Gegen acht Uhr wachten wir auf, packten unsere Sachen und gingen anschließend zum Frühstück. Das Frühstück war dem Ort entsprechend, einfach aber reichhaltig.
Der Tag war sonnig, wenn auch nicht ganz so klar wie die Tage zuvor. Und er sagte uns von Anfang an: Fahrt heim. Zunächst fuhren wir vom Hof des Klosters zu dem am vorigen Abend erspähten vermeintlichen Eingang des weiteren Weges, nur um bei genauerem Hinsehen zu bemerken, daß es der falsche war. Als wir – nach dem Überqueren des Klosterhofes – dann den richtigen fanden, war dieser landschaftlich wunderschön, allerdings nicht asphaltiert. Offenbar wurde daran gearbeitet, es gab Baustellen und immer wieder Stellen mit gröberem Schotter, so daß wir sehr aufpassen mussten.
Micha merkte schon bald, daß die beiden zurückliegenden 140-Kilometer-Tage gegen den heftigen Wind bei den vorherrschenden Temperaturen (12°C-15°C tagsüber, abends bedeutend kühler) nicht die richtige Umgebung bei rheumatischen Beschwerden sind – ihm taten die Gelenke weh und auch ich merkte, daß nach der langen Pause zwei dermassen anstrengende Tage ihre Spuren hinterließen. So war uns alsbald klar, von unserem Plan zum Jested hinauf zu fahren sollten wir Abstand nehmen. Ich wollte nach dem Schneetreiben und Nebel der Ostertour 2012 noch einmal bei klarem Wetter dort hinauf, um den Ausblick zu genießen. Aber nicht diesmal, die Gegend läd zu weiteren Touren ein.
Dennoch, wir genossen den Weg entlang der Neisse, die hier in einem engen Tal verläuft. Ab und zu seiht man eine Bahnstrecke, die sich am Abhang entlang schlängelt oder auf hohen Brücken kreuzt, sonst gibt es nur den Weg, ein paar Grenzpfähle, Wasser und Bäume. Um diese Jahreszeit sind kaum Touristen da, das ist allerdings auch der Tatsache geschuldet, daß von der anderen Seite der Weg wegen der Baustellen gesperrt ist, wie wir später merken.
Vor Zittau geht es noch entlang einer Straße auf einem größtenteils gut ausgebauten Radweg. In der Ferne erspähe ich Jested, 1012 Meter hoch und dann noch der markante Turm. Zwischen Jested und uns liegen vielleicht 20 Kilometer Luftlinie, etwas mehr als 30km Straße – aber 800 Höhenmeter rein ohne die Tatsache, daß wir zwischendurch noch ein paar mal erklommene Höhenmeter wieder hergeben müssen. Das ist in diesem Zustand nicht schaffbar. Außerdem gibt Michas Nabe am hinteren Rad seltsame Geräusche von sich und läuft unsauber.
In Zittau fahren wir in die Innenstadt und setzen uns erstmal in ein Café. Kuchen und Getränk als Stärkung geben uns die Chance, zumindest noch zum Dreiländereck zu fahren – damit wir auf der Tour (bisher nur auf der deutschen Seite) auch offiziell noch Polen und Tschechien besucht haben. Wir entscheiden uns für den kleinen G4-Track auf polnischer Seite, der dennoch halbwegs fahrbahr ist. Mit einem kleinen Hindernis: Nach ein paar hundert Metern gibt es ein häßliches Geräusch und Micha stoppt unvermittelt. Ein kleiner Ast hatte sich in den Speichen verfangen und das Schutzblech aufgefaltet. Definitiv, irgendwas wollte uns sagen: Ab nach Hause. Aber das Dreiländereck musste noch sein!
Wir winkten zwei Radfahrern, die auf der deutschen Seite standen und feststellten, daß es weit und breit keinen (nutzbaren) Übergang gibt mit einem freundlichen „Viele Grüße aus Tschechien!“ zu, genossen die schöne Landschaft und den Blick auf die Berge, dann fuhren wir zum Bahnhof Zittau. Der Automat war langsam und wenig hilfreich, so buchte ich per Smartphone schnell die Tickets und vertraute darauf, daß wir im Zug die Fahrradtickets (Fernverkehr, denn wir wollten ab Dresden mit dem EC weiter) kaufen könnten – das stellte sich als falsche Annahme heraus, die freundliche Schaffnerin vetraute aber wegen unseres Tickets nach Berlin darauf, daß wir uns in Dresden die korrekten Fahrradkarten besorgen würden.
Dort im Reisezentrum stellten wir fest, daß trotz Herbst und Samstag alle Fahrradplätze in den durchgehenden Eurocity nach Südkreuz ausgebucht waren. Wir entschieden uns dafür, einfach zwei Stunden in Dresden zu verbringen, noch kurz die Elbe zu besuchen und dann auf gut Glück am Zug, der hier einen langen Aufenthalt hat, aufzutauchen um den Zugchef zu fragen, ob er vielleicht dennoch Platz für unsere Räder hätte. Dieser Plan ging auch auf, ich wusste, welche Wagennummer der für uns passende Fahrradwagen haben würde, wir positionierten uns und, wohl auch weil wir versicherten, unsere Räder sicher und platzsparend abstellen zu können und schnell beim Ein- und Ausstieg zu sein, durften wir mit.
Auf dem Rückweg saßen wir im Speisewagen (der ÖBB Speisewagen gefällt mir ja immer wieder, auch preislich!), konnten endlich unsere Fahrradtickets lösen und ließen die Landschaft an uns vorbei ziehen. Uns beide hatte hatte die Tour mehr mitgenommen als gedacht, aber es war auf jeden Fall ein würdiger und sehr schöner Saisonabschluß. In Südkreuz trennten sich unsere Wege, jeder fuhr noch die wenigen Kilometer nach Hause und fiel wohl bald wohlverdient ins heimische Bett.