Bingen am Rhein – Limburg a.d. Lahn

Viel Wind war vor dem Fenster zu sehen, kühl war es und auch noch ziemlich grau. Ich begab mich zum Frühstück, angekündigt war ja deutlich besseres Wetter für den heutigen Tag. Und als ich nach dem Frühstück gepackt hatte und das Fahrrad aus dem Hotel schob schien mir dann auch die Sonne ins Gesicht und ich entledigte mich einer Kleidungsschicht.

Radweg zwischen Rhein und Bahnstrecke

Reicht der Platz nördlich von Bingen noch eine Weile für einen gesonderten Weg neben der Bahnstrecke und damit etwas entfernt von der lauten Straße, so ist bald auch damit Schluss. Der Platz im Tal ist so eng, dass der Radweg dann nur noch ein Seitenstreifen der Bundesstraße ist.

So fuhr ich dann zuerst bis St. Goar, um einen Blick auf die Loreley zu erhaschen. Das mittlerweile wieder graue Wetter und die Tatsache, dass man dazu quasi nicht mehr tun kann, als neben der rauschenden Straße einen Fotostopp einzulegen, taten allerdings ihren Teil, dass ich bald wieder weiter fuhr. Auch das Örtchen St. Goar lud nicht zum Verweilen ein.

Die Loreley

Bis Boppard folgte ich dem Radweg auf der linken Rheinseite, dann wechselte ich mit der Fähre auf die Rechte. Der Wind verleidete mir die Idee, den Umweg über Koblenz und das Deutsche Eck zu drehen, ich fuhr direkt in Richtung Lahnstein und bog dort auf den Lahnradweg ein.

Im Gegensatz zum Rhein ist die Lahn beschaulich, der Radweg ist schmal, aber hübsch und es ging zunächst diverse Kilometer am Gewässer entlang und teils durch kleine Ortschaften. Den richtigen Absprung, ein geöffnetes Lokal zur Einkehr zu finden hatte ich allerdings irgendwann verpasst. Und noch etwas hatte ich seit der Planung verdrängt: schlängelte sich der Weg auch meist eng am Ufer entlang, so führte einige Male auch etwas abseits. Und das bedeutet in einem engen Tal: steil bergauf. Bis zu 15% maß mein Navi. Das ging auf die Beine.

Der Lahnradweg

Wenn ich in Ortschaften Hinweise auf Gaststätten sah, so führten diese zumeist zu entweder schon länger geschlossenen Häusern oder aber zum Hinweis „Dienstag Ruhetag“. Ich bekam Hunger, aber nichts zu essen und musste eine meiner Notrationen verspeisen. Gerade rechtzeitig, bevor es in die nächste Steigung ging. Bei dem Stopp legte ich mein Ziel auch auf Limburg an der Lahn fest, wo ich ein Hotel reservierte.

Altstadt von Limburg an der Lahn

Die letzten Kilometer nach Limburg waren flach, aber ich merkte, dass die heftigen Steigungen bei gleichzeitigem Hunger Spüren hinterlassen hatten. Ich war froh, im Hotel angekommen zu sein. Nach der obligatorischen Dusche und dem Getränkekauf erkundete ich den Dom und die Altstadt, vor allem aber suchte ich mir etwas zu Essen.

Den Abend beendete ich nicht allzu spät.

Limburg a.d. Lahn – Marburg

Der Morgen war noch etwas kühl, das Wetter eher grau und teils windig, so ließ ich es langsam angehen. Die Lage des Hotels war gut, nach der Abfahrt musste ich nur wenige hundert Meter fahren, bevor ich wieder auf dem Radweg war.

Dieser folgte zunächst dem Fluss, auf zumeist schmalen, aber nicht allzu stark befahrenen, Wegen ging es flussaufwärts. Das bedeutet zwar einen stetigen, aber nur sehr mäßigen Anstieg. Durch die Bäume und das tiefe Tal fiel auch der Wind kaum ins Gewicht.

Radweg in den Lahnauen

In Villmar nutzte ich eine Abkürzung über den Berg und ließ eine Schleife aus. Ich erinnere mich nicht genau ob ich dies zur Kürzung der Strecke geplant hatte oder um nicht asphaltierten Abschnitten aus dem Weg zu gehen. Da die Straße nur leicht befahren war und kaum LKW Verkehr herrschte war die Abkürzung trotz Steigung gut zu fahren.

Anschließend ging es wieder im tiefer einschneidenden Tal entlang der Lahn, auch die Lahnbahn folgt hier als kleine Strecke, teils noch mit alten Formsignalen, dem Verlauf des Flusses und man begegnet der Strecke immer wieder.

Der nächste steilere Abschnitt ist dann bei Selters an der Lahn, wo es auch die Mineralquellen gibt. Hier entfernt sich der Verlauf des Radwegs auch etwas von Fluss. Erst kurz vor Wetzlar geht es wieder richtig zurück.

Warten an der Lahnbahn

In Wetzlar machte ich dann auch Essenspause, aber direkt auf der alten Brücke am Eingang zur Altstadt, die ich nur zu einem kleinen Teil sah. ber heute standen noch einige Kilometer auf dem Programm, so wollte ich nicht zu viel Zeit verlieren, obgleich die Stadt wohl auch Recht hübsch ist.

Hinter Wetzlar öffnet sich das Tal etwas und der Radweg führt zwar nicht mehr so häufig direkt am Wasser entlang, bleibt aber im Wesentlichen flach. Dafür fuhr ich eben nicht mehr so viel auf dedizierten Radwegen, sondern auch auf Wirtschaftwegen oder Straßen entlang.

Marburg am Abend

Schließlich erreichte ich Marburg, wo ich ein Hotel, wohlweislich nicht in der Oberstadt, reserviert hatte. Abends machte ich einen Ausflug in die schöne Altstadt.

Marburg – Bad Hersfeld

Nach einem ausführlichen Frühstück in der familiären Atmosphäre des Hotels sattelte ich das Rad. Allzu viel Eile hatte ich nicht an den Tag gelegt und so war es nach zehn Uhr, als ich endlich loskam. Dafür war der Tag sonnig und versprach halbwegs warm zu werden.

Zunächst folgte ich weiter dem Lahnradweg, der hier relativ flach im weiten Tal entlang führt. Aber bereits nach wenigen Kilometern bei Cölbe verließ ich den Lahnradweg und folgte weiter dem Radweg Deutsche Einheit, der sich hier grob am Verlauf der Ohm orientiert. Freute ich mich anfangs noch über die Ausschilderung bei gesperrter Radroute mit Umleitung (der ich dann allerdings nur teilweise folgte), so sollte ich später mit eher mäßigen Hinweisen wieder in die Realität zurückgeholt werden.

Blick auf Amöneburg

An manchen Stellen ist die Radroute dann auch eher hinderlich geplant. Gibt es vor Stadtallendorf zwar asphaltierte Servicewege neben der Bundesstraße B454, so verläuft der offizielle Weg dann teils auf relativ grobem Schotter. Das sind die Stellen, wo ich dann definitiv auf selbst geplante alternative Strecken ausweiche. Und wenn der Großteil des Weges asphaltiert ist, dann erschließt sich für mich auch nicht, warum man Radfahrer auf solchen durchaus für Familien oder Ältere geeigneten Routen dann mit solch einem Untergrund konfrontieren muss.

Baustelle A49, einfach mal Ende

Noch ärgerlicher wird es hinter Neustadt (Hessen): Die Radroute endet hier ohne ausgeschilderte Umleitung plötzlich an der Absperrung der Baustelle zur A49. Den einzigen Hinweis, bevor ich in die Sackgasse fuhr, sah ich nach dem Umkehren auf einem kleinen A4-Zettel am Weg: „Weg endet für Radfahrer und Fußgänger an Baustelle“ – ja, toll. Da baut man für Milliarden eine völlig sinnlose weitere Autobahn, aber mal ein Hinweis an der offiziellen Radroute ist zu viel? Ich fuhr den Weg zurück und dann über die parallel laufende K17. Für zwei ältere Herrschaften auf Elektro-Fahrstühlen war der Ausflug beendet, kein Weg für die nach Momberg.

Versöhnlicher wurde es ab Treysa: dort beginnt der Bahnradweg Rotkäppchenland. Auf einer stillgelegten Bahntrasse geht es für viele Kilometer weiter. Das ist entspanntes Radfahren, auch wenn es für mich zunächst einmal sanft bergauf ging. Vorher aber stärkte ich mich in Ziegenhain in einem Restaurant, das in einem ehemaligen Bahnhof direkt am Radweg liegt.

Bahnradweg Rotkäppchenland

So gekräftigt konnte ich bis Olberode, dem höchsten Punkt des Bahnradwegs, gleichmäßig pedalierend aufsteigen. Oben gönnte ich mir ein kleines Belohnungseis, dann ging es in die rasante Abfahrt bis zum Ende des Bahntrassenradwegs.

Der Aula folgend konnte ich ab dort vorwiegend auf Wirtschaftswegen relativ ruhig fahren, ein Highlight war für mich die Unterquerung der Aula-Talbrücke, über die ich schon unzählige Male mit dem ICE gefahren bin und wo ich wohl fast jedesmal dachte: Mensch, da unten kann man bestimmt prima Radfahren. Ja, kann man!

Aula-Talbrücke

Bei Niederaula bog ich dann auch schon ins Fuldatal ein. Die Strecke von dort bis Bad Hersfeld bin ich schon häufiger, aber immer in der anderen Richtung, entlang geradelt, sie ist Teil meiner Standard-Südwestverbindung. Beim Durchqueren von Asbach sah ich Glas auf dem Weg – ganz ausweichen konnte ich wohl nicht, aber der Splitter steckt gut genug, als dass ich bis Bad Hersfeld kam und erst abends im Hotel feststellte, dass ich hinten einen Platten hatte. Da aber ein Ruhetag in Bad Hersfeld angesetzt war, war dies unproblematisch, das Flicken konnte ich so problemlos auf den kommenden Tag verschieben.

Bad Hersfeld – Reinhardshagen

Nach dem Ruhetag in Bad Hersfeld machte ich ich mich gegen 09:30 Uhr auf, um der Fulda nördlich bis zur Weser zu folgen. Wie am Vortag liegt morgens noch dicker Nebel im Tal, wobei sich das ganze zum Zeitpunkt meiner Abfahrt bereits anfängt zu lichten.

Der Nebel lichtet sich

Vom Hotel rolle ich über wenige kleine Straßen Richtung Fuldatal, das sich als Grünstreifen durch die Landschaft und an der Stadt vorbei windet. Die Radroute kringelt und eckt sich wie üblich auf kleinen Wegen durch die Landschaft, während die in weiter Entfernung parallel laufende B27 in sanften Schleifen deutlich weniger Kilometer macht. Aber da will man als Radfahrer ja auch nicht unterwegs sein.

Obwohl die Fachwerkhäuser am Radweg einladend aussahen, rollte ich durch Rotenburg an der Fulda nur hindurch, ich wusste noch nicht genau, wie weit ich heute fahren würde. Angesetzt hatte ich zwar nur etwa die halbe Strecke zwischen Bad Hersfeld und Höxter, aber die Beherbergungssituation hatte mich auf dieser Reise ja bereits mehrfach in Bedrängnis gebracht.

Fahrradseilbahn über die Fulda

Mehrfach querte die Radroute die Fulda, meist auf Brücken. Manchmal folgte ich auch lieber abseits der ausgewiesenen Route den ruhigen Straßen, entweder um wirklich unnötige Schlenker abzukürzen oder aber um schlechte Wegbeschaffenheit zu vermeiden. Eine (zeitliche) Abkürzung über die Straße musste ich dann aber doch definitiv auslassen und zwischen Binsförth und Beiseförth die Fahrradseilbahn nutzen. Als ich ankam, kurbelten sich gerade zwei Radfahrer vom gegenüberliegenden Ufer herüber, auf meiner Seite saß ein Paar, das aber keine besondere Eile hatte und mir den Vorrang ließ. Ein anderer Radfahrer mokierte sich hingegen über die Verzögerung und anstatt gemeinsam mit mir über die Fulda zu kurbeln, zog er es vor, die Straße zu nehmen. Obwohl ich die Seilbahn noch bis zur Mitte des Flusses den zurückgebliebenen entgegenkurbelte, dauerte es keine 15 Minuten, bis ich den ruhelosen E-Biker auf der folgenden Strecke überholte.

Neben diversen Brücken erwartete mich auch noch eine Fähre kurz vor Kassel – wo ich eigentlich Essenspause machen wollte. Bei der Einfahrt aus Süden kam ich auch an diversen Möglichkeiten vorbei. Diese liegen zu lassen war dann aber auch wirklich dämlich, denn ab Kassel Zentrum kam nichts mehr am Radweg, außer der Erkenntnis, dass Hannoversch Münden als Tagesziel nicht praktikabel war, da es keine Übernachtungsmöglichkeiten gab – mal wieder alles voll. So telefonierte ich in einer Riegelpause die weiteren bei Bett&Bike gelisteten Unterkünfte an der Strecke ab und fand eine Möglichkeit in Reinhardshagen/Veckerhagen.

Fahrradbrücke

Abends angekommen machte ich mich nach der Dusche noch auf den Weg zum Supermarkt, um die kleinen Vorräte wieder aufzufüllen, dann gab es in der Unterkunft ein leckeres Abendessen mit Wildgoulasch aus der Region.

Reinhardshagen – Höxter

In Höxter wollte ich einen Freund und Kollegen besuchen, so stand mir von Reinhardshagen nur eine kurze Etappe von etwas mehr als 50 Kilometern bevor. Am Sonntag gab es auch keine festen zeitlichen Vorgaben, außer dass wir natürlich ein wenig Zeit haben wollten.

Bundesstraße und Nebel

Wie üblich im Tal, mittlerweile an der Weser, startete der Morgen neblig. Ich frühstückte in Ruhe ließ mir Zeit beim Packen der Sachen, bis ich gegen 10 Uhr endlich losfuhr. Der Nebel lichtete sich langsam, hing aber noch in den Feldern und Wäldern. De erste Teil des Weges verlief aber auch entlang der Bundesstraße, mal mit etwas mehr, mal mit etwas weniger Abstand. Am Sonntagmorgen aber mit nur wenig Verkehr.

Bei Gieselwerder gab es die erste Weserquerung des Tages über eine Brücke, aber schon wenige Kilometer später, bei Lippoldsberg ging es per Fähre wieder zurück. Die Sonne war mittlerweile herausgekommen und hatte den Nebel vertrieben. Bis Bad Karlshafen hieß es dann direkt an der Bundesstraße zu fahren, dann folgten noch zwei Brückenquerungen, die letzte bei Würgassen. Die ruhige Route am Wasser entlang, etwas abseits der Straße, bot einen Blick auf das stillgelegte Kernkraftwerk Würgassen, an dessen Stelle ein Zwischen- bzw. Eingangslager für die Endlagerung im Schacht Konrad entstehen soll.

Auf der Gierfähre

Bis Höxter konnte ich den Rest dann abseits der Bundesstraße genießen, ich kam mittags an und wir konnten so den Nachmittag und Abend mit einem Stadtrundgang und einer Fahrt (nicht mit dem Rad) auf den Köterberg verbringen, der eine wunderbare Sicht auf die umliegende Landschaft bietet. Spontan bot sich die Möglichkeit, am Montag noch einen Ruhetag in Höxter einzulegen, den ich für ausführliche Spaziergänge nutzte.

Sonnenuntergang vom Köterberg