Tag 1: Berlin – Dessau

Der erste Tag der Tour war wegen nur bedingten Trainingsstandes (Micha und ich hatten vorher beide mit Erkältung zu kämpfen) kurz geplant, knappe 130km nach Dessau. Das ist ziemlich genau die Hälfte des Weges nach Heldrungen, wo wir in der Wasserburg auf jeden Fall übernachten wollten, es bot sich also an. Hinter Ferch beginnt der UrlaubFür beide Jugendherbergen hatte wir wegen der Osterfeiertage Zimmer vorbestellt, so daß wir keinen Streß mit der Suche nach einer Übernachtungsgelegenheit haben würden.

Verabredet waren wir morgens um neun beim Bäckermann für ein kleines Frühstück, Micha war allerdings ziemlich früh dran und stand schon um halb neun vor der Tür (mit Ankündigung). Meine Eltern gesellten sich noch zu uns und verabschiedeten uns, als wir um kurz nach neun aufbrachen. Der Weg aus Berlin raus war am Ostersonntag weitestgehend ruhig, selbst die Fahrt durch Potsdam war erträglich und es drängten trotz des schönen Wetters noch keine Torkelradlermassen über den Radweg am Schwielowsee.
Hinter Ferch, wenn es auf die Fahrradtraße geht, beginnt für mich der Urlaub. Bis dahin gehört alles zu meinen sonstigen Bedarfsstrecken, fällt für mich unter den Weg raus aus der Stadt. Mittagspause im portablen GasthausWir gönnten uns eine kleine Teepause, ein paar Tourenradler kamen vorbei, es gab kurze nette Gespräche unter Radfahrern. Entlang der Bahnstrecke ging es auf der bewährten Route weiter, kurz bevor wir die Radstraßen verließen und auf den Land- und Bundesstraßen unterwegs waren, entschieden wir uns für eine Mittagspause. Reis mit frischen Tomaten und Thunfisch (aus der Dose) bereiteten wir uns in der Sonne sitzend an einem Picknickplatz auf dem Kocher zu.

Der Weg auf den Straßen war weitgehend ruhig, nur einige typische Brandenburg-Manöver mussten wir ertragen. In Bad Belzig aßen wir noch beim Italiener etwas Süßes und tranken etwas (und nutzten die Örtlichkeiten…), dann näherten wir uns gefühlt in gutem Tempo Dessau. Hinter Wiesenburg holte uns ein sportlicher Radfahrer (ursprünglich Triathlet, derzeit aber nur auf Spaßtour) ein, der uns bis Hundeluft begleitete. Wir unterhielten uns nett und kamen mit der Zusatzmotivation so gut voran, daß wir schießlich um kurz nach halb sechs die Jugendherberge in Dessau erreichten.
Wir aßen, machten einen kleinen Spaziergang in der Umgebung, duschten uns und abgesehen vom Tippen dieses Berichtes ging es dann relativ früh ins Bett, auch wenn der morgige Tag wohl ähnlich ruhig wird wie der heutige.

Berlin – Dessau

Tag 2: Dessau – Heldrungen

Da wir wieder nur knapp mehr als 120km vor uns hatten, ließen wir den Tag ruhig angehen. Um 07:30 Uhr klingelte der Wecker, da waren wir allerdings ohnehin schon wach – abends zuvor waren wir ja auch früh im Bett. Schnell packten wir unsere Dinge zusammen, dann frühstückten wir ohne Eile. Es war kurz nach neun, als wir dann auf der Strecke waren. Die Sonne schien, der Himmel war blau und wegen des Feiertags waren die Straßen auch leer, sobald wir Dessau verlassen hatten.

Mittagstisch in der BushaltestelleAnfangs waren wir relativ langsam, mir tat mein rechtes Bein weh, Micha klagte über Probleme mit dem linken Knie. Nach kurzem einfahren wurde es aber besser und wir wurde auch langsam schneller. Die ein oder andere kleine Pause gönnten wir uns dennoch. Aufregend ist der Weg zwischen Dessau und Halle nicht gerade und so fuhren wir nach geplantem Track einfach erstmal bis dahin durch.

Da kochen neben der Landstraße zwar geht, aber meist nicht sonderlich schön ist, überlegten wir, dies in Halle am Ufer der Saale zu tun. Da wir beide allerdings noch nicht recht hungrig waren, snackten wir nur kurz, tranken ein Stück weiter auf einer Schiffsgaststätte noch eine Cola und machten uns dann wieder auf den Weg. Nur raus aus der Stadt, weg von den vielen Leuten. Der Tourenmodus hat schon voll eingesetzt!
Schon in Halle hatten wir am Himmel vereinzelt Quellwolken gesehen, vorerst blieb es aber noch sonnig und warm. Irgendwann wurden wir dann doch hungrig und beschlossen bei passender Gelegenheit, den Kocher rauszuholen, für heute hatten wir Nudeln mit Pesto und frischen Tomaten auf dem Speiseplan. Die Gelegenheit kam in einem kleinen Dorf, wo wir uns zunächst auf eine Bank setzten. Wegen Wind und vereinzelten Regentropfen zogen wir allerdings in die nahe Bushaltestelle um – das Getröpfel hörte wie zu erwarten mit dieser Entscheidung auch ad hoc auf.

 

Immer zwischen durch - Regen und GewitterNach dem Essen ging es noch an Nebra vorbei, den Fundort der Himmelsscheibe besichtigten wir allerdings nicht. Nach diversen Kilometern bergauf genossen wir eine wunderbare Abfahrt – die Straße war regennaß, aber aber die Kurven sanft genug, um trotzdem recht schnell fahren zu können. Um uns herum bildeten sich Gewitterzellen, wir hörten es einige male leicht grummeln, aber alle zogen ab und wir fuhren immer mittig in der Sonne dazwischen hindurch.
Etwa 17km vor dem Etappenziel Heldrungen bogen wir dann auf einen netten Radweg entlang der Unstrut ab. An diesen erinnerte mich noch sehr gut, 2011 hatte mich beim Verlassen dieses Radweges auf der offenen Straße ein Unwetter erwischt – das blieb diesmal aus und wir konnten dem Radweg auch weiter folgen, anstatt die Straße zu nehmen, da die Bauarbeiten mittlerweile abgeschlossen waren.
In Reinsberg klingelte ich noch bei einer Familie, die mich nach dem Unwetter mit heißen Getränken, einem Dach über dem Kopf und der Nutzung des Trockners wieder aufgebaut hatte – leider war niemand zu Hause. Und so ging es weiter, die letzten 7km bis zur Jugendherberge in der Wasserburg in Heldrungen. Die Renovierungsarbeiten sind dort in vollem Gange, wir bekamen eines der wunderschönen neu gemachten Zimmer. Ankunft war um kurz vor 18 Uhr, wir duschten und konnten sauber und in zivilen Klamotten zum Abendessen erscheinen. Anschließend machten wir noch einen Rundgang um die Burg und verschwanden dann auf unserem Zimmer.

Dessau – Heldrungen

Tag 3: Heldrungen – Heringen

Den Wecker hatten wir auf sieben gestellt, um kurz vor acht waren wir fertig – und die ersten beim Frühstück, denn das gab es erst ab acht Uhr offiziell. Wir ließen uns gemütlich Zeit, bis wir vom Hof der Wasserburg rollten und zunächst mal Getränke beim örtlichen Discounter einkauften. Nach ein paar kleinen Straßen in Heldrungen ging es zunächst auf den Unstrutradweg. Fernab des Autoverkehrs, einigermaßen flach. Trotzdem wollte es bei mir nicht so recht vorangehen und trotz mehreren hunderten Kilometern mit den neuen Einlagen, musste ich die Position der Klickies doch nochmal ändern – etwas, was ich auf Tour ungern tue.

Unstrut-RadwegAnschließend wurde es langsam etwas besser. Dennoch: der dritte Tag auf Tour ist immer der Schlimmste für mich. Und auch diesmal blieb es einfach zäh. Trotz anfänglich sonnigen Wetters und schöner Landschaft. Später ging es auf meist ruhigen Landstraßen weiter, der Himmel zog sich langsam zu. Der Versuch, heute mal mittags irgendwo einzukehren scheiterte kläglich. Ironischerweise in genau dem gleichen Ort, wo ich schon auf meiner Barcelona-Tour 2011 das gleiche Problem hate. Diesmal aber waren wir gewappnet und machten einfach ein weitere Kochpause, als wir einem netten Bahnradweg folgten und einen Pausenplatz fanden.

Kurz vor Eisenach machten wir eine Getränkepause am Flughafen Kindel – wo wir prompt angesprochen wurden: “Gestern waren schon zwei mit solchen Rädern hier!” – “Ach, Klaus und Norbert!” – “Ihr kennt die? War einer, der hatte graue Haare, der andere war groß.” – “Ja, die kennen wir!”. Die beiden fahren eine ähnliche Strecke – und die Möglichkeiten zur Einkehr sind dünn gesäht.


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Die Möglichkeit einer preiswerten Übernachtung in Eisenach zerschlug sich und so peilten wir den Campingplatz in Heringen an. Aufgrund einer erwartet späten Ankunft meldeten wir uns dort telefonisch an, dann ging es über ein paar befahrene Bundesstraßen, bald aber wieder über ruhige Nebenstraßen weiter. Der Druckverlust an Michas Reifen ließ sich auf ein gelockertes Ventil zurückführen, so daß uns das nicht allzu viel Zeit kostete.
Den Campingplatz erreichten wir früher als erwartet im letzten Tageslicht, wir bauten die Zelte auf und duschten. Nach dem Vernichten der letzten Keks- und Schokoladenvorräte ging es in die Schlafsäcke.

Heldrungen – Heringen

Tag 4: Heringen – Lindheim

Der Morgen startete feucht: Der Campingplatz stand im Nebel, die Feuchtigkeit hatte sich im Gras und überall ringsherum abgesetzt. Auch auf der Innenseite des Außenzeltes. Ich pellte mich aus dem warmen Schlafsack und tappte ins Sanitärgebäude, wo ich meine Klamotten über die Heizungen verteilte, bevor ich mich der Morgentoilette hingab. Anschließend packten wir unsere Sachen. Frühstück gab es leider keines auf dem Campingplatz, nach einem kurzen Aufenthalt in der Raucherhölle beim Bezahlen dachten wir aber: besser so.

Kaliberg im FrühnebelAls wir vom Campingplatz rollten, war gegenüber der riesige Kaliberg zu sehen, dessen Spitze gespenstisch oben aus den wie Wolken ringsum hängenden Nebelschwaden schaute. Wir fuhren ein kurzes Stück bis zum örtlichen Supermarkt und besorgten uns beim Bäcker ein passables Frühstück. Alles in allem war es warm und trocken – und sonnig — bis wir endlich auf der Straße waren.
Zunächst fuhren wir auf meist ruhigen Straßen, mal auch mitten durch eine Baustelle, an der für Radfahrer keine sinnvolle Umleitung ausgeschildert war (die aber gut passierbar war). Kurz vor Bad Hersfeld bogen wir auf einen kleinen Radweg, der nach anstrengender Steigung in schneller Fahrt in den Ort bzw. kurz davor führte. Ab Bad Hersfeld bietet das Werratal einen sehr schönen Radweg an, dem wir viele Kilometer folgten.

Nach einem Tipp von Klaus und Norbert fuhren wir den Flugplatz Lauterbach (direkt am Track) an, sie hatten dort für uns nicht aufgebrauchte Getränke deponiert. Da die Dame vom Fluglatz diese allerdings bereits gefunden hatte, fand ich sie zwar nicht an der angegebenen Stelle, wir bekamen sie aber anstandslos ausgehändigt, gut gekühlt, und durften uns am Platz dazu setzen. Und nicht nur das: Ich bekam die Möglichkeit, eine Platzrunde im offenen Ultralight mitzufliegen – was für ein Spaß!

Platzrunde im UltralightEiner kurzen Abfahrt ins Tal folgte der endlose Aufstieg auf dem Vulkanradweg. Meist nur ein bis zwei Prozent Steigung, das aber über viele, viele Kilometer. Und als wir endlich oben angekommen waren und es an die Abfahrt ging, fing es an zu regnen. Immerhin schien weiter die Sonne. Allerdings wurde es kühler und der Regen begleitete uns eine ganze Weile. Irgendwann war der dann aber auch vorbei und die letzten 20 Kilometer in der Ebene oder mit leichtem Gefälle liefen richtig gut.
Punkt 21 Uhr, wie 48km vorher angekündigt, erreichten wir das Restaurant, wo wir die Schlüssel für das Zimmer für diese Nach bekamen. Wir aßen noch zu Abend, bevor wir dann schließlich in unser geräumiges Zimmer wechselten – uns wurde sogar ohne Nachfrage angeboten, die Räder einfach mit rein zu nehmen. Das erspart das lästige Tragen des Gepäcks und die Räder stehen sicher.

Heringen – Lindheim

Tag 5: Lindheim – Mannheim

Da wir ein Appartmentzimmer hatten gab es zwar kein Frühstück, aber eine Kochmöglichkeit. Und die nutzte ich, um morgens zumindest noch ein wenig heissen Tee zu fabrizieren. Wir packten gemächlich, dann machten wir uns auf. Eigentlich hatten wir es auf ein Frühstück im örtlichen Supermarkt abgesehen, stellten dann aber fest, daß die Anfahrt nur um sieben Ecken mit dem Rad möglich war, also wählten wir Option zwei, den Bäcker im nächsten Ort.

Frankfurt sahen wir nur aus der FerneFrisch gestärkt begann der Tag mit ein paar kleinen Anstiegen und teilweise schönen Blicken über die hügelige Landschaft, als wir uns Frankfurt näherten. In einer Schussfahrt ging es dann hinab zum Main, den wir mit einer Fähre in Richtung Offenbach querten. Ab dem Main-Radweg war es dann flach. An einem Campingplatz rasteten wir, um etwas zu trinken – die Bedienung erzählte, jedes Jahr im September käme eine größere Gruppe Liegeradler für ein Treffen vorbei.
Bei der Fahrt durch Offenbach denkt man eigentlich die ganze Zeit: Hoffentlich bin ich hier bald wieder raus! Irgendwann war das auch wirklich geschafft, aber der beschwerlichste Teil lag erst noch vor uns: Zunächst ging es durch den Stadtwald. Oben donnerten die Flugzeuge über uns hinweg, unten hatten wir halbwegs fahrbare aber eben doch nur Waldwege mit diversen Abzweigungen und Gattern sowie abenteuerliche Überquerungen vielbefahrener Straßen.
In Walldorf (nicht SAP-Land, es gibt da noch eins!) fanden wir die erste Möglichkeit einzukehren und nahmen diese auch war. Es war wohl der Edel-Italiener am Ort. Aber zumindest war die Portion genau richtig und das Essen sehr gut – der Preis aber happig.

Frankfurter Stadtwald (am Flughafen)Anschließend ging es über den Radweit-Track über laute kleine Wirtschaftwege. Links, rechts, Umleitung, Schlagloch. Dazu noch diverse Ausflügler und der landwirtschaftliche Verkehr inklusive der Busse für die Spargelstecher, die allerorten auf den Feldern arbeiteten. Mit einem Wort: anstrengend. Sowohl meine Knie als auch Michas Sehnen taten ihr Unbehagen mit dem ständigen Stop-and-Go schmerzend kund. Zudem brannte die Sonne unerbittlich, Schatten gab es kaum. Ich musste an einer Tankstelle erstmal eine Druckbetankung mit isotonischen Getränken und ein paar kurzkettigen Kohlenhydraten vornehmen.
Schließlich landeten wir nach weiteren Wald- und Feldwegfahrten in Mannheim. Nach einem kurzen persönlichen Abstecher von Micha besuchten wir – eigentlich nur auf ein Abendessen – Michas Onkel, wurden dann aber sanft überredet nicht unsere Campingplatzanmeldung wahrzunehmen (die wir natürlich ordnungsgemäß absagten), sondern dort im Haus zu schlafen. In Anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit am Ende sicher eine sehr gute Alternative.

Lindheim – Mannheim