Radsicherheit in Berlin

Die Stadt Berlin will das Alltagswissen der Radfahrer nutzen, um Verbesserungen der Verkehrssicherheit zu erreichen. Zu diesem Zweck hat sie ein zeitlich begrenztes Portal aufgesetzt, wo man gefährliche Ecken melden kann. Schaut man sich die überwältigende Reaktion schon in den ersten 24 Stunden an und auch, wie das Portal genutzt wird und welche Diskussionen sich dort entwickeln, so sieht man sehr schnell, daß die Problemstellen (und die Lösungsansätze für viele davon) von erstaunlich vielen Radfahrern sehr ähnlich wahrgenommen werden.

Autoverkehr in der Fahrradstraße

Einer meiner persönlichen Ärgernispunkte, nämlich die als solche nur mit gutem Willen zu bezeichnende Fahrradstraße in der Prinzregentenstraße, war natürlich schon voll erfasst und die Vorschläge glichen denen, die ich auch schon lange im Kopf hatte. Im einzelnen: Sackgassenbildung durch Verpollern und gegenläufige Einbahnstraßen (für die motorisierten Anlieger, denn motorisierten Durchgangsverkehr dürfte es ja da nach Beschilderung eigentlich nicht geben!) sowie vor allem eine durchgehende Fahrradstraße, die nicht durch ständige rechts-vor-links-Kreuzungen unterbrochen wird.

Insofern möchte ich hier mal etwas Werbung dafür machen, diesen Vorschlag zu unterstützen!

Ansonsten möchte ich Lob für den Ansatz und die Umsetzung loswerden und hoffe, daß das zusammengetragene Wissen auch wirklich genutzt wird und viele der guten Vorschläge umgesetzt werden. Und ich hoffe weiterhin, daß es keine einmalige Aktion bleibt!

Die Polizeimeldungen der letzten zwei Wochen

Vorab sei gesagt, daß die Polizeipressemeldungen natürlich immer nur eine Auswahl der Gesamtsituation darstellen und ohne tiefere Einblicke keine valide Aussage über Trends zulassen, der Eindruck ist also subjektiv und eventuell natürlich auch durch die Auswahl gesteuert.

Leider sind die Pressemeldungen der Polizei nur jeweils zwei Wochen verfügbar, aber im Rückblick über die letzten zwei Wochen ergibt sich folgendes Bild:

Zwei Unfälle, wo vermutlich er Autofahrer schuld ist:

  • #2722 – 24.10.2013 12:40 – 85-jähriger Mann von Auto gestreift, verstirbt im Krankenhaus
  • #2692 – 21.10.2013 16:00 – 30-jährige Frau von Bus gestreift, verletzt.

Klare Schuldzuweisungen sind aus den Beschreibungen schwierig, aber wir alle kenne solche Situationen – es ist also durchaus naheliegend anzunehmen, daß in beiden Fällen der Sicherheitsabstand von eineinhalb Metern durch das überholende Kraftfahrzeug nicht eingehalten wurde.

Vier Unfälle, wo vermutlich die Schuld beim Radfahrer liegt:

  • #2774 – 30.10.2013 18:55 – 69-jährige Frau hat vermutlich die Vorfahrt (rechts vor links) missachtet und wird durch PKW verletzt
  • #2768 – 29.10.2013 16:00 – 15-jähriger Jugendlicher überquert vom Gehweg kommend eine Straße und wird von links abbiegendem Auto angefahren. Zwar muss ein Abbieger grundsätzlich aufpassen, aber nehmen wir mal an, der Jugendliche fuhr nicht gerade Schrittgeschwindigkeit, dann hat ein Autofahrer in dieser Situation wenig Chancen
  • #2760 – 28.10.2013 16:30 – 34-jähriger Radfahrer hat laut Zeugen rot missachtet und wird von Auto angefahren
  • #2695 – 21.10.2013 20:20 – Zwei 37-jährige Radfahrer kollidieren und werden verletzt, weil einer von beiden betrunken aus einer Ausfahrt kommt

Eine schöne Mischung. Betrunken, Rotverstoß, Gehwegradler und Vorfahrt missachtet.  Bis auf den betrunkenen haben die meisten (körperlich) vor allem sich selbst geschadet. Wohlfühlen werden sich die anderen Unfallbeteiligten dennoch nicht. Und es sind genau diese Radfahrer, weswegen man sich als einer der vielen normal und regelkonform fahrenden Radfahrer immer wieder blöde Diskussionen an die Backe nageln lassen muss. Bloss weil jemand auf dem Rad sitzt ist er kein besserer Mensch oder Verkehrsteilnehmer. Einzig beruhigend: Sein Schadenspotential gegenüber anderen ist geringer als im Auto.

Und dann hätten wir noch viere Unfälle, wo aus der Beschreibung nicht abzuleiten ist, wo vermutlich die Schuld liegt:

  • #2704 – 22.10.2013 09:25 – „Zusammenstoß“, 39-jähriger Radfahrer verletzt, PKW-Fahrer begeht Fahrerflucht. Komplett unklare Beschreibung
  • #2682 – 19.10.2013 16:00 – 56-jähriger Mann erleidet Alleinunfall, von Fahrbahn abgekommen
  • #2680 – 19.10.2013 16:30 – 59-jährige Frau erleidet Alleinunfall, als sie auf dem Radweg die Kontrolle über ihr Elektrorad verliert
  • #2656 – 17.10.2013 08:50 –  17-jähriger Radfahrer weicht rechter Fahrbahn Gulli aus und kollidiert mit einem LKW auf der mittleren Fahrbahn

Hier gibt es drei Faktoren, die mir spontan in den Sinn kommen: Zum einen sind die Straßenverhältnisse im Herbst natürlich manchmal sehr ungünstig. Auf nassem Laub macht man schnell mal einen Abflug. Zum anderen sind die Radwege und auch einige Straßen gerne mal in erbärmlichem Zustand. Die Unfälle passierten aber zumindest alle bei Tageslicht. Und der dritte Faktor: mangelnde Fahrzeugbeherrschung, eventuell dann noch in Zusammenhang mit einem Elektrorad, das schneller fährt, als sich der Benutzer in den Jahren jemals auf einem Fahrrad fortbewegt hat. Ohne die spezielle Situation zu kennen: Aber wenn ich mir eine 59-jährige Frau vorstelle, die versucht mit 20 bis 25 km/h und einer ordentlichen Beschleunigung auf einem typischen Berliner Radweg zurechtzukommen, dann würde ich aus dem Bauch heraus diese Situation als durchaus risikogeladen empfinden.

In diesem Sinne: Fahrt vorsichtig. Schuld sind nicht immer nur die anderen.

 

Goldener Herbst: Oehna

Nach diversen verregneten Tagen zeigte der Herbst mitten im Oktober nochmal sein schönes Gesicht. Die Wettervorhersage versprach Sonne und angenehme Temperaturen um die 15°C bis 17°C. Als sich Klaus und Norbi via Twitter zu einer Tour in Richtung Südwesten verabredeten konnte ich nicht widerstehen, mich der kleinen Liegeradrunde anzuschließen.

Die Ritter, die immer 'lieg' sagenAm Samstag Vormittag trafen wir uns auf dem Hildegard-Knef-Platz vor dem Bahnhof Südkreuz, als sich die letzten Frühnebelschwaden gerade verzogen. Von dort ging es über Lankwitz nach Süden aus der Stadt. Wir fuhren durch Großbeeren, Kerzendorf und Thyrow. Je weiter wir dem Berliner Speckgürtel entflohen, desto ruhiger wurden die Straßen. In den Wäldern sahen wir Unmengen von Pilzsammlern, auf einigen sonst vom Autoverkehr verschonten Straßen begegneten uns auch einige davon.

Bei Wiesenhagen hinter Trebbin wichen wir auf einen zur Bahnstrecke parallel laufenden Weg aus, auch dieser leider nicht für den Autoverkehr gesperrt, aber wir hatten Glück und trafen nur parkende Autos. Luckenwalde umfuhren wir und kamen in den Einzugsbereich des Flämingskate, womit wir durch schöne, leere Wege belohnt wurden.

Baustelle am FlämingskateDa der Flämingskate allerdings zur Zeit an vielen Stellen ausgebessert wird, trafen wir unvermeidlicherweise auch auf eine der Baustellen. Wir durchfuhren sie vorsichtig, die komplette Asphaltdecke war auf einigen hundert Metern aufgerissen, so daß wir wahlweise auf dem zerfahrenen Schutt oder auf dem Wiesenradn fahren konnten. Anschließend kamen bis zum Ende der Baustelle immer wieder kleine Abschnitte von fünf bis zehn Metern, die nur am Rand umfahren werden konnten. Wir hätten das Stück, ausgestattet mit GPS und guten Karten, sicher auch umfahren können – aber ein wenig schade ist es schon, warum im Rahmen solcher Arbeiten nicht einfach eine Umleitung ausgeschildert werden kann.

Da mir mein Knie offenbar ein paar Ampelsprints der letzten Woche übelgenommen hatte, war mir aber nicht mehr nach Umwegen, so daß wir einige Hügel ausließen und in Richtung Oehna etwas abkürzten. Dort angekommen machten wir noch eine Ehrenrunde durch das (um diese Jahreszeit natürlich geschlossene) Freibad und kehrten dann bei Witte in Oehna ein.

Bei einem guten Schnitzel konnten wir so die Wartezeit auf die Bahn, mit der wir zurück nach Berlin fuhren, im Warmen verkürzen. Nicht, daß es draußen nicht warm war, aber beim Sitzen im Sonnenuntergang wäre es wohl doch draußen zu kühl geworden. Ein kurzer Besuch im Liegeradladen und ein kleiner Umweg zur Lama-Farm neben dem Bahnhof waren noch drin, dann kam auch bald schon der Zug.

Track Südkreuz – Oehna

Festival of Lights 2013

Auch in diesem Jahr fand in Berlin wieder das Festival of Lights statt. Dabei gibt in der Stadt an diversen Plätzen und Gebäuden Lichtinstallationen zu sehen, teils statische Lichteffekte, die das beleuchtete Objekt durch Kontraste und Farben zu einem Hingucker machen, teils Projektionen von Bildern oder Muster mit Laserlicht.

Die beste Möglichkeit, viele der illuminierten Orte zu entdecken, ist eine gut geplante Route mit dem Fahrrad abzufahren. So kann man viele Dinge schon beim langsam vorbei fahren genießen und bei den interessanteren leicht anhalten. Daher ist es kaum verwunderlich, daß sich auch häufig jemand aus der Rennradgruppe findet, der das dann gleich als nettes Gruppenevent anbietet, in diesem Jahr war es Dominik.

Wir trafen uns am Kleistpark, wo wir gleich die erste Installation am Kammergericht in der Nähe hatten.  Weiter ging es in die westliche Innenstadt, wir machten einen Stop am Elefantentor, fuhren weiter über den Kudamm mit einem Schlenker zum S-Bahnhof Savignyplatz und rüber zum Funkturm/ICC, die auch in schönen Farben erstrahlten. IM bOgen ging es dann über das Schloß Charlottenburg zurück in Richtung Innenstadt, am Hauptbahnhof und Regierungsviertel vorbei zum Brandenburger Tor. Da wir zwischendurch mit einer Reifenpanne zu kämpfen hatten, war es leider schon spät geworden, so daß wir nur noch zum Potsdamer Platz fuhren und uns dort trennten.

Herbst 2013: Ostritz – Zittau

Gegen acht Uhr wachten wir auf, packten unsere Sachen und gingen anschließend zum Frühstück. Das Frühstück war dem Ort entsprechend, einfach aber reichhaltig.

Kloster MarienthalDer Tag war sonnig, wenn auch nicht ganz so klar wie die Tage zuvor. Und er sagte uns von Anfang an: Fahrt heim. Zunächst fuhren wir vom Hof des Klosters zu dem am vorigen Abend erspähten vermeintlichen Eingang des weiteren Weges, nur um bei genauerem Hinsehen zu bemerken, daß es der falsche war. Als wir – nach dem Überqueren des Klosterhofes – dann den richtigen fanden, war dieser landschaftlich wunderschön, allerdings nicht asphaltiert. Offenbar wurde daran gearbeitet, es gab Baustellen und immer wieder Stellen mit gröberem Schotter, so daß wir sehr aufpassen mussten.

Micha merkte schon bald, daß die beiden zurückliegenden 140-Kilometer-Tage gegen den heftigen Wind bei den vorherrschenden Temperaturen (12°C-15°C tagsüber, abends bedeutend kühler) nicht die richtige Umgebung bei rheumatischen Beschwerden sind – ihm taten die Gelenke weh und auch ich merkte, daß nach der langen Pause zwei dermassen anstrengende Tage ihre Spuren hinterließen. So war uns alsbald klar, von unserem Plan zum Jested hinauf zu fahren sollten wir Abstand nehmen. Ich wollte nach dem Schneetreiben und Nebel der Ostertour 2012 noch einmal bei klarem Wetter dort hinauf, um den Ausblick zu genießen. Aber nicht diesmal, die Gegend läd zu weiteren Touren ein.

Oder-Neisse-Radweg zwischen Ostritz und ZittauDennoch, wir genossen den Weg entlang der Neisse, die hier in einem engen Tal verläuft. Ab und zu seiht man eine Bahnstrecke, die sich am Abhang entlang schlängelt oder auf hohen Brücken kreuzt, sonst gibt es nur den Weg, ein paar Grenzpfähle, Wasser und Bäume. Um diese Jahreszeit sind kaum Touristen da, das ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, daß von der anderen Seite der Weg wegen der Baustellen gesperrt ist, wie wir später merken.

Vor Zittau geht es noch entlang einer Straße auf einem größtenteils gut ausgebauten Radweg. In der Ferne erspähe ich Jested, 1012 Meter hoch und dann noch der markante Turm. Zwischen Jested und uns liegen vielleicht 20 Kilometer Luftlinie, etwas mehr als 30km Straße – aber 800 Höhenmeter rein ohne die Tatsache, daß wir zwischendurch noch ein paar mal erklommene Höhenmeter wieder hergeben müssen. Das ist in diesem Zustand nicht schaffbar. Außerdem gibt Michas Nabe am hinteren Rad seltsame Geräusche von sich und läuft unsauber.

In Zittau fahren wir in die Innenstadt und setzen uns erstmal in ein Café. Kuchen und Getränk als Stärkung geben uns die Chance, zumindest noch zum Dreiländereck zu fahren – damit wir auf der Tour (bisher nur auf der deutschen Seite) auch offiziell noch Polen und Tschechien besucht haben. Wir entscheiden uns für den kleinen G4-Track auf polnischer Seite, der dennoch halbwegs fahrbahr ist. Mit einem kleinen Hindernis: Nach ein paar hundert Metern gibt es ein häßliches Geräusch und Micha stoppt unvermittelt. Ein kleiner Ast hatte sich in den Speichen verfangen und das Schutzblech aufgefaltet. Definitiv, irgendwas wollte uns sagen: Ab nach Hause. Aber das Dreiländereck musste noch sein!

Dreiländereck Tschechien-Deutschland-Polen

Wir winkten zwei Radfahrern, die auf der deutschen Seite standen und feststellten, daß es weit und breit keinen (nutzbaren) Übergang gibt mit einem freundlichen „Viele Grüße aus Tschechien!“ zu, genossen die schöne Landschaft und den Blick auf die Berge, dann fuhren wir zum Bahnhof Zittau. Der Automat war langsam und wenig hilfreich, so buchte ich per Smartphone schnell die Tickets und vertraute darauf, daß wir im Zug die Fahrradtickets (Fernverkehr, denn wir wollten ab Dresden mit dem EC weiter) kaufen könnten – das stellte sich als falsche Annahme heraus, die freundliche Schaffnerin vetraute aber wegen unseres Tickets nach Berlin darauf, daß wir uns in Dresden die korrekten Fahrradkarten besorgen würden.

Vor der Augustusbrücke, DresdenDort im Reisezentrum stellten wir fest, daß trotz Herbst und Samstag alle Fahrradplätze in den durchgehenden Eurocity nach Südkreuz ausgebucht waren. Wir entschieden uns dafür, einfach zwei Stunden in Dresden zu verbringen, noch kurz die Elbe zu besuchen und dann auf gut Glück am Zug, der hier einen langen Aufenthalt hat, aufzutauchen um den Zugchef zu fragen, ob er vielleicht dennoch Platz für unsere Räder hätte. Dieser Plan ging auch auf, ich wusste, welche Wagennummer der für uns passende Fahrradwagen haben würde, wir positionierten uns und, wohl auch weil wir versicherten, unsere Räder sicher und platzsparend abstellen zu können und schnell beim Ein- und Ausstieg zu sein, durften wir mit.

Auf dem Rückweg saßen wir im Speisewagen (der ÖBB Speisewagen gefällt mir ja immer wieder, auch preislich!), konnten endlich unsere Fahrradtickets lösen und ließen die Landschaft an uns vorbei ziehen. Uns beide hatte hatte die Tour mehr mitgenommen als gedacht, aber es war auf jeden Fall ein würdiger und sehr schöner Saisonabschluß. In Südkreuz trennten sich unsere Wege, jeder fuhr noch die wenigen Kilometer nach Hause und fiel wohl bald wohlverdient ins heimische Bett.

Ostritz – Zittau