Groningen – Oldenburg

Um 07:30 Uhr gingen wir zum Frühstück, etwas skeptisch, weil wir das zwar angekündigt hatten, aber im Raum Frühstückszeiten ab 08:30 Uhr angeschrieben waren. Es gab aber wirklich bereits Frühstück und wir konnten uns stärken. Das Tagesziel hieß Oldenburg, knapp 140 Kilometer entfernt.

Schiffswerft in Foxhol

Aus Groningen hinaus folgten wir großen Straßen, was zwar etwas nervig, dank niederländischer Infrastruktur aber problemlos möglich war. Wir hatten neben uns den Kanal Winschoter Diep mit seinen vielen Schiffswerften, von denen es dutzende Videos bei Youtube gibt („Ship launch Foxhol“) – heute hatten wir allerdings keinen zu sehen bekommen, behielten dafür aber trockene Füße.

Zwischen Beerta und Bad Nieuweschanz merkten wir dann langsam, dass wir in die Nähe der Deutschen Grenze kamen: Die Radweginfrastruktur war für niederländische Verhältnisse bemerkenswert schlecht. Allerdings bemerkten wir schon wenige Meter nach überqueren der Grenze, dass es dennoch erhebliches Potential nach unten gab. Erst Scherben auf schlechtem Untergrund, dann ein Eurovelo, der wegen Bauarbeiten gesperrt ist, wo die Umleitung (über befahrene Straßen ohne Radweg) aber versteckt bis gar nicht ausgeschildert ist.

Erster Radweg in Deutschland

Eine Pause in Bunde blieb uns verwehrt, weil der Bäcker um 12:28 Uhr schloss. In Weener am Hafen fanden wir ein offenes Lokal, nachdem wir auf einem rumpeligen, schmalen Eurovelo 12 (wegen gesperrter Bundesstraße mit vielleicht etwas besserem Radweg) dort zunächst durch eine ziemlich tote Innenstadt gefahren waren. Bei einem Stück Kuchen warteten wir einen kräftigen Schauer ab, bevor es weiter ging.

Auf dem Weg nach Leer passierten wir die Jann-Berghaus-Brücke, die gerade wegen einer Schiffsdurchfahrt hochgeklappt war, als wir ankamen – ein beeindruckender Anblick.

Jann-Berghaus-Brücke zwischen Weener und Leer

Die Altstadt von Leer durchfuhren wir in der Fußgängerzone, wenigstens war es hier belebter. In Wiltshausen mussten wir umplanen, weil wegen Hochwassers die historische Fähre nicht fuhr. So fuhren wir entlang des Deiches am Nordufer der Jümme, bis wir in Stickhausen wieder auf den ursprünglich geplanten Track trafen.

Während wir bis Apen noch auf ruhigen Wegen fuhren, ging es dann via Bad Zwischenahn auf dem Radweg der Landstraße weiter. Wir beeilten uns etwas, denn hinter uns zogen Regengebiete auf (die aber letztlich vorbeizogen).

Überschwemmter Fähranleger Wiltshausen

In Oldenburg hatten wir ein Hotel in Bahnhofsnähe gefunden, das auch eine Sauna bot. Diese nutzten wir zur Entspannung, nachdem wir vorher im Hafen essen waren.

Celebrity Solstice auf der Ems

Wie an den Tagen zuvor startete auch dieser Sonntag mit kräftigem Nebel. Auch als wir uns nach dem Frühstück aufmachten in Richtung Ems hingen die Schwaden teilweise noch so tief, daß wir von den zahlreichen riesigen Windrädern nur das rauschen hörten, aber oft die Flügel nicht sahen.

Je näher wir der Ems kamen, desto besser wurde das Wetter dann allerdings und wir mußten zunächst einmal die Anzahl der Kleidungsschichten etwas reduzieren.

Kurz hinter Oldersum erreichten wir schließlich die Ems. Wir überwanden das ein oder andere Hindernis, um hinter den Deich zu kommen und konnten in der Ferne das Emssperrwerk sehen. Entlang des Deiches wollten wir dann der Celebrity Solstice entgegen fahren. Wir stellten aber bald fest, daß Zäune den Weg für uns versperrten und mußten zurück. Auf dem Weg trafen wir einen Anwohner, der uns bereitwillig den besten Weg erklärte – der allerdings ertsmal hinter dem Deich bis Leer auf der Straße entlang führte.

In Leer aßen wir am Hafen zu Mittag und erhielten dann die Meldung, daß die Celebrity Solstice sich auf den Weg gemacht hatte. So Wir folgten der Ems weiter flußaufwärts, bis wir mehr und mehr leute auf dem Deich sahen – und in weiter Ferne bereits die gewaltigen Aufbauten des Kreuzfahrers.

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Der Himmel hatte sich mittlerweile zugezogen und je näher uns die Solstice kam, desto mehr regnete es. Trotz Regens von oben und großer Mengen Schafscheiße von unten war die Stimmung auf dem Deich gut. Von den viele Kritikern der Schiffsüberführungen war zu diesem Zeitpunkt nicht viel zu sehen.

Wenn dann dieses gigantische Schiff auf der schmalen Ems an einem vorbeizieht, dann ist das definitiv beeindruckend. Sicher, das Ding ist ein schwimmender Hotelkasten – aber dennoch: Es ist unglaublich, daß es sich doch bewegt.

Als die Solstice langsam hinter uns in den Regen gleitet ist es Zeit: Manuels Ziel heißt Papenburg, mein Ziel heißt Delfzijl. Ursprünglich verfolge ich den Plan, zur Emsfähre bei Leer zu gelangen, doch die Massen an Menschen, die dem Schiff in diese Richtung folgen läßt mich schnell einsehen, daß diese Idee bedingt gut ist. Zudem kann ich nirgendwo eine Aussage darüber kriegen, wie lange die Fähre noch fahren wird. Also kehre ich um und versuche Manuel auf dem Weg zum Bahnhof in Papenburg noch einzuholen, doch ich habe zu viel Zeit verloren und treffe ihn erst am Bahnhof.

Ich warte am Bahnhof unter dem Dach noch ab, bis der Regen etwas weniger wird und suche dann nach dem kürzesten Weg über die Ems. Hinter der Brücke verrät mir ein Bauer, der mich über dem GPS brüten sieht noch eine Abkürzung, die in meinen Straßenkarten nicht auftaucht und so pedaliere ich durch den kalten Regen.

Irgendwann erreiche ich die Grenze zu den Niederlanden, zu merken ist das allerdings nur an einer minimal unterschiedlichen Radwegekennzeichnung. Ich beschleunige meine Fahrt durch die hereinbrechende Dunkelheit – mein Hotel in Delfzijl schließt um 21 Uhr.

Kurz vor 21 Uhr erreiche in Delfzijl und checke ein. Mein Rad steht an einer mir nicht so genehmen Stelle im EIngangsbereich des Hotels, zwar notdürftig angeschlossen, aber ein gutes Gefühl stellt sich nicht ein. Das Hotelzimmer ist zwar warm, aber die heizung ist abgestellt, so daß es schwierig wird, meine nassen Sachen zu trocknen. Und zuguterletzt bietet Delfzijl um diese Uhrzeit nichts mehr zu essen. Daß eine Dönerbude vor meinen Augen schließt ist mir hier das erste mal im Leben passiert.

Hungrig kehre ich ins Hotel zurück und nehme mein Rad, das mittlerweile abgetropft ist, mit aufs Zimmer. Dort verpflege ich mich mit ein paar Powerriegeln und trockene notdürftig die wichtigsten Dinge mit dem Fön. Dann geht es bald ab ins Bett.

GPS Track vom 28.09.2008

Rundfahrt: Ostfriesland

Da die Überführung des Kreuzfahrtschiffes Celebrity Solstice auf der Ems, die ursprünglich für den heutigen Tag geplant war, um einen Tag verschoben worden war, hatten wir einen Tag gewonnen, um Ostfriesland genießen zu können.

Der Morgen war wie in den letzten Tagen neblig und so genossen wir das großzügige Frühstück, das wir morgens vorfanden, in aller Ruhe. Danach packten wir unsere Räder mit dem Allernötigtsten: Kamera, Getränke, Energieriegel und minimales Werkzeug. Der Plan sah vor, quer durch Ostfriesland an die Küste zu fahren, als Ziel hatten wir zunächst Norden-Norddeich ausgewählt.

Der kühle Nebel lichtete sich schon bald nach unsere Abfahrt und wir entledigten uns der anfänglich noch unverzichtbaren dickeren Kleidungsstücke. Erst folgten wir einigen größeren Landstraßen (jeweils mit ausgezeichnetem Radweg), bald jedoch bogen wir dann auch mal auf kleinere Wege entlang irgendwelcher Gewässer ab, die gerade genug Platz für die Räder ließen.

Als wir später auf kleineren Straßen durch die Orte fuhren freuten wir uns über die vielen freundlichen Menschen: Wo wir auch vorbeikamen schallte uns ein nettes „Moin!“ entgegen und wir antworteten brav mit „Moin, Moin!“, was dann mit wohlwollendem Nicken quittiert wurde.

Auch die Autofahrer in Ostfriesland nehmen Rücksicht auf Radfahrer, ein Zustand, den wir aus Berlin so nicht kannten. So wurde die Reise durch das sonnige grüne platte Land sehr angenehm. Selbst der Wind war uns gnädig, es wehte so gut wie keiner.

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Je näher wir Norddeich kamen, desto größer wurde allerdings die Anzahl der Touristen. Schließlich durchquerten wir den Ortskern und fuhren weiter in Richtung Hafen – endlich das Meer sehen! Das allerdings war – wie immer, wenn ich an die Nordsee komme – gerade auf dem Rückzug. Im Hafen setzten wir uns in ein Restaurant und stärkten uns ersteinmal. Dabei beobachteten wir das Treiben ringsherum.

Anschließend zog es uns auf den Deich. Auf der seewärtigen Seite kann man ab Norddeich ein gutes Stück in Richtung Osten fahren – und gelangt schon nach kurzer Zeit zum Flughafen Norden-Norddeich, von wo in reger Folge die Inselflieger starten. Nachdem wir ein wenig zugeschaut hatten, reifte der Entschluß, daß ein Rundflug über das Wattenmeer in einer Cessna eigentlich unverzichtbar sei. Wir wurden zwar gewarnt, daß die Sicht nicht optimal sei, allerdings entschieden, daß ausreichend war. Bevor wir unseren Flug antreten konnten hatten wir noch etwas Wartezeit, die wir auf dem Deich verbrachten.

Schließlich ging es los. Wir zwängten uns in die kleine Maschine und dann ging es auch schon los!

GPS Track vom 27.09.2008 (Rundflug)

Nach der Landung waren wir noch ganz beeindruckt von der wunderschönen Natur, die wir von oben gesehen hatten. Wir schwangen uns wieder auf unsere Räder und bummelten noch etwas auf dem Deich entlang, bevor wir die Biege in Richtung Süden machten und Kurs auf Ihlow nahmen.

Wir versuchten unseren netten Pfad entlang des kleinen Gewässers wiederzufinden, aber wegen einger Wirrungen und Irrungen bezüglich der Ortsnamen und auf welchen Straßen wir wo entlang gekommen waren, gelang uns das nicht so ganz – dennoch fanden wir natürlich dank GPS den Weg zurück ohne wirklich große Umwege.

In Ihlow angekommen stellten wir die Räder ab, machten uns kurz frisch und liefen dann die 200 Meter zum örtlichen Jugoslaven, wo wir den Tag bei einer ordentlichen Mahzeit ausklingen ließen.

GPS Track vom 27.09.2008 (Fahrrad)

Anreise: Berlin – Ihlow

An diesem Freitag ging es für Manuel und mich sehr früh los: Um kurz nach sieben Uhr verließen wir Berlin mit dem Zug in Richtung Oldenburg. Weder Manuel noch ich hatten in den letzten Jahren einen Fernzug mit einem Fahrrad im Gepäck betreten und so waren wir nach dem ersten Schreck – der Zug fuhr entgegen der im Wagenstandsanzeiger angegebenen Reihenfolge ein – positiv überrascht vom Platzangebot. Dieses war zum Teil sicherlich der Tatsache geschuldet, daß es Freitag Morgen war und für die meisten die Fahrradsaison vermutlich schon vorbei.

Der Morgen war feucht und neblig, so daß wir aus dem Fenster kaum etwas sehen konnten. Doch je näher wir Oldenburg kamen, desto mehr lichtete sich der Nebel und so fingen wir an uns trotz der Müdigkeit, die wir durch Dösen und Tee bekämpften, auf die kommenden Fahrradkilometer zu freuen.

In Oldenburg war die Luft noch immer feucht, aber die Sonne war hinter den Dunstschleiern schon zu erahnen. Ich startete das GPS und gab als Ziel Ihlow ein, wo wir für die Nacht Zimmer gebucht hatten. Auf dem Weg aus der Stadt hielten wir noch kurz an einem Fahrradladen für ein paar Kleinigkeiten, dann ging es hinaus auf die Landstraße.

Die kühle feuchte Luft wich langsam der wohligen Wärme der Sonne und wir genossen die Vorzüge Ostfrieslands: Eine sehr gute Infrastruktur für Fahrräder. Perfekt geteerte Radwege an nahezu jeder Straße luden ein, zügig zu fahren. Da Manuel allerdings ausgerechnet das langsamste Rad aus seiner Flotte für die Tour gewählt hatte mußte ich mit dem Liegerad immer etwas aufpassen, daß ich ihn nicht abhänge.

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In Westerstede entschieden wir, daß wir eine Rast einlegen wollten. Am Markt setzten wir uns zu einem Imbiß in die Sonne, danach gönnten wir uns noch ein Eis, bevor es schließlich weiterging.

In Großefehn zeigte sich die Landschaft von ihrer schönsten Seite, die mit kleinen Gewässern durchzogenen Orte muteten fast schon holländisch an und bei uns stellte sich ein Urlaubsgefühl und Entspannung ein. Den Trubel der Großstadt hatten wir hinter uns gelassen und genossen die Ruhe, die uns umgab.

Am frühen Abend erreichten wir Ihlow und unsere Fremdenzimmer. Das ganze wirkte sehr familiär und wir fühlten uns sofort wohl. Wir verstauten die Fahrradtaschen in den Zimmern, ruhten uns kurz aus und beschlossen zum Abendessen noch einen Abstecher nach Aurich zu machen.

Auf dem Weg nach Aurich tauchte der Sonnenuntergang den Nebel, der aus den Feldern stieg, in ein pastellfarbenes Licht und ließ die landschaft fast unwirklich erscheinen. Bald war es jedoch dunkel und wir testen unsere Beleuchtungsanlagen.

In Aurich angekommen hatten wir in der Innenstadt Probleme, ein passendes Restaurant zu finden. Italienisch oder Chinesisch gab es zwar spontan zur Auswahl, wir hatten uns aber eher auf landestypische Kost festgelegt und wollten am liebsten Fisch haben. Nach einigem Suchen fanden wir in einer Seitenstraße ein Hotelrestaurant, in dem wir einkehrten. In unseren Fahrradklamotten waren wir – gelinde gesagt – auffällig gekleidet, aber die anfängliche Skepsis beim Personal wich schnell, als klar wurde, daß wir auch Radfahrer-Hunger mitgebracht hatten.

Der Rückweg nach Ihlow war ein guter Nachtflug, doch das sanft leuchtende GPS auf dem Tretausleger meiner Speedmachine wies uns zielsicher den Weg und so kamen wir ohne Umwege in unsere Betten.

GPS Track vom 26.09.2008