Frankeich 2014: Cap Ferret – Biarritz

Der Wecker klingelte um 05:45 Uhr. Früh, sehr früh – draußen war es noch dunkel, an Frühstück war nicht zu denken. Meine Taschen waren größtenteils gepackt, die nötigsten Dinge der Nacht verstaute ich dann schnell, holte das Rad, belud es so, daß die Taschen schnell abnehmen konnte und machte mich auf den Weg zur Fähre.

image

Dort kam ich um 20 vor sieben an. Zu früh, ich war noch der einzige auf dem Steg. Ein sanfter Schein von Morgenlicht lugte im Osten durch ein paar Wolken, die Strömung unterm Steg erzeugte ein gleichmäßiges Geräusch. Nach und nach füllte sich der Steg mit Menschen: Die 7-Uhr-Fähre ist hier der Schulbus. Und so teilte ich den Platz auf dem kleinen Boot mit einer Horde müder Schüler.
In Arcachon fuhr ich und suchte zunächst mal eine Möglichkeit für ein Frühstück. Nach einigen Kilometern fand ich ein Café, das wohl auch geeignet wäre, Sozialstudien zu treiben. Aber immerhin: Ich bekam Tee und zwei Croissants (ohne irgendwas, Butter und Marmelade im Hotel sind ein Zugeständnis an die Touristen). Besser als Kekse und Iso-Drink allemale.

image

Südlich von Arcachon kommt dann die Dune du Pilat – vom Meer aus konnte ich die allerdings besser sehen, als von der Straße. Von dort war sie nur über einen riesigen leeren Parkplatz und langes laufen zugänglich, was mir verschlossen blieb, da ich das Rad mit Gepäck nicht unbeaufsichtigt lassen konnte oder teilweise über einige Campingplätze. Auf einem davon gönnte ich mir dann auch das zweite Frühstück und füllte den Getränkevorrat auf.
Der Eurovelo 1 südlich von Arcachon bis Biarritz ist hervorragend ausgebaut, es gibt selten ein paar verwurzelte Abschnitte, meistens ist es ein exzellenter Weg durch die Pinienwälder oder ab und zu entlang der Straßen. Die Landschaft ist schön, allerdings nicht sehr abwechslungsreich. Abwechslung bringen nur die wenigen durchfahrenen Orte oder der Abstecher an die kleinen Seen im Hinterland. Ich kam etwas zäh voran, das änderte sich aber nach dem Mittagessen.
Es zeichnete sich ab, daß ich es bis Biarritz schaffen würde und so buchte ich ein Hotel für zwei Tage, um dort einen Ruhetag zu haben. Irgendwo auf dem Weg überholte mich ein Rennradler, an dem ich dann noch ein par Kilometer dran blieb, bevor ich ihn ziehen liess, dann ging es über kleinere und größere Straßen durch die ineinander übergehenden Ortschaften in Richtung Biarritz.

image

Als ich nach Bayonne einfuhr, sah ich zum ersten mal am Horizont die Ausläufer der Pyrenäen. Weit weg und klein, aber doch schon respekteinflößend.
Als ich Biarritz erreichte, tönte neben mir ein freundliches “Bonjour!” und der Rennradler vom EV1 war wieder neben mir. Vermutlich war er über ruhigere Wege in die Stadt gefahren, ich war von meiner Planung abgewichen, weil ich mich vom GPS in Richtung Hotel leiten liess. Dennoch schaute er nicht schlecht. Er bot mir an, mich über weniger befahrene Strassen in Richtung meines Hotels zu lotsen, was ich gerne annahm.
Genau um 20 Uhr erreichte ich mein Hotel und konnte so sogar noch direkt einchecken (da die Rezeption um 20 Uhr schloss). Man hatte mir aber für den Fall, daß ich später käme den Eingangscode mitgeteilt und Schlüssel sowie WLAN-Zugang lagen bereit.
Nach dem Duschen ging ich nur kurz zum Strand, dann noch etwas essen und anschließend bald ins Bett.

Frankreich 2014: Marennes – Cap Ferret

Als ich morgens aus dem Fenster meines Hotels schaute, schien die Sonne mit nur ein paar Schleiern. Doch der Eindruck täuschte: Sobald ich um die Ecke bog, um zum Frühstück zu gehen, sah ich in Richtung meiner Etappe dunkle Wolken und Regenfelder. Nun gut, Abwechslung muss sein. Und immer brütende Sonne ist auch irgendwann anstrengend!
image

Das Frühstück war französisch, aber trotzdem erstmal sättigend, da einfach genug Baguette da war. Ich lud die Taschen aufs Rad, das nachts in der Garage geparkt war und fuhr los. In der Getränkeflasche war frisches Wasser, die Blase hatte ich am Rad vergessen, aber zum Kochen war das Wasser noch gut, so daß ich nicht nochmal umdrehte – denn in den letzten Tagen hatte ich immer Chancen gehabt, zwischendurch zu trinken und dabei gleich in der Flasche frisches Wasser nachzutanken. Diese Unachtsamkeit sollte sich später rächen. Doch zunächst hatte ich genug Wasser – vor allem von oben. Nach dem Queren der Brücke, keine dreieinhalb km nach dem Losfahren, musste ich mein Regenzeug überstreifen – und es regnete heftig. Etwaige Salzreste am Rad, die ich alle schon versucht hatte abzuspülen, waren damit mit Sicherheit beseitigt.
Anstatt über den offiziellen Eurovelo 1 Track zu fahren kürzte ich zu Fähre Royan über die Landstraße ab. Landstraße mit überholenden Autos bei Regen ist definitiv nicht schön – aber auf nicht asphaltierten Wegen stecken bleiben, die bis zur Fähre zudem noch zehn Kilometer länger wären, wollte ich auch nicht riskieren – und ich wusste: südlich, wo der Abdeckungsbereich des Regenradars wieder begann, würde es besser werden. Und so war es auch: Als ich an der Fähre ankam, riss die Wolkendecke auf und schon kurz nach dem Ablegen hörte der Regen auf. Ich nutzte die kurze Zeit auf der Fähre zum Trinken und für einen süßen Snack, dann kam ich auch schon an. Nach dem Ausfahren aus dem Hafenbereich zog ich mir das Regenzeug aus und trockene Oberbekleidung an. Schon bald kam die Sonne raus und ich musste eine Schicht ablegen.

image

Der Eurovelo 1 ist hier sehr schön ausgebaut, trotzdem nutzte ich für einige Zeit die quasi unbefahrene Landstraße, es fuhr sich einfach gut und ich machte mächtig Kilometer. Nach den letzten Tagen tat es gut, den Zähler mal wieder ticken zu sehen, auch wenn ich vielleicht die ein oder andere schöne Stelle verpasste.
Auch als ich später wieder auf den EV1 einbog und durch die Dünen fuhr – übrigens durchgehend asphaltiert, wenn auch an einigen Stellen verwurzelt oder löchrig – war die Lndschaft eher gleichförmig. Dennoch reizte mich heute der Kilometerzähler mehr als ein Blick an den Strand. Irgendwann traf ich auf Kevin. Kevin lebt in Bordeaux und spricht englisch – und so unterhielten wir uns beim Fahren für eine Weile und kehrten später noch gemeinsam ein. Er erzählte mir, daß der Weg südlich von Arcachon sehr viel besser ausgebaut wäre, größtenteils feiner Asphalt und sich richtig lohne. Irgendwann biegt er ab, ich fahre geradeaus. Spontan hatte ich morgens beschlossen, die Fähre vom Cap Ferret nach Arcachon zu nehmen. Die Abendfähre hätte ich nur ohne Einkehr knapp erreichen können – und das whrscheinlich eher gar nicht, denn ich war zu diesem Zeitpunkt ohne Wasser und hatte noch viel zu wenig gegessen. Also stand der Entschluss, die erste Fähre morgens zu nehmen (um 7 Uhr!) und ein Hotel nah am Fähranleger zu suchen.
Das erwies sich um die Uhrzeit als nicht gerade einfach, jedenfalls in Zimmerkategorien deutlich unter 200€ – aber es war nicht unmöglich. Auf den letzten Drücker das letzte preiswerte Zimmer etwa zweieinhalb Kilometer vom Anleger. Der Wecker steht auf 05:45 Uhr und die Taschen werden kaum ausgepackt und schon abends wieder vorgepackt – abzüglich der Dinge, die von der Regenfahrt noch trocknen müssen. Ich bin froh, nicht ins Zelt zu müssen, denn schon bei der Hotelsuche war ich durch die hohe Luftfeuchtigkeit ziemlich nass. Sachen im Zelt trocken kriegen wäre also absolut unmöglich geworden.

Frankreich 2014: Les Conches – Marennes

Die Nacht im Zelt war nicht erholsam. Zwar hielten alle Heringe – fast schon wider Erwarten – und es war warm, aber nicht zu warm. Auch  lieb es trocken. Zum Einschlafen hörte ich die Brandung hinter den Dünen rauschen. Bis um Mitternacht. Ab da hörte ich wummernde Bässe und das Johlen einer begeisterten Menge. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Das Ganze verstummte nämlich erst um neun Uhr morgens, als ich völlig übermüdet abfuhr. Wer rechnet auch mit sowas mitten in einer sonst eher leeren Gegend?

image

Ein kurzer Stop am Supermarkt (immerhin: der hat sonntags offen!) brachte nichts, bei der Menge Touristen wollte ich das Rad nicht draußen stehen lassen und mich bis ganz hinten zum Bäcker durchquälen, um schließlich lange in  der Schlange zu stehen. Ich fuhr weiter und fand im Dorf einen offenen Bäcker, so kam ich zum Frühstück ohne an meine Notreserve zu müssen.
Anschließend ging es bei sengender Sonne und fast ohne Schatten durch das Hinterland. Obwohl überall Wassergräben zu sehen waren, ging mir mehrmals der Begriff Death Valley durch den Kopf und meine Getränkevorräte schwanden in rasender Geschwindigkeit. Nachdem ich frisches Wasser ergattern konnte, benutzte ich einen Teil zunächst für eine kleine Dusche, sonst hätte es mich vermutlich vom Rad gehauen.
Irgendwann kam dann La Rochelle in greifbare Nähe und ich fuhr viel früher als geplant im Hafen ein. Die Fähre zur Ile d’Oleron fuhr allerdings eine Stunde später, als ich das vorher recherchiert hatte und so hatte ich eine lange Pause. Danach bei der Hitze weiterzufahren wa mir heute noch nicht, also genoss ich Schatten und Getränke.

image

Um 17:45 Uhr ging die Fähre. Mit guten 20 Knoten durchpflügte das kleine (25 Meter) Boot die von Sportbooten übersähte Wasserfläche und kam derweil am Fort Boyard vorbei – den älteren unter uns vielleicht noch aus dem Fernsehen bekannt. Für den Rest: Sowas wie der Vorläufer vom Dschungelcamp.
Auf der Ile d’Oleron angekommen hatte ich natürlich noch relativ wenig Kilometer auf dem Tacho, zum anderen war es aber auch schon recht spät. Die Insel selbst war relativ voll, die Campingplätze gefielen mir nicht (Zeltwiese an der Straße und ähnliches), also legte ich einen Zahn zu in Richtung Festland. Die Insel am sanften Abendlicht war wunderschön und ich bin froh, daß ich diesen Weg genommen habe.
Einige Kilometer vor der Brücke überholte ich dann auch all die Autos, die vorher an mir vorbeigefahren waren. Diese standen alle im Stau, um sich über das Nadelöhr der Brücke zu schieben. Der seitliche (schmale) Randstreifen war aber frei und so konnte ich bequem an den stehenden Autos vorbei. An der Einmündung auf die Inselhauptstraße erlebte ich das erste mal überhaupt einen im Straßenverkehr ungebührlich gegenüber Radfahrern reagierenden Franzosen – aber Hitze, Stau und in so eine Blechbüchse eingesperrt sein bringt vermutlich jeden irgendwann um den Verstand. Ich winkte ihm freundlich und ließ ihn in seinem Stau stehen. Auf der Brücke floss der Autoverkehr langsam, ich konnte bequem fahren, danach bog ich auf eine kleine Straße und einen Radweg ab und folgte noch einige Kilometer der Küste, bis ich zufällig ein Hotel sah. Ich fragte an, ein Zimmer war frei und etwas zu essen gab es auch noch. Moules Frittes.

Frankreich 2014: Ile de Noirmoutier – Les Conches

Ich begann den Morgen mit dem französischen Frühstück, das heisst mit nicht sehr viel. Zum Glück hatte ich noch Saft vom gestrigen Einkauf über, do konnte ich mit viel Schorle nochmal durchspülen und ein wenig für die Fahrt vorlegen.

image

Das Wetter heute bot keinen blauen Himmel, ein grauer Schleier, durch den die Sonne mal wie durch eine Lupe brannte, mal verdeckt wurde. Ich fuhr in Richtung der Brücke, die mich von der Insel führen sollte, verfuhr mich auf dem Weg zum Track aber zweimal, weil mich das Navi au eine Straße führen wollte, die (mittlerweile?) für Radfahrer gesperrt ist. Letztlich schaffte ich es aber doch. Die Nase war frei und es fuhr sich besser als erwartet. Was mich – allerdings erwartungsgemäß – bremste war die Radwegführung Des Eurovelo 1 (EV1), hier auch unter dem treffenden Namen “Velodyssée” geführt. Den dieser schlängelt sich hinter den Dünen auf gut fahrbaren, aber nicht asphaltierten und kurvenreichen Wegen durch die Landschaft. Ich hätte auch auf der D-Straße fahren können, hatte mich hier (von einigen Abkürzungen abgesehen) bewusst für den ruhigeren und landschaftlich sehr schönen Weg entschieden.

image

Während zunächst Dünen und Sandstrände (so man sie mal zu Gesicht bekam) vorherrschten, änderte sich schon bald die Landschaft, eine schroffe, felsige Küste zeigte sich immer wieder. Zwischendurch gab es dann touristisch voll erschlossene Orte mit Promenade und Geschäften, die ich aber – bis auch eine mittägliche Einkehr – so schnell wie möglich wieder hinter mir liess.
Abermals änderte sich die Landschaft, der Weg führte durch eine flache von Entwässerungsgräben durchzogene Landschaft. Wegen meines nicht allzu frühen Starts und weil ich nicht so schnell wie sonst vorankam, machte sich aber auch nach etwas mehr als 100km Hunger breit und das Bedürfnis, einen Schlafplatz zu finden. Diesmal entschied ich mich für einen Campingplatz in den Dünen, was romantischer klingt, als es ist. Zumal das Abspanen des Zeltes in tiefem Zuckersand nur ein bedingter Spaß ist.
In der Gastronomie des Platzes gönnte ich mir noch etwas zu essen, später noch einen Pfefferminztee, bevor ich schließlich in den Schlafsack schlüpfte. Es ist windstill, feucht und die See hatte keinen Horizont – das sind leider Anzeichen für einen Wetterwechsel. Wir werden sehen, was kommt.