Tag 11: Boussac – Limoges

Nach den letzten Tagen plagte mich beim Aufstehen die Frage: würde ich die heutige Etappe schaffen – und was war die heutige Etappe? Ich hatte am Handy mit OSMAnd+ schon am Abend zuvor und nach dem Aufwachen einige Planspiele durch. Und ich entschied mich, Aubusson und den Lac de Vassivière auszulassen und mit ein Spontanplanung nach Limoges zu fahren. Etwas über 120 Kilometer, 1400 Höhenmeter – um den Rückstand durch Krankheit und Ruhetage zumindest etwas herauszufahren und nicht zum Ende der Tour in Probleme zu geraten.

Nach dem Frühstück machte ich alles fertig (ich hatte vorher schon vorbereitet), dann ging es los. 21 (kleine) Anstiege und diverse Hügel standen mir bevor, der erste folgte sogleich hinter Boussac. Insgesamt war der Start in die Strecke aber motivierend, denn meine Beine taten, was sie sollten und die Straßen waren ruhig und schön.

Auch die Temperatur war angenehm, im Laufe des Tages sollte sie allerdings auf gut über 25°C steigen – und wenn zum Nachmittag die Sonne von vorn kommt, dann hilft irgendwann eh nur noch physischer Sonnenschutz, also das Tuch über der Nase und die Sonnenbrille sowie lange Hosen und Ärmlinge.

Das erste Zwischenziel Guéret kam schneller als erwartet, außerdem führte mich mein Track weit am Zentrum vorbei. Danach wurde es allerdings sehr dünn. Ich fuhr durch mehrere Orte – und selbst wenn es in einigen zumindest eine Boulangerie oder einen Mini-Supermarkt gab, dann hatten diese geschlossen.

Und so kam es, dass ich einem kleinen schattigen Rastplatz dann Riegel und einen großen Schluck aus der Trinkblase brauchte, denn viele Höhenmeter standen noch zwischen mir und dem Ziel. Ein ewiges Auf und Ab. Eine kleine Brasserie/Bar fand ich erst im Ambazac, keine 20 Kilometer vor meinem Tagesziel Limoges. Ich nutzte dies zum Trinken und um nach Hotelsituation in Limoges zu schauen. Da dies offenbar kein typisches Ziel von Radfahrern ist – ich hatte zwischendurch nur ein paar heimische Rennradler getroffen – war in den Bewertungen nichts zu sehen von Möglichkeiten (oder Unmöglichkeiten) das Fahrrad sicher unterzubekommen, aber die Buchungssituation schien mir ausreichend entspannt, dass ich es dann einfach drauf ankommen liess.

Die Einfahrt in die Stadt war etwas stressig, weil neben dem Verkehr und verengten Straßen (man muss aber sagen: mit viel Verständnis der Autofahrer) auch immer wieder kleine Anstiege die Fahrt bremsten. Limoges ist eine sehr hügelige Stadt. Auf dem Weg zum ersten Hotel, das ich probieren wollte, standen dann noch ein paar Baustellen im Weg. Trotzdem schaffte ich es und das Hotel hatte ein Zimmer und ich durfte das Rad mit rein nehmen.

Ein kleiner Einkauf und Stadtrundgang sowie das dringend notwendige Abendessen folgten schließlich auch noch.

Tag 10: Nevers – Boussac

Ich war zeitig wach und Beine und Körper fühlten sich bereit an. Ich zog also meine Fahrradklamotten an, packte meine Tasche uns besorgte mir in der Boulangerie ein Frühstück, das ich in der Unterkunft in der kleinen Gemeinschaftsküche verspeiste.

Dann machte ich das Rad fertig, knipste ein Foto mit dem Rad vor dem Café Velo und machte mich auf den Weg zurück zum Canal Lateral du Loire und den Eurovelo 6. Die Loire liess ich damit auch schon wieder hinter mir, es war ein kurzes Zwischenspiel.

Am Kanal überholte ich einen anderen Reiseradler, den ich kurz danach an der Brücke über die Allier wieder traf: er war von Konstanz losgefahren, wollte auf dem EV6 bis zum Atlantik, dann am Atlantik bis zu den Pyrenäen, von West nach Ost durch diese und dann über Rhonetal und die Schweiz wieder zurück nach Konstanz. Respekt, eine große Runde mit unklarer Wettersituation am Ende. Aber er sah aus, als hätte er schon einige Touren hinter sich und viel Erfahrung.

Ich bog dann noch kurz an die Allier ab, verließ diese aber nach wenigen Kilometern auf ruhigen Straßen in Richtung Saint-Amand-Montrond. Bis dahin gab es nur etwas Vorspiel, die Route war noch relativ flach. In Saint-Amand-Montrond machte ich eine kurze Pause an einer Boulangerie, wäre ich eine Ecke weiter gefahren hätte ich gemütlicher sitzen können in einer netten Fußgängerzone bzw. am Marktplatz.

Ab nun an ging es bergauf und bergab im steten Wechsel, insgesamt immer etwas höher. Keine großen Anstiege, meist nur ein bis zwei Kilometer bei vier bis fünf Prozent. Aber die ständigen Lastwechsel und kurze Rampen bei guten zehn Prozent schlauchten.

Nach einem Abstecher auf eine Radroute, die auf teils etwas schlechten Wegen unterwegs war, ging es dann auf eine D-Straße, auf der aber wenig Verkehr war, so dass ich dort relativ ungestört unterwegs war. Ab und zu warnte mich das Radar, dass von hinten etwas käme, meist war aber Ruhe.

In Villers verpasste ich eine Möglichkeit, nochmal eine Bar zu besuchen, so musste trank ich dann einfach während der Fahrt aus meinem Vorrat. Erst in Préveranges machte ich eine Pause auf einer Bank, aß einen Riegel und entschied ab dem Puy Gilbert, nach dem es nur noch bergab gehen sollte bis Boussac, dann die Abkürzung auf der D-Straße zu nehmen, statt wieder auf die kleinen Nebenstrecken auszuweichen.

In Boussac, nach knapp 135 Kilometern und mehr als 1100 Höhenmetern, suchte ich mir schließlich eine Unterkunft. Nach Dusche, Einkaufen, Abendessen fiel ich totmüde ins Bett.

Cluny – Noirétable

Frühstück gab es erst um 08:30 Uhr, so kam ich – auch dank freundlicher Gesellschaft erst spät weg. Von der Unterkunft war ich nur noch ein kurzes Stück auf der Voie Verte unterwegs, dann bog ich ab auf unbekannte Wege.

Viadukt
Viadukt

Ab hier, das wusste ich aus der Planung, ging es ins französische Zentralmassiv. Weniger abstrakt: es wird bergig. Ging es zunächst verhalten hügelig los, so kam ich schon bald an die erste Stelle, wo ich auf ruhigeren Straßen plante. Ich war weg von LKW und auchden meisten PKW, die Strecke war kürzer. Aber mit mehr als 15% Steigung auf einspurigen Straßen hatte ich nicht so bald gerechnet. Langsam kroch ich Höhenmeter für Höhenmeter voran. Und auch die Abfahrt hatte es in sich, denn ich musste dauerhaft bremsen, konnte selten mehr als 50m voraus schauen, in den engen Kurven gab es Split.

Der Blick über die Landschaft ist hart erarbeitet
Der Blick über die Landschaft ist hart erarbeitet

Zum Glück führte mich die Route bald wieder auf größere Straßen, mit weniger Steigung und erträglichen Verkehr. Und ich machte noch eine Erfahrung: in diesem Teil Frankreichs sind die Orte etwas belebter, ein offenes Café oder zur Mittagszeit ein Restaurant mit Plat du Jour waren leicht zu finden.

Vor Roanne folgte ich dann größeren Straßen. Mehr Verkehr, aber es wird in der Regel vorsichtig und mit ausreichendem Abstand überholt. Die Existenz von Radfahrern auf Landstraßen wird hier als gegeben hingenommen, der Radfahrer nicht als Störfaktor für den Autoverkehr wahrgenommen. So bleiben verkehrsreiche Straßen zwar stressig, haben allerdings lange nicht den Adrenalinfaktor deutscher Verkehrswege.

Motivation am Wegesrand
Motivation am Wegesrand

Hinter Roanne ging es in der prallen Sonne schnurgerade ewig bergan. Irgendwann mir mehr Kurven, aber Abfahrten kamen nur kurz. Wo die Autobahn parallel lief war der Verkehr auch Recht ruhig. So kam ich nach Noirétable. Ich stellte fest, dass es mit Unterkünften hier dünn aussah und war heilfroh, am Ortsausgang ein Hotel zu finden (mit Abendessen und Frühstück). Denn hinter Noirétable folgt der nächste lange Anstieg (welch Aussicht für den nächsten Morgen!) und es gibt am Track lange Zeit keine größeren Orte.

Am Ende liegen 125km mit 2000 Höhenmetern hinter mir. Und viel wäre wohl auch nicht mehr gegangen.