Als wir aufstanden hatten wir noch relativ schönes Wetter, aber schon während wir zusammenpackten wurde es nach und nach grauer und der Wind nahm zu. Noch immer stand der Wind aus West, unserer Hauptfahrtrichtung auf dem Weg nach Hanstholm. Das bedeutet, daß uns ein weiterer Tag mit heftigem Gegenwind erwartet, aber wir haben eine nicht allzulange Strecke geplant.
Wir fahren durch das wunderschöne Naturschutzgebiet Thy, doch auf den ausgeschilderten Radwegen kommen wir wieder nur langsam voran. Der Weg führt kreuz und quer durch Wälder und über Hügel, meist auf steinigen Schotterwegen, die die Fahrt auf 15 bis 20 km/h bremsen. Als wir bei der Abfahrt von einem Hügel auf den Wegen etwas schneller werden, reißt es mich fast vom Rad, als ich in einer Kurve auf dem Schotter ins Schleudern gerate – ich kann die Speedmachine im letzten Moment wieder stabilisieren.
Als wir endlich besseren Untergrund haben, auf einer Straße besser vorankommen könnten bremst uns der gnadenlose Westwind aus. Und wie wenn das nicht schon genug wäre setzt ein feiner Nieselregen ein, der zusammen mit dem Wind in jede Ritze kriecht. Eine Weile fahren wir gegen Wind und Regen an, dann beschließen wir, in einer Bushaltestelle vorübergehend Schutz zu suchen.
Es passiert, was typisch für unser Glück mit dem Regen auf dieser fahrt zu sein scheint: Es handlet sich nicht um einen kurzen Schauer, sondern es regnet sich ein. Wir entscheiden, unsere fahrt fortzusetzen und es geschieht, was dann immer auf dieser Fahrt geschah: Wir geraten in einem Platzregen. In der nächstbesten Garage suchen wir Schutz und stellen uns unter. Dem Nieselregen hatten wir noch mit leichter Regenkleidung versucht zu begegnen, aber jetzt ziehen wir uns die kompletten Regenklamotten bis hin zu den Gamaschen an. Fast schon überflüssig, denn der kurze Guß hat uns eh komplett durchnäßt. Die Regenkleidung kann jetzt nur noch helfen, daß wenigsten die Wärme am Körper bleibt.
Da der Regen zwar etwas nachläßt, aber scheinbar kein Ende findet, fahren wir dennoch irgendwann weiter und kommen so, reichlich durchnäßt, auf dem Campingplatz in Hanstholm an. Judith, die unsere Situation ja kannte, war einkaufen und hatte alles für ein ausgiebiges und warmes Essen vorbereitet. Wir legten uns trocken, bekamen eine heiße Suppe und konnten duschen, während die nächsten Gänge bereitet wurden. Erst Nudeln, dann Reis und am Ende noch einen Nachtisch. Und dann hörte auch der Regen endlich auf.
Abend wuschen wir noch unsere nasse Wäsche und fanden irgendwann auch noch einen funktionierenden Trockner auf dem Campingplatz, so daß wir zwar nicht so früh in die Schlafsäckle kamen, aber wenigstens mit dem guten Gefühl, am nächsten Tag in trockene Sachen schlüpfen zu können. Und sogar saubere.
Schon in der Nacht hatte der Wind zugenommen und mein Rad umgeworfen, das ich unter dem Tarp nur unzureichend seitlich gesichert hatte. Eine andere Verspannung des Tarps löste das Problem dann aber, so daß dann bis um acht Uhr doch noch Schlafen angesagt war.
Wir packten in aller Ruhe und ließen uns auch mit dem Frühstück noch etwas Zeit, so daß wir erst gegen elf Uhr vom Campingplatz loskamen. Zu erst ging es nach Süden, wobei wir immer wieder auch durch Bäume gegen den Westwind geschützt fuhren, aber einen ersten Eindruck bekamen, was uns gleich erwarten würde: bei Ålbæk zweiten wir nach Westen ab und fuhren bis etwa Hirtshals ohne Deckung mit starkem Gegenwind. Mehr als 20 km/h waren meist nicht machbar, teilweise auch mal weniger und nur selten mehr.
Auch südlich von Hirtshals hatten wir nicht nur Glück, der Weg führte im Zickzack, so daß auch immer wieder Westpassagen vorkamen, während wir uns an der Küste im wesentlichen südlich bewegten. Um den großen Straßen zu entgehen, entschlossen wir uns, dem gut ausgeschilderten Nordseeküsten-Radweg R1 zu folgen. Zwar führt dieser durch wunderschöne Natur fernab vom Autoverkehr, allerdings tut er das zum größten Teil auf Schotterstrecken oder auf kleinsten Feldwegen, die wegen des vorangegangenen Regens mit Matschlöchern übersäht waren, weshalb wir doch immer wieder mal auf die Straße zurückfuhren und vom ausgeschilderten Radweg abwichen, um wenigstens zwischendurch mal etwas schneller voranzukommen.
Hinter Lønstrup sahen wir von der Straße aus Dänemarks größte Sanddüne, ein Umweg über die sandigen Wege war leider nicht angebracht. Im Gegenzug gönnten wir uns aber bei Nørre Lyngby Und Løkken kurze Pausen am Nordseestrand – bei Løkken nur deshalb, weil wir dem R1-Schild gefolgt waren, was hier geradewegs auf den sandigen Strand führte – eine Weiterfahrt dort erschien uns nicht sinnvoll, so fuhren wir wieder auf die Straße zurück, der wir dann bis Blokhus folgten.
Judith hatte auf dem Campingplatz schon ein Plätzchen für uns gesucht und erwartete uns am Eingang. Nach Zeltbau und dem Abdecken von Motorrad und Fahrrädern mit dem Tarp begaben wir uns in den Ort, wo wir die unendlichen Variationen von Karitz im Supermarkt bestaunten und danach in einem der für Dänemark typischen Pizza-Kebab-Kombinations-Imbisse zu Abend aßen.
Trotz der Müdigkeit schleppten wir uns noch unter die Dusche, bevor wir in den Zelten verschwanden.
Unsere Fähre erreichte Frederikshavn pünktlich um vier Uhr morgens, wir hatten mehr schlecht als recht geschlafen. Und uns standen jetzt mehr als 40 Kilometer auf dem Rad bevor, ehe wir in unsere Schlafsäcke kriechen konnten. Im Vorfeld hatte ich mich etwas vertan, was die Entfernung von Frederikshavn nach Skagen anging und war dann auf der Reise nicht mehr dazu gekommen, die Strecke in Dänemark genauer zu planen: Das hatte ich abends noch schnell auf der Fähre getan.
Ein kurzer Klo-Stop an der nächsten Tankstelle, dann ging es los in Richtung, durch die Dunkelheit. Die engen Kurven des Radwegs wurden vom am Ausleger des Liegerads angebrachten Scheinwerfer nur mäßig gut ausgeleuchtet, aber es war genug zu sehen, bis auf einmal, wo Manuel bei der Überquerung eines Bahnübergangs statt auf der Fortführung des Radwegs im Gleisbett landete.
Zwischendurch erwischte uns (natürlich) auch wieder etwas Regen, aber bald schon erhellte das erste Morgenlicht die Dünenlandschaft, durch die wir mittlerweile fuhren.
Gegen 06:30 Uhr waren wir in Skagen, wo wir Brötchen kauften. Judith kam uns schon entgegengelaufen und führte uns zu der Ecke des Campingplatzes, die sie für uns ausgesucht hatte. Nach der Ankunft gingen wir ersteinmal duschen, dann ein Nickerchen machen, um wenigstens den Rest des Tages noch genießen zu können.
Als wir wieder wach waren kochte ich auf meinem Kocher einen heißen Tee und wir frühstückten gemütlich. Das Wetter war mittlerweile sonnig und lud ein, zur Nordspitze Dänemarks zu wandern, den Punkt an dem Skagerrak und Kattegat, Nord- und Ostsee, so eindrucksvoll aufeinandertreffen.
Am Strand entlang führt die Wanderung an großen Bunkerresten vorbei, Hinterlassenschaften der Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg. Wir passierten den Leuchtturm, von dort aus kann man die landspitze schon sehen, das aufgewühlte Wasser aber nur erahnen, der man nun immer näher kommt. Viele der Touristen haben in Skagen noch schnell Gummistiefel gekauft und merken schnell, daß die für viele Wege noch zu niedrig sind. Wir versuchen es dann gleich barfuß, die bessere Entscheidung, denn es gibt kaum so schöne Dinge, wie den Sand an den Füßen zu spüren, wenn man über den Strand läuft.
An der äußersten Spitze ist dann gut zu sehen, wie von der einen Seite die Wellen der Nordsee, von der anderen die der Ostsee in entgegengesezter Richtung aufeinander zulaufen und sich dann kabbelnd treffen. Die Flut kommt gerade und so steigt das Wasser langsam, aber doch merklich höher, während wir auf der Landzunge für die Fotos posieren.
Zurück laufen wir durch die Dünen und können uns am Parkplatz nicht zurückhalten, uns mit einem schönen dänischen Hot Dog zu versorgen. Lakritz- bzw. Softeis verschieben wir auf später und aufen erstmal zum Campingplatz zurück.
Abends machen wir noch einen Abstecher in den Ort, wo es dann auch das Eis gibt, entscheiden uns dann aber das Abendessen selbst in der Campingplatzküche zuzubereiten. Da wir recht müde sind, verschwinden wir nicht allzu spät in den Zelten.
Da wir eine lange Etappe vor uns hatten, packten wir und sattelten früh die Räder. Vor dem Aufbrauch gab es ein leckeres Frühstück, alles Bio und alles frisch und wie immer auch sehr reichhaltig.
Draußen erwartete uns ein wolkenverhangener, grauer Tag. Es regnete nicht, aber es war auch nicht wirklich trocken. Nach wenigen hundert Metern durch Värnamo fuhren wir wieder auf die vielbefahrene 27 auf. Am Morgen hatte ich am Frühstückstisch nocheinmal sichergestellt, daß uns unser Track nicht ab Borås über die Autobahn führt, sondern ab Tranemo der 156 folgt. So eine stark befahrene Straße, die nur streckenweise einen genügend breiten Seitenstreifen aufweist ist zwar kein großes Vergnügen auf dem Fahrrad, hat aber den Vorteil, daß man recht gut vorankommt.
Bis zu dem Punkt, wo der Regen einsetzte. Wegen des nur unzureichend aussgekräftigen Radarbilds von Schweden, daß ich via Handy abgerufen hatte, gingen wir zuerst davon aus, daß nur ein kleiner Schauer über uns hinweg zieht und pausierten unter dem Tarp. Aber der Regen blieb. Und so fuhren wir dann im Regen weiter. Bis Tranemo.
Dort verpflegten wir uns zunächst in einem Supermarkt, aber der Regen ließ nicht nach, wurde im Gegenteil immer wieder stärker – und uns wurde kalt. Die Temperatur war stark zurückgegangen und wir hatten noch mehr als 100km vor uns. Der Zeitdruck wuchs, wollten wir noch eine der beiden möglichen Fähren bekommen – und wir standen vor einem Dilemma: warme Kleidung, die wir jetzt anziehen würden, würde unweigerlich naß werden und uns dann nach der Ankunft zum Wärmen fehlen. In der Kälte und naß weiterfahren war aber auch keine gute Option, zumal Manuel als Brillenträger auch nicht in der Lage war, der vor uns liegenden Strecke angemessene Geschwindigkeiten zu fahren.
Wir sammelten alle Infos zusammen, um mit der Bahn weiterzukommen. Wenige Kilometer entfernt, in Limared, gab es einen Bahnhof und uns blieb genug Zeit, die Bahn dort zu kriegen, also fuhren wir durch den strömenden Regen dort hin. Am Bahnhof kein Ticketautomat, kaum Informationen, außer der Bestätigung der ermittelten Abfahrtszeit. Wir wärmten uns in der nahen Tankstelle mit einer heißen Schokolade auf, während wir auf den Zug warteten.
Der Zug kam und es gab kein Fahrrad- oder Gepäckabteil. WIr wuchteten die Räder erstmal in einen Eingang. Nach der Abfahrt ging ich durch den Zug zum Zugbegleiter, der mir folgte und beim Anblick der Räder erklärte, daß die schwedische Bahn keine Räder befördert, wir müßten an der nächsten Haltestelle, Borås, aussteigen. Er war nett, hätten wir vielleicht nur zwei Stationen fahren wollen und nicht den ganzen Weg bis Göteborg, ich bin sicher, er hätte ein Auge zugedrückt, so aber ging das nicht – wir versperrten den Weg.
In Borås am Bahnhof versuchten wir den Zugbegleiter in einer Art Ferkeltaxi zu überreden, dort war immerhin mehr Platz, dieser konterte allerdings, wir müßten noch etwas warten mit der Fahrradbeförderung, das ginge ab nächstem Jahr. So waren wir also in Borås gestrandet, von wo nur die Autobahn sinnvoll nach Göteborg führte und die Zeit bis zurAbfahrt der Fähre wurde immer enger. Man verwies uns an den nahen Busbahnhof.
Schwedische Busse transportieren aber auch keine Fahrräder. Damit war auch Plan C gescheitert. Wir wurden an die Busfracht-Firma verwiesen. Kein Fahrrad-Transport. Plan D: gescheitert. Letzter Ausweg Plan X, wir mieten ein Auto. Der freundliche Mitarbeiter des Busfrachtterminals konnte uns die nächste Europcar-Filiale nennen, dort radelten wir dann (im strömenden Regen, natürlich) hin.
Triefend naß, die Räder eingesaut vom Dreck der Straße standen wir dann dort und der Herr von Europcar erklärte mir, er habe einen Golf zur Verfügung. Ungläubig fragte ich nach einem Van, einem Transporter. Nichts dergleichen. Er schaute auf die Räder, auf seinen Golf und begriff, daß das nicht funktionieren würde. Nach etwas Suchen fand sich dann noch ein Golf Kombi. Wir druften ausprobieren, ob wir alles in das fast neue Auto bekommen – was dann auch letztendlich klappte, nachdem wir on Manuels Rad den Lenker abschraubten. Und so ging es dann los, die teuersten 100km unserer Tour.
Die Zeit war knapp und so sorgte ein Stau bei der Einfahrt nach Göteborg dafür, daß wir keine Hoffnung mehr hatten, die Fähre um 18:30 Uhr zu bekommen. Wir beeilten uns dennoch bei der Abgabe des Autos, beim Aufsatteln der Räder und kamen um 18:33 Uhr am Fährterminal an. Die Fähre legte gerade ab – und der Fahrkartenschalter war geschlossen. Keine Information, alles ausgestorben – nichts. Bis ich einen Wachmann fand und ihn nach der Nachtfähre um kurz vor Mitternacht fragte. Er teilte mir mit, daß diese nur LKWs und Autos transportiere und daher das Passagierterminal dann zu sei, bei Fahrrädern sei er sich nicht sicher – wir woltlen es mal am Frachtterminal versuchen, bei den LKWs, da sei immer jemand.
Am Frachtterminal die rettende Auskunft, daß wir mit den Rädern auf die Fähre dürften, das Terminal öffnet um 22 Uhr, dann sei ein Kauf der Tickets per Kreditkarte möglich. Unser Anblick war wohl so mitleiderregend, daß uns sogar angeboten wurde, daß wir in der Trucker-Longe trocken und warm warten könnten bis dahin – wir nahmen aber die Gelegenheit wahr und drehten eine Runde durch Göteborg, bevor wir in einem Pub einkehrten und erstmal ordentlich Kalorien nachlegten. Draußen stürmte es.
Püktlich um 22 Uhr waren wir am terminal und konnten Tickets kaufen und gesellten uns zu diversen LKWs, zwei Wohnmobilen und wenigen PKWs im Wartebereich, bis die Fähre ankam. Diese spuckte diverse riesige Schwertransporte (mit separat gelenkter Hinterachse, über 40 Meter lang , 80 Tonnen schwer) aus, ein faszinierender Anblick. Nach dem Entladen durften wir als allererstes auffahren – mit guter Geschwindigkeit in den leeren Bauch der Fähre preschen, sich ein Eckchen suchen und dann ab in irgendeinen ruhigen Bereich der Fähre, wo wir auf der vierstündigen Überfahrt vielleicht ein wenig Schlaf finden.
Wir verfolgen amFenster noch ein wenig die Ausfahrt aus Göteborg und dösen langsam weg. Als die Fähre den schützen Schärengarten von Göteborg verläßt wache ich nocheinmal kurz auf, weil das riesige Schiffe unter heftigen Vibrationen in die Wellen des aufgewühlten Kattegatt eintaucht. Unglaublich, mit wieviel Wucht sich eine solche Menge an Stahl plötzlich bewegen kann.
Camping am See und die dunstig graue Wetterlage bescherten uns am Morgen nasse Zelte und daß viele Dinge (wenn sie nicht in den dichten taschen steckten) klamm waren. Wir konnten uns von einem der anderen Camper Schlüssel für die Sanitären Anlagen leihen, so daß eine Wäsche mit warmem Wasser möglich sowie die Benutzung einer ordentlichen Toilette.
Vom Campingplatz fuhren wir nur ein kurzes Stück, bevor wir auf eine teilweise Autobahnähnlich ausgebaute Straße 27 fuhren. Zwar kam man hier schnell voran, aber der rechte Fahrspaß stellt sich nicht ein, wenn ständig Autos und LKWs in knapper Entfernung überholen. Da wir allerdings einige Kilometer auf den kommenden zwei Etappen vor uns hatten, war dies eine der wenigen überhaupt nutzbaren Alternativen.
Zunächst geht es gemäßigt bergauf, auf der Straße erwarten uns auch einige ausgedehnte Baustellen, in deren Enge das Fahren nicht immer Spaß macht. Später kommen wir auf dem Randstreifen gut voran und haben auch kleine Passagen, an denen es bergab geht. Das Wetter allerdings wird dunkler. Einen ersten kleinen Schauer kriegen wir kurz vor Rydaholm ab, wo wir die Gelegenheit nutzen und an einer Tanke etwas essen. Aufgeheitert und verlängert wird unser Besuch dort durch einen Schweden, der zwar kaum englisch oder deutsch sprach, aber seine Begeisterung über unsere Räder vielfältig zum Ausdruck brachte. Neben beschwerlicher verbaler Kommunikation, teils mit Übersetzer, wurden wir auch fotografiert und über unsere seltsamen Gefährte wurde ausführlich telefonisch berichtet.
Als wir schließlich weiterkamen hatte der Regen auch ertsmal aufgehört, doch kaum 10km später setzte er wieder ein – und wurde langsam stärker. Da Manuel als Brillenträger nur noch schlecht sehen konnte und die LKWs dicht neben uns massenweise Wasser aufwirbelten, beschlossen wir, unter meinem Tarp in einem kleinen Seitenweg Schutz zu suchen. Tarpwing Duck wurde eingeweiht. Und jedesmal, wenn wir dachten: Jetzt wird’s weniger, dann prasselte kurz darauf die nächste Husche auf uns hernieder.
Irgendwann jedoch beschlossen wir, trotz des anhaltenden Regens uns wieder auf die Straße zu wagen. Und nach nur 4-5km gerieten wir in einem Platzregen, der selbst mit als Nicht-Brillenträger die Sicht so stark einschränkte, daß wir nicht weietrfahren konnten. Bei der nächstbesten Gelegenheit bogen wir auf einen Bauernhof ab und suchten unter dem Vordach eines Stalls Unterschlupf. Nach einigem Warten beschlossen wir, der Regen sei schwach genug um weiterzufahren. Nach gut einem Kilometer wieder Wolkenbruchartiger Regen. Wir machen unter dem Vordach eines Bootsladens halt.
Da der Regen kaum Anstalten macht, sich abzuschwächen, beschließen wir dennoch weiterzufahren, trotz der unangenehmen LKWs und ungeachtet der Tatsache, daß das Wasser langsam beginnt, sich auch innerhalb der Regenkleidung breit zu machen. Der nächste Ort ist Värnamo und wir haben noch ca. 12km vor uns.
An der Ortseinfahrt nach Värnamo wieder ein Platzregen, der selbst langsames Weiterfahren nahezu unmöglich macht, wir warten kurz ab, dann geht es weiter zur Touristen-Information. EIn Vandrahem muß her, sonst haben wir keine Chance, die Sachen über Nacht trocken zu kriegen. Da dieses ausgebucht ist, beschließen wir, uns Bed & Breakfast zu gönnen, nachdem der Besitzer dort auch trockene Plätze für die Räder zsuagen konnte – und soviel teurer ist das auch nicht. Kurz nach der Entscheidung, wir kennen das ja bereits, hört der Regen auf.
Dennoch bereuen wir die Wahl keine Minute: Unsere Räder stehen in einer großzügigen Garage, wo wir sogar die Zelte auslegen können zum Trocknen. Wir finden ein idyllisches Zimmerchen vor, frische Äpfel und gegen einen geringen Mehrpreis dürfen wir sogar die Sauna benutzen – genau das, was wir nach so einem Tag brauchen.
Wir waschen und trocknen unsere Sachen, dann laufen wir in die Stadt, wo wir zuerst in einem Supermarkt Vorräte auffrischen, dann in einem Asia-Restaurant essen gehen. Auf die harte Tour lerne ich am Buffet, daß das Wort, was ich für die schwedische Version von „Ingwer“ hielt „Knoblauch“ heißt. Prophylaktisch entschuldige ich mich bei Manuel für die zu erwartenden olfaktorischen Konsequenzen.
Wir fragen uns, ob die im Textilladen ausgestellten bunten Stoffe an einer querlaufenden Stange denn wohl schwedische Gardinen seien.
Vor dem Einschlafen stellen wir den Wecker auf 06:30 Uhr früh. Wir haben eine egwaltige Strecke vor uns, nachdem wir heute nur 65km geschafft haben.