Die Weckzeit war heute wieder für sieben Uhr morgens angesetzt. Vor uns stand eine nicht ganz so lange Etappe, aber wir wollten ja noch etwas Zeit in Amsterdam haben. Nach dem Aufstehen ging es daher ohne Umschweife um viertel nach sieben zum Frühstücksbuffet, bei dem wir eine gute Grundlage für den Tag schafften. Um 20 Minuten nach acht waren die Räder gesattelt und wir hatten ausgecheckt.
Wir hatten uns entschieden, von Groningen den Zug nach Leeuwarden zu nehmen, also führte unser erster Weg zum Bahnhof, nur ein paar hundert Meter. Der Fahrkartenkauf ging schnell und unkompliziert und so hatten wir mehr als 20 Minuten Wartezeit am Bahnhof, bevor um vier Minuten nach neun unser Zug nach Leeuwarden abfuhr.
In Leeuwarden bunkerten wir an der nächstbesten Tankstelle zunächst noch Flüssigkeit (Eistee, Wasser…), dann verließen wir die Stadt auch schon, vorbei an unserem ursprünglich geplanten Hotel. Die Stadt machte auf uns nicht den gleichen schönen Eindruck wie Groningen und so haben wir unsere Entscheidung dort zu nächtigen auch nicht bereut.
Solange unsere Hauptfahrtrichtung Westen hieß, in Richtung Harlingen, wehte uns ein strammer Wind aus nordwestlicher Richtung entgegen. Zwischendurch fuhren wir leicht geschützt durch kleine Hecken, meist hatten wir aber durchaus etwas zu kämpfen. Ich hielt mich oft in Lars’ Windschatten auf, er ist ja doch etwas besser trainiert. Interessanterweise kamen uns bis Harlingen nur Rennradfahrer entgegen, aber kein einziger überholte uns. Noch extremer als in Deutschland: Rennradler grüßen selten mal. Tourenradler eigentlich fast immer.
In Harlingen machten wir zunächst Pause an einem McDonald’s: ich blieb draußen, Lars aß Hamburger … Fast Food war’s aber nicht. Die Tankstelle gegenüber war eine Automatentanke, an der es folglich für mich auch nichts weiter gab. Nur wenige hundert Meter weiter mußten wir nocheinmal fünf Minuten pausieren, weil sich eine Zugbrücke direkt vor uns öffnete. Belohnt wurden wir alerdings, als wir Harlingen verließen: Fahrtrichttung Süd, Wind von hinten! Nur einmal noch kurz Wind von vorn, als wir den Harlingerweg verließen und in Richtung Deich fuhren.
Bei Zurich (ich dachte schon, wir wäre etwas zu weit südlich…) fuhren wir dann zum schauen über den Deich und dann etwas auf der Außenseite entlang. Die Seeluft wehte uns um die Nase und wir konnten die vielen Yachten und chiffe sehen. Kurz danach ging es in den Windschutz des Deiches und auf den Afslutidijk (Abschlußdeich, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt).
Der Deich schützt uns vor dem seitlichen Wind, auf dem breiten geteerten Radweg können wir schnell und angenehm fahren. Da uns langsam dünkt, daß es später als erwartet wird und auch heute wieder deutlich mehr Kilometer als von Google vorhergesagt auf dem tacho stehen werden, schlüpfe ich wieder in Lars’ Windschatten und mit meist über 30 km/h geht es kilometerweise geradeaus, nur kurz unterbrochen von kleinen Auffahrten zu Schleusen. Das erste mal auf unserer Fahrt überholt uns ein Rennradler. Auf ein Rennen lassen wir uns lieber nicht ein, denn das würde jetzt stark an den Kräften zehren.
In der Mitte des Afslutidijjk, in Breezanddijk, pausieren wir und versorgen uns an der Tanke mit Nachschub. Wir liegen in der Sonne und ruhen etwas aus, bevor es weiter geht. Die Überquerung der Brücke zurück zum Radweg mit guter Steigung und erheblichem Gegenwind ist zum Glück nur kurz, dann geht es wieder im windgeschützten bereich hinter dem Deich weiter bis Den Oever, womit wir Noord-Hooland erreichen und bei angenehmem Rückenwind nach Süden in Richtung Amsterdam fahren.
Radwege sind in den Niederlanden sehr gut ausgebaut und das Fahren auf Ihnen ist eine Freude. Es gibt auch extra für Radfahrer eine Beschilderung, der man folgen kann. Allerdings ist diese beschilderung nicht immer völlig konsistent. Mal steht Amsterdam dran, an der nächsten Abbiegung wieder muß man wissen, daß man dem Schild Hoorn folgen sollte. Im wesentlichen folgt der Radweg zunächst aber dem Verlauf der Autobahn A7.
In Wieringerwerf wird unsere Fahrt etwas gebremst: Umleitung – wegen eines Radrennens! Als ich meine Speedmachine über eine grasbewachsene Mittelinsel auf die Nebenstrecke schiebe, fällt mir auf, warum ich so ein schwammiges Fahrgefühl hatte auf den letzten Kilometern: Mein Vorderrad verliert Luft. Das Rad also auf die Seite gelegt, Mantel ab Schlauch raus. Schnell ist das Loch im Schlauch gefunden und wir finden auch den Übeltäter im Mantel und können ihn entfernen. Ein neuer Schlauch, Aufpumpen, alles zsuammenpacken – und schon wieder fehlt uns eine halbe Stunde.
Auch wenn, wie beschrieben, der radweg sich im wesentlichen am verlauf der Autobahn ausrichtet, so merken wir, daß er in Wirklichkeit einige Haken schlägt. Immer wieder geht es ein paar hundert Meter weg von der A7, dann unter ihr hindurch oder oben drüber. Es geht um kleine Gewässer oder riiesige Gewächshäuser herum – und die Kilometer und die Zeit summieren sich. Unser Zeitpolster für Amsetrdam schmilzt dahin, Lars’ Zug geht um 19 Uhr. Verpassen ist keine Option.
Je näher wir Amsterdam kommen, desto schwieriger wird es, der Beschilderung der radwege zu folgen, oft ist nicht klar, wo es jetzt nach Masterdam weiter geht, welches Centrum gerade gemeint ist. Dennoch schaffen wir es, durch Purmerend hindurch auf kleinen Pfaden näher an unser Ziel zu kommen. Schnell kommen wir hier alerdings nicht mehr voran.
In Amsterdam selbst, es ist mittlerweile nach 18 Uhr, wird es Lars zu knapp und enimmt meinen bereits vorher geäußerten Vorschlag an, doch einfach kräftig in die Pedale zu treten, denn er ist schneller ohne mich im Schlepptau, gerade im Stadtverkehr.
Vor dem Hauptbahnhof treffen wir uns um 25 Minuten nach sechs wieder. Ich habe gerade Judith getroffen, die mit Liegeradlern aus Frankreich redet, als Lars aus dem Hauptbahnhof kommt – er hat wohl die Fähre direkt vor mir erwischt. Aufgrund der knappen Zeit verabschiedet sich Lars dann aber auch bald wieder von uns und sucht seinen Platz im Zug.
Ich gehe mit Judith in Amsterdam noch zum Azuma I, unserem bevorzugten Japaner vor Ort, und tanke Proteine. Um viertel vor zehn macht sich Judith auf den Heimweg mit dem Motorrad, ich fahre zum Hauptbahnhof und schaffe es inklusive Fahrkartenkauf sogar noch, den Zug um 22:07 Uhr zu bekommen. Noch einmal umsteigen in ‘s-Hertogenbosch, zum Glück auf dem selben Bahnsteig. In Tilburg ist das Verlassen des Bahnsteigs mit dem vollbepackten Lieger nicht so einfach: Es gibt keeine Fahrstühle und sie vorhandene Rampe ist nicht nutzbar, da sie an einer abgeschlossenen Tür endet. Also bugsiere ich das Rad vorsichtig über die an der Seite der Treppe angebrachte Schiebestrecke.
Ziemlich müde aber glücklich nach einer langen Tour komme ich zwei Kilometer später an.
- Strecke: 159,55 km
- Schnitt: 22,82 km/h netto, 18,7 km/h brutto
- Maximum: 36,54 km/h
- Reisezeit: Brutto 8:30 Stunden
Moin!
Tja, mal wieder das 20´er….
Toi toi toi – hatte ich noch nicht – mal sehen wann…
Überlege, ob ich zur Pfingst-Tour mal die Supreme aufziehen soll.
Zum Vatertag hatte ich noch die dicken Schlappen drauf – war bei all dem Glas auch gut so.
Kollegen hatten dagegen (trotz extremer “Glasparaneua”) nen Platten. Naja, man soll ja auch nicht Conti fahren….
Holla, 30 Kilometerchen – full loaded – wolltest Du dich umbringen?
Oder war das dem Fluch des Zeitdruckes geschuldet?
Naja, aber wie dem auch sei -liest sich wie Immer bei Dir spannend!
Bye, admiral
Ich glaub ja nicht, daß es daran liegt, daß es ein 20-Zoll-Rad ist, vielmehr daran, daß es von der Gewichtsverteilung und vor allem beim Bremsen anderen Belastungen ausgesetzt ist. Andererseits bin ich froh, wenn ich nicht das HInterrad ausbauen muß.
30 km/h mit voller Beladung ging problemlos … in Lars’ Windschatten, sonst wär ich so bei 27-29 km/h rausgekommen.