NL 2011: Cycle Vision 2011

Nach einem Ruhetag mit sonnigem Wetter fing der Samstagmorgen mit eher vertrauten Umständen an: Regen. Leichte Schauer, nur unterbrochen von Phasen mit Nieselregen und ein dunkelgrauer Himmel. Zum Glück hatte ich es nicht weit bis zur Cycle Vision – aber auch 20km reichen, um trotz Regenkleidung naß zu werden.

Als ich bei der Cycle Vision ankam sah ich bekannte Gesichter und schon von Ferne jede Menge interessanter Fahrzeuge. Wegen des anhaltenden Nieselregens und der nicht einladenden Temperaturen waren all die Hersteller mit ihren Ständen unter das Vordach der Eingangshalle geflüchtet und drinnen war deutlich mehr los als draußen, was zum Teil aber auch an den andernorts liegenden Wettkämpfen lag.

Nach einer Aufwärmphase bei warmem Kakao im Innern drehte ich eine Runde über die Stände. Der Testparcours war heute zwar eine riesige nasse Fläche, aber dafür relativ leer. Eigentlich beste Bedingungen, um die Wettertauglichkeit eines Velomobils auszutesten, ich allerdings probierte erstmal ein sportliches Trike ohne Schutzbleche aus. Es machte einen Höllenspaß, das Gerät fuhr sich selbst auf der nassen Fahrbahn mit erstaunlicher Spur- und Straßenlage. Ich allerdings sah danach aus, als wär ich mit dem Mountainbike zum Schlammspringen gewesen…

Judith überzeugte sich von den Vorteilen eines Velomobils, gerade bei diesem Wetter, eine andere Freundin machte (sehr erfolgreich!) ihre ersten Liegeradversuche und probierte das BeWaW auch gleich noch mit aus und war begeistert. Ich hielt mich zunächst etwas zurück, nutzte nur später die Chance, eine Runde im Evo-K von Daniel zu drehen. Wie üblich mit zu kleinen Schuhen und etwas zu kurz eingestellt für mich, aber selbst auf regennasser Fahrbahn traute ich mich, zumindest mal auf 55 km/h zu beschleunigen. Die Panzerlenkung, wie im Evo-R finde ich allerdings immernoch etwas gewöhnungsbedürftig – wenn man sich allerdings daran gewöhnt hat, dann dürfte sie eine extrem präzise und angenehme Art des Steuerns sein.

Zum Abend stellte ich mein Rad sicher unter und suchte mir eine trockene Mitfahrgelegenheit nach Lelystad, wo ich ein Hotel fand. Nach so viel Regen auf der Reise hatte ich wenig Lust, mein Zelt in der matschigen Wiese aufzustellen.

Am Sonntag wurde es deutlich wärmer und vor allem hörte der Regen auf. Ich schaute mir noch das 50-m-Dragrace an und den Beginn des 3-Stunden-Rennens. Allerdings vertiefte ich mich mehr in interessante Gespräche, als wirklich dem Rennverlauf zu folgen. Auf der mittlerweile trockenen Piste wurden gute Geschwindigkeiten gefahren, die langen züge an unverkleideten und teilverkleideten Liegerädern aber auch die schnellen VMs waren dennoch sehr interessant anzusehen, zumal die Strecke kurvenreich war, was für die Zuschauer natürlich immer besonders spannende Anblicke liefert.

Gegen 15 Uhr mußte ich mich dann auf den Weg in Richtung Deventer machen, um meinen Zug zu bekommen.

NL 2011: Heeg – Nunspeet

Nun sollte es weiter gehen, nach Nunspeet. Die Nähe der nahenden Cycle Vision und ein Hotel mit Annehmlichkeiten wie Sauna und Schwimmbad hatten es mir angetan. Vor mir standen gut 90km. Und die fingen an mit Regen. Nach dem Frühstück an Bord der Andante war es zunächst leichter Niesel, doch schon bald wurde der Regen stärker. Erst wartete ich in einer nicht allzu gut schützenden Bushaltestelle einen dicken Regenschauer ab, dann fuhr ich in Regenzeug weiter nach Lemmer. Später sollte der Regen nachlassen und so entschied ich, ersteinmal zu Mittag zu essen.

Ich suchte mir am Hafen einen Italiener, wo ich mein Rad in Sichtweite und unter einem Schirm parken konnte und setzte mich ins warme, um die nassen Klamotten trocknen zu lassen. Nudeln und ein schöner Nachtisch. Nebenbei warf ich einen Blick aufs Regenradar und die Prognose – die erstaunlich gut stimmte. Nachdem ich fertig war mit dem Essen hörte auch bald der Regen auf und der Himmel wurde zunehmend heller.

Nach Emmeloord ging es dann gegen den harten Westwind bis zur Brücke. Ich fuhr an einer langen Autoschlange vorbei, denn die Brücke war offen – mitten auf der Autobahn. Ich streifte Flevoland, sah schon die Schilder nach Biddinghuizen, wo am Wochenende die Cycle Vision stattfindet. Bei Elburg, einen sehenswerten kleinen Festungsstadt, ging es dann wieder zurück auf etwas älteres Land und noch ein paar Kilometer südlich bis zum Hotel in Nunspeet.

Wellness!

NL 2011: Heeg – Stavoren – Heeg

Der Tag versprach halbwegs regenfrei zu bleiben. Der Wind war noch immer kräftig, aber erträglich. Zusammen mit Judith, die ihr Challenge Hurricane mitgebracht hatte, wollte ich eine kleine Tour unternehmen. Als Ziel suchten wir uns Stavoren aus. Einerseits wollte ich ohnehin das IJsselmeer sehen, wenn ich denn schon hier war, zum anderen wehte der Wind aus West, so daß wir uns die Hinfahrt etwas gegen den Wind quälen mußten, dann aber eine angenehme Rückfahrt mit Rückenwind vor uns stand. Für den Fall der Fälle führte die Fahrt auch nicht allzuweit abseits der Bahnlinie.

Ich plante nicht groß eine Strecke am Notebook, sondern speicherte im GPS lediglich einen Zielpunkt ein und überließ den Rest dem Autorouting meine OSM, das gerade in den Niederlanden auf der großartigen Infrastruktur für Radfahrer problemlos sehr gute Strecken nutzt.

So ging es schon kurz nachdem wir Heeg durchquerten auf sehr ruhigen Straßen durch die flache Landschaft Frieslands. Irgendwann verließ unser Radweg dann auch die Straße, wir rumpelten über ein paar Sperrgitter im Boden, neben uns verlief ein Elektrozaun … und wir standen inmitten einiger grasender Kühe, die uns argwöhnisch beäugten. Nun sind Rindviecher sehr viel ruhiger als Pferde, aber auch sehr viel neugieriger – und so standen wir dann auch vor einer Kuh, die den Weg partout nicht verlassen wollte. Judith, in einem kleinen Dorf aufgewachsen und auch im Rahmen ihrer Arbeit schon mit Kühen konfrontiert gewesen, übernahm die Initiative. Langsam annähern, die Kuh freundlich, aber bestimmt mit der Hand etwas zur Seite drücken. Sie läßt sich etwas drücken, dann bewegt sie sich sofort zurück und glotzt uns weiter an. Nochmal. Selber Effekt. Wir weichen über die Wiese aus, bevor der Rest der Herde allzu neugierig wird.

Kaum ist diese Hürde genommen, kommt eine Neue: der Radweg endet in einer Art Vorgarten. Schnell entpuppt sich diese Stelle allerdings als eine Fährüberfahrt. Der Fährmann wohnt auf dem Schiff nebenan. Als er uns sieht, setzt er eine Kapitänsmütze auf und kommt in unsere Richtung. Für einen kleinen Betrag fährt er uns auf die andere Seite.

Bis kurz vor Koudoum geht es auf einer kleinen, nahezu unbefahrenen Straße. Die Baustellenschilder ignorieren wir vorsichtshalber und behalten Recht mit dieser Entscheidung. Bei Molkwerum entscheiden wir uns, von der GPS-Route abzuweichen und zum Deich zu fahren. Ein schöner Blick auf das IJsselmeer bietet sich uns, als wir kurz nach oben laufen und die Räder unten stehen lassen. Nach ein paar Minuten fahren wir auf dem Weg hinter dem Deich weiter – zwischen Schafen hindurch. An einem Gatter kommen auch diese interessiert zu uns. Da wir sonst nichts zu essen mitbringen, versucht eines der Tiere, ob der Schmutzfänger meines hinteren Schutzbleches essbar ist, merkt aber nach kurzem, daß dies wohl kein Delikatesse ist und läßt von meinem Rad ab.

In Stavoren gehen wir zunächst vor auf die Mole, dann suchen wir uns einen warmen Platz, wo wir heiße Schokolade bekommen. Aufgrund des touristischen Preisniveaus sehen wir von einem Mittagessen vorläufig ab und suchen uns woanders im Ort eine Bude, wo wir Kibbeling (frittierter Fisch, aber wenigstens wird hier der frische Fisch vor Ort frittiert…) essen und uns für die Rückfahrt stärken.

Auf dem Rückweg nehmen wir den direkten Weg nach Molkwerum ohne Umweg über den Deich und folgen ansonsten dem gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Durch den Rückenwind ist unsere Geschwindigkeit natürlich jetzt deutlich höher. Der Fährmann erkennt uns wieder und freut sich über einen kleinen Plausch, dann geht es wieder zu den Kühen. Diesmal überläßt Judith mir den Vortritt, es stehen aber auch erstmal keine Kühe direkt auf dem Weg. Mich schauen sie irritiert an, Judith hat hinter mir allerdings schon wieder mit der unglaublichen Neugier der Rindviecher zu kämpfen.

In Gaastmeer kehren wir nochmals kurz ein, bevor es wieder zurückgeht nach Heeg. Kurz nach unserer Ankunft dort fängt der unvermeidliche Regen wieder an, aber da sitzen wir ja zum Glück schon wieder im Trockenen. Judith macht sich wenig später mit dem Auto (und dem Rad auf dem Radträger) wieder nach Hause auf.

NL 2011: Weener – Heeg

Nach dem Aufstehen war die erste Aktion das Checken der Wettervorhersage. Diese sah besser aus als für die vorherigen Tage. Schauer waren zwar möglich, auch auf dem Radar vereinzelt so zu sehen, aber keine größeren Regengebiete im Anmarsch. Auch der Wind hatte sich deutlich abgeschwächt, wenn er auch weiter aus südlicher bis westlicher Richtung kam. Zum Nachmittag war mit besserem Wetter und abflauendem Wind zu rechnen. Gute Voraussetzungen also für die längste Etappe dieser Tour von etwa 150km.

Ich ging den Tag langsam an, frühstückte, packte und holte nach der Abfahrt nochmal schnell innerhalb Deutschlands Bargeld. Dann ging es los. Graue Wolken zogen über den Himmel, immer wieder sah es bedrohlich nach Regen aus, doch zunächst blieb es trocken. Südlich von Groningen allerdings fing es an leicht zu regnen. Um mir mein Regenzeug überzuziehen suchte ich mir eine Bushaltestelle – in der ich mich dann aufgrund des stärker werdenden Regens auch einfach verschanzt hielt, bis es aufhörte. Die Temperatur sank von 20°C auf 13°C, doch nach dem Regen kam sofort hellerer Himmel und schon bald kletterte das Thermometer wieder.

Später lockerten die Wolken auf und die Sonne kam durch. Der Wind war spürbar, aber er bremste bei weitem nicht so stark wie am Vortag. Die Landschaft in Friesland ist flach (wie Holland…) und es gibt wenige Bäume. Die Besiedlung ist allerdings dicht, in kleineren Ortschaften gibt es in der Regel keine Versorgungsmöglichkeiten: Sieht man von weitem die Preistafel einer Tankstelle leuchten, so handelt es sich meist um eine Automaten-Tanke, an der für Radfahrer rein nichts zu holen ist. Auch das Vorhaben, nur außerhalb der Sichtweite von Häusern etwaigen menschlichen Bedürfnissen zu folgen stellt einen bei der Besiedlungsdichte vor ernsthafte Herausforderungen.

Etwa 25km vor Heeg fand ich einen Rennradler, in dessen Windschatten ich mich 3km ausruhen durfte, kurz bevor ich auf einen schönen Radweg abbog, der mich an den Rand von Sneek führte. Faszinierend, wenn überall der Landschaft Segelboote und Schiffe unterwegs sind!

Bei meiner Ankunft wurde ich dann schon erwartet, ich konnte Duschen und später ging es dann Essen: Kibbeling.

And now for something completely different!

„Ich spring doch nicht aus einen funktionierenden Flugzeug!“

„Brauchst Du ja auch gar nicht!“

Zum Geburtstag hatte ich einen Schnupperkurs beim Indoor-Skydiving geschenkt bekommen und einige Wochen später, am 23. September, war es dann auch so weit. Es ging nach Roosendaal in den Niederlanden zu einem der wenigen Indoor-Skydiving-Center. Beim Indoor-Skydiving hat man ganz normale Fallschirmspringer-Kleidung an, keinen Wingsuit oder ähnliches, und schwebt auf einem Luftstrom, erzeugt von zwölf starken Turbinen. Die Geschwindigkeit der Luft im Tunnel entspricht der Fallgeschwindigkeit, wenn man aus einem Flugzeug springt, so daß den gesteuerten Fall üben kann. Profispringer nutzen dies zum üben ihrer Figuren, Neulinge um die Grundlagen zu lernen.

Aufregung machte sich schon auf dem Weg breit, dann anch der Anmeldung ewig erscheinendes Warten. Umziehen. Ohrstöpsel, ein Helm, eine Brille gehören zur Schutzausrüstung. Zunächst gibt es ein Einführungsvideo. Grundlagen des Fliegens, Dinge, die man auf keinen Fall tun darf. Anschließend erklärt der Instructor nocheinmal die Zeichen zur Kommunikation, denn selbst lautes Brüllen würde man dort nicht hören, dann bewegt sich Gruppe in den Gang um den Tunnel. Fast alle hier haben soetwas nie vorher getan. Eine Glasscheibe trennt uns vom Tunnel, es gibt nur einen Eingang. Nach unten ein Drahtnetz, nach oben viel Platz bis zu einem Schutznetz an der Decke. Die Turbinen drehen langsam hoch.

Der Instructor geht in den Tunnel und ihm folgt die einzige Person aus unserer Runde, die schon ein paar Trainings hinter sich hat. Das sieht erstmal leicht aus. Dann kommen die Neulinge dran. Der Instructor hat eine Menge zu tun, um die unerfahrenen Menschen in Position zu halten. Der Augenblick, wo ich in den Tunnel gehen darf kommt immer näher. Eine Liste auf einem Bildschirm zeigt Namen und Zeiten an. Ich bin dran. Mit weichen Knien gehe ich zum Eingang und stürze mich in das Abenteuer.

Beim ersten mal unbeholfen, verkrampft, es ist schwer locker zu lassen, die EIndrücke prasseln auf einen ein. Mit dem betreten des Tunnels ist der Kopf leer, vergessen all die Theorie und auch von den zeichen kommt nur die Hälfte wirklich an. Das Gefühl ist gigantisch, die Anspannung und die Konzentration auch. Wer jemals geglaubt hat, man könne aus einem Flugzeug springen und müsse sich da einfach nur fallen lassen, dem sei gesagt: Geht nicht. Seht zu, daß der Fallschirm sich sofort öffnet…

Beim zweiten versuch ging dann alles schon etwas besser. Selbständiges Schweben, halten der Fluglage. Wirklich gut kontrolliert ist sicherlich noch anders, aber man kriegt es langsam raus. Ist ja auch schön im zweiten Teil des Videos zu sehen.

Ich war so angespannt, so beeindruckt, daß schon befürchtet wurde, ich hätte keinen Spaß gehabt. Aber ich hatte Spaß und würde das jederzeit nochmal machen. Dieses Gefühl zu schweben und doch nicht zu fallen ist unbeschreiblich für jeden, der es nicht selbst erlebt hat!