Eigentlich war der Tag schon fast gelaufen. Arbeiten, Haushalt, noch etwas essen. Ich musste mich regelrecht zwingen, mich noch aufzuraffen. Und um nicht Gefahr zu laufen, mich selbst mit fadenscheinigen Argumenten zu überzeugen, den Abend mit schlechtem Fernsehprogramm zu vertun, rief ich Solon an und fragte ihn, ob er Lust auf einen kleinen abendlichen Ausritt auf der Liege hätte. Glücklicherweise war Solon in der Stimmung und so verabredete ich mit ihm, ihn nach dem Essen, gegen 21 Uhr – kurz nach Sonnenuntergang – abzuholen.
Ziel des kleinen Ausflugs war Güterfelde. Dazu war keine große Routenplanung nötig. Den Weg hätte ich vermutlich auch noch so gefunden, hatte aber sogar noch einen Track im GPS, der von passender Stelle unter anderem dort entlang führte.
Warum ausgerechnet Güterfelde? Bei den diversen Touren mit den Rennradlern (und ohne sie) in der letzten Zeit war mir immer eine große Straßenbaustelle dort aufgefallen. DIe L40 kriegt zwischen A115 Potsdam-Babelsberg und Großbeeren eine Ortsumgehung für Güterfelde mit einem Autobahnartigen Ausbau: Zwei Spuren pro Richtung, Randstreifen, baulich getrennte Richtungsfahrbahnen. Östlich der L77 ist die Straße quasi fertig, allerdings noch nicht eröffnet.
Obwohl dies sicher nicht im Sinne der zuständigen Stellen ist, kommt man von der L77 ohne größeren Aufwand über die fertige Auffahrt (die sonst wohl von Baufahrzeugen genutzt wird) bequem auf das fertige Teilstück. Beim EInbiegen geht der Blick nach Westen, wir sehen am Horizont den letzten Streifen Tageslicht und genießen kurz den Blick, bevor wir uns auf die nagelneue Straße wagen. Unsere Lichter erhellen den glatten Asphalt, trotzdem fahren wir zunächst langsam und vorsichtig in Richtung Osten – wer weiß welche Überraschungen uns wohl erwarten. Vielleicht hört plötzlich der Belag auf oder es stehen Baugeräte auf der Straße? Nichts dergleichen. Bis zur Einfädelung auf den aktuellen Verlauf der L40 können wir ungehindert fahren. Ein etwas seltsames Gefühl ist es allerdings schon, quasi als Geisterfahrer auf einer Autobahn unterwegs zu sein – besonders als wir vor uns die Lichter der Autos sehen, die dann doch immer irgendwann auf den derzeitigen Verlauf der L40 abbiegen.
Bis zum ENde der Absperrungen fahren wir, dann drehen wir um und fahren etwas schneller zurück. Vor uns sehen wir in der Ferne Wetterleuchten. Die Temperatur ist immernoch über 20 Grad. Das Vergnügen ist kurz, aber es war trotzdem ein netter Ausflug.
Auf dem Weg zurück sinnieren wir angesichts der milden Sommernacht über eine gemeinsame kleine herbstliche Tour am Mittelmeer: „Ich könnt mir gut vorstellen, jetzt irgendwo quer durch Mallorca zu fahren…“ beginnt Solon das Gespräch.
Wenn jemand wie ich eine Geburtstagseinladung irgendwo auf’s Land erhält, dann sucht er sich eine Bahnverbindung zu irgendeinem mit einem der raren Züge mit Radbeförderung gut erreichbaren Städtchen in der Nähe, nicht zu nah versteht sich, und verbindet das Angenehme mit dem Angenehmen. In diesem Fall ging es in ein kleines Dorf irgendwo zwischen Dortmund und Münster und die Bahnfahrt nach Osnabrück.
Samstag, 14.07.2012
Der frühere Zug war schon voll, der ganz frühe war außerhalb jeder Aufstehzeit, die ich in Betracht ziehen würde, wenn ich abends noch etwas von der Feier haben will, also nahm ich den Vormittagszug um kurz nach halb elf ab Lehrter … Verzeihung Hauptbahnhof. Kurz vor zwei sollte der Zug in Osnabrück ankommen, kurz nach zwei war ich dann auch wirklich dort – und stand im Nieselregen. Der Beginn der Party war auf 18:44 Uhr festgelegt, vor mir lagen knappe 100 Kilometer. Ich entscheid, ersteinmal eine Kleinigkeit zu essen. Eine gute Entscheidung, der Regen hatte danach aufgehört.
Ich war froh, als ich mich aus Osnabrück herausgekämpft hatte, auf der Radweit-Strecke überquerte ich auf ruhigen Straßen den Teutoburger Wald. Der Wind kam von vor, doch dank Liegerad war das alles im erträglichen Maße und ich kam gut voran. In Lengerich hatte ich die (sanften) Steigungen des Teutoburger Waldes dann auch hinter mir und bog auf die L555 ein. Wegen der parallel führenden Autobahn ist die Straße nur mäßig befahren, zudem bietet sie einen breiten Randstreifen. Trotz immer wieder einsetzenden Regens, meist etwas Niesel oder mal ein kleiner Schauer, komme ich bei nicht gerade sommerlichen 17°C bis 20°C gut voran.
So gut, daß ich bei Schmiedehausen den Fehler mache und mir etwas Fahrt entlang des Dortmund-Ems-Kanals gönnen möchte. Eine ausgeschilderte Radroute, von oben sieht der dunkelgraue Belag sogar recht ansprechend aus. Bei näherer Betrachtung erweist er sich allerdings als matschige Aschebahn – bei trockenem Wetter vielleicht gerade erträglich, bei der vorherrschenden Nässe unfahrbar. Plan B heisst zurück zur Straße und dem Fahrradwegweiser nach Münster zu folgen. Südlich von Münster plane ich dann wieder auf meinen ursprünglichen Track aufzufahren. Radwegweisern zu folgen ist hier aber ähnlich sinnlos wie in Mecklenburg-Vorpommern: schon nach kjurzer Zeit zeigt das Schild auf einen matschigen Feldweg, den ich gekonnt ignoriere. Laut GPS sollte ich irgendwie auf der kleinen Straße weiterkommen.
So landete ich irgendwie auf der L587, dem Schiffahrter Damm. Und von diesem kommt man so leicht nicht wieder runter, der Ausbau (und die Reaktion der Autofahrer) war so, daß ich mich auf einer Kraftfahrstraße wähnte, es scheint allerdings keine zu sein – dennoch war ich froh, in Gelmer dieser Straße endlich wieder entkommen zu können und einen fahrbaren (ausgeschilderten) Radweg nach Münster zu finden.
Per Navi fädelte ich mich irgendwie an der Innenstadt vorbei und stellte fest, daß Münster zwar die Fahrradstadt in Deutschland ist, das aber lang nicht heißt, daß es außerhalb des Zentrums eine brauchbare Fahrradinfrastruktur gäbe. Auf miesen Straßen und teils gefährlichen Radwegen (von denen es dann auch schwer ist wieder auf die Straße zu kommen – abgesehen davon, daß die natürlich alle eine ausgewiesene Benutzungspflicht haben!) fand ich dennoch meinen Weg, war aber froh, aus der Stadt irgendwann wieder raus zu sein. Zu meinem eigenen Erstaunen lag ich noch immer gut in der Zeit. Um das auch weiter den Fall sein zu lassen, gönnte ich mir beim Überqueren des Kanals noch ein Gel für die letzten 30km, dann ging es über ruhige Straßen weiter.
In Nordkirchen hatte ich mir als touristisches Highlight den Weg durch den Schloßpark gelegt, aber auch hier waren die offiziellen Radrouten durch den Park eine einzige Schlammschlacht auf spitzen Kieselsteinen, so daß ich (zumal im Regen) den Anblick des eigentlich prachtvollen Schlosses kaum genießen konnte. Endlich wieder auf asphaltierten Wegen gab ich nochmal etwas Gas auf den letzten Metern nach Selm. Zeitlich schaffte ich eine Punktlandung und war um kurz vor dreiviertel sieben am Ziel.
Sonntag, 15.07.2012
Etwas müde vom Feiern, aber eigentlich ganz gut erholt wollte ich mich nach dem Frühstück auf den Weg nach Münster machen, wo mich Klaus erwartete. Als ich allerdings die Speedmachine aus der Garage holte, stellöte ich ersteinmal fest, daß ich einen Platten hatte. Natürlich hinten. Also Reifen geflickt, mit der kleinen Notfallpumpe auf einen halbwegs brauchbaren Wert gepumpt und ab zur Tankstelle um die Ecke, um geordnete sechs Bar drauf zu kriegen. Leider war der Reifendruckautomat dort etwas ausgeleiert, so daß sich der Luftdruck ersteinmal senkte, als ich ihn ansetzte – es kostete mich zusätzliche Zeit und einige Verrenkungen, um einen ordentlichen Reifendruck zu fabrizieren, irgendwie gelang es mir aber am Ende und so konnte ich endlich losdüsen.
Auf kleinen Wegen und wenig befahrenen Landstraßen mit guter Qualität ging es in Richtung Münster und ich legte einen beachtlichen 28er Schnitt vor. In den Vororten von Münster erwarete mich Klaus bereits und ich war froh, daß wir zunächst etwas langsamer fuhren. Es ging westlich über Schapdetten zur höchsten Erhebung im Münsterland, wo wir dem Longinusturm einen Besuch abstatteten. Von hier aus fuhren wir nach Lutum, wo der Beginn des (noch nicht auf ganzer Länge freigegebenen) Banhradwegs RadBahn Münsterland ist. Als wir dessen Einstieg entdeckt hatten, fanden wir wunderbare Bedingungen vor – und waren nicht die einzigen, die sich dort tummelten. Der breite und gut asphaltierte Weg, gesäumt von allerlei Hinweisen auf seinen Ursprung als Bahnstrecke, war bevölkert von Skatern, E-Bike-Senioren, Sonntagsradlern – und Kampfrentnergruppen. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß sie einem im chaotischen Pulk wild torkelnd entgegenkommen, auch bei optischen und akustischen Signalen aus einiger Entfernung keinerlei Anstalten machen, weniger als die gesamte Wegbreite zu nutzen und einen, wenn man dann endlich da ist und sich seitlich vorbeiquetscht auf dem engen Streifen, den sie einem lassen, auch noch anpöbeln, man solle Rücksicht nehmen, schließlich sei man ja nicht allein auf der Welt. Danke, gleichfalls.
Von einigen unfertigen Abschnitten abgesehen ist die Strecke sehr schön und gut zu fahren. Was leider negativ auffällt sind die Straßenkreuzungen. Jeder noch so kleine Wirtschaftsweg hat Vorfahrt und ist vom Radweg wegen Büschen und Bäumen kaum sinnig einzusehen, so daß man ständig fast anhalten und wieder beschleunigen muss. Hier würde ich mir doch andere Regelungen wünschen.
An einigen der alten Bahnhöfe entsteht bereits Gastronomie, so daß sich eine Ausflugsfahrt mit einer Einkehr verbinden läßt, wenn der Weg fertig ist. Wir kehren allerdings nur etwas abseits des Radweges in Höpingen ein bzw. ergattern von einem eigentlich noch geschlossenen Gasthof zumindest etwas Saftschorle und ziehen ansonsten mit Geschwindigkeiten oft jenseits der 30 km/h bis Rheine durch. Dort essen wir noch etwas und haben ausreichend Zeit, da wegen Störungen auf der Strecke zwischen Hannover und Berlin unser Zug eine deutliche Verspätung hat.
Nachdem uns der Juni bisher mit eher kühlem und oft regnerischen Wetter „erfreut“ hatte, kam gegen Ende des Monats dann der Deutsche Sommer in seiner vollen Pracht durch – der Regen wurde etwas wärmer. Zwischendurch gab es dann aber einzelne Tage, die zumindest zeitweise einen Lichtblick darstellten. Und einen dieser Tage nutzte ich, um spontan ein kleines Treffen am Kuhhorn anzukündigen.
Ich sammelte also zu Hause auf dem Rückweg vom Büro noch ein paar Dinge ein, freute mich, daß ich zumindest noch ein wenig Zeit für eine Runde hatte – und nutzte diese, um Carina und Hannes noch aufzugabeln. Von der Fischerhüttenstraße ging es dann mit Hund Willi im Gefolge quer durch den Grunewald. Vor Berlin brauten sich schon wieder Gewitter zusammen, aber wir hatten beschlossen, daß wir dann einfach am Strand auf den Regen warten. Vor Gewittern kommt immer diese drückende, schwüle Luft, die uns dann trotz langsamen Fahrens zum Schwitzen brachte.
Da wir schon spät dran wareen, ließ ich die beiden mit dem Hund dann ab der Einbiegung auf den Schildhornweg allein weiter ziehen – ab dort muss man ja nur noch dem Weg folgen – und zog etwas schneller bis zum Kuhhorn durch, wo schon Manuel und Doro warteten. Ich konnte es kaum erwarten und ging – trotz vergessener Badeklamotten – sofort ins Wasser. Die Abkühlung konnte ich gut gebrauchen! Kühl ist es, aber nicht kalt. Ist man erstmal drin, ist das Wasser sogar sehr angenehm.
Wir ließen es uns mit Wein, Keksen und Käse gutgehen, später stieß auch Solon noch zu uns. Die Gewitter zogen nördlich vorbei und es tröpfelte nur ein ganz wenig zwischendurch und nur sehr kurz. Als sich aber laut Wetterradar dann doch eine etwas dickere Wolke zusammenbraute und in unsere Richtung zog, machten wir uns – schon im Dunkeln – auf den Weg. Hannes und Carina wollten ihre Räder zu Solon ins Auto verladen, da der Platz dann zusammen mit Solons Rad eng zu werden drohte und die Zahl der Sitzplätze im Transporter begrenzt ist, wollte ich mit dem Rad zu Solon fahren. Zwar hatte ich wegen des eingeschickten Edelux nur eine kleine StVZO-konforme Funzel am Rad, aber für die Waldwege gab es ja noch das Fernlicht.
Aber da machte mir mein (mittlerweile allerdings ziemlich runtergefahrener) Vorderreifen einen Strich durch die Rechnung: Ein Platter. Bei aufkommendem Regen und allein in der Dunkelheit wollte ich nicht flicken (Ersatzschlauch habe ich nur auf Touren dabei, nicht wenn ich nur in der Stadt unterwegs bin) – also rief ich den anderen hinterher. Solon nahm mein Rad mit und gab mir sein MTB. Da er das Rad aber nur dabei hatte, um vom Parkplatz zum Kuhhorn zu rollen, war kein Licht dran. Der größte Teil meiner Strecke verlief über Waldwege, wo das von rechts wegen kein großes Problem darstellt – allerdings war es stockeduster.
Bei Solon hab ich dann meinen Reifen gemütlich im Wohnzimmer geflickt, der Regen kam nicht wirklich und nach zwei Runden Billard im Club A18 trat ich dann meinen Heimweg an. Trotz der späten Stunde kamen mir auf der Krone noch zwei Radler entgegen, so daß ich jeweils das Fernlicht ausschalten mußte und dann plötzlich nur mit der kleinen 10 Lux Funzel ins Dunkle fuhr. Scary. Aber ist ja gutgegangen.
Der Juni schlug eh mit wenigen Kilometern zu Buche – viel zu tun, schlechtes Wetter, Erkältung … irgendwie kam alles zusammen – so daß mir dann auch kleine Fahrten mit wenigen Kilometern schon mal Spaß machten. Trotz der negativen Erfahrungen mit den Radrouten in Mecklenburg-Vorpommern nahm ich mir vor, den Geburtstagsbesuch für meinen Vater zumindest zu einem kleinen Teil mit dem Rad als Verkehrsmittel in Angriff zu nehmen.
Meine Eltern waren mit der MS Andante auf dem Stettiner Haff und in der Peene unterwegs gewesen. Quasi als Geburtstagsgeschenk hatte ich mir überlegt, sie an einen für ihre Fahrten eher ungewöhnlichen Ort zu begleiten: Es sollte aus dem Peenestrom hinaus auf den Ruden, eine kleine deer Peenemündung vorgelagerte Insel, gehen und dann über den Bodden nach Greifswald.
Freitag nach der Arbeit fuhr ich mit der Speedmachine zunächst mal quer durch Berlin zum Bahnhof Gesundbrunnen. Mit dem IC ging es nach Greifswald. Ich wollte dem Freitag-Nachmittag-Chaos in den Regionalbahnen entfliehen – zeitlich bringt die Nutzung des IC gegenüber dem Regionalverkehr auf dieser Strecke quasi keinen nennenswerten Vorteil. Der IC hatte allerdings eine gewisse Verspätung, so daß ich eine Weile am Gesundbrunnen herumstand, bevor es losging. Zwar hatte ich auf meiner Reservierung die Wagennummer verzeichnet, doch dieser Wagen war auf dem Wagenstadsanzeiger nicht als Radwagen ausgezeichnet, so daß ich sicherheitshalber nocheinmal beim Personal zur Bestätigung nachfragte.
Die wenigen Radfahrer in meinem Wagen waren zum Glück alle recht pragmatisch, so daß es keine langen Diskussionen darum gab, daß die Speedmachine besser im langen Aufhänger aufgehoben ist anstatt auf dem eigentlich zugewiesenen Platz. Sonst war der Zug recht leer, so daß ich mir einen angenehmen Sitzplatz in der Nähe suchen konnte, später verschwand ich noch für einen Snack im Speisewagen.
Mit gut einer halben Stunde Verspätung erreichte ich Greifswald, was mich nicht so sehr störte – damit ging mein Plan, die leeren Straßen während des EM-Spiels der Deutschen Mannschaft auszunutzen sehr gut auf. Um meine Eltern nicht zu lang warten zu lassen, wählte ich dann auch den Straßenweg aus Greifswald heraus und sparte mir den teilweise nicht asphaltierten Radweg über Wieck. Sobald ich die Stadt verlassen hatte und die Straße links und rechts von Feldern gesämt wurde, gab es einen gut fahrbaren straßenbegleitenden Radweg bis Kemnitz – was mir trotz der gähnenden Leere entgegenkam, da so viele Fliegen in der Luft waren, daß gucken und Atmen zeitweise einfach keinen Spaß mehr machten.
Von Kemnitz bis Lubmin fuhr ich auf der gut asphaltierten L262 und kam sehr schnell voran. Ich warf einen Blick auf das ehemalige Kernkraftwerk, heute unter anderem Zwischenlager für Atommüll. Ab dort bis Freest war die Straße dann teiwleise etwas schlechter, von Freest bis Kröslin konnte ich nochmal Gas geben. So hatte ich mein Licht zwar zwischenzeitlich eingeschaltet, machte mir wegen des Wassers im Edelux allerdings wenig Sorgen, da ich noch vor Dunkelheit an der Marina Kröslin ankam. Von Greifswald bis Kröslin hatte ich einen knappen 30er Schnitt hingelegt.
Da ich Steg und Platz kannte, wo meine Eltern festgemacht hatten, schob ich das Rad dann über die Scwhimmstege – bei der Länge hätte ich das vielleicht auch fahren können. Früher als angekündigt (von der Verspätung hatte ich berichtet) kam ich also an und meine Eltern begrüßten mich erstaunt. Erstmal ging ich duschen, dann gab es noch ein Abendbrot und einen keinen Rundgang durch die Marina.
Am Samstag vormittag bereiteten wir die Andante vor, legten ab und nahmen Kurs auf den Ruden. Das ist nur etwa eine Stunde Fahrzeit ab Kröslin und auch leicht zu navigieren, denn wegen der diversen Flachs in den Gewässern folgt man hier besser – selbst mit nur wenig Tiefgang – dem betonnten Fahrwasser. Wir hatten westliche Winde um drei bis vier Beaufort, nur wenig Wellengang und eine ruhige Fahrt. Die Speedmachine stand hoch und trocken auf dem Heck der Andante, weit weg vom Salzwasser der Ostsee.
Der Ruden selbst ist eine sehr kleine Insel ohne große Infrastruktur. Es gibt keine Versorgungsmöglichkeiten im Hafen, keinen Stromanschluss, keine sanitären Anlagen. Die Insel hat nur zwei dauerhafte Bewohner, es gibt noch eine alte verlassene Kaserne. Hinkommen kann man nur mit dem eigenen Boot oder einem der kleinen Fahrgastschiffe für Tagesbesucher, die dann nur ca. zwei Stunden auf der Insel bleiben, was allerdings auch ausreicht: Die gesamte Insel (mit Ausnahme der Hafenanlage) ist Naturschutzgebiet. Der Nordteil darf gar nicht betreten werden, auf dem Südteil kann man sich nur auf dem kleinen Rundweg bewegen. Zugang zum Ufer oder Bademöglichkeiten gibt es nicht (mehr).
Auf der Südspitze gibt es einen alten Beobachtungsturm, der für die Raketenversuche von Peenemünde gebaut wurde und heute ein kleines Museum zur Geschichte der Insel beherbergt. Weiterhin gibt es einen alten Lotsenturm, der aber nur von außen besichtigt werden kann und leider in nicht gerade gutem Zustand ist. Damit hat es sich dann aber auch schon mit den Attatktionen der Insel – abgesehen vielleicht von den Unmengen an Vögeln, die die Ufer und den langen Haken an der Südspitze der Insel bevölkern.
Da wir schon mittags diue Insel erreichten, konnten wir uns einen guten Platz an der Ostmole suchen und hatten jede Menge Zeit. Den Inselrundgang verschoben wir auf die Zeit, wenn die Schiffe mit den Tagesgästen abgelegt hatten und genossen die Ruhe. Das Wetter war warm und sonnig, eine frische Brise sorgte dafür, daß es nicht unerträglich wurde. Langsam füllte sich der Hafen auch mit anderen Sportbooten, die teilweise über Nacht blieben. Ich ließ es mir nicht nehmen, einmal die Speedmachine an Land zu heben, um einen Molentweet der besonderen Art zu machen – der leider aufgrund der eher dünnen Mobilnetzversorgung allerdings nur unter großen Mühen und ohne den gewünschten Mappointer rauszubekommen war.
Am Sonntag morgen kündigte ein diesiger Schleier und nahezu Flaute bereits an, daß sich das Wetter bald verschlechtern würde und so brachen wir nicht zu spät in Richtung Greifswald auf. Durch die engen betonnten Fahrwasser, vorbei an den beiden alten Antennentürmen in Verlängerung der Start- und Landebahnen des Flugplatzes Peenemünde und eines ehemaligen Leuchtturms ging es dann auf etwas dünner betonnte Bereiche des Greifswalder Boddens, so daß die Fahrt nach Kompaß das Suchen der Tonnen Vierow und Ansteuerung Greifswald durchaus unterstützte. Zudem setze leichter Regen ein.
In Wieck mussten wir noch ein paar Minuten warten, bis die Brücke öffnete, so daß wir die Ryck aufwärets nach Greifswald fahren konnten, wo wir im strömenden Regen in der Marina der Hansewerft festmachten. Unseren provisorischen (und etwas zu kleinen) Platz tauschten wir später noch gegen einen von Land erkundeten besseren Liegeplatz, dann fuhren wir mit dem Taxi nach Wieck, um dort ein Fischrestaurant aufzusuchen.
Abends nahm dere Wind zu, meine Eltern wollten die angekündigten windigen und regnerischen Tage in Greifswald verbringen. Ich verschob meine Rückfahrt zunächst von Abends – aus Zeitplanungsgründen – auf den kommenden Morgen, entschied mich später aber, von Greifswald aus zu arbeiten und erst am Montag abend mit dem Regionalzug zurückzufahren. Das Wetter lud auch nicht unbedingt dazu ein, eine weitere Tour mit dem Rad zu unternehmen.
Montag, früher Abend, die Arbeit ist vorbei und ich will raus nach Schlachtensee zu Solon. Auf dem Regenradar ist zu sehen, daß sich kurz vor der Stadt Regen und vielleicht Gewitter bildet. Für den Weg brauche ich ungefähr eine halbe Stunde – es wird knapp. Aber es ist warm, gute 30°C, dicke schwüle Luft und wenn ich ein paar Minuten in den Regen gerate, dann ist das eine willkommene Abkühlung. Wechselklamotten habe ich in meinen wasserdichten Ortliebs dabei.
Schon als ich den Kudamm entlangfahre, sehe ich die dunkelgraue Wolkenwand im Südwesten. Und sie wird größer. Trabener Straße, Auerbachtunnel, rauf die Krone. Durch die Bäume ist der HImmel nicht mehr zu überblicken, aber es wird dunkler, die ersten Regentropfen fallen an den lichten Stellen auf den Asphalt, als ich den Hüttenweg überquere, dann nimmt der Regen immer weiter zu.
An einer halbwegs geschützten Stelle mache ich eine Pause, ziehe den Regenschutz über meine nicht wasserdichte Hecktasche, beim Losfahren schalte ich das Licht ein. Der Regen prasselt, ich muss die Augen zusammenkneifen, um noch sehen zu können, aber ich fahre mit guter Geschwindigkeit weiter. Keine Sturmböen, Blitze aber kein Donner. Am sichersten ist es, möglichst bald aus dem Wald heraus und bei Solon im Haus zu sein.
Tiefe Pfützen bildeten sich auf der Straße, als ich total durchnässt bei Solon ankomme. Ich ziehe das Regencape über den ohnehin nassen Sitz, flüchte mich ins Haus und muss mich ersteinmal mit einem Handtuch abreiben, um den Boden nicht vollzutropfen, dann dusche ich, wasche meine Sachen aus, kleide mich trocken ein. Der noch immer starke Regen bringt Abkühlung, aber die Luftfeuchtigkeit ist extrem hoch, Dampfschwaden bilden sich über dem Boden. Die Speedmachine steht im Regen, aber das kam schon öfter vor.
Die Luft kühlt ab, bis ich den Heimweg antrete (dank Trockner in trockener Funktionskleidung, allerdings mit nassen Schuhen) – 15°C zeigt das Thermometer. Ich nehme den längeren Weg über die Krone, aber auf den dunkleren. Mein Fernlicht leuchtet in der Weite alles gut aus, der Edelux den Bereich bis ca. 20m vor dem Fahrrad. Noch fällt mir nichts auf. Am Auerbachtunnel biege ich in die beleuchteten Straßen der Stadt ab, schalte das Fernlicht aus. Im Nachhinein bin ich nicht sicher, ob ich hier ein Flackern wahrnahm oder ob das der üblichen Fahrbewegung auf der Straße geschuldet ist, spätestens aber aber der Breite Straße wird deutrlich: irgendetwas stimmt nicht. Immer wieder und immer länger schaltet meinen Edelux auf Standlichtmodus. Ich denke zuerst an Wasser in meiner Verkabelung oder einen Wackelkontakt irgendwo, kann das aber durch Einschalten des Fernlichts, das im Dynamobetrieb zum Edelux in Serie geschaltet ist, ausschließen – die Stromversorgung ist konstant.
Als ich vor meiner Haustür ankomme, werfe ich einen Blick auf den Edelux – und sehe, daß sich innen auf der Scheibe Kondenswasser gebildet hat, am unteren Rand gibt es eine kleine Pfütze. Über nacht stelle ich das Rad mit starker Neigung nach vorn ab bei ca. 17 bis 18 Grad Celsius im trocknen. Am nächsten Tag versuche ich mein Glück im warmen Büro – das Kondenswasser bleibt, auch wenn zunächst eine normale Funktion wiederhergestellt ist.
Noch am gleichen Tag schreibe ich eine Mail mit der Fehlerbeschreibung an Schmidt und man bietet mir an, den mehr als 3 Jahre alten Edelux auf Garantie zu tauschen. Ich soll den alten einfach einschicken. Da ich am Wochenende noch eine kleine Fahrt mit der Speedmachine vorhabe, demontiere ich ihn nicht sofort, sondern verschiebe das auf die folgende Woche. Bei der Demontage stelle ich am vorderen Ring eine kleine Delle fest, vermutlich durch die unsanfte Behandlung meines Rades durch einen besoffenen Fußballfan entstanden – neben der Fehlerbeschreibung teile ich beim Einschicken mit, daß ich das gesehen habe und natürlich einsehe, wenn das Problem mit der Delle zu tun hat, nicht unbedingt einen Garantiefall zu haben.
Am Dienstag schickte ich das Paket mit dem alten Edelux weg, am Donnerstag war es in Tübingen und am Montag (ich lasse immer ins Büro liefern, daher keine Lieferung am Samstag) hatte ich einen auf Garantie getauschten nagelneuen Edelux auf dem Tisch liegen! Der Edelux ist ein bisschen teurer als andere Scheinwerfer – aber er ist nicht nur heller und schicker, der unkomplizierte und schnelle Service bei Schmidt ist einfach unschlagbar und jeden Cent wert!