Goslar – Magdeburg

Nur etwas mehr als 100 Kilometer bei bestem Wetter standen mir bevor – und das ohne nennenswerte Anstiege. Sonderlich beeilen musste ich mich also nicht. Beim Frühstück unterhielt ich mich mit einem der vielen Motorradfahrer aus dem Hotel, das offenbar ein Hotspot für Biker auf der Suche nach Harz-Abenteuern war. Anschließend packte ich meine Sachen und machte mich fertig.

Kurze Pause nach dem einzigen Anstieg

Um halb zehn rollte ich vom Hof, der erste Teil der Strecke hatte ein angenehmes Gefälle, so dass ich auf der Bundesstraße dennoch recht problemlos durch den Ort kam. Nach dem Ortsausgang führte der Weg auch auf einer Kommunalstraße parallel zur Autobahnähnlichen B6, so dass ich vom Autoverkehr leidlich verschont blieb. Es war der erste Tag, an dem ich nicht ausgewiesenen Radrouten folgte, sondern auf einer selbstgeplanten Strecke unterwegs war.

Kaum Wind, gute Straßen, relativ zielstrebige Strecke und das anfängliche „Anschieben“ durch das Gefälle verliehen mir auch eine ordentliche Geschwindigkeit. Zwar war es eingangs noch hügelig und es gab kurze Anstiege, aber das konnte mich nicht wirklich bremsen, dafür gab es herrliche Blicke über die sich öffnende Landschaft.

Bei Badersleben erreichte ich dann doch noch ein Highlight: Es ging für ein paar Kilometer auf einem Bahntrassenradweg nach Eilenstedt. Holunderbüsche säumten den Weg, es war kaum etwas los, der Himmel war blau. Als sollte es eine Wiedergutmachung für die teils sehr nervige Führung des R1 am Vortag sein.

Schnurgerade durch die Landschaft

Spätestens ab Wanzleben allerdings wurde der Verkehr dichter und die Einfahrt nach Magdeburg zwischen Autos und auf schlechten Radwegen machte keinen großen Spaß. So war ich froh, als ich nach knapp 100 Kilometern die Elbe erreichte und an der Elbpromenade dann auch in Sachen Essen und Eis fündig wurde.

Gemütlicher Abend

Ein Hotel hatte ich bereits am vorherigen Abend reserviert, mit nur einem kleinen Abstecher zum Getränkekauf fuhr ich dann dorthin, es lag auf der anderen Elbseite im Park, so dass ich abends noch einen netten Spaziergang über den Radfahrern und Fußgängern vorbehaltenen Herrenkrugsteg und in Richtung des Wissenschaftshafens machen konnte. Dort konnte ich alte Eisenbahnen, einen Kettendampfer und die Speichern anschauen und vor der Rückkehr ins Hotel in der Beachbar chillen.

Höxter – Goslar

Zwar hatte ich mich noch nicht ganz festgelegt, weil mir ein Freund auf dem Rad auf der Strecke heute entgegen kam, aber sicherheitshalber schon mal ein Hotel in Goslar reserviert. Gegen halb zehn machte ich mich auf den Weg, allerdings erstmal mit einem kleinen Umweg über den örtlichen Radladen, um dort Reifen- und Dämpferpumpe nutzen zu können.

Blick auf die Weser

Bis Holzminden waren es ungefähr elf Kilometer, auf einem ruhigen und schönen Weg an der Weser entlang. Ab Holzminden hatte ich meine Route weitestgehend am Europaradweg R1 ausgerichtet. Dieser verläuft hier aber auf Land- und Kreisstraßen, die zwar durch die parallel führende Bundesstraße relativ ruhig sind, aber nicht vergleichbar mit dem touristischen Fahren auf dem Fulda- oder Weserradweg. Zumindest einige Abschnitte aber sind auf Wirtschaftswegen angelegt, die dort relativ gut fahrbar sind.

Abseits der Flüsse wird die Landschaft in Richtung Harz natürlich auch hügeliger, so dass immer wieder mal bremsende Anstiege gibt, dafür aber auch schöne Abfahrten. Die Ortsdurchfahrten machen oft wenig Freude, da sie auf Hauptstraßen liegen.

Entlang der Bundesstraße

Das Treffen mit Timo, der von der anderen Seite kommend mehr negative als positive Höhenmeter hat und schon zeitig in Goslar ist, legen wir erst auf Bad Gandersheim oder Seesen fest, später einigen wir uns auf Letzteres. Er muss ein wenig auf mich warten, denn für mich gibt es zunächst noch einen kräftigen Anstieg zu meistern, während die Abfahret eher so mittelprächtig ist, weil die Straße schlecht ist und gerade ausgebessert wird: Split ist in die Löcher gekippt, aber noch nicht mit Bitumen abgebunden. Höchste Vorsicht in den Kurven ist angesagt.

In Seesen sitzen wir bei bestem Wetter dann beim Italiener zusammen, Nudeln und Nachtisch sind angesagt, sowie natürlich jede Menge Getränke. Wir tauschen uns über den bisherigen Weg aus und die weitere Tour, es macht Spaß.

Europaradweg R1 – so will man das nicht!

Nach dem Essen trennten sich unsere Wege wieder. Ich suchte noch beide Fahrradläden in Seesen auf, weil ich etwas Kettenschmierung brauchte, aber einer hatte an diesem Tag nur vormittags geöffnet, der andere Urlaub. Und so musste ich mit mittlerweile leicht zwitschernder Kette weiterfahren. Zunächst entlang der Bundesstraße, dann bog der Weg auf eine alte Straße ab. Diese hatte eine dünne Asphaltschicht über Kopfsteinpflaster, über weite Strecken fehlte der Asphalt aber auch, was das Fahren nicht sonderlich angenehm gestaltete.

In Goslar angelangt konnte ich beim örtlichen E-Bike-Händler mein Ketten-Zwitscher-Problem lösen, dann fuhr ich südlich ins reservierte Hotel. Von dort unternahm ich dann zu Fuß noch einen Ausflug in die Stadt.

Reinhardshagen – Höxter

In Höxter wollte ich einen Freund und Kollegen besuchen, so stand mir von Reinhardshagen nur eine kurze Etappe von etwas mehr als 50 Kilometern bevor. Am Sonntag gab es auch keine festen zeitlichen Vorgaben, außer dass wir natürlich ein wenig Zeit haben wollten.

Bundesstraße und Nebel

Wie üblich im Tal, mittlerweile an der Weser, startete der Morgen neblig. Ich frühstückte in Ruhe ließ mir Zeit beim Packen der Sachen, bis ich gegen 10 Uhr endlich losfuhr. Der Nebel lichtete sich langsam, hing aber noch in den Feldern und Wäldern. De erste Teil des Weges verlief aber auch entlang der Bundesstraße, mal mit etwas mehr, mal mit etwas weniger Abstand. Am Sonntagmorgen aber mit nur wenig Verkehr.

Bei Gieselwerder gab es die erste Weserquerung des Tages über eine Brücke, aber schon wenige Kilometer später, bei Lippoldsberg ging es per Fähre wieder zurück. Die Sonne war mittlerweile herausgekommen und hatte den Nebel vertrieben. Bis Bad Karlshafen hieß es dann direkt an der Bundesstraße zu fahren, dann folgten noch zwei Brückenquerungen, die letzte bei Würgassen. Die ruhige Route am Wasser entlang, etwas abseits der Straße, bot einen Blick auf das stillgelegte Kernkraftwerk Würgassen, an dessen Stelle ein Zwischen- bzw. Eingangslager für die Endlagerung im Schacht Konrad entstehen soll.

Auf der Gierfähre

Bis Höxter konnte ich den Rest dann abseits der Bundesstraße genießen, ich kam mittags an und wir konnten so den Nachmittag und Abend mit einem Stadtrundgang und einer Fahrt (nicht mit dem Rad) auf den Köterberg verbringen, der eine wunderbare Sicht auf die umliegende Landschaft bietet. Spontan bot sich die Möglichkeit, am Montag noch einen Ruhetag in Höxter einzulegen, den ich für ausführliche Spaziergänge nutzte.

Sonnenuntergang vom Köterberg

Bad Hersfeld – Reinhardshagen

Nach dem Ruhetag in Bad Hersfeld machte ich ich mich gegen 09:30 Uhr auf, um der Fulda nördlich bis zur Weser zu folgen. Wie am Vortag liegt morgens noch dicker Nebel im Tal, wobei sich das ganze zum Zeitpunkt meiner Abfahrt bereits anfängt zu lichten.

Der Nebel lichtet sich

Vom Hotel rolle ich über wenige kleine Straßen Richtung Fuldatal, das sich als Grünstreifen durch die Landschaft und an der Stadt vorbei windet. Die Radroute kringelt und eckt sich wie üblich auf kleinen Wegen durch die Landschaft, während die in weiter Entfernung parallel laufende B27 in sanften Schleifen deutlich weniger Kilometer macht. Aber da will man als Radfahrer ja auch nicht unterwegs sein.

Obwohl die Fachwerkhäuser am Radweg einladend aussahen, rollte ich durch Rotenburg an der Fulda nur hindurch, ich wusste noch nicht genau, wie weit ich heute fahren würde. Angesetzt hatte ich zwar nur etwa die halbe Strecke zwischen Bad Hersfeld und Höxter, aber die Beherbergungssituation hatte mich auf dieser Reise ja bereits mehrfach in Bedrängnis gebracht.

Fahrradseilbahn über die Fulda

Mehrfach querte die Radroute die Fulda, meist auf Brücken. Manchmal folgte ich auch lieber abseits der ausgewiesenen Route den ruhigen Straßen, entweder um wirklich unnötige Schlenker abzukürzen oder aber um schlechte Wegbeschaffenheit zu vermeiden. Eine (zeitliche) Abkürzung über die Straße musste ich dann aber doch definitiv auslassen und zwischen Binsförth und Beiseförth die Fahrradseilbahn nutzen. Als ich ankam, kurbelten sich gerade zwei Radfahrer vom gegenüberliegenden Ufer herüber, auf meiner Seite saß ein Paar, das aber keine besondere Eile hatte und mir den Vorrang ließ. Ein anderer Radfahrer mokierte sich hingegen über die Verzögerung und anstatt gemeinsam mit mir über die Fulda zu kurbeln, zog er es vor, die Straße zu nehmen. Obwohl ich die Seilbahn noch bis zur Mitte des Flusses den zurückgebliebenen entgegenkurbelte, dauerte es keine 15 Minuten, bis ich den ruhelosen E-Biker auf der folgenden Strecke überholte.

Neben diversen Brücken erwartete mich auch noch eine Fähre kurz vor Kassel – wo ich eigentlich Essenspause machen wollte. Bei der Einfahrt aus Süden kam ich auch an diversen Möglichkeiten vorbei. Diese liegen zu lassen war dann aber auch wirklich dämlich, denn ab Kassel Zentrum kam nichts mehr am Radweg, außer der Erkenntnis, dass Hannoversch Münden als Tagesziel nicht praktikabel war, da es keine Übernachtungsmöglichkeiten gab – mal wieder alles voll. So telefonierte ich in einer Riegelpause die weiteren bei Bett&Bike gelisteten Unterkünfte an der Strecke ab und fand eine Möglichkeit in Reinhardshagen/Veckerhagen.

Fahrradbrücke

Abends angekommen machte ich mich nach der Dusche noch auf den Weg zum Supermarkt, um die kleinen Vorräte wieder aufzufüllen, dann gab es in der Unterkunft ein leckeres Abendessen mit Wildgoulasch aus der Region.

Marburg – Bad Hersfeld

Nach einem ausführlichen Frühstück in der familiären Atmosphäre des Hotels sattelte ich das Rad. Allzu viel Eile hatte ich nicht an den Tag gelegt und so war es nach zehn Uhr, als ich endlich loskam. Dafür war der Tag sonnig und versprach halbwegs warm zu werden.

Zunächst folgte ich weiter dem Lahnradweg, der hier relativ flach im weiten Tal entlang führt. Aber bereits nach wenigen Kilometern bei Cölbe verließ ich den Lahnradweg und folgte weiter dem Radweg Deutsche Einheit, der sich hier grob am Verlauf der Ohm orientiert. Freute ich mich anfangs noch über die Ausschilderung bei gesperrter Radroute mit Umleitung (der ich dann allerdings nur teilweise folgte), so sollte ich später mit eher mäßigen Hinweisen wieder in die Realität zurückgeholt werden.

Blick auf Amöneburg

An manchen Stellen ist die Radroute dann auch eher hinderlich geplant. Gibt es vor Stadtallendorf zwar asphaltierte Servicewege neben der Bundesstraße B454, so verläuft der offizielle Weg dann teils auf relativ grobem Schotter. Das sind die Stellen, wo ich dann definitiv auf selbst geplante alternative Strecken ausweiche. Und wenn der Großteil des Weges asphaltiert ist, dann erschließt sich für mich auch nicht, warum man Radfahrer auf solchen durchaus für Familien oder Ältere geeigneten Routen dann mit solch einem Untergrund konfrontieren muss.

Baustelle A49, einfach mal Ende

Noch ärgerlicher wird es hinter Neustadt (Hessen): Die Radroute endet hier ohne ausgeschilderte Umleitung plötzlich an der Absperrung der Baustelle zur A49. Den einzigen Hinweis, bevor ich in die Sackgasse fuhr, sah ich nach dem Umkehren auf einem kleinen A4-Zettel am Weg: „Weg endet für Radfahrer und Fußgänger an Baustelle“ – ja, toll. Da baut man für Milliarden eine völlig sinnlose weitere Autobahn, aber mal ein Hinweis an der offiziellen Radroute ist zu viel? Ich fuhr den Weg zurück und dann über die parallel laufende K17. Für zwei ältere Herrschaften auf Elektro-Fahrstühlen war der Ausflug beendet, kein Weg für die nach Momberg.

Versöhnlicher wurde es ab Treysa: dort beginnt der Bahnradweg Rotkäppchenland. Auf einer stillgelegten Bahntrasse geht es für viele Kilometer weiter. Das ist entspanntes Radfahren, auch wenn es für mich zunächst einmal sanft bergauf ging. Vorher aber stärkte ich mich in Ziegenhain in einem Restaurant, das in einem ehemaligen Bahnhof direkt am Radweg liegt.

Bahnradweg Rotkäppchenland

So gekräftigt konnte ich bis Olberode, dem höchsten Punkt des Bahnradwegs, gleichmäßig pedalierend aufsteigen. Oben gönnte ich mir ein kleines Belohnungseis, dann ging es in die rasante Abfahrt bis zum Ende des Bahntrassenradwegs.

Der Aula folgend konnte ich ab dort vorwiegend auf Wirtschaftswegen relativ ruhig fahren, ein Highlight war für mich die Unterquerung der Aula-Talbrücke, über die ich schon unzählige Male mit dem ICE gefahren bin und wo ich wohl fast jedesmal dachte: Mensch, da unten kann man bestimmt prima Radfahren. Ja, kann man!

Aula-Talbrücke

Bei Niederaula bog ich dann auch schon ins Fuldatal ein. Die Strecke von dort bis Bad Hersfeld bin ich schon häufiger, aber immer in der anderen Richtung, entlang geradelt, sie ist Teil meiner Standard-Südwestverbindung. Beim Durchqueren von Asbach sah ich Glas auf dem Weg – ganz ausweichen konnte ich wohl nicht, aber der Splitter steckt gut genug, als dass ich bis Bad Hersfeld kam und erst abends im Hotel feststellte, dass ich hinten einen Platten hatte. Da aber ein Ruhetag in Bad Hersfeld angesetzt war, war dies unproblematisch, das Flicken konnte ich so problemlos auf den kommenden Tag verschieben.