Am Morgen erwartete mich ein original französisches Frühstück: Ein Stück Baguette, ein Croissant, etwas Marmelade, etwas Butter. Wobei der Orangensaft, der Becher Joghurt und die Wahl, einen Tee zu bekommen, schon als Luxus durchgingen.
Landstrasse ohne Verkehr
Nach dem Frühstück rollte ich hinunter zum Radweg. Ab Dole ist es nicht mehr weit, bis der Rhein-Rhone-Kanal in die Saône mündet. Gerade auf den letzten Kilometern und an der Saône gibt es leider auch einige Kilometer mit nicht so gutem Asphalt, in Anbetracht meiner gestrigen Reifenpanne hatte ich auf Split dann ab und zu Sorgen. Aber der Reifen hielt.
Nach dem Erreichen der Saône folge ich nur partiell der offiziellen Radwegführung, an einigen Stellen kürze ich ab. Die Wege sind hier, gemessen an der schönen Landschaft, die mich in den letzten Tagen begleitete relativ langweilig, häufig geht es auch auf wenig befahrenen Landstrassen weiter. Diese haben auch ein paar Hügel zu bieten. Ich bin ja eher ein Fan echter Anstiege, statt ständiger kleiner Hügel.
Bahnradweg bei Chalon sur Saône
In Verdun sur le Doubs mache ich Pause und esse eine Quiche, das Café kenne ich von 2015 – und schon 2011 hatte ich sicherheitshalber nachgegooglet, ob dieses Verdun wirklich nicht das Verdun ist. Das Verdun liegt schließlich ganz woanders.
Hinter Verdun wird die Besiedlung dichter, bald ist Chalon erreicht. Ich habe eine Expressroute geplant, nicht schön, aber möglichst fix wieder raus. Doch plötzlich das bekannte Geräusch vom Hinterrad. Offenbar durch die Hitze war die Plastikwurst, die die das Loch verschlossen hielt, aufgeweicht und herausgedrückt worden. Diesmal hielt der Reifen noch genug Luft zum Schieben, aber nicht genug zum Fahren.
Ich wollte das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden und vom nächsten Fahrradladen einen Schlauch einziehen lassen, während ich zu Mittag aß. Im Schatten. Leider bekam der Profi den Reifen nicht von der Felge – draußen in der Botanik wäre das ziemlich ärgerlich gewesen. Ich kannte das Problem so nicht, vermute aber einen Zusammenhang mit dem Kleber im Reifen. Ich schob das Rad dann weiter zum nächsten Decathlon, 2,5km entfernt. Dort bekam ich einen passenden Schlauch (einen hatte ich, aber ich wollte Ersatz behalten) und einen neuen Reifen, denn ich traute mich mit der Beschädigung nicht mehr auf die nächsten 2000km. Und ich hatte Zeit zum Essen, während das Rad gemacht wurde. Damit möchte ich meine Einlassung zu Tubeless auf Hochdruck-Reifen korrigieren: das ist definitiv nicht reif für Touren.
Cluny bei Nacht
Später als gedacht ging es dann raus auf den Bahnradweg, die Voie Verte, von Chalon in Richtung Macon. Die Nachmittagssonne setzte mir zu, es ging leicht, fast unmerklich, bergan und das Mittagessen aus dem Einkaufszentrum erwies sich als wenig nachhaltig. So legte ich mein Tagesziel auf Cluny fest, der letzte Ort vor der Abbiegung ins Unbekannte, in die Berge und vor allem in eine Gegend mit weit weniger genügend grossen Orten für Übernachtungen.
Abends gönnte ich mir einen Rundgang durch die schöne Altstadt und aß in zwei Restaurants nacheinander. Offenbar fehlte einiges an Energie.
Nach einem kleinen Frühstück im Hotel holte ich das fertig gepackte Rad aus dem Zimmer und startete das erste mal auf dieser Tour kurzärmlig und mit kurzer Hose in den Tag, auch wenn es um halb neun noch relativ kühl war. Aber die Temperatur stieg rasch.
EV6, blauer Himmel, glattes Wasser
Vom Hotel ging es abwärts zum Eurovelo 6 und dann wie gewohnt am Kanal entlang. Die Hauptrichtung war ein leichtes Gefälle, auch wenn es immer wieder mal abseits vom Wasser ein kurze Steigung über den ein oder anderen Hügel zu überwinden galt. Auf dem Weg waren heute einige Reiseradler unterwegs, vor allem aber Rennradler. Vornehmend ältere Damen und Herren, an einem Dienstag tagsüber nicht verwunderlich.
Von Montbéliard führt der Weg zunächst nach Baume les Dames, etwa auf halbem Weg nach Besançon. Ein Café verpasse ich und so mache ich eine Pause aus meinen Vorräten: Kekse und Traubenschorle. Kurz bevor ich aufbreche kommt ein Rennradler vorbei. Älter, aber recht sportlich. Zu meiner Verwunderung hole ich ihn aber nach ca. 10min ein, er kämpft sich mit 28km/h gegen den Wind und hängt sich an mich, als ich ihn überhole. Nun kann ich nicht anders, als ihn fair etwas zu ziehen. Nach 15-20 Minuten mit 32 km/h lässt er mich aber ziehen. Ich bin etwas erleichtert und kann auch etwas Geschwindigkeit rausnehmen. Im nächsten Ort rausche ich in eine Baustelle, die nur von der anderen Seite ausgeschildert ist. Mein Rennradler kennt diese offenbar und ist kurz nachdem ich wieder aus dem dem Schotter heraus bin wieder hinter mir. Diesmal lasse ich ihm den Vortritt, als wir aber ein Gefälle hinunterrollen rausche ich vorbei. Tja, bergab und Gegenwind sind jeweils mein Vorteil.
Boots- und Fahrradtunnel unter Besançon
Bis Besançon halte ich das Tempo hoch, dort – nach 95km – bin ich erfreut, einen Italiener am Weg zu finden. Eine ordentliche Portion Nudeln ist jetzt allemale angebracht. Mittlerweile brennt die Sonne bei 29°C und es gibt wenig Schatten. Auf dem folgenden Abschnitt nehme ich deutlich Tempo raus. Ich will mindestens bis Dole, eigentlich noch weiter.
15km vor Dole sehe ich ein Café mit Schattenplätzen, mache dort eine Pause und trinke etwas. Die Sonne wird heute trotz 50er Sonnencreme und Tuch auf dem Kopf zu viel. Ich buche eine Unterkunft in Dole, einen Sonnenstich möchte ich nicht riskieren.
Vielleicht ein Kilometer später ertönt ein seltsames Geräusch vom Hinterrad: pfft-pfft-pfft …ich werde langsamer, kurz bevor ich stoppe verstummt das Geräusch. Die Dichtmilch hat ihren Job getan, nach 3500km war es dann wohl doch ein Glassplitter zuviel. Ich habe noch genug Druck, um sicher weiter zu fahren und verschiebe die Lösung des Problems auf ein weniger sonniges Plätzchen.
In Dole geht es zum Decathlon. Mit der Standpumpe den Reifen auf Druck bringen. Aber bei hohen Drücken versagt die Dichtmilch gerne ihren Dienst. Der freundliche Englisch sprechende Mitarbeiter kennt sich mit Tubeless Reifen aus, freut sich über mein mitgeführtes Tubeless Pannenkit und demonstriert mir behende live, wie das mit den Plastikwürsten funktioniert. Der Reifen ist dicht, ich fülle noch Dichtmilch nach und mache mich auf den Weg.
Dole am Abend
Die Erfahrung sagt also: Dichtmilch bei Tubeless Hochdruck-Reifen ist problematisch. Positiv ist aber, dass ich nach der Panne problemlos fast 18km fahren konnte, ohne auf der Strecke irgendetwas dafür zu tun. Das Flicken hat dann auch funktioniert ohne das Rad ausbauen oder auch nur das Gepäck abmachen zu müssen, mit der kleinen Einschränkung dass beim Nachfüllen der Milch (Ventil rausdrehen, da ist der Reifen dann drucklos) die Sache mit helfenden Händen besser geht. Draussen hätte ich wohl das Gepäck abnehmen und das Rad gegen einen Zaun o.ä. gurten müssen.
Trotz alledem war ich früh genug im Hotel, konnte duschen und noch ein wenig durch die schöne Altstadt von Dole schlendern, bevor ich mich für ein Restaurant entschied.
Nachdem uns der Juni bisher mit eher kühlem und oft regnerischen Wetter “erfreut” hatte, kam gegen Ende des Monats dann der Deutsche Sommer in seiner vollen Pracht durch – der Regen wurde etwas wärmer. Zwischendurch gab es dann aber einzelne Tage, die zumindest zeitweise einen Lichtblick darstellten. Und einen dieser Tage nutzte ich, um spontan ein kleines Treffen am Kuhhorn anzukündigen.
Ich sammelte also zu Hause auf dem Rückweg vom Büro noch ein paar Dinge ein, freute mich, daß ich zumindest noch ein wenig Zeit für eine Runde hatte – und nutzte diese, um Carina und Hannes noch aufzugabeln. Von der Fischerhüttenstraße ging es dann mit Hund Willi im Gefolge quer durch den Grunewald. Vor Berlin brauten sich schon wieder Gewitter zusammen, aber wir hatten beschlossen, daß wir dann einfach am Strand auf den Regen warten. Vor Gewittern kommt immer diese drückende, schwüle Luft, die uns dann trotz langsamen Fahrens zum Schwitzen brachte.
Da wir schon spät dran wareen, ließ ich die beiden mit dem Hund dann ab der Einbiegung auf den Schildhornweg allein weiter ziehen – ab dort muss man ja nur noch dem Weg folgen – und zog etwas schneller bis zum Kuhhorn durch, wo schon Manuel und Doro warteten. Ich konnte es kaum erwarten und ging – trotz vergessener Badeklamotten – sofort ins Wasser. Die Abkühlung konnte ich gut gebrauchen! Kühl ist es, aber nicht kalt. Ist man erstmal drin, ist das Wasser sogar sehr angenehm.
Wir ließen es uns mit Wein, Keksen und Käse gutgehen, später stieß auch Solon noch zu uns. Die Gewitter zogen nördlich vorbei und es tröpfelte nur ein ganz wenig zwischendurch und nur sehr kurz. Als sich aber laut Wetterradar dann doch eine etwas dickere Wolke zusammenbraute und in unsere Richtung zog, machten wir uns – schon im Dunkeln – auf den Weg. Hannes und Carina wollten ihre Räder zu Solon ins Auto verladen, da der Platz dann zusammen mit Solons Rad eng zu werden drohte und die Zahl der Sitzplätze im Transporter begrenzt ist, wollte ich mit dem Rad zu Solon fahren. Zwar hatte ich wegen des eingeschickten Edelux nur eine kleine StVZO-konforme Funzel am Rad, aber für die Waldwege gab es ja noch das Fernlicht.
Aber da machte mir mein (mittlerweile allerdings ziemlich runtergefahrener) Vorderreifen einen Strich durch die Rechnung: Ein Platter. Bei aufkommendem Regen und allein in der Dunkelheit wollte ich nicht flicken (Ersatzschlauch habe ich nur auf Touren dabei, nicht wenn ich nur in der Stadt unterwegs bin) – also rief ich den anderen hinterher. Solon nahm mein Rad mit und gab mir sein MTB. Da er das Rad aber nur dabei hatte, um vom Parkplatz zum Kuhhorn zu rollen, war kein Licht dran. Der größte Teil meiner Strecke verlief über Waldwege, wo das von rechts wegen kein großes Problem darstellt – allerdings war es stockeduster.
Bei Solon hab ich dann meinen Reifen gemütlich im Wohnzimmer geflickt, der Regen kam nicht wirklich und nach zwei Runden Billard im Club A18 trat ich dann meinen Heimweg an. Trotz der späten Stunde kamen mir auf der Krone noch zwei Radler entgegen, so daß ich jeweils das Fernlicht ausschalten mußte und dann plötzlich nur mit der kleinen 10 Lux Funzel ins Dunkle fuhr. Scary. Aber ist ja gutgegangen.
Ein paar Liegerad-Tage standen vor der Tür: Das Liegerad-Treffen Berlin 2009 bildete den Auftakt. Zwei Treffpunkte gab es zur Auswahl, wegen der verkehrstechnisch günstigeren Lage entschied ich mich für den S Bahnhof Spindlersfeld – morgens um zehn vor neun, nur mit leichtem Gepäck in Form von Marschverpflegung, Getränken, dem nötigsten an Werk- und Flickzeug, Kamera und Regenklamotten, denn für den Abend war Regen angekündigt und auf dem Radarschirm kam die Front langsam aus dem Süden Deutschlands nach Norden gekrochen.
Ich traf mich um viertel nach acht mit Manuel am Bahnhof Südkreuz und wir fuuhren mit der S-Bahn nach Schöneweide. Weil es von da nur noch 2-3 Kilometer nach Spindlersfeld waren, beschlossen wir, nicht mehr umzusteigen, sondern zu radeln. Auf dem Weg trafen wir ein Paar auf einem Back to Back Tandem, das ganz offensichtlich auch zum Liegeradtreffen wollte.
In Spindlersfeld fand sich eine kleine Gruppe Liegeradler zusammen, die dann unter fachkundiger Führung aufbrach, durch die Wälder am Müggelsee in Richtung Erkner zu fahren. Auf dem ansonsten wunderbaren Radweg lagen leider immer wieder Scherbenfelder und so kam es schon nach 15-20 Minuten zu einem Zwangsstopp. Ich hatte ein seltsames Geräuch an meinem Hinterreifen gehört, aber Manuel konnte nichts entdecken, aber schon wenig später hatte ich ein schwammiges Fahrgefühl … das mich nicht täuschte: Mein Hinterrad war platt – und so hieß es erstmal Schlauch wechseln.
Mit dreckigen Händen und leicht verpätet kamen wir in Erkner an, wo schon die zweite Gruppe auf uns wartete. Ich versuchte an einer Tankstelle noch den Reifendruck des Hinterrades zu erhöhen, was das Gerät dort nur bis fünf Bar schaffte. Beim Versuch mit meiner Dämpferpumpe den Reifen auf sechs bar zu bringen beschädigte ich leider das Ventil, so daß ich selbiges gegen das aus dem kaputten Schlauch tauschen mußte und mich anschließend mit den fünf bar aus dem Automaten begnügte.
Bis Hermannsdorf folgten wir in einigem Abstand auf schönen Wegen dem Verlauf der Spree, anschließend ging es via Alt-Stahnsdorf und Kummersdorf nach Storkow, wo wir das Museum von Didi Senft mit allerlei Fahrrad-Kuriositäten besuchten.
Weiter ging es über Philadelphia zum Groß Schauener See, wo wir an einer Fischerei einkehrten und uns mit köstlichen Fichbrötchen stärkten. Da das Radarbild allerdings zeigte, daß die Regenfront stetig näher kam und keine Anstalten machte, sich aufzulösen, brachen wir auf, um als Nachtisch in Prieros im Waldhaus am Streganzer See noch Kaffee bzw. Tee und Kuchen zu uns zu nehmen. Der zunehmende Wind und die dunkle Wolkenwand überzeugte uns, sort nicht allzu lange zu verweilen, sondern bald weiterzufahren zu unserem Tagesziel nach Bindow, wo ein Liegeradler Hütte und Garten zum Grillen zur Verfügung stellte – und sogar für das Grillgut gesorgt hatte.
Während wir noch beisammen saßen kam dann auch der Regen. Nicht unbedingt allzu heftig, allerdings für mehrere Stunden andauernd. Einige hatten den Ort schon verlassen, einige wollten über Nacht bleiben – und ich verließ in der Dämmerung mit dem Rest Bindow, um im anhaltenden Nieselregen nach Königs-Wusterhausen zu fahren, von wo uns ein Regionalexpress zurück nach Berlin brachte.
Die Weckzeit war heute wieder für sieben Uhr morgens angesetzt. Vor uns stand eine nicht ganz so lange Etappe, aber wir wollten ja noch etwas Zeit in Amsterdam haben. Nach dem Aufstehen ging es daher ohne Umschweife um viertel nach sieben zum Frühstücksbuffet, bei dem wir eine gute Grundlage für den Tag schafften. Um 20 Minuten nach acht waren die Räder gesattelt und wir hatten ausgecheckt.
Wir hatten uns entschieden, von Groningen den Zug nach Leeuwarden zu nehmen, also führte unser erster Weg zum Bahnhof, nur ein paar hundert Meter. Der Fahrkartenkauf ging schnell und unkompliziert und so hatten wir mehr als 20 Minuten Wartezeit am Bahnhof, bevor um vier Minuten nach neun unser Zug nach Leeuwarden abfuhr.
In Leeuwarden bunkerten wir an der nächstbesten Tankstelle zunächst noch Flüssigkeit (Eistee, Wasser…), dann verließen wir die Stadt auch schon, vorbei an unserem ursprünglich geplanten Hotel. Die Stadt machte auf uns nicht den gleichen schönen Eindruck wie Groningen und so haben wir unsere Entscheidung dort zu nächtigen auch nicht bereut.
Solange unsere Hauptfahrtrichtung Westen hieß, in Richtung Harlingen, wehte uns ein strammer Wind aus nordwestlicher Richtung entgegen. Zwischendurch fuhren wir leicht geschützt durch kleine Hecken, meist hatten wir aber durchaus etwas zu kämpfen. Ich hielt mich oft in Lars’ Windschatten auf, er ist ja doch etwas besser trainiert. Interessanterweise kamen uns bis Harlingen nur Rennradfahrer entgegen, aber kein einziger überholte uns. Noch extremer als in Deutschland: Rennradler grüßen selten mal. Tourenradler eigentlich fast immer.
In Harlingen machten wir zunächst Pause an einem McDonald’s: ich blieb draußen, Lars aß Hamburger … Fast Food war’s aber nicht. Die Tankstelle gegenüber war eine Automatentanke, an der es folglich für mich auch nichts weiter gab. Nur wenige hundert Meter weiter mußten wir nocheinmal fünf Minuten pausieren, weil sich eine Zugbrücke direkt vor uns öffnete. Belohnt wurden wir alerdings, als wir Harlingen verließen: Fahrtrichttung Süd, Wind von hinten! Nur einmal noch kurz Wind von vorn, als wir den Harlingerweg verließen und in Richtung Deich fuhren.
Bei Zurich (ich dachte schon, wir wäre etwas zu weit südlich…) fuhren wir dann zum schauen über den Deich und dann etwas auf der Außenseite entlang. Die Seeluft wehte uns um die Nase und wir konnten die vielen Yachten und chiffe sehen. Kurz danach ging es in den Windschutz des Deiches und auf den Afslutidijk (Abschlußdeich, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt).
Der Deich schützt uns vor dem seitlichen Wind, auf dem breiten geteerten Radweg können wir schnell und angenehm fahren. Da uns langsam dünkt, daß es später als erwartet wird und auch heute wieder deutlich mehr Kilometer als von Google vorhergesagt auf dem tacho stehen werden, schlüpfe ich wieder in Lars’ Windschatten und mit meist über 30 km/h geht es kilometerweise geradeaus, nur kurz unterbrochen von kleinen Auffahrten zu Schleusen. Das erste mal auf unserer Fahrt überholt uns ein Rennradler. Auf ein Rennen lassen wir uns lieber nicht ein, denn das würde jetzt stark an den Kräften zehren.
In der Mitte des Afslutidijjk, in Breezanddijk, pausieren wir und versorgen uns an der Tanke mit Nachschub. Wir liegen in der Sonne und ruhen etwas aus, bevor es weiter geht. Die Überquerung der Brücke zurück zum Radweg mit guter Steigung und erheblichem Gegenwind ist zum Glück nur kurz, dann geht es wieder im windgeschützten bereich hinter dem Deich weiter bis Den Oever, womit wir Noord-Hooland erreichen und bei angenehmem Rückenwind nach Süden in Richtung Amsterdam fahren.
Radwege sind in den Niederlanden sehr gut ausgebaut und das Fahren auf Ihnen ist eine Freude. Es gibt auch extra für Radfahrer eine Beschilderung, der man folgen kann. Allerdings ist diese beschilderung nicht immer völlig konsistent. Mal steht Amsterdam dran, an der nächsten Abbiegung wieder muß man wissen, daß man dem Schild Hoorn folgen sollte. Im wesentlichen folgt der Radweg zunächst aber dem Verlauf der Autobahn A7.
In Wieringerwerf wird unsere Fahrt etwas gebremst: Umleitung – wegen eines Radrennens! Als ich meine Speedmachine über eine grasbewachsene Mittelinsel auf die Nebenstrecke schiebe, fällt mir auf, warum ich so ein schwammiges Fahrgefühl hatte auf den letzten Kilometern: Mein Vorderrad verliert Luft. Das Rad also auf die Seite gelegt, Mantel ab Schlauch raus. Schnell ist das Loch im Schlauch gefunden und wir finden auch den Übeltäter im Mantel und können ihn entfernen. Ein neuer Schlauch, Aufpumpen, alles zsuammenpacken – und schon wieder fehlt uns eine halbe Stunde.
Auch wenn, wie beschrieben, der radweg sich im wesentlichen am verlauf der Autobahn ausrichtet, so merken wir, daß er in Wirklichkeit einige Haken schlägt. Immer wieder geht es ein paar hundert Meter weg von der A7, dann unter ihr hindurch oder oben drüber. Es geht um kleine Gewässer oder riiesige Gewächshäuser herum – und die Kilometer und die Zeit summieren sich. Unser Zeitpolster für Amsetrdam schmilzt dahin, Lars’ Zug geht um 19 Uhr. Verpassen ist keine Option.
Je näher wir Amsterdam kommen, desto schwieriger wird es, der Beschilderung der radwege zu folgen, oft ist nicht klar, wo es jetzt nach Masterdam weiter geht, welches Centrum gerade gemeint ist. Dennoch schaffen wir es, durch Purmerend hindurch auf kleinen Pfaden näher an unser Ziel zu kommen. Schnell kommen wir hier alerdings nicht mehr voran.
In Amsterdam selbst, es ist mittlerweile nach 18 Uhr, wird es Lars zu knapp und enimmt meinen bereits vorher geäußerten Vorschlag an, doch einfach kräftig in die Pedale zu treten, denn er ist schneller ohne mich im Schlepptau, gerade im Stadtverkehr.
Vor dem Hauptbahnhof treffen wir uns um 25 Minuten nach sechs wieder. Ich habe gerade Judith getroffen, die mit Liegeradlern aus Frankreich redet, als Lars aus dem Hauptbahnhof kommt – er hat wohl die Fähre direkt vor mir erwischt. Aufgrund der knappen Zeit verabschiedet sich Lars dann aber auch bald wieder von uns und sucht seinen Platz im Zug.
Ich gehe mit Judith in Amsterdam noch zum Azuma I, unserem bevorzugten Japaner vor Ort, und tanke Proteine. Um viertel vor zehn macht sich Judith auf den Heimweg mit dem Motorrad, ich fahre zum Hauptbahnhof und schaffe es inklusive Fahrkartenkauf sogar noch, den Zug um 22:07 Uhr zu bekommen. Noch einmal umsteigen in ‘s-Hertogenbosch, zum Glück auf dem selben Bahnsteig. In Tilburg ist das Verlassen des Bahnsteigs mit dem vollbepackten Lieger nicht so einfach: Es gibt keeine Fahrstühle und sie vorhandene Rampe ist nicht nutzbar, da sie an einer abgeschlossenen Tür endet. Also bugsiere ich das Rad vorsichtig über die an der Seite der Treppe angebrachte Schiebestrecke.
Ziemlich müde aber glücklich nach einer langen Tour komme ich zwei Kilometer später an.