Tag 6: Fischbach – Aachen

Da wir heute gute 135km mit einigen Höhenmetern auf dem Programm hatten, war der Plan, zeitig wegzukommen. Wir frühstückten direkt um acht Uhr, hatten die Taschen bereits gepackt und unsere Fahrradbekleidung an. Nach dem Frühstück gingen wir zu den Rädern – und Micha musst erst einmal das Hinterrad flicken, er hatte einen Platten.

Auf einem am Vorabend schnell zusammengerouteten Weg fanden wir schnell zurück zu unserem Track, hatten aber schon wieder kurze Rampen mit ordentlich zweistelligen Prozenten zu bewältigen. Dann ging es auf einem unfertigen Bahnradweg neben einer aktiven Bahntrasse ein Stück weiter und noch einmal über einen steilen Hügel nach Troisvierge, wo wir auf den Vennbahnradweg stießen. Die Auffahrt hat auch gute 10% und Serpentinen, dann geht es teils auf der alten Bahnstrecke, teils aber auch auf Umfahrungen los, so dass noch mehr Höhenmeter zusammenkamen. Wir merkten dies nach der gestrigen Etappe sehr gut in unseren Beinen.

Die Überquerung der Grenze in unser fünftes und letztes Land, Belgien, merkten wir nur an der Nachricht, dass das Smartphone jetzt im belgischen Netz mit den gleichen Bedingungen wie zu Hause unterwegs sei. In St. Vith gönnten wir uns eine kurze Pause. Wie üblich in Belgien oder Luxemburg, gibt es Getränke nur in klein. So bestellten wir gleich 4 Cola, zwei für jeden. Den letzten bedeutenden Anstieg hatten damit auch hinter uns gebracht, aber einige Höhenmeter, wenn auch nur im bahntrassenüblichen unteren Prozentbereich, lagen noch vor uns.

Aus heiterem Himmel bildete sich über uns eine Regenwolke, regnete sich aus, während wir Zuflucht in einer kleinen Schutzhütte zusammen mit einem belgischen älteren Rennradler mit Carbonrad fanden. So schnell, wie der Regen und die Wolke gekommen waren, so schnell verschwand beides wieder und die Fahrt ging sonnig weiter.

Während der Radweg bis Küchelscheid mitten durch Belgien verläuft, beginnt anschließend eine Besonderheit: Bis kurz vor Raeren verläuft die alte Bahntrasse zwar mitten durch Deutschland, ist aber belgisches Staatsgebiet – wenige Meter links und rechts der Strecke befindet sich also jeweils eine Staatsgrenze. Wobei das weniger spektakulär als der Weg nach Steinstücken im alten Westberlin ist, denn wenn man die Karte nicht konsultiert, dann kriegt man davon nichts mit.

Die letzten ca 40 Kilometer nach Aachen geht der Weg auch nur noch leicht bergab, man kann mit recht hoher Geschwindigkeit bei geringem Aufwand dahinradeln. Oder sagen wir: man könnte. Zum einen gibt es die ein oder andere Kreuzung mit Straßen, wo man entweder Vorfahrt hat, aber so schlecht sehen kann, dass man besser nicht mit 40km/h durchrauscht oder die Straße hat Vorfahrt, dann auch in der Regel gut kenntlich mit genügend breiten Drängelgittern. Zum anderen ist der Weg auch bevölkert mit vielen Radfahrenden, die nicht alle – ich drücke es diplomatisch aus – mit der Anwesenheit anderer Radler rechnen und Klingelsignale entweder gänzlich ignorieren oder sie zum Anlass nehmen, wild durcheinander in alle Richtungen zu fahren.

Um kurz nach 17 Uhr kamen wir in Aachen an, bezogen unsere Unterkunft direkt am Ende des Radweges und gingen nach dem Duschen Essen und machten uns einen gemütlichen Abend.

Tag 5: Wellen – Fischbach

Da wir heute nicht ganz so viele Kilometer, wenn aber dafür mehr Höhenmeter, vor uns hatten, frühstückten wir in „Zivil“ und zogen uns anschließend um. Trotz vereinzelten Auswaschens ist Fahrradbekleidung nach einer Woche auf Tour olfaktorisch nicht unbedingt der Hit im Frühstückssaal. Wir bekamen für unsere Trinkblasen Saft, denn ein Supermarkt oder ähnliches war am Vortag nicht mehr erreichbar gewesen.

Zunächst wechselten wir auf die luxemburgische Seite nach Grevenmacher, dort ging es dann an der Mosel entlang bis Wasserbillig. Wir folgten dann der Sauer auf der Luxemburger Seite. Und schon hier fiel auf: Die Versorgungslage ist eng. Obwohl der Radweg in diesem Bereich gut frequentiert ist, gibt es so gut wie keine Cafés entlang der Strecke, kaum Restaurants.

Es geht fast unmerklich bergauf – bis wir in Wallendorf mit einem kurzen Abstecher nach Deutschland und einem Schwenk auf die andere Seite die Sauer verlassen. Zwar fließt unten im Tal die Our, der Radweg entfernt sich aber hier schon weit auf die Hänge. Und auch wenn der erste Anstieg kurz ist, so gibt er mit saftigen 18%-Rampe am Anfang einen guten Vorgeschmack auf das, was uns erwartet.

Der zweite Anstieg mit mit rund 6 Kilometern aus dem Tal hinauf zum Pumpspeicherkraftwerk Niklosbierg der längste der Tour, er fängt sanft an, ist imm Schnitt nur knappe 5% steil – doch der flache Anfang bedeutet dann zum Ende auch wieder Stellen mit 10% und mehr. Ohne genügendes Training geht das ganz schön in die Beine.

Am Kraftwerk besteigen wir einen Aussichtsturm und werfen einen Blick über die beiden getrennten Oberbecken der Anlage, oben auf einem Berg. Auf dem weiteren Weg bleiben wir zwar die ganze Zeit oben in den Ardennen, aber die Landschaft ist dennoch so hügelig, dass wir reichlich Höhenmeter einsammeln. Michas Trinkblase ist leer, meine fast – er besorgt bei einem Wohnhaus Wasser. Erst in Hosingen finden wir eine offene Gaststätte, es gibt allerdings nur kleine Getränke.

Sprache ist in Luxemburg auch ein Phänomen. Mal geht deutsch, mal französisch, dann wieder Letzebuergesch – ein Muster können wir nicht entdecken. Trotzdem gelingt die Kommunikation meist irgendwie.

Hinter Marnach verlassen wir unseren Track in Richtung des am Vorabend (wegen Feiertag) gebuchten Hotels. Dort stellen wir die Räder unter, duschen uns und müssen noch kurz warten, bis um 18 Uhr das Restaurant öffnet. Nach dem heutigen Tag ist Energiezufuhr deutlich notwendig. Nach dem Essen machen wir noch einen Spaziergang und schauen über die wellige Landschaft, anschließend fallen wir totmüde ins Bett.

Tag 4: Vandières – Wellen

Wir starteten mit einem typisch französischen Frühstück und etwas Sirup Grenadine für den Geschmack in der Getränkeblase, weil es im Ort keinen Supermarkt gab, um Saft aufzutreiben. Anschießend zogen wir uns um und machten die Räder fertig. Als wir nahezu abfahrbereit waren, kündigte ein hässliches Geräusch das nur Sekundenbruchteile später eintretende Ungemach an: Michas Fahrradständer war in der Mitte gebrochen.

Da man auch mit einem halben Fahrradständer noch problemlos fahren kann, machten wir uns auf den Weg. Der Track führte zum größten Teil auf Radwegen entlang der Mosel entlang, nur selten ging es mal auf ruhigen Straßen oder einem straßenbegleitenden Radweg weiter. Der Lärm der Autobahn brüllte aber öfter mal durch’s Tal, so dass es nicht ganz so abgeschieden und ruhig, wie auf weiten Teilen des Rhein-Marne-Kanalwegs war. Die Landschaft war indes schön, leichte Hügel und immer wieder eine Abwechslung zwischen Fluss und Kanal begleiteten uns. Teils war der Weg zwischen einem kanalisierten und einem natürlichen Teil angelegt.

Während wir von Metz auf dem Radweg nur wenig mitbekamen und es dort auch kein nahe des Weges gelegenes Fahrradgeschäft gab, fanden wir einige Kilometer später in Thionville sehr nahe am Track einen offenen Laden, der Micha einen neuen Fahrradständer verkaufte und diesen auch montierte. Wir nutzten den etwas größeren Ort dann auch gleich für einen Mittagssnack in der Fußgängerzone, bevor wir uns wieder aufmachten.

Zwischen Contz-les-Bains und Sierck-les-Bains ging es auf die andere Flußseite, gleichzeitig ändert sich hier die Landschaft, es geht in ein tieferes Tal, an den Hängen wachsen hier die Trauben für den Moselwein. Kurz danach kommt Apach und die Grenze zu Deutschland, den Ort Perl streiften wir nur, denn es ging schon nach wenigen Metern auf die Brücke nach Luxemburg. Damit erreichten wir den für die Tour zentralen Ort Schengen. Wir freuten uns darüber, seit dem Beginn unserer Radtour grenzenlos zwischen der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Luxemburg gewechselt zu haben, Belgien und einige Grenzverlaufskuriositäten liegen noch vor uns.

Nach einem Fotobesuch an den Nationensäulen mit den Sternen für die verschiedenen Mitgliedsländer gönnten wir uns noch eine Cola im örtlichen Café und buchten ein Hotel für den Abend, auf der deutschen Moselseite, aber fußläufig zu einer Brücke nach Luxemburg. Wir wechselten in Remich noch einmal die Flußseite und damit das Land, dann ging es nach Wellen. Zum Abendessen liefen wir über die Brücke ins luxemburgische Grevenmacher. Schengen Ultras eben!

Tag 1: Basel – Straßburg

Von Waldshut, wo wir zur SPEZI 2025 eine Unterkunft hatten, fuhren Micha und ich nach einem kleinen Frühstück beim Sonntags offenen Bäcker neben dem Bahnhof mit dem Regionalexpress nach Basel. Die Strecke am Rhein in diesem Bereich führt häufig als Radweg entlang von großen Straßen, die Uferwege sind oft nicht asphaltiert, was nach dem Regen der letzten Tage erfahrungsgemäß nicht zum Fahrspaß beiträgt.

So starteten wir also gegen halb elf am Vormittag bei sonnigem Wetter und angenehmen Temperaturen von Badischen Bahnhof. Die Fahrt durch die Stadt war auf auf angenehmer Infrastruktur. Wir machten einen kurzen Abstecher nach Deutschland, um dann über die Passerelle des Troys Pays, die Brücke am Dreiländereck, nach Frankreich zu fahren. Von dort folgten wir dem Eurovelo 15 neben dem Canal de Huningue zunächst bis zur Schleuse Niffer. In der Vorplanung hätte hier die Entscheidung angestanden, die Tour via Mulhouse und den Ballob d’Alsace fortzusetzen oder – wie wir es dann taten – in Richtung Straßburg weiter zu fahren, kurz hinter Neuf-Brisach dann am Canal du Rhône au Rhine. Die Entscheidung hatten wir aber schon in den Tagen zuvor getroffen, da wir beide mit mäßiger Kondition in die Tour gegangen waren und nicht am ersten oder zweiten Tag gleich in so einen Anstieg wollten.

Das nächste Zwischenziel war Neuf-Brisach. Die Fahrt dorthin geht über die Dörfer, meist auf gut ausgebauten Radwegen entlang der relativ ruhigen Departements-Straßen, oft aber auch auf Bahntrassenradwegen oder Wirtschaftswegen. Kurz nach 13 Uhr erreichten wir die Planstadt Neuf-Brisach und setzen uns am Marktplatz in ein Café für einen Snack.

Auf der Weiterfahrt kürzten wir ein paar Umwege des Eurovelo 15 ab und fuhren auf der Landstraße auf kürzestem Weg bis zum Kanal. Anfänglich gibt es auf dem begleitenden Weg einige wassergebundene Abschnitte, die jedoch so gut gebaut sind, dass dies selbst mit schmalen Reifen unproblematisch ist. Im weiteren Verlauf st der Weg aber überwiegend asphaltiert. Wir hatten in der Mittagspause nach einem Blick auf die Karte beschlossen, dass uns Marckolsheim zu nah dran sei – und dann bis Straßburg kaum noch Orte mit Infrastruktur (Unterkunft, Restaurant, Supermarkt für Versorgung mit Getränken am kommenden Tag) am Weg lagen – und wir somit bis Straßburg durchziehen wollten. Bei einer Tour, die gerade mal einen 100km Tagesschnitt erfordert sind 130km vielleicht nicht der klügste Einstieg, aber es lässt notfalls hinten raus mehr Platz für Sightseeing.

So wunderschön, störungsfrei und entspannend der Weg entlang des Kanals ist, so wenig gibt es zu erzählen. Wer ihn nicht kennt, sollte ihn unbedingt mal fahren. Auch im Sommer ist der Weg wegen der vielen Bäume und des Schattens neben dem Wasser eine Empfehlung. Gänse, Schwäne, Enten, Graureiher gibt es zu sehen – und natürlich sind jede Menge Radfahrer selbst jetzt schon unterwegs, von flinken Bikepackern, über Rennradler und E-Bike-Senioren bis hin zu Familien mit Kindern ist alles dabei.

In Straßburg hatten wir ein Hotel gegenüber des toll gestalteten Bahnhofs gefunden, von hier ist es nur ein kurzer Spaziergang in die Altstadt, wir wir zu Abend aßen und noch einen kleinen Spaziergang zur Auflockerung der Beinmuskulatur unternahmen mit herrlichen Blicken auf die Fachwerkhäuser und Brücken.

Dole – Mulhouse

Die heutige Etappe würde wieder länger werden, denn der Weg bis Besancon wäre zu kurz für die Restplanung und danach kommt bis Montbeliard nicht mehr viel, wenn man Restaurant und Unterkunft sucht. So standen rund 155 Kilometer an. Also packte ich bereits wieder vor dem Frühstück und war dann um 9 Uhr abfahrbereit. Das Wetter war grau und regnerisch.

Der Weg führt ab Dole mäßig aufwärts – immer am Kanal entlang, ab und zu kommt eine Schleuse, wo es mal zwei Meter auf einer kleinen Rampe hoch geht. Es gibt ein paar kleine Ausnahmen, wo der Weg vom Kanal abweicht und man über einen kleinen Hügel muss, keine wirklich großen Dinge.

Schon auf dem Weg fielen mir die – immerhin immer gut angekündigten – Erhaltungsmaßnahmen an der Strecke auf. Mal war ein Uferabschnitt gesperrt, weil er komplett neu asphaltiert wurde, mal waren nur Ausbesserungsarbeiten im Gange. Immer aber gab es eine gut ausgeschilderte Umleitung. Meist ging es um einen Kilometer.

Irgendwo aber kam „Route Barree“, die Absperrungen waren aber beiseite gestellt. Ich fuhr vorsichtig den Weg entlang, und wirklich waren zwar ein paar ausgebesserte Stellen mit Hütchen, aber keine Bauarbeiten zu sehen. Ich fragte eine entgegenkommende Läuferin, ob man durchkäme und sie meinte, das ginge.

Tja, zu Fuß hatten die Bauarbeiter sie wohl durchgelassen, für mich mit dem Rad war dann aber doch Ende und ich musste mir eine eigene Umleitung suchen. Die Wahl stand zwischen einer Nationalstraße mit starkem LKW Verkehr oder direkt über einen Berg. Ich entschied mich für Zweiteres.

Bald kam dann Besancon, ein sicherer Ort für ein Mittagessen. Ich war recht früh dort, aber ein Restaurant am Weg öffnete gerade und ich konnte ausgiebig Mittagessen, denn das Frühstück war nur ein typisch französisches gewesen. Wegen des Abstechers in die Altstadt fuhr ich diesmal nicht durch den Kanaltunnel, den ich aber von vorherigen Reisen schon kannte. Östlich von Besancon folgt die Route dem Doubs bzw. dem Kanal im Wechsel durch ein wunderschönes Tal – meiner Meinung nach einer der schönsten Abschnitte auf der Strecke.

Während der Pause hatte ich nach Übernachtungsmöglichkeiten in Montbeliard geschaut – was allerdings auf den ersten Blick enttäuschend aussah, 20 Kilometer weiter in Belfort schienen aber noch ein paar Notfalloptionen offen zu sein. Ich wollte es also wieder drauf ankommen lassen und vor Ort etwas finden.

Zunächst stand ich aber vor einer weiteren Umleitung. Diesmal ging ich nicht das Risiko ein, es trotzdem zu versuchen, sondern folgte den Deviation Schildern. Die Umleitung erwies sich als relativ langer und hügeliger Umweg, aber ein Blick auf die Karte ergab, dass es keine anderen sinnvollen Alternativen gab. Immerhin war der Weg aber nahezu frei von sonstigem Verkehr. Auch verzogen sich die mich den Tag über begleitenden leichten Schauer.

Nach gut 165 Kilometern kam ich gegen 18 Uhr in Montbeliard an. Die Stadt liegt auf einer Anhöhe, aber im Hafen gibt es in der Capitainerie eine Außenstelle der Tourist Information. Dort saß eine freundliche Dame, die – ich kam dem Elsass ja immer näher – sogar recht gut deutsch sprach. Sie gab sich aller erdenkliche Mühe, aber wegen einer Messe war weder in Montbeliard, noch in Belfort etwas zu machen. Ich überlegte Alternativen. Der nächste größere Ort war Mulhouse – dort gab es Unterkünfte, die auch für Radreisende geeignet waren. Entfernung: noch 50 Kilometer. Die Frage hieß Bahn oder Königsetappe. Natürlich entschied ich mich für letzteres.

Da die Checkinzeiten begrenzt waren, hieß es in die Pedale treten. Zum Glück geht es ab Höhe Belfort dann tendentiell eher abwärts und der Weg ist störungsfrei ausgebaut, so dass ich mit ordentlicher Geschwindigkeit fahren konnte. Ich rief zwischendurch Micha an, der die Strecke und die Radtouren gut kennt, und bat ihn am Live Tracking ein wenig Schutzengel zu spielen. Er lieferte mir dann gelegentliche Motivation und Updates, ohne dass ich dafür das Handy zücken musste.

Kurz nach Sonnenuntergang nach nicht einmal zwei Stunden kam ich in Mulhouse an. Die vielen Einbahnstraßen und Baustellen gestalteten die letzten zwei Kilometer noch einmal etwas abenteuerlich, aber ich erreichte mehr als pünktlich das Hotel, konnte sogar noch duschen und danach in der Stadt etwas essen.