Herbst 2013: Ostritz – Zittau

Gegen acht Uhr wachten wir auf, packten unsere Sachen und gingen anschließend zum Frühstück. Das Frühstück war dem Ort entsprechend, einfach aber reichhaltig.

Kloster MarienthalDer Tag war sonnig, wenn auch nicht ganz so klar wie die Tage zuvor. Und er sagte uns von Anfang an: Fahrt heim. Zunächst fuhren wir vom Hof des Klosters zu dem am vorigen Abend erspähten vermeintlichen Eingang des weiteren Weges, nur um bei genauerem Hinsehen zu bemerken, daß es der falsche war. Als wir – nach dem Überqueren des Klosterhofes – dann den richtigen fanden, war dieser landschaftlich wunderschön, allerdings nicht asphaltiert. Offenbar wurde daran gearbeitet, es gab Baustellen und immer wieder Stellen mit gröberem Schotter, so daß wir sehr aufpassen mussten.

Micha merkte schon bald, daß die beiden zurückliegenden 140-Kilometer-Tage gegen den heftigen Wind bei den vorherrschenden Temperaturen (12°C-15°C tagsüber, abends bedeutend kühler) nicht die richtige Umgebung bei rheumatischen Beschwerden sind – ihm taten die Gelenke weh und auch ich merkte, daß nach der langen Pause zwei dermassen anstrengende Tage ihre Spuren hinterließen. So war uns alsbald klar, von unserem Plan zum Jested hinauf zu fahren sollten wir Abstand nehmen. Ich wollte nach dem Schneetreiben und Nebel der Ostertour 2012 noch einmal bei klarem Wetter dort hinauf, um den Ausblick zu genießen. Aber nicht diesmal, die Gegend läd zu weiteren Touren ein.

Oder-Neisse-Radweg zwischen Ostritz und ZittauDennoch, wir genossen den Weg entlang der Neisse, die hier in einem engen Tal verläuft. Ab und zu seiht man eine Bahnstrecke, die sich am Abhang entlang schlängelt oder auf hohen Brücken kreuzt, sonst gibt es nur den Weg, ein paar Grenzpfähle, Wasser und Bäume. Um diese Jahreszeit sind kaum Touristen da, das ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, daß von der anderen Seite der Weg wegen der Baustellen gesperrt ist, wie wir später merken.

Vor Zittau geht es noch entlang einer Straße auf einem größtenteils gut ausgebauten Radweg. In der Ferne erspähe ich Jested, 1012 Meter hoch und dann noch der markante Turm. Zwischen Jested und uns liegen vielleicht 20 Kilometer Luftlinie, etwas mehr als 30km Straße – aber 800 Höhenmeter rein ohne die Tatsache, daß wir zwischendurch noch ein paar mal erklommene Höhenmeter wieder hergeben müssen. Das ist in diesem Zustand nicht schaffbar. Außerdem gibt Michas Nabe am hinteren Rad seltsame Geräusche von sich und läuft unsauber.

In Zittau fahren wir in die Innenstadt und setzen uns erstmal in ein Café. Kuchen und Getränk als Stärkung geben uns die Chance, zumindest noch zum Dreiländereck zu fahren – damit wir auf der Tour (bisher nur auf der deutschen Seite) auch offiziell noch Polen und Tschechien besucht haben. Wir entscheiden uns für den kleinen G4-Track auf polnischer Seite, der dennoch halbwegs fahrbahr ist. Mit einem kleinen Hindernis: Nach ein paar hundert Metern gibt es ein häßliches Geräusch und Micha stoppt unvermittelt. Ein kleiner Ast hatte sich in den Speichen verfangen und das Schutzblech aufgefaltet. Definitiv, irgendwas wollte uns sagen: Ab nach Hause. Aber das Dreiländereck musste noch sein!

Dreiländereck Tschechien-Deutschland-Polen

Wir winkten zwei Radfahrern, die auf der deutschen Seite standen und feststellten, daß es weit und breit keinen (nutzbaren) Übergang gibt mit einem freundlichen „Viele Grüße aus Tschechien!“ zu, genossen die schöne Landschaft und den Blick auf die Berge, dann fuhren wir zum Bahnhof Zittau. Der Automat war langsam und wenig hilfreich, so buchte ich per Smartphone schnell die Tickets und vertraute darauf, daß wir im Zug die Fahrradtickets (Fernverkehr, denn wir wollten ab Dresden mit dem EC weiter) kaufen könnten – das stellte sich als falsche Annahme heraus, die freundliche Schaffnerin vetraute aber wegen unseres Tickets nach Berlin darauf, daß wir uns in Dresden die korrekten Fahrradkarten besorgen würden.

Vor der Augustusbrücke, DresdenDort im Reisezentrum stellten wir fest, daß trotz Herbst und Samstag alle Fahrradplätze in den durchgehenden Eurocity nach Südkreuz ausgebucht waren. Wir entschieden uns dafür, einfach zwei Stunden in Dresden zu verbringen, noch kurz die Elbe zu besuchen und dann auf gut Glück am Zug, der hier einen langen Aufenthalt hat, aufzutauchen um den Zugchef zu fragen, ob er vielleicht dennoch Platz für unsere Räder hätte. Dieser Plan ging auch auf, ich wusste, welche Wagennummer der für uns passende Fahrradwagen haben würde, wir positionierten uns und, wohl auch weil wir versicherten, unsere Räder sicher und platzsparend abstellen zu können und schnell beim Ein- und Ausstieg zu sein, durften wir mit.

Auf dem Rückweg saßen wir im Speisewagen (der ÖBB Speisewagen gefällt mir ja immer wieder, auch preislich!), konnten endlich unsere Fahrradtickets lösen und ließen die Landschaft an uns vorbei ziehen. Uns beide hatte hatte die Tour mehr mitgenommen als gedacht, aber es war auf jeden Fall ein würdiger und sehr schöner Saisonabschluß. In Südkreuz trennten sich unsere Wege, jeder fuhr noch die wenigen Kilometer nach Hause und fiel wohl bald wohlverdient ins heimische Bett.

Ostritz – Zittau

Neustadt a.d. Waldnaab – Falkenstein

Mein Schlafsack hielt, was er versprach. Nachts sanken die Temperaturen in die Nähe des Gefrierpunkts, am Morgen zeigte das Thermometer gerade einmal 2°C – aber im Schlafsack war es schön warm. Dummerweise muss man aber irgendwann raus aus dem Schlafsack und noch schlimmer, raus aus dem Zelt. Natürlich war das Zelt außen bzw. an der Innenseite des Außenzeltes naß vom Kondenswasser, so daß das Packen zu einer naßkalten Angelegenheit wurde. Im Sanitärraum brachte ich meine Finger erst einmal auf Betriebstemperatur.

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Frühstück aßen wir nach Tipp des Platzwarts in der Bäckerei des örtlichen Supermarktes, anschließend ging ich einem seltsam schleifenden Geräusch meiner hinteren Bremse auf den Grund und befand, es sei wohl Zeit die Beläge zu tauschen, wenn sich die Feder anfängt drumherum zu wickeln… Zum Glück wärmte die Sonne mittlerweile etwas und das Thermometer stand bei guten 12°C, so war die Aktion fix erledigt und ich konnte auf dem Weg zum Track im örtlichen Radladen noch schnell einen Satz Beläge für die Ersatzteiltasche besorgen.

Zurück auf dem Track geht es ersteinmal sanft aber mit stetigen Steigungen zur Sache. Radweit kürzt hier das ein oder andere mal über nicht asphaltierte Wege ab, dann handelt es sich aber um Stellen, wo die Umfahrung auf der Straße entweder über fiese Bundesstraßen oder große Umwege ginge.

Kurz vor der tschechischen Grenze haben wir noch eine kurze Unterhaltung mit einem Rennradler, der uns ein paar Meter begleitet. Ein Rentner, der ursprünglich aus Frankfurt/Oder stammt – angenehm mal wieder mit jemandem zu sprechen, der nicht nur nominal sondern wirklich dieselbe Sprache spricht.

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Micha ist froh, die bisherigen Anstiege nicht gestern noch angehängt zu haben – dabei steht uns das Größte noch bevor. Ersteinmal geht es aber nach Cheb runter. Die Straße nach Cheb und der Ort sind deutlich von Einflüssen des deutschen Billig-Grenzverkehrs dominiert – schön ist das nicht. Wir sind froh, als wir den Ort auf zwar teils etwas schlechten, aber asphaltierten und sehr ruhigen Straßen verlassen. Nur mit dem Essen wird es erstmal nichts, denn es kommen einfach keine Orte.

Erst kurz hinter Luby, schon fast wieder an der deutschen Grenze, finden wir ein Restaurant. Zu den üblichen preiswerten Konditionen essen wir dort, dann geht es in die unerwartet heftigen Steigungen des Vogtlands. Ich bin bei der ein oder anderen Steigung froh über mein 24er Kettenblatt, Micha kann nur mit Kraft Anstiege bis zu 16% hochkurbeln. Und das, obwohl er noch nicht vollständig wieder auf den Beinen ist.

In Falkenstein finden wir gegen 18:30 Uhr gleich ein Hotel. Die Räder stehen sicher, wir kriegen Abendessen und es gibt sogar ein (zumindest streckenweise funktionales) WLAN.

Abstecher nach Tschechien

Als Ostertour planten Klaus mit seiner Streetmachine und ich mit der Speedmachine einen Abstecher nach Tschechien. Ziel war es diesmal nicht, Höhenmeter aus der Tour rauszuoptimieren, sondern eher mal auszuprobieren, diverse Steigungen mitzunehmen. Und obwohl sich etwa eine Woche vor der Fahrt während der Planung die Hinweise verdichteten, daß uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen könnte, setzten wir eine Route durch das Riesengebirge ab. Wir verzichteten allerdings darauf, auf Höhen über 1000m aufsteigen zu wollen, da dort noch dichter Schnee lag, wie auf diversen Webcams zu sehen war und planten bis auf einen Anstieg auf ca. 1012 Meter eher in Bereichen von maximal 800 Meter Höhe.

Am Karfreitag ging es zunächst mit der Bahn nach Bad Schandau, Zum EInfahren folgten wir dem Elbtal auf dem linkselbischen Abschnitt des Elberadwegs bis zur Fähre Schöna-Hrensko, wo wir den Fluß überquerten auf Tschechischer Seite in den Nationalpark einfuhren. Der flache Teil des Weges war damit vorläufig vorbei, ab hier ging es hügelig zur Sache. Zunächst waren die Steigungen noch überschaubar und meist nicht sehr steil, doch nach und nach kamen einige Rampen mit mehr als 5% Steigung dazu. Der Höhenmesser stieg unaufhörlich, die grundsätzliche Tendenz war trotz manch rasanter Abfahrt klar erkennbar.

Das Wetter war zwar größtenteils grau und diesig, aber von Regen blieben wir verschont. Auch die Temperatur war noch im erträglichen Breich, wenn sie auch mit zunehmender Höhe spürbar sank. Gegen Mittag gönnten wir uns eine längere Pause in einem Restaurant am Wege – undwaeren ersteinmal erstaunt über die niedrigen tschechischen Preise. Eine Verständigung auf deutsch war auch kein Problem und selbst die Bezahlung mit Euro funktionierte klaglos, da wir noch keine Tschechischen Kronen abgehoben hatten.

Bei Varnsdorf ging es zunächst nocheinmal kurz auf deutschen Grund, kurz hinter Zittau war allerdings die Himmelsbrücke über die Neiße nicht querbar, so daß wir den Abstecher nach Polen ausließen und das Dreiländereck nur von deutscher Seite aus betrachteten, bevor wir in Hrádek nad Nisou wieder nach Tschechien kamen. Eine kurze Stichfahrt in den Ort führte uns zum Geldautomaten, dann ging es auch schon weiter.

Obwohl eigentlich nicht mehr viele Kilometer vor uns lagen, sagte unser Höhenprofil, daß es ab jetzt zur Sache geht. Einbige steile Rampen hatten wir zwar schon hinter uns – aber jetzt aber folgten fast nur noch Anstiege. Und der letzte sollte über ca. 10km bis zum Hotel auf 1000m Höhe führen. Langsam setzte auch die Dämmerung ein und als Flachlandfahrer ist man es einfach nbicht gewöhnt, daß auch eine Strecke von nur 10km durchaus mal mehr als eine Stunde dauern kann.

Je höher wir kamen, desto kälter und dunkler wurde es. Wir fuhren auch irgendwann in die Wolken ein, so daß unser Licht fast nur noch eine große weiße Wand vor uns produzierte. Am Rand der Straße waren vereinzelte Schneefelder zu sehen.

Etwa 3km vor unserem Ziel, dem Hotel Jested (Jeschken) kam die Abbiegung auf die Zufahrtsstraße. Ab jetzt hieß es Endspurt. In einer nicht enden wollenden Steigung ging es durch die naßkalten Wolken immer weiter hinauf. Das Hotel war zwischendurch als leuchtender Fleck im Nebel erkennbar, wirklich sehen konnten wir es allerdings erst, als wir wirklich davor standen.

Wir konnten sogar noch zwei Zimmer nehmen, die Fahrräder wurden in einem Raum hinter der Rezeption sicher untergebracht und das Restaurant war auch noch offen, so daß wir uns stärken konnten. Selbst kostenfreies WLAN stand hier oben auf dem Gipfel in akzeptabler Geschwindigkeit zur Verfügung, so daß wir das Wetter und die Bedingungen für die nächsten Tage checken konnten. Und das sah nicht gut aus. Niesel und Schnee durch und durch. Aber zunächst einmal saßen wir hier oben warm und trocken und konnten schön heiß duschen. Wir einigten uns auf einen nicht allzu frühen Tagesbeginn.

Des Nachts pfiff der Wind um das Hotel, die feuchte Schicht außen auf den Scheiben vereiste und der Niesel verwandelete sich in Schneegriesel.

Am nächsten Morgen war ringsherum alles bedeckt mit einer Schicht feiner Eiskristalle. Der Blick reichte keine 30m weit, selbst im halboffenen Wandelgang um die Hotelrezeption waberten Nebelschwaden. Wir frühstückten ersteinmal ausgiebig. Das Wetter änderte sich nicht.

Im dichten Nebel fuhren wir vorsichtig bergab. Die Straße war naß, teilweise mit Schnematschfelder überdeckt, der Schneegriesel piekste in den Augen. Gegen die Kälte waren wir gut eingepackt, aber bei anhaltender Nässe würde das mit der Wärme nicht ewig so bleiben. Durch die unruhige Nach und das undurchdringliche grau war die Motivation, sich jetzt noch viele Kilometer durch dieses anhaltend schlechte Wetter zu quälen nicht besonders hoch. Uns erwarteten keine schönen Ausblicke, auch die Wettervorhersage war weiterhin nicht prickelnd, die Wolkenuntergrenze irgendwo im Bereich um 600 Meter – und so entschieden wir, ab Liberec zunächst mit der Bahn in Richtung Dresden zu fahren.

Auch in Dresden erwartete uns windiges Wetter, immer wieder hatten wir Schneeschauer beobachtet. Nach einer kurzen Runde unter der viel diskutierten Waldschlösschenbrücke hindurch nahmen wir den Eurocity zurück nach Berlin.

Ich für meinen Teil bin besser mit den Bergen zurechtgekommen, als ich im Vorfeld dachte, hatte allerdings auch nur wirklich kleines und leichtes Gepäck für ein paar Tage (ohne Zelten etc.) dabei. Die Tourplanung bleibt gespeichert, um bei schönerem Wetter nochmal weitergefahren zu werden. Ist ja doch irgendwie besser, wenn man von der schönen Landschaft auch etwas sieht.