Jura 2012: Mein Fazit

Dies war  meine erste ernsthafte Begegnung mit Bergen auf dem Fahrrad im Allgemeinen und auf dem Liegerad im Speziellen. Zwar hatte ich ich ein paar Schnupperhöhenmeter mit Gepäck schon auf der Südwest-2011-Tour an der Costa Brava und in Tschechien, aber die Intensität der Steigungen auf mehreren Streckenabschnitten hintereinander hatte hier schonmal eine andere Qualität.

Persönliche Erfahrung

Grundsätzlich habe ich die Steigungen besser weggesteckt, als ich erwartet hätte. Rein körperlich war das Meiste kein Problem. Einige Pausen musste ich machen zum Abkühlen, ich habe am Ende des Tages die Beine gespürt wie sonst selten auf Touren. Aber alles zusammen hielt sich in Grenzen. Ich hatte nicht das Gefühl, hier wirklich an die Grenze meiner Leistungsfähigkeit zu stoßen. Ich kann mir vorstellen, längere und vielleicht auch noch höhere Bergetappen zu fahren. Vielleicht sind doch irgendwann die Alpen oder die Pyrenäen an der Reihe. Ich habe noch immer einen Heidenrespekt davor, denn mir ist klar, daß da noch weit mehr auf mich wartet als im Jura, aber auch sehr viel Vertrauen gewonnen, daß das für mich zu bewältigende Herausforderungen sind, wenn auch vielleicht welche, die mich dann wirklich an die Grenzen bringen.

An der mentalen Seite muß ich noch arbeiten. Ich habe über die vielen tausenden eher flachen bis hügeligen Kilometer meiner Touren einige Dinge verinnerlicht, die so auf Bergetappen nicht aufgehen. Viel zu oft treffe ich vor diesem Hintergrund Entscheidungen aus dem Bauch heraus, die von der rein sachlichen Betrachtung ungünstig sind. Sich einfach im Kopf damit abzufinden, daß auch mal 100km an einem Tag reichen – oder eben auch weniger. Nicht automatisch davon auszugehen, daß 10 oder 20 Kilometer eben immernoch mal eben problemlos drin sind. Oder auch den häufigen Wechsel der Kleidung zu akzeptieren: 12°C bei knappen 10% Steigung ohne nennenswerten Fahrtwind sind schnell ziemlich warm. 17°c bei einer kilometerlangen Abfahrt mit 50 bis 70 km/h können ziemlich kalt sein, wenn man keine winddichte Jacke über die vom Aufstieg schweißnassen Klamotten streift. Alles keine Überraschungen, alles mit dem Verstand leicht zu erfassen – aber es verinnerlichen und auf der Fahrt die richtigen Zeitpunkte treffen, das fehlt noch etwas.

Das Fahrrad

Auch wenn mir der direkte Vergleich fehlen mag, aber für Touren zumindest kann ich die Vorurteile gegen das Liegerad in den Bergen nicht nachvollziehen. Das Gewicht eines vergleichbar ausgestatteten Trekkingbikes ist in der Regel nicht so viel geringer und ich habe keinen Tourenfahrer gesehen, der an einer Steigung exzessiv von der Möglichkeit des Wiegetritts Gebrauch gemacht hätte (na gut, ich habe insgesamt wenige Tourenfahrer gesehen). Weder hatte ich auf der Speedmachine selbst bei größeren Steigungen das Gefühl hintenüber zu kippen, noch irgendwelche unangenehmen Erfahrungen bei der Abfahrt, bei letzterer fühlte ich mich eigentlich recht sicher im Sitz aufgehoben, auch bei starkem Abbremsen vor den Kurven.

Bevor weitere Bergtouren anstehen werde ich dennoch versuchen, die Speedmachine mit größeren Bremsscheiben auszustatten. Die 160mm-Scheiben werden schnell heiß und geben und sind bei starken Gefälle mit Gepäck  auch am Rande der Leistungsfähigkeit. Ich hoffe, mit 180mm-Scheiben da einfach ein bischen mehr Reserve an Bremsleistung zu haben. Die Kontrollierbarkeit der Speedmachine bei starkem Abbremsen jedenfalls gibt sicher noch einiges her.

Die Jura-Route

Die Radrouten in der Schweiz sind hervorragend ausgeschildert. Selbst ohne Navi stellt es kein Problem dar, ihnen zu folgen – egal ob irgendwo auf dem Land oder in Innenstädten. Die Jura-Route geht größtenteils über wenige befahrene Straßen oder auch schöne Radwege. Leidglich an einigen Stellen zweigt sie auf unbefestigte Wege ab. Größtenteils bin ich diesen diesmal gefolgt, beim nächsten mal würde ich aber auf den unbefestigten Abschnitten durchweg die Straßenumfahrung wählen. Zum einen sind auf dem bepackten Tourenrad – und da schließe ich Aufrechträder mal einfach mit ein – selbst kurze steile Rampen auf unbefestigten Wegen sehr unangenehm zu fahren, zum anderen boten die Routen zwar die Möglichkeit abseits des (ohnehin dünnen) Autoverkehrs zu fahren, allerdings kaum wirklich spektakuläre Aussichten, die man anders nicht bekommen hätte – im Gegenzug wurde man auf ihnen aber das ein oder andere mal um den wirklichen Pass mit entsprechendem Schild (und dem obligatorischen Foto) “betrogen”. Dies gilt im übrigen zum Teil auch für den Col de Marchairuz, wo die Umfahrung zwar (soweit ich sie gefahren bin) asphaltiert war und die Unfahrbarkeit mit dem Schnee einfach mal auf die späten kalten Tage und meine frühe Reisezeit zurückzuführen sind, allerdings ich auch ohne den offziellen Pass hätte auskommen müssen.

 

Ein Gedanke zu „Jura 2012: Mein Fazit“

  1. Das mit den Bremsen kann ich bestätigen. Die Bremsleistung vorn sinkt bei heißer Bremse *überraschend* schnell ab, und bei dem hohen Gesamtgewicht der Fuhre wird die Bremse vorn *schnell* heiß. An meiner STM habe ich daher auf 180mm bereits umrüstet und die neue 785er Shimano Kühlkörperbremse installiert. Das ist schon ein merkbarer Unterschied: wunderbar entspanntes feindosieren der Bremse ist möglich, selbst bei längerer und unter hoher Last gebremster Abfahrt – zum Nachteil allerdings im Stadtverkehr. Bei Rangiermanövern heißt es da aufpassen, die Bremse ist ohne Last kaum dosierbar, reagiert bissig auf die kleinste Fingerbewegung.

    Fahrtechnisch sehe ich am Berg beim Liegerad auch keine Nachteile gegenüber dem normalen Rad.

    Aber es bleiben gegenüber meinem voll ausgestatteten Reiserad (Idworx) gut 8kg Mehrgewicht, und das ist in den Bergen ein enormer Unterschied.

    Von den 6kg Rennradfahrern mit Minimalgepäck reden wir nicht, denn der Vergleich hinkt: Das ist kein Tourenfahren.

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