Vichy – Vic-le-Comte

Der Morgen begrüßte mich mit einem flauen Gefühl. Dennoch ging ich zum Frühstück und machte mich an die Energieaufnahme, wenn auch mit wenig Appetit. Nach dem Frühstück auf dem Zimmer rebellierte mein Bauch quittierte das Frühstück mit einem druckvollen Flüssigkeitsverlust. Schlechter Start, aber ich wollte es versuchen. Tags zuvor war das Flausein noch am Vormittag auf dem Rad wieder verschwunden.

Ich setze mich also auf’s Rad und fuhr los. Die erste Pause machte ich in Maringues – und musste auch dort wieder Flüssigkeitsverlust beklagen, mehr als ich an Getränken zu mir nehmen konnte. Da die Temperaturen schon wieder nahe an der 30°C-Marke lagen und weiter stiegen ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Trotzdem versuchte ich weiter zu fahren. Richtung Leistung brachte ich nicht.

In Pont-du-Chateau die nächste Pause. Der Bauch war leer, trinken ging, aber den Versuch auch nur ein Sandwich zu essen gab ich nach der Hälfte auf. Die Temperaturen lagen mittlerweile jenseits der 30°C. Ich suchte mir eine Unterkunft, der nächste Ort mit brauchbaren B&B war Vic-le-Comte. Nicht weit entfernt, aber durchaus ein paar Höhenmeter dazwischen.

In Vic-le-Comte kam ich in einem liebevoll zur Ferienwohnung umgerüsteten Taubenschlag unter. Nach dem Duschen checkte ich noch die Supermarkt-Situation, um mir zumindest eine Kleinigkeit zu kaufen. Dann schlief ich allerdings ein und wachte erst auf, als beide Supermärkte im Ort bereits geschlossen hatten. An Essen war eh nicht zu denken und so blieb ich einfach, wo ich war.

Mit dem Einschlafen reifte die Entscheidung, am kommenden Tag einen Ruhetag einzulegen. Alles andere war sinnlos.

Gerolzhofen – Ilmenau

Wie jeden guten Morgen starteten wir auch diesen mit einem ordentlichen Frühstück. Das war auch dringend nötig, denn es war klar: der Tag der Steigungen war gekommen für diese Tour. Natürlich ist das deutsche Mittelgebirge nicht der Mt. Ventoux oder der Tourmalet, aber Höhenmeter sammeln gelingt über die vielen Auf- und Abfahrten.

Los ging es zunächst einmal auf oder an Landstraßen in Richtung Haßfurt. Der Verkehr auf der gewählten Route hielt sich in Grenzen, so dass das Fahren Spaß machte. Auch das Wetter spielte mit Sonne und blauem Himmel mit. Zudem fielen die vielen neuen oder erneuerten Straßen, aber auch Radwege auf.

Bei Haßfurt überquerten wir den Main, dann fuhren wir teils auf einem Bahnradweg weiter in Richtung Thüringen. Die Landschaft wurde merklich hügeliger und vor allem war auch die Gesamtbilanz eher in Richtung Anstieg verschoben.

In Trappstadt legten wir eine kleine Getränkepause ein, die größere Pause mit Essen machten wir dann 20 Kilometer später in Hildburghausen. Auf dem Marktplatz gönnten wir uns eine Pho, ich anschließend ein kleines Eis. Denn ab jetzt ging es in die Steigungen. Hinter Hildburghausen noch etwas “zum Üben”, aber ab Waldau hieß es dann mit 5, später eher 8 bis 10 Prozent bergauf zu kurbeln. Jeder Schatten war willkommen!

Oben wähnten wir uns bei 782 Metern am höchsten Punkt der Reise. Vielleicht hätte dies auch gestimmt, allerdings riet uns ein Anwohner in Frauenwald bei einer kurzen Pause, nicht den geplanten Weg, sondern über die L1141 und K56 nach Ilmenau zu fahren. Durch eine Sperrung für den Autoverkehr auf dieser Route war wohl der Verkehr auf unserer Ursprünglichen Strecke sehr stark. Allerdings mussten wir noch ein kleines Stück zum neuen höchsten Punkt und schliesslich zum wirklich allerhöchsten Punkt der Reise hinauf kurbeln.

die Abfahrt verlief bei 12% Gefälle dann aber rasant und in Ilmenau bezogen wir dann gleich an unserem Track am Eingang der Stadt ein Zimmer in einem Hotel. Nach dem Abendessen war noch ein kleiner Spaziergang mit Einkauf angesagt, dann ging es nach einem anstrengenden Tag früh ins Bett.

Der letzte Anstieg

Morgens machte ich nach dem Frühstück erstmal einen Abstecher zum Supermarkt, um Geschmack für meine Getränke zu kaufen. Das Wetter zeigte sich kalt und feucht, aber zumindest ohne Regen.

Maisfelder und dunkle Wolken am Inn
Maisfelder und dunkle Wolken am Inn

Meine spontan zusammengeroutete Strecke, um an Innsbruck letztlich vorbeizufahren, kürzte über eine nicht befestigte Strecke ab, allerdings nur vielleicht 200 Meter, vermutlich war das gar nicht so schlecht. Am Ende kam ich erfolgreich am Inn auf dem Radweg raus. Die Wolken hingen tief, verfingen sich in den Berghängen.

Am Inn entlang führte die Strecke durch Industriegebiete, Felder und neben der Autobahn entlang, war aber gut fahrbar. Einige Kilometer vor Jenbach traf ich auf einige Rennradler, die gerade mit einer Reifenpanne beschäftigt waren. Vor mir hatte ein anderer Radreisender bereits gestoppt und mit einer Standpumpe(!) ausgeholfen. Ich fragte, ob ich noch helfen konnte und wir kamen ins Gespräch. Die Rennradler wollten in die entgegengesetzte Richtung, der andere Radreisende war Massimo aus Italien und er folgte der gleichen Route wie ich.

Schiebestrecke, 12% auf Schotter
Schiebestrecke, 12% auf Schotter

Da ich keinen großen Zeitdruck verspürte, beschloss ich einige Kilometer gemeinsam mit Massimo zu fahren. In Jenbach stellte sich heraus, dass ich meine geplante Strecke nicht nehmen konnte, wegen Bauarbeiten. Die Umgehung via Wiesing erwies sich als nicht minder problematisch, da sie über weite Strecken bei erheblicher Steigung nicht asphaltiert war. Wir schoben die Räder.

Nach einer kurzen Einkehr auf dem Pass fuhren wir dann getrennt weiter, ich wollte nach Bad Tölz, mein Begleiter etwas preiswerter und näher eine Unterkunft oder Campingplatz suchen. Am Achensee war es naturbedingt flach, dann ging es in die sanfte Abfahrt.

Tunnel an der Talsperre
Tunnel an der Talsperre

Ich schaute mir die Sylvensteinsperre an, nach einem kurzen Stück Radweg war dann aber bis Lenggries Bundesstraße angesagt. Der begleitende Radweg, wenn überhaupt vorhanden verwand sich in unnötigen Steigungen und war nicht durchgehend asphaltiert.

Ab Lenggries bis Bad Tölz fuhr ich auf der anderen Isar-Seite entlang auf einer ruhigen Straße. In Bad Tölz genossbich erst die Badewanne im Hotel und ging dann in die Innenstadt. Übrigens in Regenhose, da mir bei 10°C die kurze Hose doch zu kühl war.

Und plötzlich Herbst

Die Wettervorhersage hatte bereits über die letzten Tage angekündigt, dass es heute regnerisch würde – diesseits wie jenseits des Brenner. Der Morgen startete allerdings ersteinmal mit blauem Himmel.

Brennerradweg, italienische Seite
Brennerradweg, italienische Seite

Um neun Uhr machte ich mich auf den Weg. Der Radweg lag direkt vor dem Hotel, ich konnte quasi direkt auf die Route einbiegen. Der Radweg war wie gehabt gut ausgebaut und ich folgte ihm, während das Navi noch rechnete, einfach der Ausschilderung entsprechend. Einige kurze Abschnitte waren nicht asphaltiert, aber fahrbar. An einer Stelle jedoch folgte ich der Ausschilderung und nicht dem Track und hatte eine etwas längere nicht asphaltierte Strecke vor mir. Ob die Alternative auf der Straße aber besser gewesen wäre, darf ob des Verkehrs bezweifelt werden.

Wie oft in den Alpen zeigt sich hier, dass Hauptverkehrsadern, im Eisacktal sind das eine Bahnlinie, eine Autobahn und die allgemeine Straße, sich im Tal bündeln und Radrouten, um dem heftigen Verkehr zu entgehen, dann auf kleinen Wegen weiter oben am Hang geführt werden. Unten sieht man die gleichmäßig ansteigende Straße und selbst fährt man mit wilden Steigungen, um anschließend in starkem Gefälle wieder 10 oder 20 Meter zu verlieren. Das geht auf die Kondition und irgendwann auch auf die Motivation. Der Brennerradweg ist sicherlich wirklich schwer dadurch, aber auch er kennt das Phänomen.

Regenwolken im Anmarsch
Regenwolken im Anmarsch

Der letzte Teil zum Brenner hinauf führt dann über die alte Bahntrasse, hier lässt es sich perfekt radeln. Der Brennerpass selbst ist dann eher eine Hölle aus Verkehr, schlechter Gastronomie, Einkaufszentrum und Billigflohmarkt. Zudem wechselt man hier vom komfortablen Südtiroler Radweg auf die befahrene Straße auf der österreichischen Seite. Eine Radrouten, die auch nu seltenst auf dedizierten Wegen führt, beginnt erst später. Bei der Abfahrt ist dies weniger problematisch, weil man selbst mit dem Rad ja ziemlich schnell wird. Rauf möchte ich auf der österreichischen Seite mit dem Rad nicht fahren.

Da mir der Pass selbst zu hässlich war, kehre ich einen Ort weiter unten ein. Hatte ich auf der italienischen Seite noch 20°C und Sonne, zeigt das Thermometer jetzt 12°C an, es weht ein kräftiger Wind von vorn (nicht nur Fahrtwind) und es ziehen Wolken auf.

Ich ziehe mir wärmere Sachen an, esse und trinke warm. Und als ich losfahren will schüttet es. Ich warte bei einem Stück Kuchen ab, bis der Regen nachlässt. Kurz nachdem ich – in Regenklamotten – losgefahren bin, wird es heller und der Regen hört auf. Ich ziehe die Regensachen wieder aus, denn sie werden mir zu warm.

Hölle auf dem Brennerpass
Hölle auf dem Brennerpass

Eine Weile kann ich so fahren, dann fängt es wieder an zu regnen. Es ist nicht mehr weit bis zum Hotel und es gibt keine gute Möglichkeit zum Umziehen. Ich beschließe, dass ich meine Dinge im Hotel trocknen kann. Leider kommt noch eine Baustelle mit längerer Wechselampelphase, so dass ich doch ganz schön nass werde.

Im Hotel gibt es ein Spa mit Sauna, genau das Richtige bei diesem Wetter, ich nutze die Gelegenheit, bevor ich zu Abend esse und müde ins Bett falle.

Noch ein Berg

Morgens ließ ich mir Zeit. Zum einen mußte ich wegen meines Schutzbleches ohnehin warten, bis der Radladen in Malé aufmachte, zum anderen dürfte es in Anbetracht der ersten Kilometer in der Abfahrt ruhig noch etwas wärmer werden.

Radweg bei Malé
Radweg bei Malé

Vom Hotel bis nach Malé waren es etwa zehn Kilometer, wirklich sanft bergab auf einem gut ausgebauten Radweg. Im Ort fand ich zuerst den Laden, der schickte mich dann zu seiner Werkstatt ein paar Straßen weiter. Das passende Schutzblech war natürlich nicht vorrätig, aber der findige Fahrradmechaniker konnte helfen, indem er sechs Löcher ins Schutzblech bohrte und drei Kabelbinder fest durchzog. Keine Dauerlösung, aber sicher und ich habe weiterhin Schutz bei Nässe.

Wo der Radweg in Mostizzolo auf die Straße mündet, beginnt der Aufstieg zum Passo Mendola bzw. Mendelpass – hier verläuft die Sprachgrenze zum deutschen Spachraum. Die Straße hinauf ist vor allem von Motorradfahrern bevölkert, da kommt es ganz gelegen, wenn man zwischendurch mal auf brandneue Radwege, die in meiner OSM noch nicht eingezeichnet waren, ausweichen kann.

Vor und hinter mir Berge und Straße
Vor und hinter mir Berge und Straße

Oben mache ich eine Verschnaufpause mit einem deutschen Rennradler, den ich weiter unten in der Auffahrt schon einmal getroffen hatte. Er war zwar wohl schneller als ich, aber irgendwo falsch abgebogen.

Auf der rasanten Abfahrt machte ich einen Fotostopp an einr Stelle mit wunderbarem Blick über Bozen und das Etschtal. Dann rase ich weiter abwärts, bis ich wenige Kilometer vor Bozen auf einen Radweg, der zumindest in Teilen auf einer alten Bahntrasse entlangführt. Nahtlos ginge dieser Weg in die Auffahrt zum Brenner über, aber ich biege zum Essen, wegen der schönen Stadt und um eine Unterkunft zu suchen in die Innenstadt ab.

Bei einem Salat und mehreren Holunderschorlen stelle ich fest, dass Hotels in Bozen über meinem Budget liegen ud ich entscheide mich, noch etwa 30 Kilometer weiter bis Klausen zu fahren, wo ich ein deutlich günstigeres Hotel in einem kleinen, aber niedlichen, Städtchen direkt am Brennerradweg bekommen habe.

Blick über das Tal
Blick über das Tal

Auf dem Weg treffe ich einen Rennradler, der den Weg als Arbeitsweg nutzt, ich lasse mich von ihm etwas mitziehen, so dass ich trotz des leichten Anstiegs gut voran komme. Trotz guter Ausschilderung und guter Planung meinerseits geht beim Befahren solcher Wege nichts über Ortskenntnis.

Mein Hotel am Ortsrand von Klausen fand ich dann auch einfach. Zu mehr als einem kurzen Ortsrundgang und Essen im Hotel hat es dann aber nicht mehr gereicht, war doch wieder wieder Waschtag angesagt. Zudem stecken mir viele bergige Kilometer in den Beinen, so dass ich abends dann auch beizeiten müde werde.