Randnotiz

Nach einer Diskussion gerade auf Twitter dachte ich, es müßte nochmal ausführlicher als in 140 Zeichen festgehalten werden: Wieviel Prozent die Steigung am Willi (Havelchaussee in nördlicher Richtung zum Grunewaldturm hinauf) hat, ob drei, vier oder fünf Prozent, ist mir (und vermutlich den meisten anderen, die sie regelmäßig fahren) eigentlich herzlich egal. Sie taugt nicht, damit anzugeben, aber die Havelchaussee ist das Beste, was Berlin in dieser Richtung zu bieten hat. Und ob man fünf Prozent oder in einem höheren Gang und schneller drei Prozent hochfährt, am Ende bleibt eine Erkenntnis: Unabhängig von aller Theorie und Meßmethode ist am Ende der am fittesten, der es häufigsten getan hat.

So, mußte mal gesagt werden.

März-Bilanz

Die März-Bilanz sieht nicht ganz so gut aus, wie ich mir das erhofft hätte, da mich zwischendurch ja eine Erkältung plagte. Dennoch ist natürlich das langsam bessere Wetter deutlich zu sehen: Weniger Aufrecht- und mehr Liegeradkilometer. Und kaum noch Rolle.

  • Rollentraining: 57km
  • Aufrechtrad: 109km
  • Speedmachine: 221km
  • Rennlieger: 26km

Das sind dann 413 Kilometer für den März und insgesamt, 1207 in diesem Jahr, 738km davon auf der Straße und 469km auf der Rolle. Ich hätte mir sicherlich ein paar Kilometer mehr gewünscht, aber es ist zumindest nicht bedenklich wenig. Ich hoffe, der April bringt dennoch ein paar Kilometer mehr.

Die Rollentrainer-Saison erkläre ich allerdings hiermit für beendet! Jetzt geht’s wieder raus.

Schneller zum Nordkap

Nach der extrem guten Erfahrung mit dem M5 schon bei der ersten Fahrt habe ich mir ein paar Gedanken gemacht. Akribisch bin ich meine Packliste durchgegangen, habe mir immer wieder die Heckverkleidung angeschaut und bin schlußendlich zu dem Ergebnis gekommen, daß es möglich ist:

Ich werde mein Gepäck auf ein Minimum reduzieren (Tarp statt Zelt, Kochen in Dosen auf dem Lagerfeuer, keine elektrische Ausstattung, …), so daß alles in die Seitenfächer der Rennhutze paßt. Mit dem schnelleren und leichteren Rad sollte es möglich sein, den Weg zum Nordkap ab Trelleborg in maximal zwei Wochen zu schaffen.

Den Rückweg werde ich über den relativ einfachen und schnellen Weg durch Finland legen. Ganz bin ich mit der Etappenplanung noch nicht durch, aber wenn ich dann ab Helsinki die Fähre zurück nach Deutschland nehme, kann ich die Zeit für die Tour auf gute vier Wochen abkürzen.

Da ich ja bereits alle Vorbereitungen für eine zweimonatige Tour getroffen habe bliebe mir so ein ganzer Monat: nach einem kurzen Stop-Over in Berlin breche ich auf in den Süden. Durch Deutschland, die Schweiz mit ihren Pässen geht es ans Mittelmeer. Entlang der französischen Küste rüber nach Spanien und dann soweit ich komme – natürlich hoffe ich, daß ich mich bis Gibraltar durchschlagen kann. Von dort würde ich versuchen mit dem Flugzeug wieder zurück zu kommen.

Mit dem M5 die Krone unsicher gemacht

Der Wetterbericht hatte für heute nichts Gutes verheißen. Der Tag startete neblig und kalt. Ich setzte mich – eher lustlos – auf mein T300 und radelte ins Büro. Feuchte Kälte, grauer Himmel. „Nein, das gibt heute nichts…“, denke ich, als ich das Rad neben meinem Schreibtisch parke.

Beim Mittagessen fällt mein Blick aus dem Fenster. Sonne. Ich freue mich, traue aber dem Frieden noch nicht so ganz. Zudem liegt noch ein Nachmittag voller Arbeit vor mir. Aber auch als ich später aus dem Bürofenster schaue hält der Trend an und das Radarbild sagt zumindest, daß kein Regengebiet im Anzug ist. Die Temperatur durchbricht die magische 15°C-Frühlingsgrenze. Ich beschließe, daß ich diese Chance nutzen muß für eine kleine Feierabendrunde, auch wenn meine Fahrradklamotten zu Hause auf dem Berg ungewaschener Wäsche liegen.

Im Büro stehen drei Räder zur Auswahl. Und in einer spontanen Aktion entscheide ich: Today is the day! In Jeans und Sweatshirt, und mit den schweren Lidl-Klickschuhen schnappe ich mir meinen M5 CrMo Lowracer. Ich schiebe ihn zum S-Bahnhof Savignyplatz, an Fahren im dicksten Innenstadtverkehr oder auch nur auf dem Kopfsteinpflaster auf dem Weg zur S-Bahn wage ich nicht zu denken. Fahrscheine kaufen, auf die S-Bahn nach Grunewald warten. Am Bahnhof werde ich auf das Rad angesprochen. Bei meiner HP Velotechnik Speedmachine lautet die erste Frage meist: „Wieviel kostet das?“ – die erste Frage heute: „Wie schnell fährt man damit?“. Man sieht dem Ding offenbar auch als Nicht-Insider an, wozu es gebaut wurde.

Vom Bahnhof Grunewald schiebe ich den Lowracer vorsichtig zum Auerbachtunnel, der Fußweg ist eng und voller Split. Auf die Straße traue ich mich nicht mit meinen ersten Fahrversuchen in der Wildnis. Hab ja noch nichtmal einen Spiegel, sehe nicht was hinter mir ist.

Am Start der für Autofahrer gesperrten Strecke gleite ich in den Sitz. Ich versuche die Zuschauer zu ignorieren. Zwei kurze Fehlversuche, dann klappt das Anfahren, die Steigung hier ist ja auch sanft. Ich beschleunige, sanft, auf etwas über 20 km/h. Die Mission heute heißt die Kontrolle zu behalten, nicht Geschwindigkeit. Nach wenigen hundert Metern brauche ich nur noch die Hälfte der Straßenbreite, aber der erste Gegenverkehr ist ziemlich spannend. Plötzlich, mangels Spiegel wie aus dem Nichts, rauschen zwei Rennradler an mir vorbei. Kontrolle, nicht Speed bete ich mein Mantra runter und lasse sie ziehen.

Die Zahlen auf dem Tacho werden höher. 25, 28, 30 km/h. Locker geht anders, aber mein Lowracer gibt mir Vertrauen – mit zunehmender Geschwindigkeit kommt die Stabilität. Ich hole die beiden Rennradler wieder ein, bleibe 10-15 Meter hinter ihnen. Nervöse Blicke von vorne, als ich unaufmerksam bin und sich mein Abstand verringert – das laute, typische Geräusch meines Campa-Freilaufs verrät mich. Die beiden fahren an die Seite und bedeuten mir so, vorbeizufahren. Ich trete etwas in die Pedale: 32 km/h, ich ziehe langsam vorbei. Ich entschuldige mich mit den Worten: „Sorry, ich weiß noch nicht, was ich hier tue, ist mein erster Tag!“ – „Na das wird schon, geht ja ganz schön ab!“. 35 km/h. Angespannt rausche ich weiter. An der Havelchaussee mache ich eine Pause. Adrenalin pocht durch meine Adern, 39 km/h Max Speed zeigt mein Tacho. Ich zittere, muß erstmal an den nächstbesten Baum pinkeln.

Auf dem Rückweg bin ich schon sicherer, kurz vor dem Auerbachtunnel stehen 46 km/h auf dem Tacho. Ich ziehe schon ziemlich gezielte Kurven um die Skater und die anderen Radler. Überholt hat mich kein einziger. Wow. Nach einem Blick auf die Uhr entscheide ich, daß ich genug Zeit habe, die Strecke nochmal zu nehmen. Also wieder in Richtung Havelchaussee. Auf halbem Wege kommt mir an anderer Tieflieger mit orangem Heckkoffer entgegen, ich schaffe es sogar zu grüßen. In einem der leichten Gefälle (wir reden hier von 1%, wer den Kronprinzessinnenweg nicht kennt – da sind keine Berge, nichtmal Hügel) trete ich vorsichtig in die Pedale: 50 km/h – mein heutiges Maximum.

Am Wendepunkt wieder absteigen, Rad umdrehen, aufsetzen und losfahren. Eine kurze Unterhaltung mit einem Skater, der mich wohl vorher auf der Strecke schon gesehen hat: „Wahnsinn, wie schnell Du bist!“ – Ja, denke ich, Wahnsinn bei der ersten Fahrt draußen in Jeans und Sweatshirt.

Ein paar Tropfen vom Himmel, aber es fängt nicht an zu regnen. Allerdings fängt es an zu dämmern. Kein Licht, keine Reflektoren – ich sollte bald an der S-Bahn sein. Aber das ist mit diesem Geschoss kein Problem. Als besonderen Kick gebe ich mir noch die letzten paar Meter auf einer „echten“ Straße bis zum Bahnhof, dann geht es mit der S-Bahn nach Hause.

Vom Bundesplatz bis zu mir mag ich trotz Dunkelheit natürlich auch nicht schieben, so fahre ich vorsichtig über den Gehweg, der zum Glück leer ist und auf dem man auch sieht, wenn jemand aus einem Hauseingang kommt, hier gibt es Vorgärten. Ein paar Meter nehme ich mit schlechtem Gewissen noch die Radspur auf der Straße, aber es kommt gerade keiner.

Spaß hat’s gemacht und unter die Haut ging es. Ein Helm- oder Brillenspiegel ist dringend nötig, eine Radbrille mindestens ratsam. Die Ventisit-Matte hat ihren Zweck erfüllt, mein Rücken ist erstaunlich wenig verschwitzt. Wahnsinn, dieses Teil.

War gar nicht schwer…

Nachdem ich den M5 CrMo Lowracer gekauft hatte, habe ich ihn ja zuerstmal etwas überholt. Danach kam der Winter un die Straßenverhältnisse erlaubten es nicht, sich mit dem Gerät rauszuwagen, so wurde die Rennliege mein Trainingsgefährt auf dem Rollentrainer. Jetzt wurde das Wetter besser, aber zunähst war noch so viel Split auf der Straße, daß ich das weder den dünnen Reifen noch mir beim Üben zumuten wollte. Aber langsam juckte es mich, das Biest zu zähmen.

Am Samstag war zwar noch immer kein gutes Wetter (bzw. das gute Wetter war wieder weg), aber ich wagte den Weg ins Büro, nahm den Rollenreifen vom Hinterrad, zog den Straßenreifen auf – und stand vor dem Renngerät und dachte mir: wie blöd, daß ich noch immer nicht üben konnte mit dem Ding zu fahren.

Kurzerhand beschloss ich, daß die Tiefgarage unter dem Büro ein idealer Platz sei: Am Wochenende ist sie leer – keine Autos, viel Platz, kein Split, kein Regen. Und keine Zuschauer, wenn ich mich beim Losfahren doof anstelle.

Ich suchte mir eine breite, lange Stelle aus, stellte meinen Lowracer in die Mitte, setzte mich drauf. Erster Versuch: Das Rad begibt sich in eine enger werdende Kurve, kurz vor dem Umfallen halte ich an und fange es ab. Der Zweite Versuch scheitert ähnlich, aber es waren schon fünf statt drei Meter. Beim dritten Versuch macht es irgendwie klick. Wacklig zwar, aber ich fahre. Ich fahre, soweit die Garage reicht. Also soweit die Garage geradeaus reicht. Dann halte ich an, drehe das Rad um und fahre den Weg wieder zurück. Ein unglaubliches Hochgefühl macht sich breit.

Klar ist: Die Breite der Garage reicht nicht aus, um mit dem Lowracer runden zu drehen, der Lenkeinschlag bevor das Rad unweigerlich an der Kette schleift ist zu gering (oder ich nicht schnell genug für die entsprechende Kurvenlage). Aber ich habe die Chance gezielt mal die eine oder andere Auffahrt zu nehmen oder in weitem Bogen in die Abzweigungen zu fahren. Und ich schaffe es: Das Rad fährt in die Richtung, in die ich will – und nicht umgekehrt. Ich bin ein bischen stolz auf mich, denn es hat nur zwei, drei Versuch gedauert und es ging. Bis ich den Lowracer so sicher wie meine Speedmachine beherrsche wird es wohl noch ein paar Kilometer brauchen, aber die Grundlage sich für diese Kilometer mal auf den Kronprinzessinnenweg zu trauen, die habe ich auf alle Fälle gelegt.

Jetzt warte ich nur noch auf die Gelegenheit. Dann geht’s mit der S-Bahn raus zum Bahnhof Grunewald und dann werde ich die erste Strecke draußen mit dem Lowracer bezwingen. Wie ich mich darauf freue!

Nachtrag: Am Montag habe ich in Erwartung der ersten Trainingsrunde die alte Sitzauflage gegen eine Ventisit-Matte getauscht. Optisch ist das gegenüber der altersbedingt verschlissenen alten Matte natürlich ein deutliches Plus. Ein kurzer Sitztest ergab auch einen leicht gestiegenen Sitzkomfort, leichter ist die Matte auch. Bei meinen Trainingseinheiten auf der Rolle wurde die alte Matte – und mein Rücken – immer ziemlich naß. Auch dabei sollte die Ventisit-Matte Abhilfe schaffen. Ob dem wirklich so ist wird man vermutlich in einem der nächsten Rennliegen-Postings an dieser Stelle lesen können.