Ich hatte schlecht geschlafen und meine Nase war zu. Kein guter Start in den Tag. Ich frühstückte, machte das Rad abfahrbereit – und hielt nach dem ersten Kilometer zunächst einmal an einer Apotheke. Nasenspray und – zur Sicherheit – ein Thermometer. Außerdem extra starke Sonnencreme für das Gesicht. Dann ging es weiter durch Nantes, zurück zum Track. Laut Tacho kam ich besser voran, als es sich anfühlte.
Im Hafen sah ich eine Schlange von Leute, die auf ein Boot drängten. Am Schild stand etwas von St. Nazaire. Kurzerhand fragte ich, ob sie denn auch das voll bepackte Rad mitnehmen würden und die Antwort war “ja”. Das gab mir die Möglichkeit, den Tag ruhig anzugehen, mit weniger Kilometern, und dennoch voran zu kommen. Die Fahrzeit war mit etwa zweieinhalb Stunden angegeben, die gesparte Strecke waren etwa 60km – das kam also ziemlich gut hin. So ging es auf der Loire entlang bis St. Nazaire, vorbei an diversen Kunstinstallationen. An der Schleuse zum Hafen von St. Nazaire mussten wir warten, der Hafen ist eingerahmt von den großen U-Boot-Bunkern des Atlantikwalls. Kein schöner, aber doch ein beeindruckender Anblick.
Nachdem ich mein Rad von der Fähre hatte, fuhr ich durch den Hafen und weiter zur großen Brücke über die Loire. Diese hatte ich bei der Planung entdeckt und wollte unbedingt drüber fahren. Der Aufstieg verlief einfacher als erwartet, das Fahren auf der Brücke war bei dem schönen Wetter auch unproblematisch, kein Seitenwind, keine regennasse Fahrbahn. Die Schussfahrt nach unten war berauschend.
Der erste Abschnitt meiner Reise, entlang der Loire bis zum Atlantik, lag jetzt hinter mir – und ich gönnte mir erstmal ein Mittagessen. Auf dem durchgehend gut ausgeschilderten Velócèan ging es nun weiter. Vom Ozean sieht man allerdings nur zweitweise etwas, immer wieder geht es weit ins Hinterland – mal sind die Strecken sehr gut, mal gibt es Abschnitte mit festem Kies oder Schotter, die etwas bremsen. Ein paarmal kürzte ich dann einfach über die Landstraße ab.
Die Halbinsel um Préfailles kürzte ich direkt in Richtung Pornic ab, eigentlich hatte ich drüber nachgedacht, mir hier ein nettes Quartier zu suchen. Doch draußen kam schon die Ile de Noirmoutier in Sicht, die Passage du Gois war nicht mehr weit. Und ich wusste, es würde abends eine Möglichkeit zur Überfahrt geben. Also fuhr ich. Zwischendurch hielt ich an, ass ein Crepes mit Schokolade und fragte nach den Tidenzeiten. Die Einheimischen waren nicht überzeugt, ob ich rechtzeitig an der Passage sein würde, ich dagegen schon. Und ich war es auch.
Das Niedrigwasser war irgendwann zwischen 19:15 Uhr und 19:30 Uhr (je nach Quelle), in einem Zeitfenster von eineinhalb Stunden vor bis nach Niedrigwasser ist die Passage befahrbar. Ich war gegen 19 Uhr dort und begab mich also auf die Straße, die die meiste Zeit des Tages unter Wasser liegt und nur bei Ebbe befahrbar ist. Höchste Konzentration ist hier angesagt, besonders auf den Pflastersteinabschnitten, denn durch den Algenbewuchs ist die Straße teilweise sehr glatt. Dass es hier bei der Tour der France zum Massensturz kam wundert mich nicht, bremsen oder ausweichen ist quasi unmöglich.
Auf der Insel angekommen stellte sich die Frage nach der Unterkunft. Eigentlich wollte ich am Atlantik zelten, aber in Anbetracht eines anstehenden Ruhetages und meiner laufenden Nase begrub ich den Plan. Booking.com und HRS gaben nichts her, das erste Hotel, das ich sah war ausgebucht. Aber eine kurze Suche mit dem Navi führte mich zu einem Hotel, das freie Plätze hatte, einen Bruchteil der Vorschläge der Buchungsportale kostete und nicht allzuweit entfernt war. Ich kam gerade rechtzeitig, um sogar noch ein Abendessen zu bekommen, bevor ich ins Bett fiel und sofort einschlief.