Die klassische Wannseerunde über Potsdam, Sacrow, Kladow, Gatow und die Heerstraße ist als kleine Afterwork-Veranstaltung mit nicht allzu vielen Kilometern – und damit einem überschaubaren Zeithorizont – ja schon immer eine gute Alternative gewesen, vor allem wenn man es auf GA1- oder Regenerationseinheiten anlegte. Sie hat aber auch einen eklatanten Nachteil: Der Web vom Abzweig von der B2 am Krampnitzsee bis zu Heerstraße wartet in längeren Abschnitten mit unangenehm schlechter Wegstrecke auf.
Seitdem der Radweg an der B2 überarbeitet wurde ist dieser, zumindest wenn man nicht in größeren Gruppen fährt, relativ angenehm zu fahren – solange man es nicht auf maximale Geschwindigkeit anlegt, dann sollte man lieber auf Straßen ausweichen und vielleicht nicht gerade auf die B2.
Im wesentlichen folgt man dem B2-Radweg bis Großglienicke, biegt dort auf die L20 ab und fährt bis Seeburg. Von Dort geht es auf der Alten Dorfstraße, die deutlich besser ist als der Name vermuten läßt, dann zur B2 zurück, bei Bedarf auch auf einem gut ausgebauten Radweg.
Nach einem kurzen Stück B2 kann man dann über den Weinmeisterhornweg zur Jaczostraße und auf die Heerstraße zurückfahren. Allein der Weinmeisterhornweg, der schlechten Belag hat, und ein kurzes Stück auf der Heerstraße, wo diese über Havel und Stößensee führt und keine kleine begleitende Straße hat – hier ist dringend die Fahrt auf der Fahrbahn anzuraten, der Radweg ist unbenutzbar und gefährlich! – sören die sonst ruhige Fahrt auf dieser kleinen Runde.
Auf dem Rückweg zum Auerbachtunnel läd dann ggf. das Sportlerheim an der Waldschulallee noch auf eine kurze Einkehr ein.
Nachdem uns der Juni bisher mit eher kühlem und oft regnerischen Wetter “erfreut” hatte, kam gegen Ende des Monats dann der Deutsche Sommer in seiner vollen Pracht durch – der Regen wurde etwas wärmer. Zwischendurch gab es dann aber einzelne Tage, die zumindest zeitweise einen Lichtblick darstellten. Und einen dieser Tage nutzte ich, um spontan ein kleines Treffen am Kuhhorn anzukündigen.
Ich sammelte also zu Hause auf dem Rückweg vom Büro noch ein paar Dinge ein, freute mich, daß ich zumindest noch ein wenig Zeit für eine Runde hatte – und nutzte diese, um Carina und Hannes noch aufzugabeln. Von der Fischerhüttenstraße ging es dann mit Hund Willi im Gefolge quer durch den Grunewald. Vor Berlin brauten sich schon wieder Gewitter zusammen, aber wir hatten beschlossen, daß wir dann einfach am Strand auf den Regen warten. Vor Gewittern kommt immer diese drückende, schwüle Luft, die uns dann trotz langsamen Fahrens zum Schwitzen brachte.
Da wir schon spät dran wareen, ließ ich die beiden mit dem Hund dann ab der Einbiegung auf den Schildhornweg allein weiter ziehen – ab dort muss man ja nur noch dem Weg folgen – und zog etwas schneller bis zum Kuhhorn durch, wo schon Manuel und Doro warteten. Ich konnte es kaum erwarten und ging – trotz vergessener Badeklamotten – sofort ins Wasser. Die Abkühlung konnte ich gut gebrauchen! Kühl ist es, aber nicht kalt. Ist man erstmal drin, ist das Wasser sogar sehr angenehm.
Wir ließen es uns mit Wein, Keksen und Käse gutgehen, später stieß auch Solon noch zu uns. Die Gewitter zogen nördlich vorbei und es tröpfelte nur ein ganz wenig zwischendurch und nur sehr kurz. Als sich aber laut Wetterradar dann doch eine etwas dickere Wolke zusammenbraute und in unsere Richtung zog, machten wir uns – schon im Dunkeln – auf den Weg. Hannes und Carina wollten ihre Räder zu Solon ins Auto verladen, da der Platz dann zusammen mit Solons Rad eng zu werden drohte und die Zahl der Sitzplätze im Transporter begrenzt ist, wollte ich mit dem Rad zu Solon fahren. Zwar hatte ich wegen des eingeschickten Edelux nur eine kleine StVZO-konforme Funzel am Rad, aber für die Waldwege gab es ja noch das Fernlicht.
Aber da machte mir mein (mittlerweile allerdings ziemlich runtergefahrener) Vorderreifen einen Strich durch die Rechnung: Ein Platter. Bei aufkommendem Regen und allein in der Dunkelheit wollte ich nicht flicken (Ersatzschlauch habe ich nur auf Touren dabei, nicht wenn ich nur in der Stadt unterwegs bin) – also rief ich den anderen hinterher. Solon nahm mein Rad mit und gab mir sein MTB. Da er das Rad aber nur dabei hatte, um vom Parkplatz zum Kuhhorn zu rollen, war kein Licht dran. Der größte Teil meiner Strecke verlief über Waldwege, wo das von rechts wegen kein großes Problem darstellt – allerdings war es stockeduster.
Bei Solon hab ich dann meinen Reifen gemütlich im Wohnzimmer geflickt, der Regen kam nicht wirklich und nach zwei Runden Billard im Club A18 trat ich dann meinen Heimweg an. Trotz der späten Stunde kamen mir auf der Krone noch zwei Radler entgegen, so daß ich jeweils das Fernlicht ausschalten mußte und dann plötzlich nur mit der kleinen 10 Lux Funzel ins Dunkle fuhr. Scary. Aber ist ja gutgegangen.
Nachdem ich an Himmelfahrt ja schon eine Tagestour nach Frankfurt/Oder unternommen hatte, nutzte ich den um 180° gedrehten Wind am Wochenende dann aus, um mit Solon eine gemütliche Liegeradtour in Richtung Elbe zu unternehmen.
Am späten Vormittag machten wir uns von Schlachtensee aus auf den Weg. Erstmal ging es geradewegs über den Schäferberg nach Potsdam: eventuelle Menschenmassen auf dem Uferweg wollten wir vermeiden. Um Potsdams Innenstadt zu umfahren, wählten wir die Strecke durch den Neuen Garten. Die B2 verließen wir bei Neu Fahrland, ab hier wurde es ruhiger auf der Straße, zumal auf dem kurzen Stück B273 ein perfekt ausgebauter Radweg zur Verfügung steht, lediglich die Baustelle an der Einmündung der L92 ist etwas nervig. Auf der Fortführung der L92 nach Ketzin war aber auch nicht viel los, so daß wir in Ruhe fahren konnten.
Die Fähre Ketzin fuhr uns leider genau vor der Nase weg, aber da sie ja zum Glück in relativ kurzen Abständen pendelt, mussten wir vielleicht 15 Minuten warten, bevor wir auf der anderen Seite der Havel auf den Havelradweg einbiegen konnten und bei angenehmen Temperaturen von knap 20°C und leichtem Rückenwind auf dem Haveldeich in Richtung Brandenburg rauschten. Traditionell gab es eine Mittagsmahlzeit im Fischerstübchen kurz hinter Deetz. Das Erklimmen der Götzer Berge ersparten wir uns aufgrund der schlechten Wege mit dem ganzen Gepäck am Rad lieber und zogen stattdessen schnell bis Brandenburg durch, wo wir uns ein leckeres Eis gönnten.
Von Brandenburg nach Rathenow hatte ich den bewährten Weg auf der L98 gewählt. Dort geht es zwar nicht ganz so beschaulich zu wie auf dem offiziellen Havelradweg, allerdings erspart man sich einige Kilometer und kommt recht schnell bis Rathenow durch. Dafür ist der Weg zu guten Teilen auch eher langweilig und ab und an muß man mit etwas Verkehr rechnen.
In Rathenow wird derzeit auf der Hauptstraße gebaut, mit dem Rad kommt man (außerhalb der Betriebszeiten der Baustelle) allerdings halbwegs passabel durch. Am Ortsrand veresorgten wir uns für alle Fälle mit etwas Frühstück für den kommenden Tag, dann bogen wir wieder auf den Havelradweg ein. Dieser führt ab hier durch ein Naturschutzgebiet und über den Truppenübungsplatz Klietz, durch Göttlin und Grütz, bevor es bei Neu-Schollene wieder zurück auf – relativ verkehrsarme – Straßen geht.
Wir folgten hier nicht der Route nach Havelberg, sondern fuhren nach Kamern, wo wir auf ein nettes Restaurant (ein altes Schiff, das auf Land steht) hofften. Dies war leider geschlossen, so daß wir uns an der Imbißbude des später beginnenden Dorffestes versorgen mußten – mit einer eher bescheidenen Auswahl.
Weit konnten wir nicht mehr fahren, zum einen stimmte Solons Sitzabstimmung noch nicht, so daß er mehr als eine kleine Pause benötigte, zum asnderen wurde es bald dunkel, so daß wir uns ein Lager suchen mussten. Ein kleines Stücvk weiter verließen wir also die Straße auf einem kleinen Weg, schoben dann die Räder am Waldrand entlang und schlugen unser Lager abseits auf.
Leider hatte keiner von uns an Mückennetze oder Mückenschutzmittel gedacht, so daß die Viecher schon bald ziemlich zu nerven begannen und wir uns in unsere Schlafsäcke flüchteten. Zudem trug der Wind die Musik vom Fest in immernoch erheblicher Lautstärke bis in den frühen Morgen zu uns herüber – ich zumindest habe nur bedingt gut geschlafen – und mir diverse Mückenstiche im Gesicht und an einer Hand, die zwischenzeitlich außerhalb des Schlafsackes lag, eingehandelt.
Den Morgen begannen wir zunächst mit einer Fahrt zur Elbe: Bei Wulkau überquerten wir die B107 und fuhren dann auf dem Elbradweg im Bogen nach Sandau. Herrliche Landschaft – hier hätten wir unser Lager aufschlagen sollen. Aber da ich diesen Abschnitt vorher nicht kannte, war das am Abend schwer vorherzusagen. Zwar verläuft hier auf dem Deich ein Plattenweg, allerdings in größtenteils guter Qualität – was sich bei Sandau allerdings ändert, so daß wir dort auf den Radweg entlang der B107 auswichen und zunächst nach Havelberg fuhren, wo wir im Bilderbuch-Café ein Frühstück genossen (anstatt unser Brot und Käse aus den Vorräten zu verspeisen).
Der SOnntag war sonniger und wärmer als der Samstag, aber es war klar, daß Solon nicht mehr ewig würde mit der derzeitigen Sitzkonfiguration fahren können. Den Plan, bis Schwerin zu fahren begruben wir also und ließen uns stattdessen etwas Zeit auf dem Weg nach Wittenberge. Der Havelradweg, der südlich von Havelberg abzweigt, hat hier eine gute Qualität und führt durch sher schöne Landschaften. Natürlich waren an diesem Tag sehr viele Radler unterwegs, aber nicht so viele, daß es wirklich störend wurde.
Nach dem Queren der Havelmündung empfiehlt es sich, der Hauptroute des Radwegs zu folgen, die Alternativroute südlich des Gnevsdorfer Vorfluters ist ein Plattenweg in nicht gerade guter Qualität, die Hauptroute auf der Nordseite des Vorfluters dagegen asphaltiert und perfekt fahrbar. Da es langsam sehr warm wurde, legten wir noch eine Pause im Dörpkrug an Diek in Abbendorf ein, um usn mit Apfelschorle zu kühlen. Bis Garsedow fuhren wir fats ohne Probleme durch – nur an einer Stelle ist nicht markiert, daß der Radweg oben auf dem Deich weitergeht – folgt man der asphaltierten Straße hinter dem Deich ist 100m nach der Auffahrt abrupt Schluß in der Wiese. Wohl dem, der die Strecke nachts mit hoffentlich guter Beleuchtung fährt.
Kurz vor Wittenberge erlaubten wir uns noch einen Abstecher an den Elbstrand und steckten unsere Füße ins Kühle Wasser, dann fuhren wir zum Bahnhof, besorgten Fahrkarten und nutzten die Wartezeit noch für ein Eis. Im erstuanlich leeren Regionalexpress – vermutlich da es erst früher Nachmittag war, fuhren wir dann nach Berlin zurück.
Die Tour war schön – und Solon zog seine Schlüsse zur Modifikation seines Sitzes bzw. der Sitzauflage für die nächste Tour.
Seit Hamburg-Berlin stand die Rennliege im Keller. Sie ist kein Rad für den Winter. Aber jetzt kommt der Sommer. Es ist warm, lange hell. Heute eröffnete ich meine persönliche Rennradsaison.
Es ist jedesmal wieder wie beim ersten mal. Der Lowracer macht mich nervös. Der Kopf erinnert sich an die ersten Versuche, das Ding zu bewegen. Es ist, wie ein wildes Pferd: Du musst sein Vertrauen gewinnen, dann zeigt es Dir, was es kann. Es wird Dich vielleicht akzeptieren, aber zahm wird es nie.
Als ich nach Hause kam, gönnte ich der Kette etwas Schmierung, den Reifen etwas Luft. Umziehen. Gedanken. Will ich das jetzt wirklich? Mich mit dem flachen Flitzer in den Verkehr wagen? Ist ja ganz schön schwül draußen. Nervosität. Herklopfen. Adrenalin. Egal – los jetzt.
Ich gehe zur Bushaltestelle auf der anderen Seite der Straße, da habe ich schön viel Platz. Der Kopf erinnert sich an die ersten erfolglosen Versuche, mit der Rennliege loszufahren. Aber der Körper, der erinnert sich, wie es geht. Ein Tritt in die Pedale – ohne Schlingern und ohne Probleme fahre ich los. Die Nervosität, die Angst ist wie weggeblasen, Aufregung tritt an ihre Stelle. Locker geht es den Südwestkorso runter. Sanftes Warmfahren mit 35. Ich habe mir vorgenommen, nicht zu übertreiben, nur ganz lockeres Fahren, um mich wieder dran zu gewöhnen.
Ich fahre nur die Krone auf und ab. 40 km/h ist mein Richtwert. Nicht übertreiben. Es macht Spaß. Es ist schön. Ich passe auf, heute niemanden zu provozieren, muß mich erst wieder an die extrem flache Liegeposition gewöhnen. Aber ganz kalt läßt es mich trotzdem nicht, wenn ich an den flotten Rennradlern mit ihren Carbonschleudern vorbeiziehe. Da ist mehr drin, da ist Spielen drin – aber nicht heute.
Nach 60 Kilometern mit einem sanften 35er Tachoschnitt von Haustür zu Haustür komme ich nach Hause.