Marburg – Bad Hersfeld

Nach einem ausführlichen Frühstück in der familiären Atmosphäre des Hotels sattelte ich das Rad. Allzu viel Eile hatte ich nicht an den Tag gelegt und so war es nach zehn Uhr, als ich endlich loskam. Dafür war der Tag sonnig und versprach halbwegs warm zu werden.

Zunächst folgte ich weiter dem Lahnradweg, der hier relativ flach im weiten Tal entlang führt. Aber bereits nach wenigen Kilometern bei Cölbe verließ ich den Lahnradweg und folgte weiter dem Radweg Deutsche Einheit, der sich hier grob am Verlauf der Ohm orientiert. Freute ich mich anfangs noch über die Ausschilderung bei gesperrter Radroute mit Umleitung (der ich dann allerdings nur teilweise folgte), so sollte ich später mit eher mäßigen Hinweisen wieder in die Realität zurückgeholt werden.

Blick auf Amöneburg

An manchen Stellen ist die Radroute dann auch eher hinderlich geplant. Gibt es vor Stadtallendorf zwar asphaltierte Servicewege neben der Bundesstraße B454, so verläuft der offizielle Weg dann teils auf relativ grobem Schotter. Das sind die Stellen, wo ich dann definitiv auf selbst geplante alternative Strecken ausweiche. Und wenn der Großteil des Weges asphaltiert ist, dann erschließt sich für mich auch nicht, warum man Radfahrer auf solchen durchaus für Familien oder Ältere geeigneten Routen dann mit solch einem Untergrund konfrontieren muss.

Baustelle A49, einfach mal Ende

Noch ärgerlicher wird es hinter Neustadt (Hessen): Die Radroute endet hier ohne ausgeschilderte Umleitung plötzlich an der Absperrung der Baustelle zur A49. Den einzigen Hinweis, bevor ich in die Sackgasse fuhr, sah ich nach dem Umkehren auf einem kleinen A4-Zettel am Weg: „Weg endet für Radfahrer und Fußgänger an Baustelle“ – ja, toll. Da baut man für Milliarden eine völlig sinnlose weitere Autobahn, aber mal ein Hinweis an der offiziellen Radroute ist zu viel? Ich fuhr den Weg zurück und dann über die parallel laufende K17. Für zwei ältere Herrschaften auf Elektro-Fahrstühlen war der Ausflug beendet, kein Weg für die nach Momberg.

Versöhnlicher wurde es ab Treysa: dort beginnt der Bahnradweg Rotkäppchenland. Auf einer stillgelegten Bahntrasse geht es für viele Kilometer weiter. Das ist entspanntes Radfahren, auch wenn es für mich zunächst einmal sanft bergauf ging. Vorher aber stärkte ich mich in Ziegenhain in einem Restaurant, das in einem ehemaligen Bahnhof direkt am Radweg liegt.

Bahnradweg Rotkäppchenland

So gekräftigt konnte ich bis Olberode, dem höchsten Punkt des Bahnradwegs, gleichmäßig pedalierend aufsteigen. Oben gönnte ich mir ein kleines Belohnungseis, dann ging es in die rasante Abfahrt bis zum Ende des Bahntrassenradwegs.

Der Aula folgend konnte ich ab dort vorwiegend auf Wirtschaftswegen relativ ruhig fahren, ein Highlight war für mich die Unterquerung der Aula-Talbrücke, über die ich schon unzählige Male mit dem ICE gefahren bin und wo ich wohl fast jedesmal dachte: Mensch, da unten kann man bestimmt prima Radfahren. Ja, kann man!

Aula-Talbrücke

Bei Niederaula bog ich dann auch schon ins Fuldatal ein. Die Strecke von dort bis Bad Hersfeld bin ich schon häufiger, aber immer in der anderen Richtung, entlang geradelt, sie ist Teil meiner Standard-Südwestverbindung. Beim Durchqueren von Asbach sah ich Glas auf dem Weg – ganz ausweichen konnte ich wohl nicht, aber der Splitter steckt gut genug, als dass ich bis Bad Hersfeld kam und erst abends im Hotel feststellte, dass ich hinten einen Platten hatte. Da aber ein Ruhetag in Bad Hersfeld angesetzt war, war dies unproblematisch, das Flicken konnte ich so problemlos auf den kommenden Tag verschieben.

Limburg a.d. Lahn – Marburg

Der Morgen war noch etwas kühl, das Wetter eher grau und teils windig, so ließ ich es langsam angehen. Die Lage des Hotels war gut, nach der Abfahrt musste ich nur wenige hundert Meter fahren, bevor ich wieder auf dem Radweg war.

Dieser folgte zunächst dem Fluss, auf zumeist schmalen, aber nicht allzu stark befahrenen, Wegen ging es flussaufwärts. Das bedeutet zwar einen stetigen, aber nur sehr mäßigen Anstieg. Durch die Bäume und das tiefe Tal fiel auch der Wind kaum ins Gewicht.

Radweg in den Lahnauen

In Villmar nutzte ich eine Abkürzung über den Berg und ließ eine Schleife aus. Ich erinnere mich nicht genau ob ich dies zur Kürzung der Strecke geplant hatte oder um nicht asphaltierten Abschnitten aus dem Weg zu gehen. Da die Straße nur leicht befahren war und kaum LKW Verkehr herrschte war die Abkürzung trotz Steigung gut zu fahren.

Anschließend ging es wieder im tiefer einschneidenden Tal entlang der Lahn, auch die Lahnbahn folgt hier als kleine Strecke, teils noch mit alten Formsignalen, dem Verlauf des Flusses und man begegnet der Strecke immer wieder.

Der nächste steilere Abschnitt ist dann bei Selters an der Lahn, wo es auch die Mineralquellen gibt. Hier entfernt sich der Verlauf des Radwegs auch etwas von Fluss. Erst kurz vor Wetzlar geht es wieder richtig zurück.

Warten an der Lahnbahn

In Wetzlar machte ich dann auch Essenspause, aber direkt auf der alten Brücke am Eingang zur Altstadt, die ich nur zu einem kleinen Teil sah. ber heute standen noch einige Kilometer auf dem Programm, so wollte ich nicht zu viel Zeit verlieren, obgleich die Stadt wohl auch Recht hübsch ist.

Hinter Wetzlar öffnet sich das Tal etwas und der Radweg führt zwar nicht mehr so häufig direkt am Wasser entlang, bleibt aber im Wesentlichen flach. Dafür fuhr ich eben nicht mehr so viel auf dedizierten Radwegen, sondern auch auf Wirtschaftwegen oder Straßen entlang.

Marburg am Abend

Schließlich erreichte ich Marburg, wo ich ein Hotel, wohlweislich nicht in der Oberstadt, reserviert hatte. Abends machte ich einen Ausflug in die schöne Altstadt.

Bingen am Rhein – Limburg a.d. Lahn

Viel Wind war vor dem Fenster zu sehen, kühl war es und auch noch ziemlich grau. Ich begab mich zum Frühstück, angekündigt war ja deutlich besseres Wetter für den heutigen Tag. Und als ich nach dem Frühstück gepackt hatte und das Fahrrad aus dem Hotel schob schien mir dann auch die Sonne ins Gesicht und ich entledigte mich einer Kleidungsschicht.

Radweg zwischen Rhein und Bahnstrecke

Reicht der Platz nördlich von Bingen noch eine Weile für einen gesonderten Weg neben der Bahnstrecke und damit etwas entfernt von der lauten Straße, so ist bald auch damit Schluss. Der Platz im Tal ist so eng, dass der Radweg dann nur noch ein Seitenstreifen der Bundesstraße ist.

So fuhr ich dann zuerst bis St. Goar, um einen Blick auf die Loreley zu erhaschen. Das mittlerweile wieder graue Wetter und die Tatsache, dass man dazu quasi nicht mehr tun kann, als neben der rauschenden Straße einen Fotostopp einzulegen, taten allerdings ihren Teil, dass ich bald wieder weiter fuhr. Auch das Örtchen St. Goar lud nicht zum Verweilen ein.

Die Loreley

Bis Boppard folgte ich dem Radweg auf der linken Rheinseite, dann wechselte ich mit der Fähre auf die Rechte. Der Wind verleidete mir die Idee, den Umweg über Koblenz und das Deutsche Eck zu drehen, ich fuhr direkt in Richtung Lahnstein und bog dort auf den Lahnradweg ein.

Im Gegensatz zum Rhein ist die Lahn beschaulich, der Radweg ist schmal, aber hübsch und es ging zunächst diverse Kilometer am Gewässer entlang und teils durch kleine Ortschaften. Den richtigen Absprung, ein geöffnetes Lokal zur Einkehr zu finden hatte ich allerdings irgendwann verpasst. Und noch etwas hatte ich seit der Planung verdrängt: schlängelte sich der Weg auch meist eng am Ufer entlang, so führte einige Male auch etwas abseits. Und das bedeutet in einem engen Tal: steil bergauf. Bis zu 15% maß mein Navi. Das ging auf die Beine.

Der Lahnradweg

Wenn ich in Ortschaften Hinweise auf Gaststätten sah, so führten diese zumeist zu entweder schon länger geschlossenen Häusern oder aber zum Hinweis „Dienstag Ruhetag“. Ich bekam Hunger, aber nichts zu essen und musste eine meiner Notrationen verspeisen. Gerade rechtzeitig, bevor es in die nächste Steigung ging. Bei dem Stopp legte ich mein Ziel auch auf Limburg an der Lahn fest, wo ich ein Hotel reservierte.

Altstadt von Limburg an der Lahn

Die letzten Kilometer nach Limburg waren flach, aber ich merkte, dass die heftigen Steigungen bei gleichzeitigem Hunger Spüren hinterlassen hatten. Ich war froh, im Hotel angekommen zu sein. Nach der obligatorischen Dusche und dem Getränkekauf erkundete ich den Dom und die Altstadt, vor allem aber suchte ich mir etwas zu Essen.

Den Abend beendete ich nicht allzu spät.

Heidelberg – Bingen am Rhein

Nach zwei Ruhetage ging es am Montag endlich weiter. Zwar war der Morgen noch kühl und die Feuchtigkeit der letzten Tage war in der Luft und der Regen der Nacht auf den Straßen, aber die Vorhersage war ausreichend gut und ich motiviert. Nicht einmal der aus Norden blasende Gegenwind könnte mir die Motivation nehmen, endlich wieder zu fahren.

Aus Heidelberg fuhr ich als nächstes grob entlang des Neckar bis Mannheim. Der Weg aus der Stadt war noch etwas hakelig, bald aber fuhr ich auf Wirtschaftwegen entlang der Straßenbahntrasse, später auf einem Radweg neben dem Neckar, der ein fast autofreies Durchqueren Mannheims erlaubt. Und sich später am Rhein fortsetzt.

Neben der Straßenbahn Heidelberg-Mannheim

Ich war derart im Flow, dass ich das Schild mit den Verkehrszeiten der Fähre über den Altrhein leider nur bis zu dem Punkt „ab 10 Uhr“ las – und die Einschränkung „Montag Ruhetag“ verpasste. Das merkte ich – wie zwei andere Radler – erst an der Fähre. Also ein ganzes Stück zurück und au einer teils interessanten Routenführung über die Umgehung per Brücke.

Montag Ruhetag

Weil sich auf der rechten Rheinseite der Eurovelo 15 sehr schlängelt, hatte ich meine Route über die Theodor-Heuss-Brücke gelegt. Für mich kein Problem, Radwandernde mit mehr Gepäck, mehrspurigen Fahrrädern oder Kinderanhängern sollte jedoch eine andere Rheinquerung nutzen. Auf steilen Treppen mit seitlichen Schieberinnen aus Metall geht es in die Mitte der zwei Autobahnfahrbahnen – ein Erlebnis für sich.

In der Mitte der Autobahn

Auf der linken Seite angekommen erlebte ich den ersten kleinen Regenschauer. Nicht, nicht stark und es war mittlerweile so warm, dass ich auf Regenzeug verzichtete, aber feucht wurde es natürlich trotzdem. Die Schauer sollten mich bis Mainz immer wieder begleiten. Fährt man ihnen aber entgegen, dann sind sie, gerade bei so starkem Gegenwind, doch auch schnell vorbei.

An Worms führt die Route im Industriegebiet vorbei und danach kommt ersteinmal eine Weile kein Ort bzw. nur so kleine Orte, dass dort entweder nichts ist oder das Gasthaus montags Ruhetag hat. Und so kam die nächste Chance erst in Mainz. Dort liegt direkt an der Route aber eine gute Gelegenheit. Ich konnte bei leckeren Nudeln die letzten Regenschauer abwettern und buchte mir noch ein Hotel für die Nacht in Bingen am Rhein.

Unzumutbare Radverkehrsführung in Mainz

Der Weg nördlich aus Mainz heraus ist für den Radfahrer auf dem Eurovelo 15 eine Zumutung. Neben stark befahrenen Straßen auf viel zu engen in beide Richtungen freigegebenen benutzungspflichtigen Radwegen, teils sogar mit Wechsel der Straßenseite, quält man sich kilometerweise aus der Stadt, erst in Budernheim kamen wieder erträgliche ruhige Wege. Ab dort fuhr es sich aber weitgehend angenehm.

Drosselgasse in Rüdesheim

In Bingen am Rhein checkte ich im Hotel ein, duschte und besuchte für den Geschmack im Getränk am nächsten Tag den örtlichen Supermarkt. Anschließend spazierte ich zur Fähre nach Rüdesheim und kehrte dort in der Drosselgasse ein – echtes Touriprogramm. Aber als jemand, der in Berlin in der Nähe des Rüdesheimer Platzes wohnt, war das ein Pflichtbesuch. Natürlich gab es auch einen Wein aus der Region, selten bei mir an Fahrtagen.

Hilders – Fulda (Heidelberg)

Das Wetter am Morgen war grau, feucht und kühl. Ich ließ mir Zeit beim Frühstück, den mein heutiges Ziel war nicht weit entfernt: mit dem Rad auf dem Milseburgradweg bis Fulda. Etwas mehr als 30km, eine weitgehend autofreie Strecke mit kaum nennenswerten Steigungen stand also auf dem Programm. Von Fulda plante ich mit dem Zug nach Heidelberg zu fahren. Denn für den weiteren Verlauf des Tages und die kommenden Tage war Regen angesagt und meine Beine konnten ein paar Ruhetage gut gebrauchen.

Auf den ersten Metern des Radwegs ab Milseburg rollte ich mit kaum wahrnehmbarem Gefälle und ohne nennenswerten Druck auf den Pedalen bis Aura. Von dort aus begann ein sanfter Anstieg. Der Weg ist gut asphaltiert, hat als alte Bahntrasse eine hervorragende Gründung und verläuft nahezu kreuzungsfrei.

Milseburgradweg bei Hilders

In weiten Kurven zieht sich der Weg durch die hügelige Landschaft der Rhön, oft überquert man auf Brücken Straßen oder andere Hindernisse. Nur bei wenigen Kreuzungen mit großen Straßen muß man Vorfahrt gewähren, an sehr vielen kleineren Wegen muß der kreuzende Verkehr den Radfahrern Vorrang lassen – auch wenn ich mich darauf nie verlassen würde.

Im Milseburgtunnel

In Milseburg ist schließlich der Scheitelpunkt erreicht und es folgt das Highlight der Strecke: der mit 1172 Metern längste Fahrradtunnel Deutschlands (nicht selbst überprüft). Da es ab hier bergab geht, rauscht man durch den gut beleuchteten Tunnel leider viel zu schnell durch. An diesem Tag fiel der Temperaturunterschied nicht allzu sehr auf, an warmen Tagen bringt der Tunnel aber wohl eine nette Abkühlung.

Auch hinter dem Tunnel geht es weiter auf der ehemaligen Strecke der Biebertal Bahn/Rhönbahn. Als Radfahrer liebe ich diese Strecken, als Bahner sehe ich den Wegfall dieser Infrastruktur im ländlichen Raum natürlich auch mit einem weinenden Auge.

Bis an den Stadtrand von Fulda ging es also noch in entspannender Weise, in Fulda selbst ist die offizielle Routenführung des R3 leider ein nicht immer gut fahrbares Gewurschtel. Ich folgte der Route, bis ich dann von der Rückseite an den Bahnhof fuhr.

Im Regionalexpress

Eine Regionalzugverbindung nach Heidelberg ging auch schon recht bald, via Frankfurt mit einer komfortablen halben Stunde Umsteigezeit. Die Zeit im Zug verflog schnell, draußen huschten die ersten Regenschauer über’s Land und ich bereute meine Entscheidung nicht.

In Frankfurt besuchte ich meinen Zoo an Einrichtungen, die Technik von mir enthalten und traf noch zufällig einen Arbeitskollegen. Dem war ich nur aufgefallen, weil er selbst Liegerad fährt und mein Rad erspähte, noch bevor er mich erkannte. So war auch die Wartezeit auf die Regionalbahn nach Heidelberg sehr kurz(weilig). Die Fahrt verging auch schnell, ich schaute in die Landschaft.

Ein Blick auf meine Arbeit

In Heidelberg checkte ich im Hotel ein. Mein Rad stellte ich lieber bei einer Kollegin unter, die Möglichkeiten im Hotel neben dem Hauptbahnhof erschienen mir nicht besonders vertrauenerweckend. Den Nachmittag und Abend verbrachte ich mit einem Spaziergang durch Heidelberg.

Die folgenden Tage schaute ich noch Heidelberg an und genoss die Ruhetage während draußen der Regen prasselte.