Tag 16: Agen – Saverdun

Zwar sah es bei einem frühen Blick aus dem Fenster noch feucht aus, aber der Regen war früher abgezogen als vorhergesagt. Der Blick aufs Wetterradar war nicht aufschlussreich, für eine lange Vorhersage, aber gut genug, um den Entschluss zu fassen, mit dem Rad zu starten.

Nach dem Frühstück zog ich mich noch um und packte die vorbereiteten Teile in meine Tasche. Beim Checkout traf ich das andere deutsche Pärchen, das beim Frühstück über die weitere Fahrt geredet hatte, nicht – aber ihre Räder standen noch da. Dann schaute ich mir kurz den Track zum Kanal an und los ging es.

Bei frischen, aber angenehmen, 14 Grad lief die Fahrt am Kanal gut. Der Radweg ist gut ausgebaut, es gibt kaum Schleusen in diesem Bereich, fast überall kann man untern den Brücken hindurch und wenn man über die Rampe muss, dann sind dort keine befahrenen Straßen, so dass man ungestört fahren kann.

Für die Jahreszeit fiel – gerade nach dem Landstraßenfahren zwei Tage zuvor – auf, dass hier am Kanal noch einige Reiseradler, aber auch Rennradler unterwegs sind. Außerdem traf ich eine weit auseindergezogene Wandergruppe.Sonst gibt es am Kanal bis Toulouse nur zwei Attraktionen: Die Kanalbrücke über die Garonne bei Moissac und das Wasserkeinhebewerk in Montech. An beidem war ich bei der 3-Wochen-3-Meere-Tour bereits vorbeigekommen. Aber da ich diesmal gut in der Schnitt lag, nahm ich mir bei beiden Stellen etwas Zeit zum Schauen.

Während des französischen Mittagszeitfensters war leider kein Ort in der Nähe bzw. die beiden Gelegenheiten zum Essen hatten zu wegen Montag. Meine Hoffnung war also Toulouse, wo ich eine Boulangerie ansteuern wollte. Dort kam ich mit ca 110km auf der Uhr an – allerdings war die Durchfahrt durch die Stadt nach Verlassen des Kanals dermassen stressig und führte nicht an offenen Boulangerien vorbei, dass ich ohne Essen wieder aus der Stadt fuhr. Auf einer Bank machte ich es mir mit Schorle aus der Trinkblase und zwei Müsliregeln gemütlich und schaute, wo ich eine Unterkunft finden würde.

Die Lage in Auterive war unbefriedigend, ich fand ein Zimmerchen in Saverdun, wesentlich weiter, als ich eigentlich geplant hatte. Dort kam ich dann nach mehr als 167 Kilometern an. Die letzten Kilometer waren ein Rennen gegen eine am Himmel aufziehende Regenfront, die dann aber doch vorbeizog. Der Empfang war herzlich, ich hatte zwei Zimmerchen mit Bad für mich. Nach dem Duschen ging ich in den Ort zum einzig offenen Restaurant (außer McDonald’s – aber das ist für mich No-Go) und aß eine erstaunlich gute Pizza (aus lokalem Mehl, wie man mir stolz erklärte).

Tag 14: Libourne – La Réole (- Agen)

Da klar war, dass der Sonntag ein Tag des Dauerregens werden würde, hatte ich mir angeschaut, welche Optionen mir am heutigen Samstag bleiben würden, so dass ich in einem Ort landete, wo ich einen Ruhetag verbringen konnte und wollte. Auch klar war: der Tag würde keine große Strecke umfassen, denn nach Le Réole wäre höchstens noch Marmande in Frage gekommen und dann lange nichts. Also konnte ich mir Zeit lassen und musste nicht super früh raus – so konnte ich das Ende des nächtlichen Regens abwarten.

Nach dem Frühstück rollte ich nicht auf der offiziellen Wegeführung des EV3 aus der Stadt und bog auf eine Departementstraße ab. Sie war befahren, aber es war erträglich und ersparte mir einen Anstieg. Meine Beine fühlten sich noch müde an, aber besser als erwartet.

Erst nach der Überquerung der Dordogne in Branne folgte ich wieder ein Stück der offiziellen Radroute, um zum Bahntrassenradweg zu gelangen. Dort war durchaus Radverkehr, hinter mir eine größere Gruppe Elektroradler, entgegen kamen auch immer wieder Radreisende, Gravelbiker oder Rennradler. Der Weg fährt sich angenehm, war nach dem Regen wegen nassem Laub und feuchtem Moos in den Geländeeinschnitten teilweise vorsichtig zu befahren.

In Sauveterre-de-Guyenne hört der Weg leider auf und es geht wieder auf Straßen weiter. Auch hier entschloss ich mich zu einer spontanen Abkürzung, da die offizielle Wegeführung ziemlich mäandert und die Strassen doch ruhig waren. So kam ich nach ca. 50 Kilommetern in La Réole an. Dort suchte ich mir ein kleines Café, dass mittags etwas zu essen anbot (gebackener Camembert in meinem Fall) und schaute nach Unterkünften.

Sowohl in La Réole als auch in Marmande waren zwar welche, allerdings nichts nach meinem Geschmack für zwei Nächte. Mit Blick auf das Wetter der nächsten Tage und zusammen mit der Tatsache, dass an die Pässe der Pyrenäen nicht zu denken war (Minusgrade, Regen, fehlende Kondition) entschied ich mich, den Zug in Richtung Agen zu nehmen. Ich kaufte mir also eine Fahrkarte und verbrachte die Wartezeit in einer Bar in der Nähe des Bahnhofs, direkt an der alten Hängebrücke für den Rad- und Fußverkehr, die ich bereits bei der 3-Wochen-3-Meere-Tour gequert hatte, um ab hier dem wunderbaren Radweg entlang des Garonne-Seitenkanals zu folgen.

Um kurz kurz halb sechs ging es dann mit dem Zug nach Agen, dort hatte ich ein Appartment-Hotel in der Innenstadt und damit nahe am Bahnhof. Das war auch gut, denn die aufziehenden Gewitter kündigten sich schon seit Mittag durch eine drückende, schwüle Hitze an bauten sich ringsherum auf. Nach dem Einchecken, Duschen und umziehen ging ich auch gleich Essen – auf dem Rückweg wurde ich vom Regen ziemlich nass.

Tag 13: Angoulême – Libourne

Heute bemühte ich mich, wirklich etwas zeitiger aufzubrechen. Zwar stand nicht zwangweise eine lange Etappe an, aber es sollte sehr heiß werden. Auch lagen am Weg kaum Orte, die irgendeine Infrastruktur wie Bar oder Restaurant boten.

Aus Angoulême fuhr ich in südwestlicher Richtung zunächst auf größeren Straßen hinaus. Der Verkehr war spürbar, aber erträglich. Der EV3 Hätte auf der anderen Seite der Charente am Fluss entlang geführt, allerdings wohl nicht immer auf asphaltierten Wegen und mit einigen Kilometern Umweg. Daher traf ich den Eurovelo erst bei Chauteauneuf-sur-Charente und folgte ihm ab dort. Die Weinernte ist in vollem Gange, so dass immer wieder der Duft des Traubenmostes in die Nase strömt, die großen Erntemaschinen sieht man auch immer wieder.

Nach einiger Zeit auf sehr ruhigen kleinen Straßen, deren Pflaster oft recht grob ist, wird der Eurovelo dann auf einer alten Bahntrasse weiter geführt. Leider ist diese hier auch kein reiner Quell der Freude: teilweise darf die Strecke von Autos genutzt werden – auch wenn es nur wenige sind – und auf den anderen Teilen ist das Pflaster oft unterwurzelt, so dass es recht holprig wird. Dazu kommen noch diverse Schranken und Stoppschilder, die umfahren werden müssen, teils an Kreuzungen mit Treckerwegen zwischen Feldern oder Grundstückszufahrten – so wird der eigentlich angenehme Bahnradweg leider doch auf Dauer ganz schön anstrengend, weil man nicht in den richtigen Flow kommt.

Auch nach dem abrupten Ende ist man gut beraten, nicht jede Biegung und Wendung des EV3 mitzunehmen, sondern beherzt auf die leeren Departement-Straßen auszuweichen. Die Autofahrer nehmen in der Regel viel Rücksicht und sowohl Wegeführung als auch Straßenbelag sind um einiges besser.

Erst auf der D910 kurz vor Libourne hab ich es dann doch irgendwann wieder vorgezogen, auf den Eurovelo auszuweichen, der teils auf ruhigeren Straßen, teils mit separatem Radweg nach Libourne reinführt, da hier der Autoverkehr doch ziemlich dicht geworden ist.

In Libourne war ich um kurz nach 15 Uhr, als erstes suchte ich mir eine Brasserie mit schattigen Sitzmöglichkeiten und trank etwas, dann suchte ich mir ein Hotel in einem historischen Bau direkt am Hafen. Zu meiner Überraschung ist hier die Tide noch sehr stark, als ich ankam hatte der Fluß (L’Isle, mündet hier in die Dordogne) wenig Wasser, mit der Zeit konnte ich eine starke Strömung flussaufwärts beobachten, als die Flut vom Atlantik in das Delta von Garonne und Dordogne drückte.

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte und die frühe Ankunft für einen Waschtag nutzte, ging ich essen. Da ich müde war, wurde der Abend nicht allzu lang.

Tag 12: Limoges – Angoulême

Ich war früh wach und wollte früh los, aber war dann doch irgendwie länger mit allem möglichen beschäftigt, als geplant. Ich hatte aber immerhin das in meinem Zimmer befindliche Rad komplett reisefertig, als ich zum Frühstück ging.

Nach dem Frühstück gab es noch kleine Probleme mit dem Garmin, ich hatte versucht eine Abkürzungsroute zu schicken, diese wurde aber nicht angezeigt. Also machte ich für die erste Abkürzung des Tages einfach eine Routenberechnung auf dem Gerät, diese war aber nicht ganz so optimal. Aber gut, zumindest schon mal ein paar Kilometer gespart. Höhenmeter gab es trotzdem.

Auch die Strecke am Fluss am Anfang war ein ziemliches Auf und Ab an den Hängen des Tals, da fielen die Hügel, als es dann weiter nach Rochechouart ging kaum noch auf. Dort machte ich Pause, nach knapp 50 Kilometern. Das Dorf war ziemlich dreidimensional, ich musste also einen steilen Anstieg hoch, um zu einem offenen Café zu gelangen. Dort gab es dafür ein tolles Sandwich mit Bio-Käse aus der Region.

Da es immer heißer und die Anstiege immer anstrengender wurden, kürzte ich abermals ab. Wieder ließ ich wie am Vortag zwei schöne Stauseen aus, aber ich war mir nicht sicher, ob ich sonst irgendwo ankommen würde am Abend. Der Weg war sehr schön, es gab Alleen, Kühe, Schafe.

Erst auf den letzten 30 Kilometern wurde die Strecke etwas flacher, sie verlief über weite Teile auf einer alten Bahntrasse. Viel Energie steckte nicht mehr in mir und ich war froh, in Angoulême anzukommen, auch wenn die offizielle Radwegführung eher anstrengend als hilfreich war.

Am Ufer der Charente suchte ich mir ein paar passende Hotels – nicht im Zentrum der Stadt, sondern am Bahnhof. Damit musste ich deutlich weniger steile Anstiege überwinden.

Nach Duschen und Umziehen schlenderte ich durch die Stadt, wo an vielen Häusern Remineszenzen an Asterix, Tin Tin und Co zu finden sind – die Stadt richtet seit 1974 eines der größten Comicfestivals aus. Es gibt viele Restaurants und Bars und so war es nicht leicht, sich für eines zu entscheiden, aber schließlich siegte der Hunger und die Wahl war auch sehr gut. Auf dem Heimweg ging es noch zum Supermarkt, um wieder Geschmack für die Bord-Bar zu bekommen.

Tag 11: Boussac – Limoges

Nach den letzten Tagen plagte mich beim Aufstehen die Frage: würde ich die heutige Etappe schaffen – und was war die heutige Etappe? Ich hatte am Handy mit OSMAnd+ schon am Abend zuvor und nach dem Aufwachen einige Planspiele durch. Und ich entschied mich, Aubusson und den Lac de Vassivière auszulassen und mit ein Spontanplanung nach Limoges zu fahren. Etwas über 120 Kilometer, 1400 Höhenmeter – um den Rückstand durch Krankheit und Ruhetage zumindest etwas herauszufahren und nicht zum Ende der Tour in Probleme zu geraten.

Nach dem Frühstück machte ich alles fertig (ich hatte vorher schon vorbereitet), dann ging es los. 21 (kleine) Anstiege und diverse Hügel standen mir bevor, der erste folgte sogleich hinter Boussac. Insgesamt war der Start in die Strecke aber motivierend, denn meine Beine taten, was sie sollten und die Straßen waren ruhig und schön.

Auch die Temperatur war angenehm, im Laufe des Tages sollte sie allerdings auf gut über 25°C steigen – und wenn zum Nachmittag die Sonne von vorn kommt, dann hilft irgendwann eh nur noch physischer Sonnenschutz, also das Tuch über der Nase und die Sonnenbrille sowie lange Hosen und Ärmlinge.

Das erste Zwischenziel Guéret kam schneller als erwartet, außerdem führte mich mein Track weit am Zentrum vorbei. Danach wurde es allerdings sehr dünn. Ich fuhr durch mehrere Orte – und selbst wenn es in einigen zumindest eine Boulangerie oder einen Mini-Supermarkt gab, dann hatten diese geschlossen.

Und so kam es, dass ich einem kleinen schattigen Rastplatz dann Riegel und einen großen Schluck aus der Trinkblase brauchte, denn viele Höhenmeter standen noch zwischen mir und dem Ziel. Ein ewiges Auf und Ab. Eine kleine Brasserie/Bar fand ich erst im Ambazac, keine 20 Kilometer vor meinem Tagesziel Limoges. Ich nutzte dies zum Trinken und um nach Hotelsituation in Limoges zu schauen. Da dies offenbar kein typisches Ziel von Radfahrern ist – ich hatte zwischendurch nur ein paar heimische Rennradler getroffen – war in den Bewertungen nichts zu sehen von Möglichkeiten (oder Unmöglichkeiten) das Fahrrad sicher unterzubekommen, aber die Buchungssituation schien mir ausreichend entspannt, dass ich es dann einfach drauf ankommen liess.

Die Einfahrt in die Stadt war etwas stressig, weil neben dem Verkehr und verengten Straßen (man muss aber sagen: mit viel Verständnis der Autofahrer) auch immer wieder kleine Anstiege die Fahrt bremsten. Limoges ist eine sehr hügelige Stadt. Auf dem Weg zum ersten Hotel, das ich probieren wollte, standen dann noch ein paar Baustellen im Weg. Trotzdem schaffte ich es und das Hotel hatte ein Zimmer und ich durfte das Rad mit rein nehmen.

Ein kleiner Einkauf und Stadtrundgang sowie das dringend notwendige Abendessen folgten schließlich auch noch.