf das stillgelegte Kernkraftwerk Würgassen, an dessen Stelle ein Zwischen- bzw. Eingangslager für die Endlagerung im Schacht Konrad entstehen soll.

Auf der Gierfähre

Bis Höxter konnte ich den Rest dann abseits der Bundesstraße genießen, ich kam mittags an und wir konnten so den Nachmittag und Abend mit einem Stadtrundgang und einer Fahrt (nicht mit dem Rad) auf den Köterberg verbringen, der eine wunderbare Sicht auf die umliegende Landschaft bietet. Spontan bot sich die Möglichkeit, am Montag noch einen Ruhetag in Höxter einzulegen, den ich für ausführliche Spaziergänge nutzte.

Sonnenuntergang vom Köterberg